Mit den nachfolgenden Auszügen definiert das Grundgesetz den Auftrag der Bundeswehr. „Der Bund stellt Streitkräfte zur Verteidigung auf (…)“ (Art 87a (1) GG) [und] „kann sich zur Wahrung des Friedens einem System gegenseitiger kollektiver Sicherheit einordnen (…)“ (Art 24 (2) GG). „Die Streitkräfte haben im Verteidigungsfalle und im Spannungsfalle die Befugnis, zivile Objekte zu schützen (…)“ (Art 87a (3) GG).
Art 24 (2) GG und der NATO-Vertrag sind rechtlicher Ausgangspunkt für die Befähigung der Bundeswehr zum multinationalen Einsatz, also das Zusammenwirken mehrerer nationaler Streitkräfte. Mit den Aktivitäten im Rahmen des Federated Mission Networking (FMN) erarbeitet das Planungsamt als nationaler Vertreter die elementaren Voraussetzungen auf dem Weg hin zu einer multinational operablen Kriegstüchtigkeit.
Diese werden national durch das Enterprise Architektur Management (EAM) in die Enterprise Architektur der Bundeswehr, das digitale Grundgerüst für den „joined“-Ansatz – dem Zusammenwirken der Teilstreitkräfte – eingebracht. Die Befähigung zur „truly joined-combined“-Operationsführung stellt nach der Multi-Domain Operations (MDO) Road Map des PlgABw den ersten Schritt hin zur MDO-Befähigung dar. Ein konkretes Beispiel hierfür, welches im Planungsamt entwickelt wurde, ist das Projekt „Territorial Hub“.
Mit diesem kann ein zivil-militärisches, ressortübergreifendes Lagebild generiert werden. Nicht zuletzt leitet sich aus dem Grundgesetz unmittelbar auch der Bedarf für den Heimatschutz ab. Dazu wird die nationale, territoriale Reserve benötigt. Im Folgenden sollen auszugsweise einige Aktivitäten des Planungsamt in den Bereichen FMN, Enterprise Architektur, zum Territorial Hub und zur territorialen Reserve beleuchtet werden.
Was ist Federated Mission Networking?
Das FMN-Konzept hat sich als das wichtigste multinationale Standardisierungsrahmenwerk für militärische Operationsführung etabliert und wurde aus dem Afghan Mission Network und den damit verbundenen operationellen Erfahrungen entwickelt. In diesem Rahmenwerk werden operationelle Anforderungen an zukünftige Führungssysteme entwickelt und als Entwicklungsvorgaben formuliert. Nur so kann eine „Day-Zero“-Interoperabilität auf einem multinationalen Gefechtsfeld etabliert werden.
Neu an der Gestaltung der Forderungen an das zukünftige IT-System ist, dass dazu an erster Stelle die Operateure in internationalen und nationalen Gremien „gefragt“ werden. Die internationale Operational Coordination Working Group (OCWG) setzt sich aus 39 Partnern zusammen.
Diese sind unterschiedliche Verpflichtungen eingegangen, wobei Deutschland zur Spitzengruppe gehört, was bedeutet, dass wir uns nicht nur selbst an die Standards der FMN-Konformität halten, sondern auch bereit sind, andere Nationen zu unterstützen.
Damit die deutschen Positionen in den Gremien von den Operateuren bis hin zur technischen Umsetzung vertreten werden können, obliegen dem deutschen Repräsentanten des Planungsamt im Wesentlichen zwei Aufgaben.
Zunächst vertritt er die operationellen Belange Deutschlands in der OCWG als ständiger Vertreter inhaltlich, erhebt aber auch bei Dissens Einspruch und eskaliert an ein höheres Gremium, der FMN Management Group, zur Entscheidung. Damit stellt der entscheidungsbefugte deutsche Vertreter die Weichen in Richtung Zukunft.
Die zweite Hauptaufgabe besteht darin, die Festlegungen der OCWG an die nationalen Operateure und Entwickler weiterzugeben. Hierzu wurde ein Operateursnetzwerk gebildet. Dieses besteht im Wesentlichen aus Operateuren auf Höhe der Kommandobehörden und ist damit erster Ansprechpartner, wenn es um operationelle Fragestellungen geht. Durch die direkte Zusammenarbeit mit den Experten ist es möglich, schnelle und zielgerichtete Lösungen zu entwickeln.
