Die Finanzierung der nächsten Bundeswehr-Beschaffungen

Verteidigungsminister Boris Pistorius hatte angekündigt, dass insgesamt noch 40 Bundeswehr-Beschaffungsprojekte mit einem Volumen von mehr als 25 Millionen Euro, die sogenannten 25-Mio-Vorlagen, dem Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages zur Billigung übermittelt werden, darunter vier weitere U-Boote der Klasse 212CD. Mindestens 25 dieser Vorlagen sollen bereits im Finanzministerium platziert sein. Über neun Vorhaben sollte heute eigentlich der Haushaltsausschuss beraten, doch aktuell scheint das BMVg und das ihm unterstellte BAAINBw an den Anforderungen zu scheitern.

Auf der diesjährigen ILA verkündete Bundeskanzler Olaf Scholz, Deutschland werde „noch in dieser Legislaturperiode 20 weitere Eurofighter bestellen“. Diese müssten dann allerdings in der letzten Sitzung des Haushaltsausschusses in diesem Jahr bewilligt werden. Ursprünglich war die Befassung mit dieser Bundeswehr-Beschaffung für Quartal I 2025 geplant.
Auf der diesjährigen ILA verkündete Bundeskanzler Olaf Scholz, Deutschland werde „noch in dieser Legislaturperiode 20 weitere Eurofighter bestellen“. Diese müssten dann allerdings in der letzten Sitzung des Haushaltsausschusses in diesem Jahr bewilligt werden. Ursprünglich war die Befassung mit dieser Bundeswehr-Beschaffung für Quartal I 2025 geplant.
Foto: Bundeswehr/Nico Theska

„Das Ampel-Ende führt zu tiefgreifenden Verwerfungen in der Bundeswehrbeschaffung. Weil die gescheiterte Koalition keinen neuen Bundeshaushalt mehr beschließen konnte, droht jetzt ein halbes Jahr oder gar länger eine vorläufige Haushaltsführung. Daher ist es verständlich, dass das Verteidigungsministerium so viele Beschaffungsvorlagen wie möglich noch bis Jahresende vorlegen will, bevor der Haushalt 2024 außer Kraft tritt“, betont MdB Ingo Gädechens, Mitglied des Haushaltsausschusses und im Gremium „Sondervermögen Bundeswehr“ des Deutschen Bundestages, gegenüber cpm Defence Network. „Es bereitet mir allerdings Sorgen wie der Prozess aktuell abläuft. Bis heute konnte das Ministerium nicht darlegen, entlang welcher Kriterien Vorlagen vorgelegt werden. Wir haben keinen Einblick, welche Projekte billigungsreif wären, aber vom Ministerium – z.B. aufgrund fehlender Haushaltsmittel – zurückgehalten werden.“

Gädechens führt weiter aus: „Das einzige Rational, das jetzt schon erkennbar ist: In erster Linie geht es um eine größtmögliche Zahl an Vorlagen, um zum Jahresende mal wieder eine Rekordgeschwindigkeit bei der Beschaffung ausrufen zu können. Dies gelingt z.B. durch kleinvolumige Abrufe aus Rahmenverträgen. Schon jetzt weise ich aber darauf hin: Nur die Zahl der Vorlagen sagt nichts über die Qualität oder Geschwindigkeit der Beschaffung aus.“

Die Frage nach der Finanzierung

So zählen auch die heutige ursprünglich auf der Tagesordnung gestandenen  25-Mio-Vorlagen zwar zu wichtigen Schritten bzw. Abrufen aus Rahmenverträgen, wie etwa die 300 zusätzlichen Lkw, eine tatsächliche Neuerung bringen sie allerdings nicht für die Bundeswehr. Vielmehr liegen einige der Vorlagen, beispielsweise die Reaktivpanzerung für den Schützenpanzer Puma, bereits sehr lange in der Pipeline. Dementsprechend stellt sich die Frage, ob tatsächlich noch eine faktische Priorisierung herrscht, um die vorhandenen Mittel bestmöglich in Fähigkeiten zu gießen. Und selbst diese Vorlagen hatten heute nicht die notwendige Reife, um in den Ausschüssen behandelt zu werden.

