Das Herbst-Symposium des Förderkreis Deutsches Heer e.V., in Heidenheim an der Brenz und in Kooperation mit dem Sensorspezialisten, trug den Titel „Sensorik, Aufklärung und Drohnen“. Darin ging es unter anderem auch um Drohnen im Heer.
Oberst i.G. Karl Wilhelm Wenz aus dem Kommando Heer in Strausberg trug als einer der Hauptredner zum Thema „UxS im Heer. Woher kommen wir, wohin wollen wir.“ vor. Damit stellte er den Sachstand und die Planung/Weiterentwicklung aus der Sicht des materiellen Fähigkeitsmanagements des Kommando Heer dar.
Unmanned Systems (UxS) umfassen im zivilen Sprachgebrauch alle Drohnen oder unbemannte Systeme. Dabei ersetzt das x die Dimension. Denn UxS umfassen sowohl die Drohnen im Heer am Boden, in der Luft und auf/in der See. Dabei wird immer das Gesamtsystem betrachtet, nicht nur die eigentliche Plattform. Zum Unmanned Systems gehört neben der Plattform auch die Nutzlast (Sensor und/oder Effektor) als auch alle anderen benötigten Sub-Systeme wie Kontroll-/Bodenstationen, Start- und Landesysteme, etc. dazu.
In seinen Ausführungen bestand Oberst i.G. Wenz darauf, dass beim Thema „UxS im Heer. Woher kommen wir, wohin wollen wir.“ Absichtlich kein Fragezeichen gesetzt wurde. Denn das Heer weiß mittlerweile sehr konkret wohin es gehen soll. Und die Umsetzung hat begonnen, aber benötigt Zeit. Auslöser und auch Planungsprämissen sind die Erkenntnisse vor allem aus dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Angefangen hat das Thema oder signifikant an Bedeutung zugenommen seit dem Krieg um Bergkarabach 2020.
Oberst i.G. Wenz bezeichnete den Drohnenkrieg aber als „Evolution not Revolution“. Die wichtigsten Erkenntnisse sind:
- Ohne Drohnen (Luft, Land, See) geht es nicht mehr geht.
- Die Entwicklungen gehen rasant voran.
- Es werden sowohl militärische als auch zivile Drohnen eingesetzt.
- In sehr großen Stückzahlen.
- Drohnen sind der wesentliche Sensor für das Steilfeuer.
- Sie sind enorm wichtig im Sensor-to-Shooter-Cycle.
- Die Innovationszyklen sind extrem kurz.
Das Thema ist aber auch im Heer nicht neu. So werden schon länger Drohnen am Boden sowie in der Luft genutzt. Bisher stützt sich das Heer bei den Unmanned Aerial Systems (UAS) auf die Systeme ALADIN (Abbildende Luftgestützte Aufklärungsdrohne im Nächstbereich), LUNA (Luftgestützte, Unbemannte Nahaufklärungsausstattung), KZO (Kleinfluggerät für Zielortung), MIKADO und die kleine Aufklärungsdrohne PD-100 Black Hornet ab. Die letzten beiden Systeme sind vor allem bei den Spezialkräften in Nutzung.
Von der Nano-Drohne PD-100 Black Hornet läuft mit der Version 4 gerade die neuste Generation zu. Zuletzt kam beim Heer das neue System HUSAR (Hocheffizientes Unbemanntes System zur Aufklärung mittlerer Reichweite) hinzu.
Ende 2023 hat das Bundesamtes für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) bei der Firma Rheinmetall Technical Publications GmbH die Beschaffung von insgesamt 13 Aufklärungssystemen HUSAR beauftragt. Das BAAINBw schreibt zum System: Das System ist aufgrund der hervorragenden Leistungsfähigkeit in seiner Gewichtsklasse einzigartig. HUSAR ist hochmobil und kann infrastrukturunabhängig eingesetzt werden.
Es liefert der Truppe hochgenaue Aufklärungsdaten in nahezu Echtzeit bei einer Flugdauer von zwölf Stunden und trägt so zu einem umfassenden Lagebild bei. Die Aufklärungsdrohnen haben eine Reichweite von bis zu 150 km und können bei Tag und Nacht unter nahezu allen klimatischen Bedingungen eingesetzt werden. Mit der vorgesehenen Musterzulassung des Luftfahrtamtes der Bundeswehr ist zudem der sichere Betrieb über dicht besiedeltem Gebiet gewährleistet. Ab 2025 wird die Bundeswehr insgesamt zwölf Serien- und ein Ausbildungssystem erhalten.