Die Enterprise Architektur der Bundeswehr – Das digitale Rückgrat der Bundeswehr
In Zeiten zunehmender Komplexität sicherheitspolitischer Herausforderungen gewinnt die Fähigkeit, Streitkräfte adaptiv, vernetzt und interoperabel zu führen, eine herausragende Bedeutung. Ein Mittel, um dieser Komplexität Herr zu werden, ist das Enterprise Architektur Management (EAM).
Dies ermöglicht es, unter Anwendung der Methode Architektur komplexe Systeme und Strukturen anhand eines digitalen Modells darzustellen und auswertbar zu machen. EAM unterstützt bei der Entscheidungsfindung, der Integration von Systemen und dem Aufstellen von Bedarfsträgerforderungen.
Das PlgABw entwickelt in diesem Zusammenhang die Enterprise Architektur der Bundeswehr mit dem Ziel, die Streitkräfte in ihrer Analyse- und Steuerungsfähigkeit zu unterstützen. Es verantwortet zudem Vorgaben und Entwicklungen zu Modellierungskonventionen von Architekturen, unterstützt die Architekturerstellung, ist zuständig für die Qualitätssicherung und stellt die Analysefähigkeit sicher.
Konkret bilden sogenannte operationelle Architekturen das digitale Grundgerüst für Leuchtturmprojekte wie FMN, MDO und die Führungsfähigkeit der Bundeswehr (FüFä Bw). Die Enterprise Architektur ermöglicht es wiederum, diese Projekte in Abhängigkeit zueinander zu bringen. Darüber hinaus werden weitere Einflussfaktoren wie z.B. Personal oder Infrastruktur mitgedacht.
Architekturen ermöglichen die strukturierte Erfassung, Analyse und Weiterentwicklung von Systemen, Prozessen und Fähigkeiten. Im Kontext des FMN etwa sorgt EAM dafür, dass nationale und multinationale Standards harmonisiert sind, sodass Führungssysteme nahtlos miteinander kommunizieren können – ein entscheidender Faktor in einsatzkritischen Szenarien.
In der MDO-Initiative bildet EAM die Grundlage, um sensorische, kognitive und operative Ebenen domänenübergreifend zu integrieren. Die OpArchFüFä Bw schließlich nutzt EAM als methodischen Rahmen, um Führungsfähigkeit ganzheitlich und zukunftsorientiert zu modellieren.
Ohne Enterprise Architekturen wären die genannten Projekte in ihrer Komplexität nicht realisierbar und die Abhängigkeiten und Wechselwirkungen untereinander nicht in vollem Umfang darstellbar. Ebenso wenig wären moderne Fähigkeitsverbünde weder anschlussfähig noch skalierbar. Nur eine durchgängige Architektur gewährleistet, dass neue Systeme harmonisch in bestehende Strukturen integriert werden können – national wie multinational. Damit leistet EAM einen substanziellen Beitrag zur Landes- und Bündnisverteidigung.
EAM ist als Managementdisziplin folglich ein strategisches Führungsinstrument, das Transparenz schafft, Entscheidungsgrundlagen liefert und Risiken frühzeitig identifiziert. Der Weg der Bundeswehr in die digitale Souveränität ist ohne EAM nicht denkbar.
Zukünftige Vorhaben wie KI-gestützte Lagebilder, adaptive Einsatzführung oder automatisierte Planungsprozesse setzen voraus, dass Architekturen integrativ gedacht und systematisch gepflegt werden. Das PlgABw übernimmt hier eine Schlüsselrolle als Architekt und Enabler moderner Streitkräfte im digitalen Raum.
Der Territorial Hub – Optimierung der ressortübergreifenden Führungsfähigkeit der Bundeswehr
Das Concept Development and Experimentation (CD&E-)-Projekt Territorial Hub (TerrHub) umfasst verschiedene Teilprojekte, die das Ziel verfolgen, die Führungsfähigkeit zu verbessern und die Anbindung weiterer Organe der inneren Sicherheit, wie Polizei, Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, Technisches Hilfswerk sowie Feuerwehr und Rettungsdienste, zu ermöglichen. Eine Herausforderung ist dabei die prozessuale Verarbeitung und das Teilen von Informationen mit unterschiedlichen Geheimhaltungsgraden.