„Besonders kritisch ist auch die eigentliche haushalterische Situation. Kaum eine Vorlage, die aktuell vorliegt, kommt ohne Beantragung von überplanmäßigen Ausgaben oder Verpflichtungsermächtigungen aus. Das Ministerium verweist dann immer auf zahlreiche Einsparstellen wie den Schützenpanzer Rad oder auch die Nachfolge TPz Fuchs“, so Gädechens. „Bis jetzt weiß das Parlament aber nicht, ob dies nur eine haushaltstechnische Verrechnung ist und im kommenden Haushalt wieder Mittel bzw. entsprechende Verpflichtungsermächtigungen für diese Vorhaben zur Verfügung stehen – oder ob genau solche Projekte am Ende der Vorlagenflut schlicht keine finanzielle Grundlage mehr haben und jetzt im Chaos dieser Wochen still und heimlich untergehen sollen. Umso wichtiger ist es jetzt, dass das Parlament sehr genau hinschaut und vom Ministerium eine umfassende und transparente Information einfordert.“

Von 50 Millionen DM zu 25 Millionen Euro

Es gibt allerdings auch Stimmen, besonders aus der Bundeswehr, welche die 25-Mio-Vorlagen kritisch sehen – bzw. die Höhe des Betrages, ab dem der Haushaltsausschuss mit den Beschaffungsvorhaben befasst werden muss.

1981 wurde dieses Instrument im Nachgang der Kostenexplosionen bei verschiedenen militärischen Beschaffungen eingeführt, beispielsweise stieg der Preis pro Tornado-Kampfflugzeug um damals gigantische 136.000 DM. Mit den daraufhin eingeführten 50-Mio-DM-Vorlagen erlangte die parlamentarische Kontrolle eine ganz andere Tiefe. Doch genau diese Tiefe macht sie gleichsam zu einem arbeitsintensiven Hemmschuh, der ursprünglich auch nur für die wirklich großen Vorhaben gedacht war.

Als 1981 die 50-Millionen-DM-Vorlage eingeführt wurde, bekam die Bundeswehr für knapp 30 Millionen DM noch einen Tornado. Heute kostet ein Eurofighter rund 130 Millionen Euro. Wenn man dies ins Verhältnis setzt, dann wurde der Haushaltsausschuss ursprünglich erst ab einer Größenordnung von zwei Kampfflugzeugen mit der Beschaffung befasst. Wenn also aus militärischen Kreisen die Forderung zu hören ist, dass die Grenze der Bundeswehr-Vorlagen an den Haushaltsausschuss angehoben werden müsste, auf beispielsweise 250 Millionen Euro, dann entspräche dies genau der ursprünglichen Intention bei der Einführung der 50-Mio-DM-Vorlage.

Es darf schließlich nicht außer Acht gelassen werden, dass jede 25-Mio-Vorlage von der Bundeswehr und dem BMVg einen enormen Aufwand fordert. Sowohl von den Streitkräften als auch vom Beschaffungsamt. In dieser Zeit könnten die dann immer noch notwendigen Vorlagen für das Parlament präziser vorbereitet werden. Alle anderen Beschaffungsvorhaben ließen sich aus den sogenannten geheimen Erläuterungen entnehmen, welche das BMVg den Abgeordneten übermittelt.

Die Anhebung der Grenze auf 250-Mio-Euro würde dem Parlament zudem wieder eine Konzentration auf das Wesentliche ermöglichen, statt dass sich die MdB mit kleinteiligen Beschaffungsvorlagen befassen müssen. Denn eines ist sicher, in der einzigen noch in diesem Jahr verbleibenden Sitzung des Haushaltsausschusses werden kaum 40 25-Mio-Vorlagen behandelt werden können.

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