Rüstung

Die Fregatte F126: Flexibel gerüstet

Die Fregatte F126 ist eines der größten Rüstungsprojekte der Bundeswehr für die Deutsche Marine: Für die Beschaffung von aktuell vier der Mehrzweckkampfschiffe sind rund 5,27 Milliarden Euro eingeplant. Der Zulauf des ersten Schiffs der Klasse ist für das Jahr 2028 vorgesehen. Ein Zwischenresumée von Chefredakteur Rainer Krug zum Fortschritt des Schiffbauprojektes.
Renderdatei der Fregatte F126
Im Rahmen des Vergabeverfahrens wurden die geforderten Fähigkeiten unter Berücksichtigung der Ergebnisse mehrerer Angebotsphasen durch fast 7.000 Forderungen definiert und präzisiert.
Foto: Damen Shipyards Group

Das Schiffbauvorhaben Fregatte (kurz F126, bis zum 1. Januar 2021 Mehrzweckkampfschiff (MKS) 180) ist mit aktuell vier Schiffen für rund 5,27 Milliarden Euro das bislang größte Schiffbauprojekt in der Geschichte der Bundeswehr für die Deutsche Marine. Besonderes Kennzeichen dieses Schiffs sind die austauschbaren Missionsmodule, wie z.B. das Modul ASW (Anti Submarine Warfare)-Lagebild, oder das Gewahrsamsmodul. Hiermit sind die Schiffe an unterschiedliche Einsatzanforderungen und -aufgaben anpassbar. Die Fregatten F126 sollen Ziele in der Luft sowie über und unter Wasser bekämpfen und in der Lage sein, als Führungseinheit Einsätze an Land zu führen.

Für den Schiffsbetrieb ist eine Stammbesatzung von 114 Soldaten vorgesehen. Daneben stehen Kapazitäten zur Einschiffung von etwa 80 weiteren Personen für Wahrnehmung weiterer Aufgaben zur Verfügung. Die Fregattenklasse 126 wird von der DAMEN SCHELDE NAVAL SHIPBUILDING BV zusammen mit ihren Partnern Blohm + Voss und Thales Niederlande gebaut werden. Alle Bauarbeiten werden dabei in Deutschland durchgeführt – geplant sind Werften in Hamburg, Kiel und Wolgast.

Erste Planungsphase der heutigen F126

Bereits Anfang 2009 begann man mit ersten Überlegungen zu einem künftigen Überwasserkampfschiff. Auf Basis projektunabhängiger Studien wurden Planungen für einen Schiffstyp als Ergänzung zur Korvette K130 durchgeführt. Im Zuge der Neuausrichtung der Bundeswehr in den Jahren bis 2012 und den damit verbundenen Festlegungen zur zukünftigen Personalstärke wurde die ursprünglich geplante Stückzahl von acht Schiffen zunächst auf sechs reduziert. Im Juni 2015 fiel dann die Entscheidung zur Ausschreibung der Beschaffung von dann nur vier Einheiten, die der Marine ab 2023 sukzessive zulaufen sollten.

Die voraussichtlichen Kosten wurden auf etwa vier Milliarden Euro angesetzt. Zwei weitere Einheiten wurden als Option berücksichtigt, um aufwandsarm bei Verfügbarkeit von Finanzmitteln den Bedarf decken zu können. Im Januar 2020 gab das Verteidigungsministerium schließlich bekannt, das MKS 180 solle unter niederländischer Federführung bei Blohm + Voss in Hamburg gebaut werden. Aus der Ausschreibung zum Bau des Schiffes sei die Damen Shipyards Group in den Niederlanden als Sieger hervorgegangen.

Im Juni 2020 billigte der Haushaltsausschuss des Bundestages die Beschaffung von vier MKS 180 mit zwei Missionsmodulen „ASW – Anti Submarine Warfare“ und zwei Modulen „Gewahrsam“. Inklusive der Bewaffnung beträgt das Vertragsvolumen rund sechs Milliarden Euro. Zum Vertrag gehört aber auch eine unverbindliche Option auf zwei weitere Einheiten. Im Zuge der Planungen zum 100 Mrd. Euro Sondervermögen wurde diese Option betrachtet.

