Die aktuelle Lage
Der deutsche Bundeskanzler hielt am 27.02.2022 seine Rede zur „Zeitenwende“. Seitdem veröffentlichen die Medien fast täglich bedrückende neue Meldungen zur aktuellen Bedrohungslage.
Mit Beginn der Erarbeitung des Operationsplanes Deutschland (OPLAN DEU) als gesamtstaatliches Konzept zur Verteidigung der Bundesrepublik gestand die Bw ein, im Verteidigungs- und Bündnisfall auf zivil-gewerbliche Hilfe angewiesen zu sein. Der OPLAN DEU sieht daher die Einbindung der Logistikbranche vor, um die militärisch-logistischen Fähigkeiten zuverlässig zu unterstützen.
Mit den folgenden Ausführungen sollen für die Zusammenarbeit der Bw mit dem Transportgewerbe Diskussionsansätze vorgeschlagen werden.
Die logistische Unterstützung in der LV/BV
Während Deutschland im „Kalten Krieg“ noch „Front-Staat“ war, umfasst die sogenannte „NATO-Ostflanke“ nun das Gebiet von Nord-Norwegen bis zum Schwarzen Meer. Damit ist Deutschland „logistische Drehscheibe“, durch die NATO-Truppen und deren Versorgung verlegt werden müssen, um die Einsatzräume zu erreichen.
Bei der Verlegung unterstützt Deutschland im Rahmen HNS mit allem, was benötigt wird. Und das ist keine „Wahl-Leistung“. Zeitgleich verlegt die Bw ihre Einsatzkräfte als Teil der NATO-Truppen. Der NATO-Aufmarsch mit seinen vorgegebenen Umfängen sowie den engen zeitlichen Auflagen wird in seiner Gleichzeitigkeit und konkurrierend erhebliche zivil-gewerbliche und staatliche Fähigkeiten binden.
Das BAAINBw hat für die Unterstützung in dieser Phase bereits einen Rahmenvertrag zum Betrieb von Rast- und Sammelräumen vergeben. Das Zusammenwirken aller wird noch zu üben sein.
Die Bw-Logistik muss sich auf ihr zivil-gewerbliches Back-Up vollständig verlassen können, d.h., die Unterstützung muss gesichert und zuverlässig und in die logistischen Prozesse der Bw eingebunden sein. Denn es bleibt unveränderbar nationale Verantwortung für die Versorgung der Streitkräfte im Einsatz. Aber, der zivile Dienstleister hat noch ein Leistungsverweigerungsrecht.
Damit sind neue Ansätze in den betroffenen logistischen Prozessen, den begleitenden Rahmenbedingungen und vertraglichen Regelungen zu finden und die Wirksamkeit durch Beübung zu überprüfen, um dem übergeordneten Ziel der Abschreckung auch zu genügen.
Gesetzliche Grundlagen sind anzupassen, wie die einer Dienstpflicht, die der Notstandsgesetze oder des Versicherungsrechtes, um im juristischen Vorstadium der Notstandsgesetze die unterstützenden Unternehmen/die Mitarbeiter/-innen abzusichern.
Die nationalen vertragsrechtlichen Voraussetzungen zur Unterstützung der Bw über Verträge mit Vorhalteleistungen sind zeitnah zu schaffen.
Die Unterstützungsleistungen sind als Fach-Netzwerk in die Abläufe der Bw zu integrieren, durch
- den Wiederaufbau eines Reserve-Wesens (Personal und Material),
- die Schaffung gemeinsam erarbeiteter konzeptioneller Grundlagen,
- die Implementierung eines Übungssystems mit einer Verpflichtung zur Teilnahme nach dem Grundsatz „nur Geübtes verspricht Erfolg im Einsatz“,
- die Anpassung der betroffenen Organisationselemente und Prozesse,
- die Schaffung eines angemessenen Vergütungssystems.
Die Gesprächsformate sind vorhanden, die Geheimhaltungsnotwendigkeiten sind zweifelsfrei zu beachten.