Mit einem Firmenkonsortium wurde innerhalb von sechs Monaten der Demonstrator TerrHub entwickelt. Dieses IT-System stellt verschiedene Informationsräume bereit und verwaltet den sicheren Rechtezugriff auf die Lageinformationen. In Experimenten konnte validiert werden, dass das Teilen von Lageinformationen zwischen Behörden und Organisationen der inneren und äußeren Sicherheit technisch möglich und organisatorisch sicher umsetzbar ist.
Der sicherheitsdomänenübergreifende Informationsaustausch macht ein gemeinsames zivil-militärisches Lagebild (civ-mil COP) in nahezu Echtzeit möglich. Das „neue“ erweiterte Lagebewusstsein schafft die Basis für den bekannten Dreiklang von Informations-, Entscheidungs- und Wirkungsüberlegenheit für die Gesamtverteidigung Deutschlands.
Der Fokus des CD&E-Projekts lag bewusst auf dem wichtigen Service „Territorial Command & Control System“. Zukünftige Werkzeuge für das Informationsmanagement, eine effizientere digitale Zusammenarbeit sowie Vorhersage, Simulations- und Auswertefunktionen sind bereits konzeptionell beschrieben. Die Schutzziele Vertraulichkeit, Verfügbarkeit und Integrität wurden vollumfänglich erreicht.
Mit der Freigabe des IT-Systems bis zur Einstufung „Verschlusssache – Nur für den Dienstgebrauch“ und der experimentellen Überprüfung wurden 2024 wichtige Meilensteine erreicht. 2025 werden die Maßnahmen für die Akkreditierung „Geheim“ umgesetzt.
Die richtigen Informationen zur richtigen Zeit am richtigen Ort zur Verfügung zu stellen, ist die Grundlage für ein höheres Operationstempo und eine verbesserte Entscheidungsfindung. Zugleich wächst die Bedeutung der Cybersicherheit.
Die Erkenntnisse von TerrHub werden im CD&E-Projekt Multi-Domain Operations (MDO) direkt verwendet und in weitere Rüstungsprojekte eingebracht. Die entwickelte Lösung „Secure Information eXchange“ bietet einen Sicherheitsdomänenübergang „as-a-service“ für den automatisierten Austausch von Lageinformationen.
Die Arbeiten am TerrHub werden mit dem Forschungs- und Technologievorhaben (F&T) Ressortübergreifendes Lagebild (RessüLa) fortgesetzt; BAAINBw (Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr) und Planungsamt arbeiten dabei gemeinsam an der Verstetigung und Weiterentwicklung für die zukünftigen Bedarfsträger.
TerrHub und RessüLa zeigen damit beispielhaft, wie Planung und Rüstung für eine schnelle Fähigkeitsentwicklung im Zuge der Gesamtverteidigung Deutschlands harmonieren können. Die Einbindung von TerrHub in Übungen könnte noch im Jahr 2025 Realität werden.
Durch die Bereitstellung eines zivil-militärischen Lagebilds für die Gesamtverteidigung Deutschlands weist das Projekt TerrHub nach, dass dies unter der Prämisse „Cyber-Security First“ umsetzbar ist.
Was ist die Territoriale Reserve und welche Herausforderungen stellen sich ihr?
Der Schutz unseres Landes ist eine Aufgabe, die wir nur mit einer starken Reserve leisten können.
– Bundesminister der Verteidigung, Boris Pistorius.
Mit der Rückbesinnung auf die Landes- und Bündnisverteidigung als Kernauftrag der Bundeswehr ist auch die territoriale Reserve in den Fokus gerückt. Sie bildet einen wesentlichen Baustein der gesamtstaatlichen Sicherheitsvorsorge.
Denn einsatzbereite, gut ausgebildete Reservistinnen und Reservisten sind ein wichtiger Faktor – für durchhaltefähige Streitkräfte und zur Stärkung der gesamtgesellschaftlichen Resilienz. Regional engagiert und vernetzt, unterstützt und entlastet die Territoriale Reserve die aktive Truppe – in der Amts- und Katastrophenhilfe nach Artikel 35 Grundgesetz, beim Betrieb der Drehscheibe Deutschland und beim Schutz verteidigungswichtiger Infrastruktur.
