Die RENK Group AG hat gestern auf der Eurosatory in Paris erstmals das neue ATREX-Antriebssystem präsentiert. Das Besondere: ATREX ist das weltweit erste Hybridantriebssystem für Kettenfahrzeuge in der Gewichtsklasse bis 70 Tonnen – inklusive aller Kampfpanzer. Wir waren bei der Präsentation vor Ort und haben und die Vorteile von ATREX detaillierter angesehen.
RENK zeigt damit, wie sich die steigenden Anforderungen moderner Landstreitkräfte in den Bereichen alternative Antriebe, Kraftstoffeffizienz, Digitalisierung und autonomes Fahren bereits heute erfüllen lassen. „RENK ist ‚Trusted Partner‘ für Landstreitkräfte im Bereich Mobilität. Seit über 150 Jahren sind wir weltweit führend bei Hochleistungsgetrieben. Mit dem ATREX-Hybridsystem knüpfen wir an diese Tradition an“, so Susanne Wiegand, CEO der RENK Group AG, auf der Messe.
„Zugleich ergänzt ATREX unser Portfolio aus Getrieben, Motoren, Dämpfern, Federungssystemen sowie Komponenten für hybride Antriebe. Dafür notwendiges technologisches Know-how, Entwicklungs- und Konstruktionsexpertise sind unter dem Dach der RENK Group vereint und kommen aus einer Hand. Das erlaubt es uns, die Zukunft der gepanzerten Mobilität integriert zu denken.“
Mehr Reichweite, mehr Möglichkeiten, Silent-Mode
Die Bezeichnung ATREX steht für „Advanced Transmission Electric Cross (X) Drive with Drive-by-Wire“. Renk kombiniert mit diesem Ansatz die langjährige Erfahrung und die bewährten Anteile aus den in Nutzung befindlichen Getrieben mit neuen und für heutige Szenarien notwendigen Ansätzen. Mit der Kombination aus bewährter Getriebetechnologie und innovativen neuen Entwicklungen setzt RENK einen Meilenstein in der Antriebstechnologie für militärische Kettenfahrzeuge.
Brems- und Antriebssystem sowie die Elektromotoren des ATREX basieren auf zuverlässiger RENK-Technologie. Kerninnovation ist ein neuartiges elektromechanisches Lenksystem, das zusätzlich als elektrisches Antriebssystem sowie zur Stromerzeugung genutzt werden kann.
ATREX unterstützt eine kombinierte Leistung von 1.400 bis 1.500 kW, wovon 350 kW durch den elektrischen Lenkantrieb bereitgestellt werden können. Und das Ganze digitalisiert dank eines entsprechenden digitalen Interface. Im Vergleich der aktuelle Leopard 2 bietet eine Leistung von 1.100 kW. Auch steht so mehr elektrische Energie für Peripheriegeräte zur Verfügung. Und das System bietet eine überlebenswichtige Redundanz.
ATREX hilft bei der Einsparung von Kraftstoff und erweitert den Aktionsradius der Gefechtsfahrzeuge. Leerlaufzeiten können reduziert und der Dieselmotor effizienter genutzt werden. Für Kurzstrecken kann der Elektroantrieb anstelle des Dieselmotors verwendet werden. Damit wird das Fahrzeug „lautlos“ – zumindest was den Motor angeht – und auch die Emissionen (Wärme) sind deutlich reduziert, um feindliche Aufklärung zu verhindern.
Damit bietet ATREX einen Art Stealth-Modus für die letzten Meter in die Gefechtsstellung an. Laut Renk sind Geschwindigkeiten von 10 bis zu 15 km/h rein elektrisch möglich. Die Reichweite hängt vor allem von der Batteriegröße ab. Aber auch unter Gesichtspunkten des Arbeitsschutzes bietet der elektrische Antrieb einen Vorteil, zum Beispiel beim Bewegen in den Werkshallen.
Hier wird dann keine große Absauganlage benötigt, die Mechaniker vor den Emissionen des Dieselantriebs besser geschützt. Ein weiterer Vorteil des ATREX ist sein fortschrittliches Rekuperationssystem, das die Batterie bei Bremsmanövern wieder auflädt.
Aufgrund des geringeren Einsatzes des Dieselmotors sind zugleich weniger Wartungszyklen für den Dieselmotor erforderlich. Der logistische Aufwand der Betankung wird reduziert, die Verfügbarkeit und die Einsatzbereitschaft des Fahrzeugs erhöht. Die Digitalisierung lässt zudem ein besseres Monitoring des Getriebes zu.
Ist das Fahrzeug noch für die anstehende Mission einsatzfähig, oder sollte es besser in die Wartung. Bei der Planung der Wartungszyklen kann Renk den Nutzer besser unterstützen und so die Ausfallzeiten dank optimierter Wartungszyklen minimieren.
Neue Funktionen stärken passiven Schutz und taktische Vorteile
Darüber hinaus ermöglicht ATREX mit vier Funktionen/Modi wie Standard, Silent Watch, Silent Manoeuvring und Sprint Boost, die den passiven Schutz von Gefechtsfahrzeugen erhöhen, und zugleich einen taktischen Vorteil bieten.
Dank Batterie können mit dem Fahrzeug unabhängig vom Dieselmotor geräusch- und hitzereduzierte Einsatzfahrten durchgeführt werden. Tritt währenddessen eine kritische Situation ein, ist es möglich, das Fahrzeug mittels Boost-Funktion mit elektrischer Energie schnell aus dem Gefahrenbereich zu bewegen, wobei zeitgleich der Dieselmotor anspringt.
So ist eine schnelle Anpassung an jede Gefechtssituation möglich. Das elektromechanische Lenksystem kann als Generator zum Wiederaufladen der Batterie genutzt werden, so Renk.
ATREX ebnet den Weg zum autonomen Fahren
Zudem erlaubt ATREX die digitale Vernetzung mit dem gesamten Antriebsstrang und anderen mobilitätsrelevanten Komponenten, beispielsweise der Federung oder dem Kettenspannsystem des Fahrzeugs. Ausgestattet mit Drive-by-Wire-Technologie werden flexible Fahrerplätze möglich, Fahrerassistenzsysteme werden unterstützt und der Weg für autonomes Fahren bereitet.
„ATREX bringt die Fähigkeiten zur digitalen Vernetzung mit, die für die Mobilität zukünftiger Kettenfahrzeuge unerlässlich sind. Moderne Technologien, wie sie ATREX bietet, sorgen dafür, dass Fahrzeuge jederzeit einsatzbereit sind“, betont Dr. Alexander Sagel, Chief Operations Officer der RENK Group AG. „ATREX ist damit eine zukunftsweisende Antwort auf die im militärischen Bereich strategisch wichtige Fragestellung nach der optimalen Abstimmung aus Mobilität, Wirkung und Schutz.“
Kundenindividuelle Entwicklung und Integration in die Plattform
ATREX ist ein in Größe und Gewicht skalierbares System, das sich flexibel an die individuellen Anforderungen der Kunden anpassen lässt. Bis zu einem Maximalfahrzeuggeweicht von bis zu 70 Tonnen und alle Kettenfahrzeugtypen (Schützenpanzer, Kampfpanzer, Artillerie, etc.).
Die Anordnung der Elektromotoren an der Außenseite des Antriebssystems ermöglicht eine einfache Modifikation der installierten elektrischen Leistung, um spezifischen Kundenbedürfnissen gerecht zu werden. Die Entwicklung und Integration in die Plattform erfolgt in enger Zusammenarbeit mit dem Kunden.
Mit dem Next Generation Mobility System zeigt RENK auf der Eurosatory beispielhaft die Konfiguration eines ATREX-Antriebssystems für einen Kampfpanzer der Zukunft – hier konkret den Leopard 3/X oder das MGCS (Main Ground Combat System). Das Exponat demonstriert das Zusammenspiel des ATREX mit InArm- und Track Tensioner-Komponenten sowie den Systemen Active Damping, Ride Height Controlund Drive-by-Wire in einer Plattform. Schon heute ist Renk mit seinen Getrieben im Leopard 2, dem französischen Leclerc oder dem israelischen Merkava vertreten.
Das ATREX-Antriebssystem ist deutlich kompakter als heutige Systeme, im Gewicht aber vergleichbar mit konventionellen Motoren. Laut Renk ist es am ehesten mit einem mild oder voll-hybrid vergleichbar. Das in Paris gezeigte Exemplar ist ein Modell gewesen. Jetzt wird ein Kunde benötigt, der die Entwicklung finanziert.
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