Kampfflugzeuge starten und landen auf Autobahn

Wie die Schweizer Streitkräfte ankündigen, werden am kommenden Mittwoch, den 5. Juni 2024, Kampfflugzeuge des Typs Boeing F/A-18 auf der Nationalstrasse A1 im Kanton Waadt starten und landen. Damit testet die Armee ihre Fähigkeit, Flugzeuge auch von improvisierten Standorten aus zu betreiben. Dafür wird der betroffene Autobahnabschnitt zwischen Avenches und Payerne für maximal 36 Stunden gesperrt. Und es ist eine Rückkehr zu Verfahren, die schon in den Zeiten des Kalten Krieges genutzt und trainiert wurden. Nicht nur in der Schweiz, sondern auch Österreich und Deutschland sowie vielen weiteren westlichen Staaten. In der Regel wären die Fliegerhorste der NATO-Staaten eines der ersten Angriffsziele überhaupt.

F-35A landet auf einer Autobahn. (Foto- NOR Luftwaffe)
F-35A landet auf einer Autobahn.
Foto: NOR Luftwaffe

Bei der militärischen Übung starten und landen voraussichtlich acht Kampfflugzeuge des Typs F/A-18 auf einem dafür vorbereiteten Teilstück der Nationalstrasse A1. Das Teilstück zwischen Avenches und Payerne (Kanton Waadt) wird für maximal 36 Stunden gesperrt. Diese Sperrung ist vorgesehen ab Dienstag, 4. Juni 2024, 21 Uhr, bis Donnerstag, 6. Juni 2024, 9 Uhr.

Es handelt sich um eine militärische Übung und keinen Öffentlichkeitsanlass. Das Übungsgelände wird dazu großflächig abgesperrt und der Verkehr über das kantonale Straßenverkehrsnetz umgeleitet, so die armasuisse in einer entsprechenden Mitteilung an die Bevölkerung. Die Planung erfolgt in enger Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Straßen (ASTRA) sowie den Kantonspolizeien Waadt und Freiburg. Die ersten Starts und Landungen überträgt das Schweizer Radio und Fernsehen SRF live im Fernsehen auf SRF1 ab 9 Uhr.

Stärkung der Verteidigungsfähigkeit

Der Test ist laut armasuisse notwendig, da heute alle Mittel der Schweizer Luftwaffe auf die drei Militärflugplätzen Payerne, Meiringen und Emmen konzentriert sind. Das macht sie für weitreichende, gegnerische Waffensysteme verwundbar und zu einem primären Angriffziel. Um dieses Risiko zu minimieren, setzt die Luftwaffe unter anderem auf die Dezentralisierung als passive Luftverteidigungsmaßnahme.

Starten und Landen auf der Autobahn, Versorgung an der Tankstelle Münsingen Ost in der Schweiz.
Starten und Landen auf der Autobahn, Versorgung an der Tankstelle Münsingen Ost in der Schweiz.
Foto: Schweizer Armee

Die Dezentralisierung beschreibt dabei die Fähigkeit, die Truppe und das Material innert kürzester Zeit im ganzen Land zu verteilen. Die Luftwaffe muss ihre Mittel nach Möglichkeit auch von dezentralen, unter Umständen temporären Standorten aus einsetzen können. Die letzte Landung auf einer Autobahn mit Kampfflugzeugen der Schweizer Armee fand 1991 im Tessin statt.

In Zeiten des Kalten Krieges fanden entsprechende Übungen regelmäßig statt. Vergleichbare Tests hat die Luftwaffe in den 70er und 80er-Jahren mit Kampfflugzeugen des Typs Hunter und F5-Tiger auf Autobahnabschnitten im Mittelland durchgeführt, so die Schweizer Streitkräfte.

Autobahn als Notlandeplatz

Das Bundesheer in Österreich hat ein entsprechendes Konzept im Oktober 1986 nur einmal getestet. Auch in Deutschland wurden während des Kalten Krieges auf den deutschen Autobahnen sogenannte Notlandeplätze für Kampfjets für den Verteidigungsfall eingerichtet. Einige der Teilabschnitte sind auch heute noch zu erkennen. Aber auch zu nutzen?

Luftbild der Bundesautobahn A29 in der Nähe von Ahlhorn im Jahr ihrer Fertigstellung. Im Rahmen der Nato-Übung Highway 84 wurde der Notlandeplatz genutzt. (Foto- USAF)
Luftbild der Bundesautobahn A29 in der Nähe von Ahlhorn im Jahr ihrer Fertigstellung. Im Rahmen der Nato-Übung Highway 84 wurde der Notlandeplatz genutzt.
Foto: USAF

Offiziell wurden diese durch das BMVg im Juni 1995 als nicht mehr erforderlich eingestuft. Laut einem damaligen Bericht des Bayrischen Rundfunks gab es rund 240 Verkehrsadern in Deutschland, die sich als Behelfs- beziehungsweise Notflugplätze eigneten. Einen ausführlichen Bericht und Rückblick gab es bereits vor einigen Monaten auf unserer Seite.

Schweden und Finnland haben solche Notlandepisten heute noch. Während der Übung AIR DEFENDER landete ein norwegischer Kampfjet des Typs Lockheed Martin F-35A auf einer finnischen Autobahn.

Im Rahmen des „Hotpit refuel“ Vorgangs wurde er umgehend betankt und hob anschließend wieder ab. Ort soll ein spezieller Autobahnabschnitt im finnischen Tervo gewesen sind. Und auch in Schweden wird der Ansatz bereits seit 2017 wieder regelmäßig geübt. Laut Aussage des Inspekteurs der schwedischen Luftwaffe sieht sich das Land als „NATO-Frontstaat”.

Entsprechende Starts und Landungen der Saab GRIPEN-Flotte sollen in bis zu vier Übungen pro Jahr durchgeführt werden. Die Luftfahrzeuge werden dann vor Ort gleich betankt und aufmunitioniert. So ein Turnaround benötigt wohl gerade einmal 15 Minuten, danach ist die Maschine wieder einsatzbereit und kann ins Gefecht zurückkehren. Für Starts und Landungen sollen die GRIPEN nach öffentlichen Meldungen lediglich eine Fläche von 800×17 m benötigen.

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