Ein System besteht dabei aus fünf Aufklärungsdrohnen mit einem maximalen Startgewicht von je 110 kg, zwei Bodenkontrollstationen, zwei Startfahrzeugen, zwei Antennenmasten, einer Werkstattausstattung sowie drei Transportplattformen. HUSAR steht für „Hocheffizientes unbemanntes System zur abbildenden Aufklärung in mittlerer Reichweite“. Seitens der Industrie unter der Bezeichnung „LUNA NG/B“ vermarktet soll schrittweise das in die Jahre gekommene „Kleinfluggerät Zielortung“ KZO abgelöst werden.
Im Bereich Boden sind die Unmanned Ground System (UGS) Teledyne FLIR Defense PackBot, Manipulationsfahrzeug tEODor, oder das Aufklärungssystem RABE (Roboter zur Aufklärung, Beobachtung und Erkundung) schon beim Heer in Nutzung. Ende 2022 erhielt das Heer mit dem PackBot 525 die neuste Variante. Die Lieferung und Betreuung erfolgt über den Teledyne FLIR-Partner European Logistic Partners (ELP) aus Wuppertal.
Mit dem SONOBOT 5 überführte das Heer erstmals auch ein Unbemanntes Wasserfahrzeug (Unmanned Surface Vehicle; USV) in die Nutzung. Es ist im Einsatz bei den Pionieren. Mit dem SONOBOT 5 können die Pioniere des deutsch-britischen Pionierbrückenbataillons 130 aus Minden jetzt noch schneller Gewässerübergänge erkunden und damit anlegen. Mit der Überwasserdrohne können die Pioniere Gewässer effektiv und präzise erkunden. Das Heer schreibt dazu: Mit dem SONOBOT 5 erhalten die Pioniere erstmals eine Drohne, die zu den schnellsten schwimmenden unbemannten Sonarsystemen der Welt gehört.
Sie wird für Vermessungs- und Suchoperationen in Seen, Kanälen und vielen weiteren denkbaren Szenarien eingesetzt. Mit dieser Technik vermessen die Pioniere militärisch geplante Übergangsstellen und überprüfen sie auf ihre Tauglichkeit. Mit der Drohne sind die Pioniere in der Lage, unter Wasser verborgene Objekte wie Schrott, Minen, Untiefen oder große Hindernisse in Fahrrinnen aufzuspüren und positionsgenau zu orten. Hersteller ist die EvoLogics GmbH aus Berlin.
Was es bisher überhaupt nicht im Heer gibt sind Drohnen zur Wirkung, also Kamikaze-Drohnen oder Loitering Munition (LM).
Ausblick – Drohnen im Heer
Oberst i.G. Wenz zeigte aber nicht nur eine Bestandsaufnahme, sondern auch die aktuellen Vorgaben und geplanten nächsten Schritte. Im November 2023 wurde in der Bundeswehr die Task Force (TF) Drohne imitiert. Die TF Drohnen wurde eingesetzt, um sich mit der Nutzung in den Streitkräften zu beschäftigen.
Sie wurde von Brigadegeneral Wolfgang Jordan, der ebenfalls auf dem Herbst-Symposium des Förderkreis Deutsches Heer anwesend war – geführt. Er ist Leiter der Planungsabteilung im Kommando Heer. Die TF Drohne sollte aber nicht nur die technischen Aspekte der Kleinstdrohnen sondern auch das Thema Beschaffung und auch den Schutz vor Kleindrohnen und die aktuellen Regelungen betrachten und bewerten. Gerade auch die Vorschriften machten eine Nutzung in der Bundeswehr für diese Fluggeräte sehr aufwendig und kompliziert.
Mehr zu den Ergebnissen der TF Drohne ist in der Drucksache 20/12736 (Kleine Anfrage) und 20/13335 (Antwort der Bundesregierung) des Deutschen Bundestages nachzulesen. Und auch Oberst i.G. Wenz führte zu den Ergebnissen aus. So gibt es jetzt einen Handzettel TF Drohne mit Nutzungshinweisen. Dieser wird ergänzt durch sogenannte Blue List+, White List sowie konzeptionelle Dokumente als Weisung im Heer zur Nutzung.