Für die zivil-gewerbliche Unterstützung ist darzustellen, dass es sich grundsätzlich um eine Anlieferung aller Versorgungsgüter, von Fahrzeugen und Gerät zu den aufnahmebefähigten logistischen Einrichtungen hinter der kämpfenden Truppe handelt. Für die „Zivilen“ ist das Gefährdungspotential aufzuzeigen, wie auch Vorstellungen zu Lösungen seitens der Bw.
In diesem Transportverbund müssen nicht „nur Panzer nach vorn“ transportiert werden, sondern alle Arten von Versorgungsgütern. Mit jeder „Rückfahrt“ ist Leergut, wie Flats des System MULTI, Container, Schadgerät und nicht mehr benötigtes Gerät zurückzuführen.
Das Spannungsfeld „Amtsseite“ und Transportgewerbe
Die „Nationale Sicherheits- und Verteidigungsindustriestrategie“ (SVI-Strategie) erwähnt die Dienstleister grundsätzlich; der Schwerpunkt liegt auf der Industrie.
Jedoch auch die Dienstleister würden sich über eine mutigere Auslegung des Artikel 346 AEUV zur Wahrung wesentlicher nationaler deutscher Sicherheitsinteressen wünschen. Dies ist richtig, weil die Transportunternehmen absehbar zum Gelingen der Aufgabe „Verteidigung“ beitragen werden.
Das Transportgewerbe hat in der Vergangenheit Kapazitäten ins europäische Ausland verlagert, damit wird ein Stück weit der Fahrermangel in Deutschland ausgeglichen. In einer Krise werden diese nicht deutschen Kraftfahrer vermutlich in ihre Heimatländer zurückbeordert werden, um dort den Wehrdienst abzuleisten. Es gibt dafür noch keine tragfähige Ausgleichslösung.
Daher ist zu folgern, dass es „die deutsche Spedition“ nicht gibt, die personell und materiell alle militärischen Forderungen erfüllen kann. Folglich werden daher Kooperationen mit mehreren großen Unternehmen nötig sein, um darüber hinaus die Versorgung der zivilen Bevölkerung weiterhin sicherzustellen.
Wesentlich wird für die notwendigen Gespräche zu Kooperationen der Ausgleich zwischen den unterschiedlichen Zielvorstellungen der „Amtsseite“ (Vertragshalter z.B. BAAINBw) und dem Transportgewerbe selbst sein, Maximalforderungen sind nicht zielführend.
An dieser Stelle sei der Blick nach Frankreich gestattet, das sich bezogen auf seine Sicherheitsinteressen bereits 2017 dazu bekannt hat, diesbezüglich eindeutig nationale Prioritäten zu setzen. Konsequent wurden mit der „Economie de Guerre“ für die Verteidigungsindustrie nationale Rahmenbedingungen geschaffen, die unmittelbar der heimischen Industrie helfen.
Planungszeitfenster wurden verlängert und die Auslandsabhängigkeit bewusst begrenzt. Ferner finden zur Personalgewinnung gezielte Gespräche mit der Industrie statt und der Zugang in die Verteidigungsindustrie für private Finanzmittel wird bewusst gefördert. Das Vorgehen Frankreichs zeigt einmal mehr, dass es bewertungs-interessante Denkansätze gibt.
Die Sicht des Transportgewerbes
„Der Spediteur“ arbeitet auf „seinem Markt“ unter Konkurrenzbedingungen mit nicht zu üppigen Margen. Um zu verdienen, sind die Fahrzeuge effizient auszulasten und Leerfahrten zu vermeiden.
Neben den laufenden Kosten zeigen die Investitionen in neues Equipment eine steigende Kostentendenz und derzeit verschieben sich die Auslieferungen unplanbar noch nach hinten. Bei Einbindung in Systemverkehre mit langfristigen Verträgen können kurzfristig greifende Ausschreibungen oft gar nicht bedient werden.