Konzeptionelle Grundvorstellungen zum Einsatz des MKS 180

Im Gegensatz zu der Fregatte 125 – die eher für Stabilisierungsoperationen vorgesehen war – sollte die Beschaffung eines kampfstarken Schiffstyps erfolgen, der sowohl für dreidimensionale Seekriegsführung als auch für asymmetrische Konflikte geeignet ist. Da eine Auslegung der Plattform auf alle denkbaren Bedrohungsszenarien nicht realisierbar schien, sollten die Fähigkeiten künftiger Einsatzverbände mit geringem Aufwand lage- und bedarfsgerecht modular zusammengestellt, und vor sowie auch noch während des Einsatzes flexibel angepasst werden können. Dies führte zu dem oben beschriebenen modularen Ansatz.

Die Einsatzschwerpunkte des MKS 180 wurden gemäß den damaligen Funktionalen Forderungen wie folgt festgelegt:

  • Überwachen und Beherrschen von Räumen und Verbindungslinien zu Wasser (vergleichbar der damaligen Operation Atalanta),
  • Durchführen von Embargo-Maßnahmen sowie Nationale Risikovorsorge durch Evakuierungsoperationen.

Konkret bedeuten diese Vorgaben, dass neben dem Selbstschutz die Seeraumüberwachung, das Abfangen von Seezielen und das Durchführen von Untersuchungen (z.B. von verdächtigen Handelsschiffen) in den entsprechenden mandatierten Einsätzen entwurfsbestimmende Kernfähigkeiten des MKS 180 sein mussten.

Ausschreibung nach Prinzip „Design to Budget“

Um eine Kosteneskalation zu vermeiden, war vorgesehen, die Schiffe nach dem Prinzip „Design To Cost“ bzw. „Design To Budget“ auszuschreiben. Die Erfüllung der Forderungen der FFF unter gleichzeitiger Einhaltung der finanziellen Obergrenzen sollte durch Missionsmodule, die flexibel an Bord genommen werden können, gewährleistet sein. Diese standardisierten Ausrüstungs- und Personalpakete sollten das Schiff ohne großen technischen und zeitlichen Aufwand flexibel an einen bestimmten Auftrag anpassen. Das zusätzliche Einschiffungskontingent von ca. 70-80 Soldaten sollte unter anderem durch Vorhalten entsprechender Kojenplätze sowie durch eine Anzahl von freien Arbeitsplätzen in der Operationszentrale abgedeckt werden. Dies bedeutete für den Schiffsentwurf entsprechende Reserven und Schnittstellen für Klima/Lüftung, Strom sowie interne und externe Kommunikationsmöglichkeiten.

Im Gegensatz zu Systemen, die fest eingebaut sind, bieten Missionsmodule entscheidende Vorteile. Module, die nicht für einen aktuellen Einsatz benötigt werden, können unabhängig von ihrem Trägerschiff instandgesetzt und gewartet werden. Weiterhin ist es denkbar, dass die Trägerplattform unter temporärem Verzicht auf eine spezifische Fähigkeit in maritimen Operationen einsetzbar ist, während das spezifische Modul in einem Hafen instandgesetzt wird. Im Rahmen der Beauftragung waren u.a. das Modul ASW-Lagebild und das Modul Gewahrsam zu realisieren. In einem weiteren Schritt ist die Integrierbarkeit absehbar zulaufender Missionsmodule MCM und Taucherdruckkammer sicherzustellen.

Grafiken zum neuen ASW-Modul, hergestellt durch die Firma Atlas Elektronik, für die Fregatte F126.
Grafiken zum neuen ASW-Modul für die F126
Grafik: Atlas Elektronik

Forderungslage und europaweite Ausschreibung

Von Beginn an war vorgesehen, das Ausschreibungsverfahren für das MKS 180 auf eine möglichst breite Basis zu stellen. Dem folgend wurde durch die Leitung des BMVg entschieden, das Vorhaben europaweit auszuschreiben. Seit Ende 2011 wurden im Rahmen von Teilnahmewettbewerben eine Reihe von Bieterwettbewerben durchgeführt, in denen Werften ihre Konzepte einreichen konnten.

