Es ist der uralte Grundsatz im Feuerkampf: Wer schneller schießt und besser trifft, gewinnt! Geschwindigkeit und Präzision spielen eine entscheidende Rolle. Mit IWI ARBEL will Israel Weapon Industries (IWI) diesen alten Grundsatz modern und digital umsetzen.
Der Schütze soll in allen Situationen, unter Stress, Zeitdruck und Ermüdung eine gute bis perfekte Schussabgabe durchführen können. ARBEL soll Fehler vermeiden und ausgleichen, den Schützen aber nicht ersetzen. ARBEL ist ein Unterstützungs- oder Assistenzsystem, dass dem Soldaten hilft, Fehler vorzubeugen und die Schussleistung zu verbessern.
Wichtig, es ist ein Unterstützungssystem und nicht mit Systemen wie SMASH von Smart Shooter oder anderen Fire Control Systemen (FCS) zu vergleichen. Das computerbasierte System soll laut IWI im Kleinwaffensektor die Maßstäbe völlig neu definieren. Das System ist das Ergebnis jahrelanger intensiver Forschungs- und Entwicklungsarbeit. IWI fing vor rund neun Jahren mit der Entwicklung an.
Die damalige Forderung kam von den IDF-Spezialkräften und forderte eine höhere Präzision und eine Gewichtseinsparung. Laut Hersteller erhöht es die Trefferwahrscheinlichkeit um den Faktor zwei bis drei. Insbesondere bei Schussabgaben unter Müdigkeit, Stress und in Situationen, die extrem schnelle Reaktionen erfordern.
Das IWI ARBEL wird für Maschinengewehre (7,62×61 mm & 5,56×45 mm) und AR-15 Sturmgewehre angeboten. Neben den IWI Handwaffen – NEGEV, ARAD, TAVOR, X95 Mini Tavor und CARMEL – wird es in Zukunft auch für Plattformen anderer Hersteller angeboten werden. ARBEL wird bereits durch die Israel Defense Forces (IDF) im Krieg in Gaza eingesetzt. Hier werden jetzt erstmals reale Erfahrungen im Kampfeinsatz gesammelt. IWI hat bereits Lösungen für die Handwaffen anderer Hersteller – HK, FN Herstal, Colt, etc. – entworfen.
IWI bietet hier explizit Kooperationen mit anderen Handwaffenherstellern an. ARBEL kann laut IWI in jede Handfeuerwaffenplattform integriert werden und ist eines der wenigen Systeme, das keine speziellen optische Komponenten benötigt, um zu funktionieren. Nach Angaben von IWI testen neben der IDF auch andere Streitkräfte die Lösung bereits, vor allem in Westeuropa. Im Rahmen der SOF-Week des US Special Operations Command (USSOCOM) in Tampa, Florida, werden diese Woche entsprechende offizielle Tests mit den Spezialkräften durchgeführt.
IWI ARBEL ist computergesteuert und erkennt mittels komplexer Algorithmen und Bewegungssensoren den ursprünglichen Haltepunkt, die Handhabung und Haltung des Schützen. Das System lernt das Verhalten des Schützen, aber nicht über Künstliche Intelligenz (KI) sondern über die Bewegungssensoren.
ARBEL verfügt über einen elektronischen Abzug und führt neben den bisherigen Einstellungen am Sicherungs- und Feuerwahlhebel neben Sicher (S), Einzelschuss sowie Dauerfeuer den neuen Feuerwahlmodus namens “ARBEL” ein. In diesem Modus braucht der Schütze nach der Erfassung des Ziels lediglich den Abzug zu betätigen, und diesen gedrückt zu halten. Jedes Mal, wenn er das Ziel erneut erfasst, löst das ARBEL eine präzise Schussabgabe aus.
ARBEL überwacht die Bewegungen der Waffe, den Abzugsstatus und erkennt das taktische Szenario sowie die Zielmuster des Anwenders. Innerhalb von Millisekunden bestimmt der komplexe MEMS-Algorithmus (Mikroelektromechanisches System) den optimalen Moment der Schussauslösung. Sobald der Abzug nach dem ersten regulären Schuss gedrückt bleibt, analysiert das ARBEL das Verhalten des Schützen und feuert, wenn eine hohe Trefferwahrscheinlichkeit besteht – es erkennt das Center of Target und regelt die Kadenz entsprechend.
