Es zeichnete sich bereits ab, dass Frankreich und Deutschland bei den Seefernaufklärern getrennte Wege gehen. Doch offiziell hatte das BMVg die P-8A Poseidon von Boeing immer nur als „Zwischenlösung“ bezeichnet, um die Zeit zwischen der Ausphasung der veralteten deutschen P-3C Orion und dem noch zu entwickelnden deutsch-französischen Maritime Airborne Warfare System (MAWS) zu überbrücken. Doch nun trennen sich mit dem französischen Vertrag mit Airbus endgültig die Wege.
Der Letter of Intent zur gemeinsamen Entwicklung eines deutsch-französischen Seefernaufklärers Maritime Airborne Warfare System (MAWS) wurde am 26. April 2018 durch die beiden Verteidigungsministerinnen Florence Parly und Dr. Ursula von der Leyen gezeichnet. Doch die Zeit verstrich, ohne dass sich das Projekt wirklich weiterentwickelte, während die deutschen Seefernaufklärer immer stärker unwartbar wurden. Deutschland musste handeln und bestellte die aktuell modernsten Seefernaufklärer weltweit: Die P-8A Poseidon von Boeing.
Doch offiziell begraben wurde das Projekt MAWS von deutscher Seite nie. Noch im Juni 2024 schrieb das BMVg zur P-8A Poseidon: „Deutschland kauft von den Vereinigten Staaten acht Exemplare dieses Flugzeugtyps, der als Zwischenlösung die U-Boot-Jagd und Seefernaufklärung von der P-3C Orion übernehmen wird, bis das deutsch-französische Kooperationsprojekt Maritime Airborne Warfare System (MAWS) diese Aufgaben übernehmen kann.
Frankreich wählt die A321 MPA von Airbus
Nun schafft allerdings Frankreich Fakten. Vergangene Woche berichtete das Unternehmen Airbus: „Die französische Generaldirektion für Rüstung hat mit Airbus Defence and Space als Hauptauftragnehmer und Thales als Partner einen Vertrag über eine Studie zur Risikominimierung für das künftige Seepatrouillenflugzeug-Programm unterzeichnet. Der Vertrag mit einer Laufzeit von 24 Monaten schließt an die Ende 2022 eingeleitete Architektur- und Machbarkeitsstudie an.“
Frankreich führt also MAWS weiter – ohne Deutschland. „Der neue Definitions- und Risikostudienvertrag soll den Start der Entwicklung und Umsetzung des Seepatrouillenflugzeug-Programms Ende 2026 vorbereiten“, berichtet Airbus. Gewählt für MAWS wurde die A321 MPA (Maritime Patrol Aircraft), eine militarisierte Version des Airbus A321XLR. Die nun unter Vertrag gegebene Studie soll die ersten Ergebnisse der Architekturstudie vertiefen, um „die wirtschaftlichen und industriellen Bedingungen für die Durchführung des Programms zu verfeinern, die technischen Entscheidungen für die in das Flugzeug zu integrierenden Systeme zu treffen und die ersten Windkanaltests durchzuführen“.
Am Ende soll dann ein Seefernaufklärer stehen, der vor allem in der U-Jagd, der Aufklärung, dem klassischen Seekrieg sowie der Nachrichtengewinnung dient. Das Ziel ist es, dass dieses neue Flugzeug im Laufe des Jahrzehnts 2030-2040 die Flotte der Atlantique 2 ersetzen soll, welche die französische Marine vom Marinefliegerstützpunkt Lann-Bihoué aus betriebt.
„Die A321 MPA verfügt über alle Voraussetzungen, um eine fliegende Fregatte zu werden, die den vielfältigen Missionen der französischen Seepatrouille gerecht wird“, sagt Jean-Brice Dumont, Executive Vice President, Head of Air Power bei Airbus Defence and Space. „Airbus bietet eine souveräne Lösung, die die Autonomie, Verfügbarkeit und Zuverlässigkeit bietet, die für den Beitrag zur ozeanischen Komponente der nuklearen Abschreckung erforderlich sind.“
P-8A Poseidon von Boeing in deutscher Lackierung
Mit diesem Schritt Frankreichs ist zudem klar, dass die P-8A Poseidon nicht nur eine Übergangslösung, sondern der dauerhaft zukünftige Seefernaufklärer der deutschen Marineflieger wird. Von diesen gibt es aktuell ebenfalls positive Neuigkeiten: Die erste Poseidon hat in Seattle die vollständige Bundeswehr-Lackierung erhalten.
„Nun folgt vor Ort die funktionelle Überprüfung aller Systeme, beispielsweise der Triebwerke und der Hydraulik“, berichtet die Bundeswehr und führt weiter aus: „Im Anschluss daran wird das Flugzeug an das Team Boeing Defense, Space & Security übergeben, inklusive Überführungsflug. Daran nehmen Vertretende der US-Regierung und Teams der deutschen militärischen Qualitätssicherung teil, bevor die finale Ausrüstung aller Systeme stattfindet: Dann erst wird aus dem zivilen Luftfahrzeug auf Basis der Boeing 737 die militärische Poseidon.“
Ab August 2025 sollen dann die ersten Seefernaufklärer an die Bundeswehr gehen, zum Marinefliegergeschwader im niedersächsischen Nordholz. Hier werden sie einen wichtigen Beitrag zur Überwachung der Ostsee leisten. Gleichzeitig ist ihre Aufgabe die U-Jagd, um im schlimmsten Fall die Nachschubrouten der amerikanischen Streitkräfte über den Atlantik zu sicher.
Die P-8A zeichnet sich durch Einsatzverfügbarkeit und technische Reife aus. Die weltweite P-8 Flotte von rund 170 Flugzeugen hat in den vergangenen zehn Jahren über 600.000 Flugstunden absolviert. Die Ähnlichkeit mit der zivilen Boeing 737-800, von der allein in Europa 1.600 Exemplare an Airlines ausgeliefert wurden, ermöglicht Zeit- und Kostenersparnisse bei Wartung und Training.
Mit der Poseidon profitiert die Deutsche Marine zudem von einer starken Infrastruktur in Europa und weltweit. Mit Deutschland sind schließlich insgesamt neun Staaten P-8A Nutzer, darunter fünf NATO Länder.
Eine Basis, die sich der französische Seefernaufklärer A321 MPA erst erarbeiten muss – sobald er dann vorhanden ist.
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