Erwartet wurden in der Regel unterschiedliche Konzepte der Anbieter, die sich z.B. durch alternative Rumpfformen, Größen oder unterschiedliche Sensor- und Bewaffnungskonzepte unterschieden. Im Rahmen des Vergabeverfahrens wurden die geforderten Fähigkeiten unter Berücksichtigung der Ergebnisse mehrerer Angebotsphasen durch fast 7.000 Forderungen definiert und präzisiert.

Beispielhaft seien hier die folgenden grundsätzlichen Anforderungen an das Schiff aufgeführt:

  • Weltweit einsetzbar (Hohe See, Randmeere und Küstenvorfeld)
  • Einsatz in allen klimatischen Zonen (unter anderem arktische Gewässer mit Eisklasse EA/1C und tropische Gewässer), damit eingeschränkte Eisklasse
  • Höchstgeschwindigkeit über 26 kn
  • Fahrbereich 4000 sm bei 18 kn ohne Nachversorgung
  • Seeausdauer 21 Tage
  • Mehrrollenfähigkeit mit kombinierter Anti-Missile Defence (ASMD), Anti Air Warfare (AAW) und Anti-Surface-Warfare (ASuW) Fähigkeit bis zur äußeren Grenze des Nächstbereiches durch einen Mix aus Rohrwaffen, Flug- und Täuschkörpern
  • Entdeckung und Abdeckung des gesamten elektromagnetischen Spektrums (Radar, IR, Laser)
  • Präzise, abgestufte und selektive Bekämpfung von Seezielen im mittleren Entfernungsbereich (z.B. auch mit Bordhubschraubern)
  • Möglichkeit der Wirkung mit einem weitreichenden Seezielflugkörper (NSM Block 1A)
  • Schiffsgeschütz mit einem Kaliber 127mm (wie bei F125)
  • Flugabwehrfähigkeit im mittleren Reichweitenbereich mit LFKESSM mit >50 km Reichweite
  • EloUM-Fähigkeit im Frequenzbereich von 0,5 bis 40 GHz mit KORA 4
  • Möglichkeit zur Kampfstoff-Detektion
  • Grundschutz von Munitionslagereinrichtungen, Schiffsführungsbereichen und Operationszentrale gegen Handwaffenbeschuss Kaliber 12,7mm Hartkern
  • Zentrale Kameraüberwachung für Oberdeck und Bordwände im Hafen
  • Tag- und Nacht-Aufnahmemöglichkeit von schiffsgestützten UAV/Bordhubschraubern auch bei meteorologischen Grenzbedingungen
  • Flugdeck für Bordhubschrauber mit Abfluggewicht bis zu 15t, Hangar mit Einrichtung für Flugbetrieb, Wartung und Instandsetzung von zwei Bordhubschraubern oder UAVs sowie
  • Be- und Enttankungsanlagen für UAV (Unmanned Aerial Vehicle), UUV (Unmanned Underwater Vehicle), USV (Unmanned Surface Vehicle) und Hubschrauber

Wie bereits bei der Fregatte F125 wurde eine zweijährige Einsatzdauer unter einem Mehrbesatzungskonzept gefordert. Diese Forderungen nach einer Intensivnutzung, verbunden mit einer geringen Besatzungsstärke machten eine hohe Standkraft aller Systeme bei möglichst großen Wartungsintervallen nötig. Die Reduzierung der Lebenszykluskosten auf das unbedingt notwendige Maß war ja wesentliches mitbestimmendes Designkriterium. Im Einzelnen resultierten daraus die folgenden weiteren Anforderungen:

  • Intensivnutzung mit Mehrbesatzungsmodell, Besatzungswechsel alle vier Monate innerhalb von 96 Stunden
  • Umfangreiche Instandsetzungsfunktionalitäten wie Online-Diagnose mit Heimwerkstätten (Telemaintenance) und Baugruppenaustausch auf Materialerhaltungsstufe 3 durch die Besatzung bei Anlagen für Fahrfähigkeit und Eigenschutz
  • Befähigung zur Seeversorgung
  • Sanitätsdienstliche Einrichtungen zur allgemeinen medizinischen und notfallmedizinischen Versorgung, Schiffslazarett. Auf Möglichkeiten der Telemedizin war zurückzugreifen.
  • Größtmögliche Automation z.B. durch eine personaleffiziente Schiffssteuerung (einschließlich der Schiffsbetriebsanlagen)

Im Rahmen des durchgeführten Vergabeverfahrens wurden diese Forderungen konsequent einem Controlling unterzogen sowie in der Bauspezifikation zur Umsetzung festgeschrieben. Sie führten letztendlich zu dem mit der Damen Shipyards Group geschlossenen Vertrag.