Die Heimatschutzkräfte der Bundeswehr (HSchKrBw) stellen den zahlenmäßig bedeutend größeren Teil der Territorialen Reserve dar. Diese sind seit dem 1. April 2025 in der Division Heimatschutz des Deutschen Heeres zusammengefasst. Dazu zählen die sechs Heimatschutzregimenter mit insgesamt 42 Heimatschutzkompanien. Ihr Kernauftrag sind Schutz- und Sicherungsaufgaben, insbesondere der Objektschutz.
Bis zur Realisierung der personellen und materiellen Vollausstattung der HSchKrBw sind diese weiterhin auf die Ressourcen des Feldheeres angewiesen, um eine unmittelbare Grundbefähigung („Fight Tonight“) sicherzustellen. Mittelfristig müssen die Vollausstattung und notwendigen infrastrukturellen Maßnahmen dazu führen, dass das Feldheer wie HSchKrBw ihre Aufgaben selbstständig erfüllen können.
Die HSchKrBw müssen eigenständig und verzugslos in die Phase Krise/Krieg übergehen können und somit den operativen Forderungen der Bundeswehr entsprechen. Das PlgABw hat sich im Zuge der materiellen Ausstattung auf die für die HSchKrBw benötigten Grundkompetenzen konzentriert, um schnellstmöglich eine Anfangsbefähigung sicherstellen zu können.
Der Faktor Zeit […] hat höchste Priorität und ist mit sofortiger Wirkung als der wesensbestimmende Faktor aller laufenden und neuen Rüstungsvorhaben der Bundeswehr maßgebend, um zu beschaffende Produkte für die Truppe so schnell wie möglich nutzbar zu machen.
– Benedikt Zimmer, Staatssekretär, BMVg
In enger Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium der Verteidigung und dem BAAINBw war es möglich, ein schnelleres Verfahren zur Beschaffung von Rüstungsgütern bei neu aufzustellenden Organisationselementen zu implementieren.
Dieses neue vereinfachte Verfahren macht es möglich, den administrativen Aufwand zu verringern, um so materielle Bedarfe der Streitkräfte deutlich unbürokratischer und effizienter als bisher zu decken. Mit dem Ziel, die Reserve vor allem in den Bereichen „Fahren – Feuern – Funken“ zu befähigen, hat das PlgABw unter Beweis gestellt, dass es flexibel und zielorientiert Prozesse gestalten kann.
Nach dem ersten Schritt der Herstellung der materiellen Anfangsbefähigung folgt nunmehr die zeit- und bedarfsgerechte materielle Vollausstattung der HSchKrBw. Um dies zu erreichen, wird derzeit durch das Planungsamt in der AG HSchKrBw, zusammen mit dem Bedarfsträger (Heer) und dem Bedarfsdecker (BAAINBw), unter Anwendung des vereinfachten Verfahrens der materielle Bedarf erfasst und in den Planungszyklus eingebracht.
Planungsamt – Fazit der 4 Ansätze
Die vier Beispiele zeigen, wie das Planungsamt, aufgrund seines ganzheitlichen Blicks auf die Bundeswehr und als zentraler Bedarfsträger, Prozesse effektiv koordiniert und damit beschleunigt – insbesondere im Hinblick auf MDO, eingangs als „truly joined combined“ deklariert. Ziel ist es, einem potenziellen Gegner im Rahmen von MDO zukünftig aus verschiedenen Dimensionen koordiniert entgegenwirken zu können.
„Der Bund stellt Streitkräfte zur Verteidigung auf (…)“ (Art 87a (1) GG) – MDO wird damit zum Schlüssel zur Kriegstauglichkeit und Voraussetzung, um einem „peer-opponent“ (Gegner auf Augenhöhe) begegnen zu können.
Dieser Gemeinschaftsartikel des Planungsamt umfasst Anteile von:
OTL Michael S. als deutscher Repräsentant in der OCWG für den Anteil FMN
M Michael E. für den Anteil EAM
H Max F. für den Anteil TerrHub
M Lynn K. für den Anteil Heimatschutz
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