Die Möglichkeit des „Initialschusses“ ist stets gegeben. Der Schütze behält zu jedem Zeitpunkt die vollständige Kontrolle über die Waffe. Die Funktionen GESICHERT und DAUERFEUER funktionieren nach wie vor wie bei der Standardausführung der Handwaffe. Auch sollte ARBEL einmal ausfallen, kann die Waffe nach wie vor wie üblich weitergenutzt werden. Wird das System beschädigt oder fällt aus, löst sich kein Schuss automatisch, die uneingeschränkte Sicherheit ist immer gegeben.
Mit dem integrierten Li-Ionen-Akku (110-220V AC) bleibt die Waffe bis zu 50 Stunden einsatzbereit, wenn sich der Feuerwahlhebel in der Position ARBEL befindet. Der Akku ist im Einsatz austauschbar und per 12-28V DC Ladegerät aufladbar. Die integrierte Statusanzeige zeigt den Ladezustand an und warnt wenn der Akku schwach ist.
Das Gewicht des Systems liegt für ein Maschinengewehr bei rund 900 Gramm – einschließlich dem Akku. Zudem besitzt ARBEL einen Selbsttest, dessen Status über LEDs angezeigt wird. Dieses System kann auch zur Ausbildung genutzt werden. Der Akku für die MG-Variante befindet sich im Griffstück, bei den AR-15 Plattformen wird der Akku in die Schulterstütze integriert.
Beim IWI NEGEV muss lediglich der Standardgriff gegen das ARBEL-Griffstück ausgetauscht werden und einsatzbereit ist das System. Beim ARAD- und AR-15-Upgrade wird lediglich der Lower Receiver gegen den ca. 400 g schwereren ARBEL Lower Receiver ausgetauscht. Alles andere bleibt identisch, der Schütze muss nicht umlernen oder sich auf ein neues System einstellen.
So wird auch ein minimaler Trainingsbedarf sichergestellt. Selbst nicht ausgebildete Schützen treffen nach einer kurzen Einweisung fast wie ein „Präzisionsschütze“. Im Vergleichstest auf der Schießbahn hat sich gezeigt, dass das Verhältnis zwischen Auto-Mode (Dauerfeuer) und ARBEL-Mode bei 10 Schuss ein Verhältnis von 2 zu 9 Treffern ist. Aber nicht nur das Trefferverhältnis ist signifikant besser auch die Bekämpfungszeit der Ziele wird geringer – bis zu 0,5 Sekunden bei 10 Schuss.
Damit wird die Letalität signifikant erhöht. Die höhere Trefferquote verringert auch den Munitionsverbrauch und entlastet damit die Logistik bei der Munition. Kürzere Kampfzeiten bedeuten aber auch eine Verringerung der Logistik bei der Versorgung der Soldaten im Hinblick auf Nahrung und anderen Verbrauchsgütern.
Neben der Verbesserung der Treffergebnisse, auch unter Stress und Müdigkeit, hilft ARBEL auf dem Gefechtsfeld auch dabei die kurzen Zeitfenster (window of opportunity) zu nutzen, in denen ein Ziel heute im Kampf nur erkennbar und bekämpfbar ist. Dank ballistischem Körperschutz benötigt die Bekämpfung eines Gegners heute zudem oft mehr als einen Treffer.
Auch hier ist das verbesserte Trefferergebnis entscheidend. Bei Maschinengewehren ist ein langer Feuerstoß möglich, anstelle der bisher geübten kurzen Schussabgaben, und dennoch ist die Trefferquote besser. Das Nachrichten der Waffe entfällt bei stationären Zielen, da die Waffe nicht mehr auswandert. Der Schütze muss nur einmal den Abzug betätigen, damit wird eine Fehlerquote eliminiert.
Neben stationären Zielen können auch bewegliche bekämpft werden. Das System erhöht zudem die Kampffähigkeit des Infanteristen gegen Drohnen. Auch dieser Einsatz wurde bei der Vorführung auf einer Schießbahn in Israel im Live Fire Modus gezeigt. Nach kürzester Zeit hatte die handelsübliche Drohne drei Treffer und stürzte zu Boden.
Das System wurde nach dem Berg ARBEL in Israel bemannt und ist nach MIL STD 810 / TOP 3-2-045 und IP67 zertifiziert. ARBEL ist serienfertig und bereits im Einsatz. Der nächste Schritt bei IWI ist die Massenproduktion. Dank des elektronischen Ansatzes können auch bestimmte Kundenforderungen schnell und einfach über Softwareanpassungen vorgenommen werden. Zum Beispiel die Einführung eines begrenzten Feuerstoßes von 3, 4 oder 5 Schüssen.
André Forkert
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