Es ist einer der größten Märsche der Welt. Rund 54.000 Teilnehmende waren vier Tage rund um Nimwegen unterwegs. Mit dabei waren auch 372 deutsche Soldatinnen und Soldaten. Wie sie den Marsch erlebten und was hinter den Kulissen passierte, berichtet dieser Beitrag.
(Dieser Artikel erschien zuerst im cpmFORUM 4/23)
Der Nimwegen-Marsch ist DIE Traditionsveranstaltung der Bundeswehr. Das Landeskommando Nordrhein-Westfalen betreut die deutsche Delegation.
Wecken um 2:30 Uhr, Antreten um 4:30 Uhr, Abmarsch um 5:20 Uhr. Im Camp Heumensoord in der Nähe der niederländischen Gemeinde Nimwegen schläft niemand viel. Und wenn um 2:30 Uhr laute Musik zum Wecken durch das Camp dröhnt, sind viele Soldatinnen und Soldaten schon mit den Vorbereitungen für den Marschtag beschäftigt. Nimwegen – das ist nicht irgendein Marsch. Es ist der wohl größte Marsch der Welt. Rund 54.000 Menschen waren dieses Jahr dabei. Zivile Teilnehmende marschieren zwischen 30 und 50 Kilometer. Für Soldatinnen und Soldaten sind etwa 40 Kilometer pro Tag vorgeschrieben – in Formation und mit zehn Kilogramm Marschgepäck.
372 deutsche Soldatinnen und Soldaten gingen dieses Jahr in Nimwegen an den Start. Für ihre Betreuung – von der Vorbereitung bis zum Finale auf der Via Gladiola – ist das Landeskommando Nordrhein-Westfalen verantwortlich. Delegationsleiter Oberstleutnant Peter U.: „Der Marsch ist die bedeutendste Traditionsveranstaltung der Bundeswehr. 1957 war das erste Mal eine Delegation der Bundeswehr dabei. Kameradschaft, Teamgeist und gute Menschenführung – auf diese Werte kommt es bei dem Marsch an. Es ist kein Wettkampf, niemand marschiert in Nimwegen gegen die Zeit.“ Trotzdem: ohne Vorbereitung marschiert hier niemand los.
Für Oberstleutnant Marja K. (39) ist es der neunte Nimwegen-Marsch. Sie ist Marschgruppenführerin der Soldatinnen und Soldaten vom Joint Support and Enabling Command (JSEC), eine internationale Gruppe mit Kameraden aus den Niederlanden, Polen, Frankreich und natürlich Deutschland. Ihre Herausforderung: „Aus Soldaten aus unterschiedlichsten Verwendungen und Truppengattungen, mit verschiedenen Dienstgraden und in einem Alter zwischen 19 und 57 Jahren – aus diesen sich völlig unbekannten Menschen habe ich ein Team geformt. Dieses Team hält hier zusammen, steht füreinander ein, marschiert natürlich gemeinsam und schafft den Marsch auch.“
Enorm wichtig war für das Teambuilding, dass ausschließlich Englisch gesprochen wird: „Auch wenn sich deutsche Kameraden untereinander unterhalten. So können die internationalen Soldaten ins Gespräch einsteigen. Sonst würden sie ausgegrenzt.“
Und wie hat sich Oberstleutnant K. nach der Geburt ihrer zwei Kinder (1 und 2 Jahre) auf den Marsch vorbereitet? „Seit Dezember 2022 bin ich wieder im Dienst, seit Februar marschierte ich jeden Freitag 20 Kilometer. Am Vatertag im Mai trafen sich Teile des Teams mit mir bei mir zu Hause und wir sind an einem Tag 40 Kilometer, am nächsten 30 Kilometer marschiert.“ Dazu kamen die Vorbereitungsmärsche in Gifhorn und Bern.
