Die Heinrich & Coll Personalberatung konzentriert sich auf die Besetzung von Management-Positionen in Familienunternehmen und im gehobenen Mittelstand. Dabei geht es um die Gewinnung von Führungspersönlichkeiten und Experten für Schlüsselpositionen. Mit dem Bereich Competence Center Automotive, Defence and Space wird auch die Defence Industry unterstützt. Denn auch hier hat der sogenannte „War for Talent“ längst begonnen und großen Einfluss auf die Leistungsfähigkeit der Branche.
CPM: Die Heinrich & Coll. Gesellschaft für Personalberatung ist auch im Bereich der Verteidigungsindustrie aktiv. Wie bewerten Sie den aktuellen Personalmarkt aus Arbeitgeber- und Arbeitnehmersicht?
Brückner: Das ist richtig. In unserem CC Defence & Space unterstützen meine Kolleg:innen und ich Unternehmen aus der Sicherheits- und Verteidigungsindustrie bei der Besetzung von wichtigen Vakanzen. In dieser Branche ist der Bedarf an Mitarbeiter:innen unterschiedlichster Fachausrichtung und auf allen Hierarchie Leveln weiterhin sehr, sehr hoch. Ganz besonders häufig unterstützen wir bei der Suche nach leitenden Mitarbeiter:innen in der Entwicklung, der Produktion, dem Einkauf und im Vertrieb.
Die Unternehmen bauen schon seit mehreren Jahren bedingt durch viele neue Vorhaben Personal auf. Mit der aktuellen Weltlage hat sich das nochmals verstärkt. Allerdings sind viele Unternehmen dieser Industrie bei den Arbeitnehmer:innen noch nicht so bekannt. Sprich: Die Unternehmen tun sich schwer, genügend qualifiziertes Fachpersonal zu finden, um den Ausbau zu stemmen. Weiter verschärft wird die Situation durch eine Reihe an Führungskräften, die in absehbarer Zeit aus dem Berufsleben ausscheiden werden, deren Positionen also nachbesetzt werden müssen. Active Sourcing ist hier ein gutes Mittel, um auch Bewerber:innen zu rekrutieren, die von selbst nicht auf die Idee kämen, sich bei den entsprechenden Unternehmen zu bewerben. Als Beratung sind wir natürlich immer auch Sparringpartner unserer Mandanten, wenn es darum geht, die aktuellen Trends des Arbeitsmarktes aufzuzeigen. Mir ist aufgefallen, dass bei vielen Unternehmen noch gar nicht angekommen ist, dass sich der Markt in den letzten Jahren hin zu einem Arbeitnehmer:innenmarkt gedreht hat.
Die Unternehmen müssen daher aufzeigen, warum ein Kandidat:in zu ihnen kommen sollte und damit auch die Bewerbungsprozesse anpassen. Beispielsweise haben wir mit einem Kunden den Prozess komplett auf den Kopf gestellt. Sprich: wir haben nicht mehr eine Vakanz bekommen und den richtigen Bewerbenden dafür gesucht, sondern wir haben für sehr gute Bewerber:innen die Positionen im Unternehmen geschaffen. Das war sehr erfolgreich. Aber auch in der klassischen Stellenbesetzung müssen wir immer wieder nachjustieren. Insbesondere ist die Geschwindigkeit im Bewerbungsprozess ein großes Thema, an dem viele Unternehmen noch arbeiten sollten.
CPM: Was für Anforderungen haben die Arbeitgeber aus dem Bereich der Defence Industry? Was sollten die Bewerber:innen mitbringen?
Brückner: Wer in dieser Branche reüssieren möchte, braucht bestimmte Voraussetzungen: ganz allgemein gilt, dass die Mitarbeiter sicherheitsüberprüfbar sein müssen. Zudem legen die Arbeitergeber großen Wert auf Diskretion und Bodenständigkeit. Des Weiteren gibt es für unterschiedliche Fachbereich verschiedene Themen. Für die technischen Bereiche werden vor allem hochqualifizierte Ingenieure benötigt, die zudem der gesteigerten Dokumentationspflicht in diesem Umfeld nachkommen wollen.