Auf der White List stehen kostengünstigen Hersteller und Drohnenmodelle, die für den Erwerb zu Zwecken der Übung und Ausbildung vorgesehen sind, also für den Einsatz in nicht sensitiven Bereichen. Zum Beispiel für eine Feinddarstellung. Die Hersteller und Drohnenmodelle auf der Blue List können auch für Missionen genutzt werden. Solche Drohnen im Heer können damit auch durch die Truppe direkt beschafft werden, unter anderem durch das Handgeld des Kommandeurs. Denn auf der Blue List stehen Drohnensysteme, die für die Verwendung in Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) optimiert sind. Für diese gelten strengere Einschränkungen im Punkto Sicherheit.
Wo soll es für das Heer hingehen? Oberst i.G. Wenz führte dazu aus: „Wir wollen mehr UAS in allen Bereichen! Mit Schwarmfähigkeiten.“ Dazu wird unterschieden in die Bereiche Aufklärung, Führung/Unterstützung sowie Wirkung, und das jeweils für die Bereiche Boden, Wasser und Luft.
Im Bereich der UAS (Luft) stehen für den Bereich Aufklärung Drohnen im Heer zur Verfügung und sind im Zulauf. Einige der Modelle wurden bereits weiter oben benannt. Die Fähigkeit Führung/Unterstützung befindet sich noch in der Planung. Im Bereich der UGV (Boden) gibt es bereits Drohnen im Heer für die Aufklärung, Unterstützung und Wirkung/LM sind in Planung. Im Bereich der Unterstützung sind zum Beispiel Systeme wie die Rettungsdrohne GRILLE (Sanität) der Firma Avilus oder DIEHL Defence ZIESEL (Cargo Mule, Rettungs-UGV, aber auch als Waffenträger) zu nennen. Beim Thema USV sind die SONOBOT 5 Systeme vorhanden bzw. im Zulauf.
Unberührt ist das Thema Wirkung und Loitering Munition. Aber auch hier hat die TF Drohnen die Planung initiiert und treibt diese weiter voran. So soll es in Zukunft Loitering Munition in einer tragbaren Variante geben, LM zur Panzerabwehr sowie LM für Hochwertziele auf große Entfernungen.
Wie soll das Ganze beim Thema Drohnen im Heer umgesetzt werden? Es soll vor allem ein sofortiger Einstieg erfolgen. Zunächst über COTS (Commercial-off-the-shelf)-Produkte in den Jahren 2023/24 für den Bereich Aufklärung. Nur dadurch kann ein schneller Einstieg erfolgen. 2025 sollen dann COTS und MOTS (Military off-the-shelf) für die Bereiche Aufklärung, Führung und Unterstützung beginnen bzw. fortgesetzt werden. 2025 soll gleichzeitig der Einstieg in das Thema MOTS „Wirkung“ erfolgen. Dieser ist vor allem auf die Mittleren Kräfte und im Hinblick auf die Panzerbrigade 21 abzustimmen.
Entsprechende IPTs (Integrierte Projektteams) z. B. für entsprechende Transportdrohnen/Waffenträger laufen bereits. 2026 soll dann entsprechende IPTs/CPM für den Einstieg über ein MOTS-Systemverbund folgen. Dieser Systemverbund ist die Grundvoraussetzung für eine Überlegenheit, für eine Schwarmfähigkeit – im Sinne der Kombination von vielen Drohnen im Heer aus den Bereichen Aufklärung, Führung, Unterstützung und Wirkung und das über alle Domain Land, Luft und See hinweg. Im Fokus steht hierbei die Mittleren Kräfte und die Panzerbrigade 21 zu enablen.
Um einen Systemverbund aber aufbauen zu können müssen aber ein paar Kernvoraussetzungen erfüllt werden. So müssen alle Systeme über entsprechende offene Schnittstellen verfügen muss, nur darüber ist garantiert, dass alle untereinander kommunizieren können. Dies wiederum ist die Grundlage für die Vernetzung, Schwarmfähigkeit und Systemverbund. Denn sie müssen sich in das angedachte Gesamtsystem einbinden lassen. Autarke, sich abgrenzende Systeme, die nur innerhalb der eigenen Familie kommunizieren kann, macht daher laut Heer keinen Sinn.
Neben den technischen Aspekten wird aber vor allem auch Masse benötigt, so Oberst i.G. Wenz. Also auch preiseffektive/günstige Lösungen, die eine Beschaffung großer Stückzahlen ermöglichen. Auf dem Markt gibt es mittlerweile viele Anbieter in der DJI-Klasse. Die deutsche Firma B&S Tech on Target GmbH aus Neustadt in Schleswig-Holstein hat mit dem HITBIRD-Drohnenkonzept auf der Eurosatory eine „kosteneffektive“ Drohnenfamilie zur Massenproduktion in Deutschland vorgestellt. Diese allerdings mit Spannweiten von 175, 350 und 700 cm.
