Aktuelle und künftige Versionen des Luftverteidigungssystems IRIS-T SL

Das Luftverteidigungssystem IRIS-T SL von Diehl Defence ist seit seinem überaus erfolgreichen Einsatz im Ukraine-Krieg mit einer Hit-Kill-Capability von nahezu hundert Prozent zum Beweis deutscher Rüstungsfähigkeiten geworden. Mittlerweile gibt es verschiedene Versionen und weitere sind angedacht. Hier folgt ein Überblick der aktuellen und absehbaren Systeme mit ihren Fähigkeiten.

Die Komponenten des Luftverteidigungssystems IRIS-T SLM: Startgerät, Radar und Tactical Operation Center (TOC).
Die Komponenten des Luftverteidigungssystems IRIS-T SLM: Startgerät, Radar und Tactical Operation Center (TOC).
Foto: Diehl Defence

Alle Luftverteidigungssysteme der IRIS-T SL (Surface Launched) Familie folgen demselben Prinzip. Es gibt Startgeräte für die Lenkflugkörper, Radare und Führungseinheiten. Die gewünschte Zusammenstellung obliegt dem Kunden. IRIS-T SL erwies sich dabei als so adaptierbar, dass bisher alle national gewünschten Komponenten integriert werden konnten. Dementsprechend existieren bereits sehr viele nationale Ausprägungen, die allerdings alle den folgenden Kategorien entsprechen.

IRIS-T SLS

Das Luftverteidigungssystem IRIS-T SLS (Surface Launched Short range) ist das erste tatsächlich in Serie an einen Kunden gelieferte System. Es nutzt den IRIS-T air-to-air Flugkörper der Luftwaffen, der ohne Modifikationen eingesetzt werden kann.

Der modulare Aufbau lässt sich leicht auf verschiedensten Plattformen integrieren. Hier eine IRIS-T SLS Version auf Hägglunds-Trägerfahrzeug.
Der modulare Aufbau lässt sich leicht auf verschiedensten Plattformen integrieren. Hier eine IRIS-T SLS Version auf Hägglunds-Trägerfahrzeug.
Foto: Diehl Defence

Das System besitzt eine Reichweite von 12 km bei einer maximalen Höhe von sechs bis acht km, je nach Konfiguration. Diese Version wurde vom Erstkunden der IRIS-T SL Familie – Schweden – geordert, das erste System in 2019 geliefert. Die Ukraine erhielt ebenfalls zwei Luftverteidigungssysteme. Norwegen hat wiederum nur den Launcher von IRIS-T SLS bestellt, um diesen mit Systemen von Kongsberg zu verbinden, die Niederlande haben sich 2023 diesem Projekt angeschlossen.

IRIS-T SLM

Deutschland orderte hingegen nur IRIS-T SLM (Surface Launched Medium range), welches für den Einsatz zur Luftverteidigung einen modifizierten Flugkörper IRIS-T einsetzt. Es lassen sich also nicht die Lenkflugkörper der Luftwaffe direkt durch dieses System nutzen, sondern es sind Anpassungen erforderlich. Dadurch erhält der Interceptor allerdings auch eine Reichweite von 40 km bei einer maximalen Höhe von 20 km.

IRIS-T SLM sichert die Menschen in der Ukraine.
IRIS-T SLM sichert die Menschen in der Ukraine.
Foto: Ministry of Defense of Ukraine

Der Erstkunde dieser Version war Ägypten, wodurch dann die Ukraine die ersten Einsätze mit IRIS-T SLM durchführte, da aufgrund der Dringlichkeit die ursprünglich für Ägypten produzierten Luftverteidigungssysteme an die Ukraine gingen.

Neben Deutschland und Ägypten haben auch Estland, Lettland und Slowenien IRIS-T SLM geordert. Das System wird künftig eine der Hauptkomponenten der European Sky Shields Initiative (ESSI).

IRIS-T SLX

Auf der ILA 2024 präsentierte Diehl Defence erstmals das neue System IRIS-T SLX (Surface Launched eXtended range), welche die Familie mit einem neuen Lenkflugkörper mit erweiterten Funktionen ergänzt.

Helmut Rauch, CEO von Diehl Defence, vor dem Luftverteidigungssystem IRIS-T SLX auf der Luftfahrtausstellung ILA.
Helmut Rauch, CEO von Diehl Defence, vor dem Luftverteidigungssystem IRIS-T SLX auf der Luftfahrtausstellung ILA.
Foto: cpm / Dorothee Frank

Neu sind hierfür der Zwei-Wege Datenlink, mit dem Uplink zur Zieldatenübermittlung inklusive Bekämpfungsbefehl sowie dem Downlink mit den Daten der Missile. Der IR-Suchkopf kann Bilder generieren und ist resistent gegen Jamming. Die Führung des Lenkflugkörpers erfolgt über GPS und den IR-Suchkopf. Durch den neuen Dual-Pulse Motor erhält der Lenkflugkörper von IRIS-T SLX eine Reichweite von rund 80 km bei einer maximalen Höhe von ca. 30 km.