Die Fahrersituation verschärft sich durch notwendige Fahrerqualifikationen und kurzfristig geforderte VS-Sicherheit durch den öffentlichen Auftraggeber. Dann sind mitunter kurzfristig notwendige Fahrer-“Um-Disponierungen“ nicht mehr leistbar. Fahrerqualifizierungen sind im zivilen Unternehmen anders strukturiert als bei der Bw. Ferner kann die Berücksichtigung der Herkunft des Kraftfahrers nach der vom Bundesministerium des Innern herausgegebenen „Staatenliste“ von Bedeutung sein.
Im täglichen Routinegeschäft sind Kraftfahrer (unter Berücksichtigung der Pausenzeiten) im Lkw verfügbar, Disponenten sind außerhalb der „Bürozeiten“ meist nur bei besonderen Projekten erreichbar; anfallende Zusatzkosten übernimmt der öffentliche Auftraggeber nicht.
Der Großraum und Schwerlast Transport (GST) bildet nur einen geringen Prozentanteil aller Transporte ab. Es gibt keine unbegrenzte Anzahl an Schwerlasttransportfahrzeugen und nicht jedes Fahrzeug kann „alles“ transportieren. Die Bw schreibt zur Aufrechterhaltung des Friedensgrundbetriebes Rahmenverträge aus. Sie enthalten Verlängerungsmöglichkeiten bis Gesamtlaufzeiten von vier Jahren.
Längerfristig laufende Verträge bieten die Möglichkeit einer wirtschaftlichen Bewertung des eigenen Engagements und können zu Investitionen ins Equipment motivieren oder das gesamte Engagement zu überdenken.
Bei Ausbruch kriegerischer Handlungen wird es „im Hinterland“ wie auch bei Transporten für die Streitkräfte zu gefährlichen Situationen kommen. Die Bw begegnet dieser Situation bisher mit dem Begriff des „robusten Vertrages“; dies erweckt den Eindruck, als sollten große Teile möglicher Risiken auf die Dienstleister abgewälzt werden. Das ist wenig motivierend und wird dazu führen, vom Leistungsverweigerungsrecht Gebrauch zu machen. Daher sollten versicherungsrechtliche Ansätze, die nicht über die Notstandsgesetzgebung abgedeckt sind, überarbeitet werden.
Ausschreibungen der Amtsseite
Die Vertragsämter der Bw schreiben „wettbewerblich“ aus, um nach geltendem Vergaberecht durch Auswahl des wirtschaftlichsten Anbieters, Kosten zu sparen. In realiter sind eher die Kosten ausschlaggebend.
Ausschreibungen beinhalten oftmals einengende Forderungen zur Durchführung des vertraglichen Einsatzes nach militärischen Vorgaben der Bw. So verbleiben dem gestellenden Spediteur nur geringe koordinierende Eingriffsmöglichkeiten. Mancher durchaus leistungsfähige Spediteur verzichtet daher bei sehr kurzfristigen Forderungen und legt kein Angebot vor.
Die Vertragsämter der Bw tun sich schwer, marktübliche Begebenheiten, wie durchaus mögliche Leeran- oder -rückfahrten vom/zum Standort eines Fahrzeuges oder Standzeiten bedingt durch Nicht-Nutzung zu vergüten. Andere NATO-Partner gehen damit marktorientierter um, die sich entwickelnde Konkurrenzsituation sollte nicht unterschätzt werden.
Staatliche Anreizsetzung
Die Vorsorge- und Sicherstellungsgesetze bedürfen zur Anwendung der Feststellung einer Krisensituation oder können nur durch Parlamentsbeschluss in Kraft gesetzt werden, um die Versorgung der Zivilbevölkerung und der Streitkräfte sicherzustellen. Momentan sind diese Gesetze in interministerieller Überarbeitung, um sie auf den notwendigen aktuellen Stand zu bringen. Ihre endgültige Fassung wird einige der hier angesprochenen Aspekte regeln.
