Die Deutsche Marine führt mit zwei Pilotprojekten beim 3. Minensuchgeschwader in Kiel innovative Ansätze zur Steigerung der Einsatzbereitschaft und Attraktivität des Dienstes an Bord ein. Die Projekte beinhalten eine Vier-Tage-Woche sowie die Möglichkeit für die Besatzungen, während Liegezeiten im Heimathafen wieder an Bord zu übernachten
Seit 2016 ist es den Besatzungen nicht gestattet, ihre Freizeit nach Dienstschluss an Bord zu verbringen. Diese Regelung wurde aufgrund einer Arbeitszeitverordnung für Soldaten eingeführt, wobei Brandschutzmaßnahmen und die Notwendigkeit von Brandwachen auch eine Rolle spielten. Inzwischen sind alle Boote des Geschwaders jedoch mit fest installierten Brandmeldeanlagen ausgestattet, die eine automatische Fernalarmierung ermöglichen. Zusätzlich verfügt der Stützpunkt über eine eigene Feuerwehr. Für viele, die sich während bis zu 180 Tagen auf See keine Wohnung leisten können oder möchten, stellt die Übernachtung an Bord eine willkommene Alternative dar.
Eine Sprecherin der deutschen Marine erklärte cpm Defence Network, dass das 3. Minensuchgeschwader aufgrund seines Aufgabenprofils, der Größe (ca. 800 Soldaten) und der flachen Hierarchie besonders geeignet für solche Pilotprojekte sei. Das Geschwader übernimmt Einsatz- und Grundbetriebsaufgaben im Nord- und Ostseeraum.
Während der sechsmonatigen Testphase des Pilotprojekts wird der Dienstplan so gestaltet, dass an Routine-Freitagen grundsätzlich kein Dienst mehr geleistet wird. Ausnahmen gelten bei Einsatzverpflichtungen oder mehrwöchigen Manövern. Durch eine verbesserte Vorhersehbarkeit ihrer freien Tage werde die Regenerationsphasen verbessert und die Gesamtgefechtsbereitschaft der Besatzungen erhöht, so die Hoffnungen der Verantwortlichen. „Der wesentliche Faktor ist die Verbesserung der Planbarkeit des „freien“ Freitags. So wurden auch vorher schon regelmäßig einzelne Tage zum Abbau von Überstunden freigegeben, aber in der Regel kurzfristig und Einheiten-bezogen. Das neue Modell bietet hier jetzt eine bessere Planbarkeit. Die Besatzungen können fest mit den freien Tagen rechnen und ihre Freizeit entsprechend planen“, äußert die Sprecherin gegenüber cpm Defence Network. Aus ihrer Sicht sei der langfristig freie Tag mehr wert als ein kurzfristig freier Nachmittag unter der Woche, auch wenn es sich um dieselbe Anzahl der Stunden handelt.
Die Regenerationsphase ist besonders wichtig, da die Besatzungen des 3. Minensuchgeschwaders durch Einsätze, nationale und internationale Manöver sowie durch die Instandsetzungen in der Werft einer hohen Belastung ausgesetzt sind.
Auch innerhalb der Besatzung wurde das Projekt gut angenommen.
„Die Besatzungen zeigen uneingeschränkt positive Rückmeldung zu beiden Pilotprojekten. Sowohl die Arbeitszeitregelung als auch das „Wohnen an Bord“ werden als förderlich für dieKameradschaft und die Gesamtleistung der Einheiten angesehen. Die Gefechtsbereitschaft bleibt dabei oberste Priorität“, betonte die Sprecherin.
Die wissenschaftliche Begleitung des flexiblen Arbeitszeitmodells durch die Helmut-Schmidt-Universität der Bundeswehr in Hamburg spielt eine entscheidende Rolle bei der Erforschung seiner Auswirkungen. Die Universität überwacht und analysiert das Projekt systematisch. Besonderes Augenmerk liegt auf der verbesserten Planbarkeit während der Hafenliegezeiten, mit dem Ziel, die Motivation und die „Jobzufriedenheit“ der Besatzungen zu steigern. Aktuell werden bereits verschickte Fragebögen ausgewertet, um erste Erkenntnisse zu gewinnen.
Nach der wissenschaftlichen Auswertung sind konkrete Schritte geplant: „Nach Abschluss der Testphase sollen die gewonnenen Erkenntnisse genutzt werden, um das Konzept zu validieren und bei positivem Ergebnis dauerhaft im 3. Minensuchgeschwader zu implementieren. Die wissenschaftliche Auswertung könnte auch Anhaltspunkte für eine Übertragung des Modells auf andere Verbände der Deutschen Marine liefern.“
Mit den Pilotprojekten am 3. Minensuchgeschwader in Kiel setzt die Deutsche Marine nicht nur auf zeitgemäße Arbeitszeitmodelle, sondern zeigt auch ihre Bereitschaft zur kontinuierlichen Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen ihrer Besatzungen. Die positiven Rückmeldungen sowie die wissenschaftliche Begleitung durch die Helmut-Schmidt-Universität unterstreichen den innovativen Charakter dieser Maßnahmen. Die Aussicht, die gewonnenen Erkenntnisse dauerhaft zu implementieren und möglicherweise auf weitere Verbände zu übertragen, deutet auf eine vielversprechende Zukunft für flexible Arbeitszeitmodelle in der Deutschen Marine hin. Dieser Fortschritt markiert einen wichtigen Schritt in Richtung einer zeitgemäßen und attraktiven Arbeitsumgebung für das Militärpersonal, wobei die Bedürfnisse der Besatzungen im Mittelpunkt stehen.
Christina Bornheim
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