Die Entwicklung könnte – bei genügend Kundeninteresse – in vier Jahren abgeschlossen sein, berichtet Diehl Defence.

IRIS-T HYDEF

Eine weitere in der Entwicklung befindliche Version ist IRIS-T HYDEF (HYpersonic DEFence), das auf das entsprechende OCCAR-Entwicklungsprogramm aufsetzt, mit dem Ziel, in Zukunft Hyperschallflugkörper abwehren zu können. Bis 2026 soll die Konzeptstudie des OCCAR-Programms abgeschlossen sein. Am Ende der Entwicklung soll IRIS-T HYDEF eine Reichweite von 100 km bei einer maximalen Höhe von 50 km erreichen.

Die besondere Herausforderung liegt darin, dass die gegnerischen Flugkörper nicht in ballistischen Kurven, sondern als sehr schnell fliegende Marschflugkörper zum Ziel gelangen. Die Abwehr erfordert einen dementsprechenden agilen Interceptor. Da die Reichweite der Sensoren wesentlich größer sein muss – allein schon aufgrund der Geschwindigkeit des Hyperschallmarschflugkörper – wird eine ergänzende, weltraumbasierte Aufklärungs- und Tracking-Sensorik benötigt.

IRIS-T HYDEF reiht sich in die IRIS-T-Produktfamilie ein und erweitert den Wirkungskreis im Bereich der bodengebundenen Luftverteidigung.
IRIS-T HYDEF reiht sich in die IRIS-T-Produktfamilie ein und erweitert den Wirkungskreis im Bereich der bodengebundenen Luftverteidigung.
Grafik: Diehl Defence

Für die Zielerfassung ist eine Kombination aus Radar- und Multispektral-Infrarot-Suchkopftechnologien geplant. Bei der Suchkopfkomponente handelt es sich laut Diehl Defence um eine Neuentwicklung, welche auf die endo-atmosphärischen Bedingungen oberhalb von 20 km Flughöhe angepasst ist. Dabei fließen jahrzehntelange Erfahrungen aus dem Bereich der Suchkopfentwicklung ein.

Für die Agilität werden wiederum mehrere Schubdüsen realisieren, welche die Bahn- und Lageregelung in der Annährungsphase (Homing) und während des Abfangens (Endgame) steuern. Dabei sollen mehrere Schubimpulse möglich sein, sodass auf wiederholte Ausweichmanöver des abzufangenden Ziels reagiert werden kann.

Durch diese Entwicklungen wird IRIS-T HYDEF schließlich in der Lage sein, auch Hyperschallbedrohungen abzufangen.

Flugabwehrraketenpanzer (FlaRakPz)

Eine deutsche Entwicklung aus dem Vorhaben Nah- und Nächstbereichsschutz (NNbS) soll hier der Vollständigkeit halber ebenfalls genannt werden, auch wenn der Aufbau nicht dem der IRIS-T SL Familie entspricht. Beim Flugabwehrraketenpanzer (FlaRakPz) handelt es sich um ein Flugabwehrsystem auf Boxer-Basis, das den Schutz hochmobiler Heeresverbände sicherstellen soll.

Die Bekämpfungsreichweite soll unter zehn km liegen, die Besatzung aus drei Personen bestehen, einem Fahrer sowie zwei Bedienern. Die Hauptbewaffnung wiederum bilden vier IRIS-T Flugkörpern, hinzu kommt eine in den Turm integrierte Granatmaschinenwaffe zur Selbstverteidigung.

Im Januar dieses Jahres bewilligte der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages die entsprechenden Mittel zur Entwicklung des Teilprojekts 1 von NNbS, in dem auch der Flugabwehrraketenpanzer enthalten ist. Ab 2027 soll die Serienfertigung von vier Staffeln Teilprojekt 1 für NNbS realisiert sein.

Der Flugabwehrraketenpanzer mit vier IRIS-T Flugkörpern auf Boxer-Basis soll bis 2027 in Serie gehen.
Der Flugabwehrraketenpanzer mit vier IRIS-T Flugkörpern auf Boxer-Basis soll bis 2027 in Serie gehen.
Grafik: Rheinmetall
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