Technisches 3D-Schaubild (Rendering) des TRS-4D der Firma Hensoldt, ein hochmodernes und leistungsfähiges Radar.
Zur weiträumigen Zielerfassung kommt zusätzlich zu dem bisher bei Fregattenprojekten genutzten APAR-Radar ein hochmodernes und leistungsfähiges Radar, das TRS 4D der Firma Hensoldt, zum Einsatz.
Abbildung: Hensoldt

Schiffbauliche Umsetzung

Am Beginn der schiffbaulichen Umsetzung steht die Detailkonstruktion mit den Einzelfestlegungen für die zu verwendenden Waffensysteme und Sensoren, den Führungs- und Kommunikationsmitteln, dem schiffbaulichen Entwurf sowie Versuchen und Nachweisen zur Verifizierung der konzeptionellen Annahmen.

Dieser Prozess, der unter der Federführung des Hauptauftragnehmers Damen Shipyards Group läuft, ist weiterhin in der Durchführung. Darauf aufbauend ist der Beginn der Fertigung für Ende 2023 vorgesehen.

Im Rahmen des schiffbaulichen Entwurfs werden die sogenannten Hauptbauabschnitte 1-4 im Detail festgelegt. So erfolgen z.B. die Festlegungen zu den Schiffslinien und deren Nachweise im Strömungskanal bei der HSVA, weiterhin die Detailfestlegungen zum Antrieb mit den entsprechenden Nachweisen im Rahmen von Simulationen. Bei der Fregatte F126 wird für den Antrieb erstmalig ein CODEAD Antrieb (Combined Diesel Electric and Diesel) zum Einsatz kommen. Auch dem Umweltschutz wird beim Antrieb Rechnung getragen. So erfolgt die Reinigung des Abgases nach EU T3. Ein Konzept, das vor allem im Hinblick auf Nachhaltigkeit zukunftsweisend sein wird.

Zur Aufstellung und den Betrieb der Missionsmodule in den 20-ft-Containern benötigt das Schiff vorbereitete Stellflächen für die Nutzlast mit den entsprechenden Versorgungsanschlüssen zur vollständigen technischen Integration. Hierzu gehören der Nacht- und Allwetterzugang und die zusätzlichen Arbeitsplätze an Bord, die im Design des Schiffes zu berücksichtigen sind.

Weiterhin gehören zu den Bordeinsatzkomponenten auch zwei Festrumpfschlauchboote mit einer Dauerhöchstgeschwindigkeit von über 35 kn und zwei Aussetzvorrichtungen. Diese Einsatzboote sollen dem Schiff die Fähigkeit verleihen, zwei Einsatzteams Spezialkräfte gleichzeitig einsetzen zu können. Neben den zwei seitlichen Aussetzvorrichtungen wird der Einsatz der Festrumpfschlauchboote erstmalig auch über eine im Heck eingebaute „Heckschleppe“ möglich sein. Zur eigenständigen Führung verfügen sie über eine eigene Kommunikationseinrichtung mit Anbindung an das Führungs- und Waffeneinsatzsystem des Schiffes. Daneben sind die Rettungsmittel, die getrennt von den Einsatzbooten realisiert werden, zu integrieren.

Unterauftragnehmer-Struktur zur Komponentenlieferung

Weiterhin erfolgt mit der Festlegung der Einzelkomponenten auch die endgültige Unterauftragnehmer-Struktur zur Lieferung aller Komponenten. Am Beispiel des Moduls ASW-Lagebild erfolgt z.B. die Entwicklung und Serienreifmachung der ASW-Komponenten mit ihrer Einbindung in das Führungs- und Waffeneinsatzsystem der Fregatte.