Zur Verfahrensvereinfachung wurde der EU-Zollkodex überarbeitet und das EU-Zollformblatt 302 ist in Anlehnung an das NATO-Formblatt 302 eingeführt worden. Die Durchführungsbestimmungen des deutschen Zoll umfassen -561- Seiten (Stand: 11.03.2024), eine Vereinfachung ist nicht unmittelbar erkennbar.
Um die Zeit zur Überschreitung von Landesgrenzen zu verkürzen, wurde die Arbeitsgruppe „Military Schengen“ eingesetzt. Unter dem Leitbegriff „shorten border crossing“ soll zwischen den Niederlanden, Deutschland und Polen ein Musterbeispiel eines Bewegungskorridors inklusive der Verfahren zur Überschreitung von Landesgrenzen entstehen. Es gibt noch erhebliche Probleme wie der Sonderbericht 04/2025 des Europäischen Rechnungshofes zeigt.
Noch im Entwurfsstadium liegt die Änderung der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrs-Ordnung (VwV-StVO) zu Großraum- und Schwertransporten vor; sie wird Erleichterungen zur Vereinfachung der Erlaubnisverfahren sowie der Durchführung von Schwerlasttransporten bringen, sie wird Mitte 2025 in Kraft treten:
- Einführung eines Richtwerts für die Dauer der Antragsbearbeitung durch die Behörden (bisherige Bearbeitungszeit für VJTF/NRF bei fünf Tagen),
- Flexibilisierung der Toleranzen für die Unterschreitung von genehmigten Maßen und Gewichten der Ladung,
- Vorverlegung des Beginns der Nachtfahrt auf 20 Uhr.
Beim Transport von Militärgütern durch zivil-gewerbliche Unternehmen gilt das Sonn- und Feiertagsfahrverbot, sofern keine Ausnahmegenehmigung vorliegt. Vereinfachungen in der Beantragung oder eine grundsätzliche Ausnahmeregelung wären hilfreich.
Nach dem „Zwei-plus-Vier-Vertrag“ zur Wiedervereinigung Deutschlands ist vor Durchfahren der Neuen Bundesländer die „Diplo Clearance“ beim Auswärtigen Amt zu beantragen; obwohl Routineangelegenheit müsste die Bearbeitungszeit für einen scharfen Einsatzfall noch verkürzt werden können.
Eine solide Finanzierungsplanung im Einzelplan 14 erhält durch die zeitgerechte Einbringung in den formellen Ablauf der Haushaltsaufstellung den Stempel des politischen Handlungswillens und ein Zeitfenster des zur Verfügung Stehens.
Kooperationen mit der Bw könnten wirtschaftlich interessant werden, wenn Steuererleichterungen bei Investitionen in das Equipment oder für den Zeitraum einer vertraglichen Bindung mit der Bw ausgelobt werden. Versicherungen verweigern aufgrund der „Kriegsklausel“ den Versicherten Leistungen.
Der „Bund“ sollte angemessen als Selbstversicherer im Vertragszeitraum bzw. mindestens im Krisenfall Leistungen für die Mitarbeiter der zivil-gewerblichen Transportunternehmen anbieten, wie auch die Haftung des Spediteurs abdecken bzw. Schadensersatzforderungen ausschließen. Der Kriegsfall bildet eine besondere Situation ab.
Langfristige Verträge über Vorhalteleistungen
Gesetzliche Rahmenbedingungen ermöglichen den Zugriff auf (ehemalige) Staatsbetriebe, wie Bahn und Post sowie deren Tochtergesellschaften. Das wird vermutlich allein nicht ausreichend sein, um zeitgleich die Streitkräfte – und – die Bevölkerung zu versorgen. Zur Unterstützung der Streitkräfte mit gleichbleibender Qualität, sollte geprüft werden, dies mit Unternehmen durchzuführen, die in Friedenszeiten ausgewählt wurden und ihre Qualifikation so nachweisen konnten.
