Obwohl WILD bewährte Qualität seit 1966 unter anderem an die Rettungsdienste in Lappland liefert, wird aktuell die erste eigene Militär-Kollektion herausgebracht. Die Firma stellt sich so vor:
„Unsere Kunden sind in ihren Berufen an vorderster Front tätig und verwenden unsere Ausrüstung täglich. Deshalb muss unsere Ausrüstung lange halten – nicht nur für eine Reise. Aus diesem Grund ist unsere Ausrüstung vielleicht etwas schwerer – aber das ist für uns der richtige Weg! Wir sind keine Modemarke, wir legen stets mehr Wert auf Funktionalität als auf Aussehen und auf Robustheit als auf Leichtigkeit. Sie können also davon ausgehen, dass Sie solide Ausrüstung erhalten, die auch unter sehr rauen Bedingungen funktioniert!“
Herr Schöppe, stellen Sie uns das militärische Portfolio von WILD bitte einmal näher vor.
Bisher ist Wild nur in Finnland bekannt. Superwarme Schneemobil-Anzüge, Warme Jacken und Hosen für Jagd, Eisangeln und das harte Leben im kalten Norden sind unser Portfolio. Da wir aber schon seit längerem erfolgreich an behördlichen Ausschreibungen teilnehmen, war es nur logisch daraus auch ein Retail Programm zu entwickeln. Nun etablieren wir zwei neue Produktlinien.
Zum Ersten die „Mission Line“ mit der wir den taktischen, professionellen Nutzer und Bushcraft/Outdoor-Kunden erreichen wollen. Zum Zweiten die „Wilderness Line“ welche dann mehr dem Nordic Outdoor Enthusiasten das Herz höherschlagen lässt.
Kälteschutz ist einer der wichtigsten Themen bei Ihren Lösungen. Welche Art des Schutzes und der Dämmung setzen Sie in Ihren Produkten um?
Was unsere brandneue Taika Jacke angeht, so verwenden wir unsere TacDown-Isolierung. Diese Technologie schlägt eine Brücke zwischen einer Kunstfaserisolierung auf der einen und einer kammergefüllten Daune auf der anderen Seite. Das bedeutet aber nicht, dass ich Kunstfaser grundsätzlich ablehne. Das Entscheidende ist Isolation nicht nur Eindimensional zu betrachten! Also „Wenn einfach genug Luft gebunden ist, dann ist auch warm.“ Man muss verstehen welche Faktoren, in der Praxis gute Isolation beeinflussen.
Und wenn man da genauer, und mit einem neutralen Auge hinschaut, kommt man ab gewissen Temperaturen ganz automatisch auf Daune. Und an dieser Stelle muss ich leider sagen, dass wir in unsere Branche in einer „Synthetischen Welt“ leben und Daune mit schlichtweg falschen Argumenten „verteufelt“ wird. Da hat die Petrochemie in den 1980/90iger Jahren marketingtechnisch ganze Arbeit geliefert. Davor war es ganz normal Daune in militärischer Isolation zu verwenden.
Für bestimmte Produkte und Applikationen verwenden wir aber auch Kunstfaserisolierungen, Wolle oder unser aerogelbasiertes Leansulation.
Sie nutzen bei TacDown-Daunen. Oft ist zu hören, die sollten im Militär nicht eingesetzt werden, weil es immer einen Allergiker geben könnte. Wie bewerten Sie das? Und gibt es bei Daunen als Isolationsmaterial nur Vorteile oder auch Nachteile?
Jedes Produkt hat seine Vor- und Nachteile. Es gilt immer abzuwägen welche Attribute für mich wichtig sind und wo man Kompromisse eingehen kann. Beim Thema Daune existieren leider sehr viele Mythen oder es werden schlichtweg falsche Dinge erzählt! Das bekannteste Vorurteil in Bezug auf Daune ist: „Daune kann keine Nässe ab“.
Hier könnte ich jetzt ganz weit ausholen, das würde aber den Rahmen sprengen. Die Kurzform ist folgende. Eine Ente oder Gans kann den ganzen Tag auf einem See schwimmen ohne Probleme mit ihrer Daune zu bekommen!
Über diesen Satz sollte man einfach mal nachdenken. Spaß bei Seite, Fakt ist. Wenn Daune richtig Nass wird fällt sie in sich zusammen, Isoliert kaum noch und braucht länger zum Trocknen. Aber wir reden hier von Daune tauchen und lange drin lassen. Das muss man ganz deutlich sagen! Von Natur aus ist Daune erstmal Hydrophob und stößt Wasser ab. Ich bin neulich selbst mit meiner Daunenhose bis zur Hüfte ins Wasser reingefallen, dumm keine Frage aber ist halt passiert.