Gerade hier konkurriert die Branche aber auch mit der Automobilindustrie oder auch den großen Tech-Unternehmen. Häufig wünscht man sich Mitarbeiter:innen mit exzellentem technsichen KnowHow, kann aber nicht die Rahmenbedingungen der anderen Industrien anbieten. Im Vertrieb brauchen wir Langstreckenläufer, die die Player der Branche und das Projektgeschäft kennen. Letztlich kommen hierfür nur Kandidat:innen in Frage, die ohnehin schon in der Branche tätig sind. Die muss man direkt ansprechen, um sie für sich zu gewinnen. Im Financeumfeld gibt es vom Vertragswesen, über die Exportkontrolle und das öffentliche Preisrecht eine Reihe an Besonderheiten.
CPM: Wir hören viel von der Generation Z, Arbeitsunwilligkeit und wenig Belastbarkeit. Muss sich auch die Industrie anpassen? Müssen neue Arbeitsmodelle her, um das Personal zu rekrutieren?
Brückner: Ein ganz wichtiger Punkt. Die Sicherheits- und Verteidigungsindustrie ist in weiten Teilen noch sehr konservativ und in der modernen Arbeitswelt noch nicht ganz angekommen. Das Thema Homeoffice ist zum Beispiel für viele jüngere Arbeitnehmer:innen sehr wichtig, die Unternehmen sind hier aber aus verschiedenen Gründen noch oft zurückhaltend. Darüber hinaus sollten die Unternehmen auf flache Hierarchien und hohe Freiheitsgrade setzen, um auch die nachfolgenden Generationen für sich begeistern zu können. Man muss zudem bedenken, dass die Branche sehr viele Mitarbeiter:innen rekrutierte, die eine Bundeswehrhistorie haben.
Demzufolge gab es lange Zeit eine sehr geringe Diversifizierung. Damit meine ich nicht nur Alters- und Genderthemen, sondern auch eine sehr einheitliche Führungslinie geprägt durch das Militär. Da gibt es also noch einiges zu tun. Wir unterstützen unsere Mandanten hier des Öfteren auch mit Sonderprojekten wie der Verbesserung der Frauenquote in den Führungsebenen. So helfen wir dabei, das Arbeitsumfeld zu modernisieren und für alle Arbeitnehmer:innen attraktiver zu machen.
CPM: Es gibt jedes Jahr viele Abgänger aus dem Bereich der Streitkräfte. Wie kann oder sollte sich jemand schon während seiner Dienstzeit auf einen Job in der Defence Industrie vorbereiten?
Brückner: Ich habe hier häufig hervorragende Personen kennengelernt. Wichtig ist, dass man sich frühzeitig mit der Industrie vernetzt, um deren Bedarfe kennenzulernen. Von Universitäten und Industrieunternehmen werden dazu auch eine Reihe an Veranstaltungen wie Kaminabende angeboten. Das würde ich auf jeden Fall nutzen. Da sehr viele Spezialist:innen im technischen Umfeld bzw. in der Projektleitung gesucht werden, sind Fortbildungen in diesen Bereichen sehr empfehlenswert.
CPM: Wie können Personalberatungen wie Ihre, oder auch der Berufsförderungsdienst dabei unterstützen?
Brückner: Wir freuen uns immer Abgänger zu beraten, um die Erwartungen der Industrie zu transportieren. Wir können zum einen die Fachbereiche und Ebenen aufzeigen, die für einen Einstieg relevant sind, zum anderen aber v.a. auch zum Thema Gehalt, Führungspositionen etc. Input geben. Zudem gibt es auch ganz konkrete Mandate, die sich u.a. für Abgänger eignen.
CPM: Aktuell läuft in Nürnberg die Enfoce Tac, wie können Messen wie diese oder Veranstaltungen der AFCEA e.V., DWT, etc. sowohl von Arbeitgeberseite aber auch interessierten Bewerbern genutzt werden?
Brückner: Für Arbeitgeber sehe ich die Messe insbesondere als Möglichkeit Personalmarketing zu betreiben. Bewerber:innen würde ich raten, sich im Vorfeld der Messe bereits die Aussteller anzusehen und dann ganz dezidiert an diejenigen heranzutreten, die interessant erscheinen. Eine Problematik sehe ich eher darin, dass die Messeteilnehmer Großteils schon in er Sicherheits- und Verteidigungsindustrie arbeiten – sprich: die Branche erweitert den Kreis der möglichen Mitarbeiter dadurch nicht.
André Forkert
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