Mit Berücksichtigung der nationalen Verantwortung in der Versorgung der eigenen Streitkräfte im Einsatz, sollten Verträge über Vorhalteleistungen mit Laufzeiten länger als 6 Jahre plus Verlängerungsoptionen (bei Nicht-Eignung mit vorzeitiger Kündigungsmöglichkeit) und der Möglichkeit zur Untervergabe an geeignete Unterauftragnehmer (zur Förderung des Mittelstandes) mit festen Charteranteilen im Friedensgrundbetrieb und mit einer zeitlichen Staffelung weiterer Leistungsabrufe, entwickelt werden, die natürlich „Einsatz“-Anteile enthalten.
Nur so scheint
- die Integration in eine zu implementierende Mobilmachung sinnhaft,
- der Übergang in die Einsatzversorgung mit Kennen der Prozesse und des handelnden Personals bruchfrei möglich,
- die Bw über ihre definierten Qualitätsanforderungen die Zuverlässigkeit, Fähigkeit und den Willen eines Dienstleisters prüfen zu können und den Zugriff auf benötigte Fähigkeiten erweitern.
- Zielorientiert sind mehrere Unternehmen anzusprechen, um regionale „Couleur-Verhältnisse“, Mehr-Partner-Modelle oder Verzahnungen zu schaffen.
Folgende Vorteile sind für die Bw feststellbar, wie
- Handlungsfähigkeit über die Auswahl kompetenter und leistungsfähiger Vertragspartner nach definierten Qualitätsmerkmalen,
- Dispositions- und Koordinationsfähigkeit definierter Transporte bereits im Friedensgrundbetrieb durch das LogZBw als National Movement Coordination Center mit dem Zusatznutzen, die Transporte der „HIL“ gleichzeitig „im Blick“ zu haben,
- Verhandlungsmöglichkeiten über bessere finanzielle Konditionen mit in der Vertragslaufzeit anpassbaren Bedingungen und damit des eigenen Finanzmitteleinsatzes,
- Reduzierung der Anzahl von „Anlern-Phasen“, Fehlerhäufigkeiten und somit der Kosten,
- stringentere Möglichkeiten der Überwachung spezieller Vertragsauflagen (des KrWaffKontrG, Einhaltung der Genehmigungsauflagen, usw.) sowie
- Aufwuchs an benötigten Fähigkeiten zeitnah, ohne materielle Eingriffe in militärische Organisationsbereiche.
Den Unternehmen ermöglicht eine längerfristige Bindung
- vor allem die wirtschaftliche Bewertbarkeit von Investitionen in das erforderliche Equipment und in die Weiterbildung des Personals,
- trotz Verbleib des unternehmerischen Risikos beim Unternehmer, die weitere Fuhrparkflexibilität für andere speditionelle Einsätze.
Weitere Rahmenbedingungen
Personal und Ausbildung
Generalleutnant Hoppe verantwortet als Stellvertreter des Generalinspekteurs die Reservistenarbeit. Seiner Aussage nach ist eine Reserve für die Landesverteidigung und bei der Unterstützung von NATO-Truppen während der Verlegung durch Deutschland unverzichtbar. Eine Erkenntnis aus dem Ukraine-Krieg ist es seiner Einschätzung nach, dass eine Reserve so aufzustellen ist, dass sie sich nahtlos in die Strukturen der aktiven Truppe einfügt. Unterschiedliche Standards bei der Ausbildung oder den militärischen Verfahren dürfe es nicht geben.
Damit sollten wichtige Funktionen des Personalpools beteiligter Unternehmen in den Status „Reservist“ gebracht werden, um ihnen Versorgungssicherheit hinsichtlich medizinischer Versorgung und versicherungsrechtlicher Absicherung zu gewähren.
Dem Berufsbild „Berufskraftfahrer“ muss nicht das Lkw-Fahren beigebracht werden. Dennoch muss die Bw Ausbildungsthemen definieren, um eine wirkliche Einbindung in die Abläufe von Bw-Transporten zu gewährleisten.