Oberst i.G. Wenz sagte aber auch, kostengünstig bei Drohnen im Heer bedeutet ggf. aber auch Abstriche bei den Fähigkeitsforderungen zu machen. Oberst i.G. Wenz: „Es muss ein guter Kompromiss gefunden werden.“
Künstliche Intelligenz als Unterstützung und Grundlage des Systems
In einem weiteren Vortrag „KI-basierte Methoden: Enabler für Informations- und Entscheidungsüberlegenheit“ führte Prof. Dr. Wolfgang Koch vom Fraunhofer FKIE aus, das Künstliche Intelligenz (KI) die Grundlage für das geforderte und angedachte System/Verbund ist.
Die Erforschung, Entwicklung und Einführung KI-basierter Technologien sowie entsprechender prozessorientierter Concept of Operations (CONOPS) für Drohnen im Heer werden dabei einen signifikanten Mehrwert zur Erreichung der Informations-, Entscheidungs- und Wirkungsüberlegenheit haben, so der Professor. Dies muss aber mit einem operativ-technischen Verständnis erfolgen.
Die militärische KI (MIL KI) ist eine vernetzte und interoperable „Major Weapon Platform“, ergänzt durch Multi-Domain Information and Decision Superiority. Das Ganze basiert auf modellbasierte und datengetriebene KI/Autonomie, so Professor Koch weiter.
Dazu benötigt es einer resilienten Datenverteilung (joint & combined), -verifizierung, -registrierung und -alignment für eine selbstkritische KI. Selbstkritisch bedeutet, dass sich die KI selbstständig logisch hinterfragt, ob bestimmte Daten/Angaben logisch und damit möglich sind. Denn die KI kann im eigentlichen Sinne nicht logisch denken, sondern nur gut übersetzen. Dazu muss die KI „Ungereimtheiten“ dem Nutzer zur Überprüfung anzeigen bzw. hervorheben. Neben dem eigenen KI-Einsatz gibt es aber auch die gegnerische Counter-KI, dies ist ebenfalls bei der Erstellung des Gesamtsystems zu beachten, gab der Professor zu bedenken.
Wie die Forderung von Oberst i.G. Wenz nach „Masse“ bei den Drohnen im Heer in allen Domainen zeigt, bedarf es neben den eigenen Drohnen im Heer im Bereich der Counter-UAV und Counter-UGV eben auch al Sensoren. In der Ukraine werden rund 20.000 Drohnen aller Art pro Monat „verbraucht“. Dies lässt erahnen wie „voll“ das Gefechtsfeld sein kann. Daher werden bei Counter-Drones sehr viele Objekte zu detektieren, identifizieren und überwachen sein. So nutzt die Bundeswehr das Counter Battery Radar (COBRA) zur Aufklärung feindlicher Artillerie-Batterien.
Auch wenn das Artillerieortungsradar COBRA jetzt noch einmal modernisiert wird, bedarf es mehr und modernerer Lösungen. Um auch hier in absehbarer Zeit eine Lösung erzielen zu können, schlägt Hensoldt die Anpassung der TRML-4D Radare vor. Diese Hochleistungsradare TRML-4D sind eigentlich zur Luftverteidigung vorgesehen und sind bei der Luftwaffe in Nutzung. TRML-4D ist das Luftverteidigungsradar für IRIS-T und Teil des Nah- und Nächstbereichsschutz (NNbS), und sie werden u.a. erfolgreich in der Ukraine eingesetzt.
Das TRML-4D basiert auf der neuesten AESA-Radartechnologie (Active Electronically Scanned Array). Es gewährleistet die schnelle Erkennung und Verfolgung von etwa 1.500 Zielen in einem Radius von bis zu 250 km. Dabei ist es in der Lage, alle Arten von Luftzielen – Marschflugkörper, Drohnen und Flugzeuge sowie Hubschrauber – schnell und zuverlässig zu erkennen, zu verfolgen und zu klassifizieren.
Hensoldt schlägt vor die COBRAs durch TRML-4D zu ergänzen bzw. zu ersetzen, und auch als Drohnen im Heer zu nutzen. Da es sich um ein Software Defined Radar im Rahmen der Software Defined Defence (SDD) handelt, ist eine Anpassung und damit Fähigkeitserweiterung alleine durch ein Software-Update möglich. Die Hardware muss laut Hensoldt nicht verändert werden. Dank SDD kann das Radar mit Weapon Location Fähigkeit erweitert werden.
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