Eineinhalb Wochen ohne die Familie sind natürlich schwer und es wird jeden Tag per Facetime miteinander gesprochen. Aber das Erlebnis Vierdaagse ist für Oberstleutnant K. etwas ganz Besonderes: „Niemals erlebe ich sonst so viele Menschen, so viel Nationen an einem Ort. Und alle verfolgen das gemeinsame Ziel, diesen Marsch zu schaffen. Wir harmonieren miteinander, laufen miteinander, feiern miteinander.“
Gold auf dem Nimwegen-Marsch
Auch die Führung marschiert mit. Der Inspekteur Sanitätsdienst, Generaloberstabsarzt Dr. med. Ulrich Baumgärtner, marschiert bereits zum 13. Mal mit. Er unterstützt die Teilnahme an dieser Veranstaltung, da er es für wichtig und gut hält, dass junge Militärs ihre Leistungsfähigkeit auf diesem Marsch austesten können.
Generalleutnant Alexander Sollfrank (56), Befehlshaber des Joint Support and Enabling Command in Ulm, nimmt zum zweiten Mal teil, nachdem er sein Debüt 1990 hatte. Er „wollte dabei sein“, nachdem er mit Freude registriert habe, dass sein Kommando eine eigene Mannschaft in der deutschen Delegation stellt.
Der Dritte im Bunde ist Generalmajor Michael Hochwart (64), Kommandeur des Ausbildungskommandos aus Leipzig. Er ist zum sechsten Mal dabei. Gepackt hat ihn der Virus Nimwegen, als er 2015 als „Saluting Officer“ die deutsche Delegation auf eine Etappe des Marsches geschickt hatte. Seitdem marschiert er selbst. Ihn begeistert, dass es quasi keine Ausfälle unter den deutschen Soldatinnen und Soldaten gegeben hat: „Das spricht für die gute Vorbereitung und die tolle Versorgung auf der Strecke. Vielen Dank dafür!“
Einfach großartig, was das Funktionspersonal auf der Strecke leistet! Allen voran die Sanität.
Kameradschaft ist allgegenwärtig
Oberbootsmann Daniela Z. (32) von der Sanitätsstaffel 1 in Gardelegen ist zum zweiten Mal in Nimwegen dabei. Sie sagt: „Blessuren und Blasen können von Tag zu Tag schlimmer werden. Gerade hohe Temperaturen können zu Kreislaufproblemen führen.“ Ihr Tipp an alle Teilnehmenden: „Füße tapen lassen – entweder in Eigenregie, durch die Kameraden oder die Sanität. Eisspray hilft, um das Tape richtig zu fixieren. Ebenfalls enorm wichtig: viel Flüssigkeit zu sich nehmen, Sonnencreme und die Kopfbedeckung, um einen Sonnenstich oder Hitze- schlag zu vermeiden.“ Was Oberbootsmann Daniela besonders schätzt: „Die allgegenwärtige Kameradschaft untereinander zwischen Marschierenden und Funktionspersonal.“
5.000 Kilokalorien am Tag
Für die Verpflegung ist Obermaat Nils F. (41) verantwortlich. Er ist der Verpflegungsgruppenführer für den Nimwegen-Marsch. Schon am Gifhorn-Tag und bei den Vorbereitungsmärschen sorgte er dafür, dass niemand hungrig das Camp verlässt. Für ein Frühstück gehen da bis zu zehn Kilogramm Käse und sieben Kilo Wurst weg. „Heute gab es auch 35 Liter Rührei“, sagt der Obermaat von Marinefliegergeschwader 3 in Nordholz. Während des Marsches trägt er die Verantwortung dafür, dass die drei Feldküchen an den Rastplätzen bestückt sind. Mit 14 Kameraden ist er im Einsatz. Beim ersten Stopp gibt‘s Sandwiches, bei Nummer Zwei meistens eine Bockwurst und die dritte Feldküche hat ein warmes Gericht dabei. Auf 5.000 Kilokalorien sollen die Marschierenden am Tag kommen. „Die Logistik ist die größte Herausforderung“, so der 41-Jährige. Aber er schätzt die Vielfalt bei dieser Veranstaltung. Wie viel Zeit er für die Vorbereitungen braucht? „Vor Nimwegen ist nach Nimwegen.“
Impressionen des 105. Nimwegen-Marsches vom 18. bis 21. Juli 2023.
Fotos: Bundeswehr / Körtgen; Fonrobert; Pieper
Sabine Körtgen
Landeskommando Nordrhein-Westfalen
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