Die Disponenten sind vor allem in der Zusammenarbeit mit den entsprechenden militärischen Dienststellen zu schulen, einzelne Personen der Geschäftsführung sollten in die Lage versetzt werden, militärisch-logistische Befehle auszuwerten.
Die Ausbildung ist von der Bw zu definieren. Sie darf Personal und Unternehmen nicht überfordern, gleichwohl darf das Ganze keine „Wünsch-dir-was-Veranstaltung“ werden. Art und Umfang der Teilnahme an Ausbildungs- und Übungsvorhaben sind einvernehmlich festzulegen, die Teilnahme zu vergüten.
Aufbau materieller Reserven
Um dem Transportgewerbe eine längerfristige Zusammenarbeit „schmackhaft“ zu machen, muss die Bw zeitnah in der Lage sein, ihre technischen bzw. materiellen Forderungen zu formulieren.
Interessant müsste das Stichwort „Baugleichheit“ sein. Damit ergeben sich in der „Einsatz-Zusammenarbeit“ Möglichkeiten, zur Reduzierung der Umschlaghäufigkeit und des Personaleinsatzes.
Wenn Fahrzeuge baugleich sind, könnte ein „Auflieger-Tausch“ stattfinden. Wo keine „Panzerfahrer“ vor Ort sind, verbleibt das Gefechtsfahrzeug auf dem Auflieger und getauscht wird eine ungeschützte Zugmaschine gegen eine geschützte Variante militärischer Fahrzeuge, um damit weiter nach vorn zu fahren. Sinngemäß trifft diese Aussage auf Transporte mit Munition/Kraftstoff zu, auch containerisiert, wie auch für Transporte von Verpflegungsmitteln und Sanitätsmaterial, wie auch für Rücklieferungen aller Art. Das Ganze wird vermutlich nur dann umsetzbar sein, wenn die Baugleichheiten definiert sind. Damit könnte ein System materieller Mobilmachungsergänzung (matMobErg) „gefüttert“ und wieder aufgebaut werden.
Dafür ist zu definieren, welche Schwerlast-Auflieger benötigt werden:
- Tragfähigkeiten bis zu 80 t (KPz, BPz, PiPz, jeweilige Nachfolger),
- Tragfähigkeiten bis zu 40/50 t (gepanzerte Radfahrzeuge, wie Boxer und Fuchs [Nachfolger]),
- für Radfahrzeugtransporte ist vorzugeben, welche Tragfähigkeiten und welche technische Auslegung die Ladeflächen-Verbreiterungen haben müssen.
Auch Pritschen- oder Tankauflieger können trotz wirtschaftlich schlechterer Betriebsbedingungen im Normalbetrieb mit einer Doppelbereifung robusteres Gelände vertragen.
Zur Umsetzung gehört neben den technischen Bedingungen auch die Lösung zu versicherungsrechtlichen (Form/Zeitpunkt der Übergabe) sowie zu handelsrechtlichen (EU-Lizenz des Transport-Unternehmers) Aspekten. Eine Lösung könnte auf europäischer Ebene bzw. innerhalb der europäischen NATO-Kräfte hilfreich sein.
Sinnvoll scheint die Bw-seitige „Herausgabe“ von Beladeplänen für „grüne“ Fahrzeuge. Es ist eine Grundlage zu einheitlicher Vorgehensweise in der Transportprozessplanung und zur Ladungssicherung. Daneben ist das Wettbewerbsrecht zu beachten.
Führung und Kommunikation
Modern aufgestellte Speditionen nutzen zur Führung der Fahrzeuge die Datenübertragung auf Tabletts und Handys. Die Orientierung erfolgt über GPS basierte Navigation. Diese Systeme können gestört werden. Alternativen sind zu prüfen, weil die Bw erhebliches Interesse an einem funktionierenden Informationsfluss bei logistischen Leistungen hat.