Die Hose war nur oberflächlich Nass und war weiter voll einsatzbereit! Was kaum jemand erzählt ist, Daune kann ca. 12% des Eigengewichtes an Feuchtigkeit aufnehmen ohne Isolation zu verlieren. Die Sättigung, wo Daune anfängt zusammen zu fallen kommt erst viel, viel später. Und ganz nebenbei, das synthetische Fasern noch isolieren, wenn sie nass sind, ist schlichtweg falsch. Da sind wir wieder bei Isolation ist kein Eindimensionales Thema.
Nicht die Daune oder die Kunstfaser isoliert, sondern die darin gebundene Luft! Der entscheidende Faktor für gute Isolation ist die Feuchtigkeit, die in dieser Luft gebunden ist.
Und beim Thema Luftfeuchtigkeit in der Isolierung hat Daune ganz klar Vorteile gegenüber Kunstfaser. Diese kann keine Wasser aufnehmen und daher ist die Luftfeuchtigkeit schnell sehr hoch in einer Kunstfaser. Wasser ist konduktiv, bedeutet ein extrem guter Wärmeleiter. Nicht gerade das, was ich in meiner Isolation haben möchte. Ein Beispiel was viele kennen ist ein Drei-Jahreszeiten-Schlafsack in Kunstfaser. Ich rutsche in den Schlafsack und im ersten Moment entsteht ein Wärmestau. Er fühlt sich extrem warm an.
Das liegt daran, weil er „noch“ trocken ist, also wenig Luftfeuchtigkeit in der Füllung gebunden ist. Diese steigt aber über die Nacht, da unser Körper permanent Wasser verdampft. Das bisschen Wärme was mein Körper im Ruhezustand abgibt wird durch höhere Luftfeuchtigkeit schneller abtransportiert. Der klassische Teufelskreis. In den Morgenstunden kriecht dann oft die Kälte in den Schlafsack. Meistens gerade an den Füßen.
Und das sind keineswegs meine eigenen subjektiven Erfahrungen. Mir wird oft von Soldaten genau das bestätigt und die finnischen Grenztruppen haben uns genau dazu befragt.
Wie verarbeiten Sie die Daunen? Kann ich mir das Material wie in einem Oberbett vorstellen, oder was bedeutet TacDown?
Das spannende an unserer TacDown ist folgendes: Wir mischen die Daune in einer speziellen Maschine mit Kunstfasern – knapp 20%. Diese Mischung wird dann gebacken könnte man sagen. Die Kunstfaser schmilzt und wir erhalten eine Wattierung, ganz ähnlich einer Kunstfaser.
Der Vorteil ist ganz klar. Wir können sie genau wie Kunstfaser verarbeiten, was Nähte und Zeit spart. Aber nicht nur das ist interessant. Durch diese Bindung kann die Daune nicht verrutschen oder zusammenklumpen. Bedeutet weniger Kältebrücken und TacDown trocknet vier- bis fünfmal schneller wie eine klassische Daunenkonstruktion.
Und hier liegt dann unser Eintrittspunkt in die militärische Welt! TacDown trocknet nicht so schnell wie Kunstfaser, aber deutlich schneller wie normale Daune und ich bekomme die Benefits der Daune. Ich überhitze nicht, bleibe länger warm und bin dadurch länger einsatzfähig.
Neben TacDown verwenden Sie noch die ActiBreath Membran. Welche hat es damit auf sich?
In unserem ActiBreath-Laminat steckt einiges an Technologie. Als Basis nutzen wir eine klassische und robuste PU-Membran mit 20.000 mm-Wassersäule. Diese Membranen weisen gute Dichtigkeiten auf, sind waschbar und es gibt kaum Probleme mit Delaminierung. Wir veredeln das Laminat mit zwei sehr wichtigen Technologien.
Mit unserem Partner haben wir eine permanente Imprägnierung entwickelt. Diese wird nicht nur auf das fertige Gewebe gesprüht, sondern mittels eines speziellen Verfahrens tief in das Material eingebracht. Wir haben aktuell nach 100 Wäschen noch eine Performance von über 90 Prozent. Ein regelmäßiges Nachimprägnieren wird damit hinfällig.
Das Highlight befindet sich allerdings innen auf der Membrane. Wir verwenden dort eine Beschichtung mit Aktivkohle von 37,5. Diese Aktivkohle beschleunigt den Evaporationsprozess der Membran. Dadurch atmet die Membran gleichbleibend gut, auch bei ungünstigem Druck und Temperaturverhältnissen, dort wo herkömmliche Membrane ihren Dienst verweigern und Kondens bilden.