Mehr als 20 Jahre nach der Erstentwicklung eines LFTASS (Low Frequency Towed Active Sonar System) wird das Schiff mit einem tieffrequenten Aktiv-Schleppsonar der Firma Atlas Elektronik ausgerüstet werden. Für die Deutsche Marine bedeutet dies den energischen Wiedereinstieg in die Uboot-Jagd, eine Aufgabe, die nach dem Ende des Kalten Krieges eigentlich als nicht mehr vordringlich angesehen wurde. Eine Bekämpfung der georteten Ziele wird dann mit dem bekannten und bewährten Leichtgewichtstorpedo UAW 90 erfolgen.

Das Führungs- und Waffeneinsatzsystem, in dem die Lageinformationen zusammengefasst werden und über das der Waffeneinsatz erfolgt, wird durch die Firma Thales Niederlande entwickelt und in das Schiff integriert. Thales ist damit ein wesentlicher Partner und der bedeutendste Unterauftragnehmer für die Realisierung des Schiffes im Bereich des Einsatzsystems.

Zur weiträumigen Zielerfassung kommt zusätzlich zu dem bisher bei Fregattenprojekten genutzten APAR-Radar ein hochmodernes und leistungsfähiges Radar, das TRS 4D der Firma Hensoldt, zum Einsatz.

Geplante Bewaffnung der F126

Als Bewaffnung sind zwei KWS RAM Blk 2B zur Nah- und Nächstbereichs-Flugabwehr vorgesehen. Damit wird die bislang erfolgreiche Geschichte der RAM-gestützten Flugabwehr bei der Marine fortgeschrieben.

Für den mittleren Entfernungsbereich ist wie bei den übrigen Fregattenklassen das Waffensystem ESSM Block 2 vorgesehen. Auch dieses Waffensystem kommt aus einem multinationalen Entwicklungs- und Beschaffungsprogramm mit den Vereinigten Staaten von Amerika. Für den Verschuss der ESSM kommt auch bei den Fregatten 126 das bewährte Senkrechtstart (Vertical Launch) System VLSMK 41 zum Einsatz. Die diesbezüglichen Verträge mit Fa. Lockheed Martin wurden zu Beginn dieses Jahres abgeschlossen.

Zur Zielbekämpfung von Seezielen im mittleren Reichweitenbereich kommt der im Rahmen einer Kooperation von Kongsberg und MBDA weiterentwickelte Flugkörper NSM Block 1A zum Einsatz.

Zum Wirken von See an Land und bestimmte operationelle Szenarien kommt die bereits bei F125 eingesetzte 127 mm Kanone der Firma Leonardo (ehemals Oto Melara) zur Anwendung. Damit bekommen die vier Fregatten F126 Schiffsartilleriesysteme vom Typ OTO 127/64 Light Weight (LW) VULCANO. Gegenstand des Vertrags ist neben der Lieferung der Bordgeschütze deren Integration und die Unterstützung bei der Inbetriebnahme. Nach Angabe von Leonardo ist das Marinegeschütz mit einem Kaliber von 127mm und einer Rohrlänge von 8.128mm (64 x 127mm) der Kern eines vollständig digitalisierten Systems. In der Kommunikation mit den Bedienern und dem bordseitigen Führungs- und Waffeneinsatzsystem bietet es ständige Unterstützung bei der Berechnung von Schießlösungen während der Einsatzplanung.

Das Waffensystem kann beide Varianten der firmeneigenen 127mm VULCANO-Munition verwenden, sowohl die Guided Long Range (GLR) als auch die Ballistic Extended Range (BER). Das Geschütz erweitert damit die Verteidigungsfähigkeit einer Marineeinheit auf bis zu 85 km bei gleichbleibender Präzision. Neben den Bordhubschraubern wird auf der Fregatte 126 das bereits aus dem Korvettenprogramm bekannte UAV SEA FALCON eingesetzt werden. Die hierfür erforderlichen Wartungs- und Versorgungseinrichtungen müssen im Schiffsentwurf mitberücksichtigt werden und erfordern damit auch aufgrund der operationellen Einsatzrahmenbedingungen von UAV ein besonderes Augenmerk.

Besatzungsausbildung unter Einsatz von Virtual Reality

Auch im Rahmen der Ausbildung der Besatzungen werden neue Wege beschritten. Anstelle kostspieliger Ausbildungsanlagen und Einrichtungen an Land ist für F126 gefordert, Ausbildungsmöglichkeiten für die Besatzungen für einzelne Abschnitte auch unter Einsatz von Virtual Reality schiffsgestützt zu schaffen. Somit kann einfach und ortsunabhängig die Ausbildung der Wechselbesatzungen sowohl an Bord als auch an Land durchgeführt werden und die Forderung nach Besatzungswechsel innerhalb von 96 Stunden gut erfüllt werden.

Virtual Reality kann dabei nicht nur im Bereich der Ausbildung, sondern auch im Bereich der Maintenance und der Instandhaltung zum Einsatz kommen. Damit ist virtuelles Arbeiten aber noch nicht abgeschlossen. Auch im Bereich der Schiffsmedizin kommen virtuelle Verfahren zur Anwendung, insbesondere im Bereich der Telemedizin, wo Unterstützung durch erfahrene Ärzte im Reach Back sichergestellt wird.

Noch nicht unter Vertrag, aber durchaus erwähnenswert ist das Fähigkeitsmodul MCM. Das MCM-Modul wird dabei sogenannte „organic MCM“-Fähigkeiten bereitstellen, dies bedeutet UUV basierte Sonarsensorik und UUV basierte Minenvernichtungsladungen.

Gemeinsames Risikomanagement und „Gläserne Projektbüros“

Wie bereits erwähnt, wurde der Bauvertrag mit der niederländischen Damen Shipyards Group geschlossen. Gebaut werden die Schiffe anteilig in Hamburg bei Blohm + Voss, in Kiel bei German Naval Yards und in Wolgast auf der Peenewerft.

Durch die Projektleitung wurde eine gemeinsame (amtsseitige und auftragnehmerseitige) Baubegleitung vor Ort auf den Werften eingerichtet. Bisherige Erfahrungen zeigen eine sehr gute, vertrauensvolle und enge Zusammenarbeit und Abstimmung zwischen dem Hauptauftragnehmer und der Projektleitung im Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr.

Insbesondere das gemeinsame Risikomanagement und die Umsetzung des Konzepts des „gläsernen Projektbüros“ sind Werkzeuge, um frühzeitig Fehlentwicklungen zu erkennen, Risiken zu identifizieren und gemeinsam Lösungen und Mitigationsmaßnahmen zu entwickeln. Das gläserne Projektbüro stützt sich hierzu auf ein für alle wesentlichen projektbeteiligten Firmen und dem öffentlichen Auftraggeber zugängliches 3D-Modell des Schiffsentwurfs ab. Ein bauseitiges gemeinsames Qualitätsmanagement komplettiert die Maßnahmen im Projektmanagement und stellt sicher, dass die vereinbarten Qualitätsstufen auch im Bauprozess umgesetzt werden.

Ein erstes Resümee zum Rüstungsprojekt F126

F126 ist ein Mehrzweckkampfschiff mit deutlich gesteigerter Kampfkraft gegenüber bisherigen Seekriegsmitteln. Der vorgesehene modulare Fähigkeitsaufbau erlaubt es, mit dem Schiff schnell und flexibel auf sich ändernde Einsatzszenare und operationelle Anforderungen zu reagieren. Das Bauprogramm ist gekennzeichnet durch eine besonders enge und fachlich tiefe Abstimmung und Zusammenarbeit zwischen amtsseitiger Projektleitung und den bauausführenden Werften.

Bereits im Vorfeld des Vertragsschlusses wurde ein Fähigkeitscontrolling eingerichtet, das auch während der Bauphase weiter aktiv ist und ungewollte Veränderungen der Anforderungen beobachten soll. Auf dieser Basis arbeiten alle Projektbeteiligten an der Umsetzung des Ziels, der Marine ein einsatzbereites und zur Wahrnehmung zukünftiger Aufgaben befähigtes Waffensystem ab Mitte 2028 zur Verfügung zu stellen.

Rainer Krug, Chefredakteur cpmFORUM

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