Um zivil-gewerbliche Transportfahrzeuge zu „führen“, ist die Möglichkeit zu prüfen, sie in militärisch geführten Kolonnen „mitfahren“ zu lassen. Das bietet militärische Führung, Bewachung bzw. Sicherung sowie militärisches Meldewesen. Bei Eignung ist das ein Thema der Ausbildung.
Zur Orientierung könnte ein militärisches Informationssystem hilfreich sein, zeitgemäß eine App/“kompatibles IT-Programm“, das die Bw zur Verfügung stellt. Ansonsten ist das „Back-Up“ ein gedruckter Streckenplan oder Skizzen.
Um die Kapazitäten des Transportgewerbes überhaupt bewerten und einsatzgerecht nutzen zu können, sollte die BWI GmbH prüfen, ob die Aufnahme zivil-gewerblicher Kapazitäten in das ERP-System möglich ist, auch wenn umfänglich geprüft werden muss.
Um in Zeiten erhöhter Gefährdung auf ein eingeübtes Verhalten zurückgreifen zu können, sollten Kriegswaffentransporte grundsätzlich zur Einhaltung der vorgeschriebenen Ruhezeiten gesicherte Bereiche anfahren, wie militärische Anlagen, Einrichtungen der HIL, die Werke der großen Hersteller oder überprüfte Sicherheitsbereiche der Unternehmen.
Das schafft gleiche Rahmenbedingungen und lässt eine engmaschige Überwachung zu, erschwert allerdings die Genehmigungsbearbeitung und verlängert Transportzeiten.
Handwerkliches
Damit die zuvor beschriebenen Aspekte in der AG Logistik zwischen den Verbändevertretern und dem BMVg direkt besprochen werden können, müssen die Verbände inhaltlich „gefüttert“ werden. Dabei sollte firmenbezogenes Konkurrenzdenken zurücktreten.
Der bisher erreichte Stand gemeinsamer Nutzung von VEMAGS zwischen der Bw und Vertragspartnern sollte ausgebaut werden, um der Verkehrssicherheit zu dienen, Kosteneinsparungen zu ermöglichen und um über den Vorrang-Account der Bw kürzere Bearbeitungszeiten zu erreichen.
Fazit
Der Austausch zwischen der Bundeswehr und der kooperationsbereiten Wirtschaft aufgrund der Veränderungen der aktuellen politischen Rahmenbedingungen ist zwingend. Der zeitliche Druck benötigt Gespräche, die von Ernsthaftigkeit und dem Willen zu einem tragfähigen Abschluss geprägt sind. Es geht dabei um das Ansehen Deutschlands und um Deutschlands Stellung in der NATO.
Die Bundeswehr sollte alsbald in der Lage sein, mit konkreten Forderungen anzutreten. Für interessierte Unternehmen sollte ein Qualitätsmerkmal der Werbung sein: „Wir fahren für die Bundeswehr“.
Autor:
Dipl.-Kfm Klaus Peter Lungmuss,
Geschäftsführer der L&L Consulting UG, Rheinbach
Verweise
- Michael Teichmann, „Deutschland als Transitland – Militärische Mobilität und rechtliche Rahmenbedingungen“ in Kielmansegg/Krieger/Sohm (Hrsg.), „Die Wiederkehr der Landes- und Bündnisverteidigung“, Forum Innere Führung I 42, Bildungswerk des Deutschen BundeswehrVerbandes, Karl-Theodor-Molinari-Stiftung, 1. Auflage 2020
- PricewaterhouseCoopers GmbH, Dr. Wolfgang Zink, u.a., „Die militärische Reserve“, November 2024
- Johannes Roller, „Logistiktruppe im Wandel“, Zeitschrift Fernfahrer, Ausgabe 1/2025
Mit WhatsApp immer auf dem neuesten Stand bleiben!
Abonnieren Sie unseren WhatsApp-Kanal, um die Neuigkeiten direkt auf Ihr Handy zu erhalten. Einfach den QR-Code auf Ihrem Smartphone einscannen oder – sollten Sie hier bereits mit Ihrem Mobile lesen – diesem Link folgen:
