Die Hexonia GmbH ist ein Hersteller von Kampfbekleidung und ballistischer Schutzausrüstung für moderne Soldaten und Sicherheitskräfte. Das Unternehmen ist spezialisiert auf die Entwicklung ganzheitlicher Bekleidungssysteme – von der Unterwäsche, über Kampfbekleidung bis zu Kopfschutzsystemen. Die innovative Herstellung jeder einzelnen Bekleidungsschicht und deren präzise Abstimmung aufeinander garantieren ein Höchstmaß an Schutz, Funktionalität und Tragekomfort.
Hexonia entwickelt und produziert den Großteil seiner Bekleidung am Hauptsitz in Nettetal, Nordrhein-Westfalen. Eine besondere Fertigungstechnologie ist das Seamless-Verfahren, mit dem schützende und bequeme Unterwäsche nahezu nahtlos hergestellt wird. Das Unternehmen wurde 2005 gegründet und beschäftigt heute rund 250 Mitarbeiter.
Mit dem Zusammenschluss mit der norwegischen NFM-Gruppe im Jahr 2022 baut Hexonia seine Kapazitäten weiter aus. An der Spitze des Unternehmens steht nun der Norweger Nils Holm Toverud, der Hexonia gemeinsam mit Geschäftsführerin Sabine Albert leitet und der, wie er selbst sagt, eine „interessante Reise“ vor sich hat.
Wer ist Nils Toverud? Unsere Leserinnen und Leser sind gespannt darauf, mehr über diese Person zu erfahren.
Eine gute Frage, die ich mir auch schon öfters gestellt habe. Ich bin in Norwegen auf dem Land aufgewachsen, unter recht einfachen Bedingungen, wo harte Arbeit die vorherrschende Mentalität war. Die Welt war damals ziemlich klein für mich. Mein Eintritt in die norwegische Armee im Alter von 19 Jahren war demnach ein großer Schritt und die knapp 10 Jahre, die ich dort verbracht habe, prägend für meinen weiteren Werdegang.
Ich habe bei Beschaffungsagenturen sowohl für die norwegische Verteidigung als auch für die norwegische Polizei gearbeitet und kenne die Kundenseite daher recht gut. Danach habe ich fast 15 Jahre im Verteidigungskonzern Thales verbracht. Ich war schon immer interessiert an der Ausrüstung und den Systemen von Soldaten. Durch meine Erfahrung als Anwender, Beschaffer, Entwickler und Lieferant dieser Systeme weiß ich, wie wichtig die richtige Ausstattung ist, damit Soldaten und Polizisten ihre Aufgaben erfüllen können.
Gleichzeitig kenne ich die Herausforderungen, die wir bei Hexonia und NFM sehr ernst nehmen: Bei der Entwicklung neuer Systeme und Technologien liegt unser Fokus stets auf den Anforderungen der Anwender. Diese nutzerorientierte Herangehensweise ist für uns unerlässlich, wenn wir innovative und wertvolle Lösungen für Soldaten und Polizisten schaffen wollen.
Die Übernahme der Geschäftsführung bei der Hexonia ist eine großartige Herausforderung für mich, nicht nur weil ich gern in einem internationalen Umfeld agiere. Ich bin sehr beeindruckt von dem, was das Unternehmen bereits erreicht hat und hoffe für die Zukunft meinen Beitrag dafür zu leisten.
Wie ist es, als Norweger ein deutsches Unternehmen zu führen?
Ich denke, es ist wichtig, jede Führungsposition mit einer großen Portion Neugier und Demut anzugehen. Umso wichtiger ist dies, wenn man die Verantwortung für ein Unternehmen in einem anderen Land übernimmt.
Hexonia ist in erster Linie ein deutsches Unternehmen mit der Bundeswehr als unserem Hauptkunden. Daher ist es für mich obligatorisch, Deutsch als Hauptsprache im Unternehmen beizubehalten. Somit bin ich gefordert, meine Deutschkenntnisse zu verbessern, woran ich fleißig arbeite.
Als Geschäftsführer eines deutschen Unternehmens in einem norwegischen Konzern werde ich jeden Tag daran erinnert, wie nahe sich beide Länder in kultureller Hinsicht sind. Das macht vieles einfacher. Ich erfahre große Hilfsbereitschaft durch das Team der Hexonia. Die Mitarbeiter dort verfügen über große Erfahrung und Fähigkeiten und scheuen sich nicht bei Bedarf, Verantwortung zu übernehmen. Es gibt jedoch auch Unterschiede, die berücksichtigt werden müssen:
Bei NFM sind wir zum Beispiel stark von den Wikingern inspiriert und bringen dies in unserer Kommunikation und im Firmenbranding zum Ausdruck. Im deutschen Kontext kann dies eine ganz andere Bedeutung haben und ist daher nicht 1:1 übertragbar.
Grundsätzlich ist es mir wichtig, Strukturen von der Muttergesellschaft nicht um jeden Preis auf die Hexonia zu übertragen. Das wäre kontraproduktiv und würde nicht funktionieren. Die Hexonia ist auf dem deutschen Markt sehr gut etabliert und in den letzten Jahren in ihren eigenen Strukturen enorm gewachsen. Unser Ansatz ist es, von den Stärken des jeweils anderen zu profitieren und Synergien zu maximieren.
Sie sind Geschäftsführer der Hexonia und gleichzeitig als Chief Business Officer in der NFM-Gruppe tätig. Wie sind beide Positionen für Sie zu vereinbaren?
Die Doppelfunktion als Chief Business Officer in der NFM-Gruppe und als Geschäftsführer der Hexonia bietet mir zwei interessante Wirkungsbereiche: Einerseits habe ich die Möglichkeit, in einem ganz operativen Feld zu agieren, in dem der Aufbau von Kapazitäten und die Lieferung hochwertiger Produkte an die Bundeswehr Priorität haben. Andererseits ist es meine strategische Aufgabe, die in Norwegen ansässige Gruppe in einem internationalen Kontext zu entwickeln.
Bei NFM haben wir die klare Strategie, eine starke Präsenz in der Nähe unserer wichtigsten Kunden aufzubauen. Die Anstrengungen, die wir in Deutschland unternehmen, entsprechen genau dieser Strategie und ebnen sicherlich den Weg für die weitere Entwicklung der Gruppe.
Gleichzeitig bin ich ein starker Befürworter der länderübergreifenden Zusammenarbeit, sowohl zwischen den Streitkräften als auch aufseiten der Industrie. Die Bündelung unserer Gesamtkapazitäten und -fähigkeiten innerhalb der NFM Gruppe gibt uns die Möglichkeit, uns in einer turbulenten geopolitischen Situation viel robuster aufzustellen im Hinblick auf Produktionskapazitäten und eine verlässliche europäische Lieferkette. Außerdem können wir unseren Kunden in Deutschland und in anderen Märkten noch mehr führende Technologien anbieten und gemeinsam mit ihnen zukünftige Lösungen entwickeln.
Die Doppelrolle bringt jedoch auch einige Herausforderungen mit sich, insbesondere wenn es darum geht, meine Zeit und Energie zwischen den beiden Rollen zu verteilen. In Anbetracht der Bedeutung, die Hexonia derzeit für die gesamte NFM-Gruppe hat, liegt mein Fokus im Moment sicherlich mehr auf dieser Rolle.
Wie nehmen die Mitarbeiter die Veränderungen durch den Zusammenschluss mit NFM auf?
Ich möchte vorsichtig sein, wenn ich für die Mitarbeiter spreche, aber bis jetzt habe ich einen sehr positiven Eindruck. Die Hexonia wurde vor fast 20 Jahren von dem Unternehmer Gerd Hexels gegründet, der sicherlich einen sehr großen Anteil am heutigen Erfolg des Unternehmens hat. Ich glaube daher, dass sein Ausscheiden aus dem Unternehmen im Rahmen der Übernahme eine bedeutendere Veränderung darstellt, als dass die Hexonia nun Teil der NFM-Gruppe ist.
Da Herr Hexels jedoch ein Unternehmen mit vielen tollen, qualifizierten Mitarbeitern aufgebaut hat, mache ich mir um die Zukunft des Unternehmens ohne ihn keine Sorgen. Hinzu kommt, dass die Integration der Hexonia in die NFM-Gruppe durch eine gemeinsame Strategie unterstützt wird, die in den Genen beider Unternehmen liegt: Beide streben die Technologieführerschaft auf dem Gebiet des Personenschutzes an.
Sie sprechen von Integration: Ist Hexonia eigentlich noch ein deutsches Wehrtechnikunternehmen?
Auf jeden Fall, und das soll auch so bleiben. Die Hexonia hat sich nach der „Zeitenwende“ in erheblichem Maße für die Ausrüstung der deutschen Soldaten engagiert, und das hat für uns weiterhin Priorität. Unser klares Ziel ist es, die Hexonia hier in Deutschland weiter aufzubauen und die notwendigen Kompetenzen und Produktionskapazitäten zu sichern, um auch in Zukunft ein verlässlicher Partner für die Bundeswehr zu sein.
Um jeden Zweifel daran zu zerstreuen, haben wir seit meinem Amtsantritt die Produktionsfläche sowie den Maschinenpark vergrößert und die Zahl der Mitarbeiter ist um gut 20 % gestiegen. Und wir planen mit weiterem Wachstum.
Die Hexonia ist darüber hinaus auch in der Lage, in Deutschland einen starken Beitrag bei der Ausstattung der Polizei zu leisten. Viele unserer führenden Technologien sind auch in diesem Markt sehr angesehen. Durch die Einbindung in die international agierende NFM-Gruppe hat die Hexonia zudem die Möglichkeit, die eigenen Spitzentechnologien für internationale Märkte verfügbar zu machen und damit die Wertschöpfung in Deutschland zu erhöhen.
Was wurde bisher im Rahmen der Integration in die NFM-Gruppe getan und was sind die weiteren Pläne?
Die Integration der Hexonia hat die Gesamtkapazität der NFM-Gruppe im Textil- und Bekleidungssektor deutlich erhöht. Bei der Hexonia haben wir ein starkes Team mit über 40 Textilingenieuren, die Zugang zu Schlüsseltechnologien und einem zukunftsorientierten Maschinenpark haben. Dies ist für uns ein sehr starker Faktor, den wir in der NFM Gruppe nutzen wollen: Europaweit sollen leistungsfähige Kompetenzzentren für einzelne Produktbereiche entstehen, um einerseits wichtige Kunden zu bedienen und andererseits die weitere Zusammenarbeit in Europa zu fördern.
Mit dem Know-how und den Produktionskapazitäten der Hexonia bauen wir hier in Deutschland das Kompetenzzentrum für Kampfbekleidung auf. Die enge Zusammenarbeit beider Unternehmen soll die bestehenden Produktlinien im Bekleidungsbereich weiter verbessern. Wir haben sicherlich eine sehr interessante Reise vor uns. Ich denke, unser Ziel, diejenigen zu schützen, die uns schützen, ist heute wichtiger denn je.
Das Interview führte Tobias Ehlke, Inhaber und Verleger von cpm Defence Network.
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