Sie zeigen aktuell Kälteschutzjacken und -hosen sowie Regenschutz. Wird das Portfolio noch erweitert?
Ja, wir stehen mit der Mission Line und Wilderness Line gerade am Anfang und wir haben einiges in der Pipeline. Schon im Februar soll unsere Rankka Serie auf den Markt kommen. Eine supercoole Hardshell Jacke und Latzhose aus Actibreath. Über den Sommer kommen dann erstmal ein paar Basics wie Softshells und eine preiswerte 3-Lagen-Hardshell-Lösung.
Im Herbst lassen wir es dann wieder krachen. Mit dem Sabertooth Set bekommt die Taika einen Großen Bruder für das ganz Kalte. Hier werden wir auch bereits Besätze aus Leansulation verwenden, welche auch unter Druck isolieren. Die Zeiten wo wir uns Isomatten in die Hose stecken, sind also vorbei.
Außerdem haben wir gerade eine neue Marke in Norwegen gegründet: Tackota. Mit Tackota werden wir uns auf Hardware fokussieren. Bedeutet neue taktische Schlafsäcke, Biwaksäcke und Zelte mit unseren Technologien.
Kommen wir noch einmal auf das Thema Kälteisolierung zurück. Ich habe gelesen, Sie nutzen AeroGel als Kontaktisolator. Was ist das und wie wirkt es?
Ein sehr spannendes Thema. Erstmal, Aerogel ist ein Silikat mit extrem geringer Wärmeleitfähigkeit. Dieses Material kommt als Pulver und ist dementsprechend schwer in textile Applikationen zu bringen. Das besondere an Aerogel ist, es isoliert auch unter Druck und wenn es komplett Nass ist. Im Grunde das perfekte Material für Besätze am Knie und Gesäß und vieles mehr.
Meistens werden Kunstfaserisolierungen mit Aerogel gemischt und ein Teil bleibt halt hängen. In der Regel nur so 15 bis 20 Prozent. Der Effekt ist also überschaubar. Wir haben ein Trägermaterial, welches mit Aerogel getränkt und in einem aufwendigen Verfahren dann getrocknet und gefinished wird.
Aktuell haben wir einen Aerogel-Anteil von 60 bis 70 Prozent im Material. Ich glaube das wir damit wohl relativ alleine sind. Unser 3 mm dickes Leansulation bringt zum Beispiel die selbe Isolation wie eine 100gramm schwere Kunstfaser-Wattierung. Verliert dabei aber keine Isolation, wenn es komprimiert wird oder halt nass ist.
Wenn Sie einen militärischen Nutzer eine Kaufberatung geben müssten, worauf ist beim Thema Isolierung, Membran und Imprägnierung zwingend zu achten?
Ganz einfach: “Kauft bei uns“. Spaß bei Seite, das hängt natürlich ganz von dem persönlichen Einsatz und Bedürfnissen ab. Ich habe 25 Jahren im Outdoor Handel gearbeitet und kann sagen, dass es heute für einen Kunden viel schwerer geworden ist eine vernünftige und vor allem ehrliche Beratung zu erhalten. Es gibt kaum noch Läden, wo fachlich gut und tief ausgebildetes Personal arbeitet. Die Informationsbeschaffung hat sich halt ins Netz verlagert. Und da ist wenig Ehrliches dabei.
Beim Thema Isolierung sollte man erstmal schauen für was und für wo brauche ich das Produkt. Also möchte ich die Jacke im Winter jeden Tag tragen oder brauche ich sie für eine Tour? Im Alltag brauch ich etwas robustes, dichtes und freue mich über ein paar Taschen mehr.
Dieselbe Jacke würde ich auf einer Wandertour nie mit in den Rucksack packen, da sie mir da zu schwer wäre. Es ist auch nicht jeder auf gleiche Weise unterwegs und es gibt auch nicht das „eine Richtig“. Du siehst, wie ich einen Kunden zu seiner perfekten Ausrüstung führe ist ein Thema für sich.
Bei Membran ist es momentan, zumindest aus meiner Sicht einfach. Ich bin kein Fan von PTFE (Polytetrafluoroethylene) Membranen. In den letzten 20 Jahren habe ich so einige besessen und keine war wirklich lange wasserdicht. Es gibt immer wieder Probleme mit Delaminierung und der Haltbarkeit im Allgemeinen. Wenn wir dann noch das Thema Umwelt und Nachhaltigkeit mit einbeziehen wollen wird es ganz finster. Aber PTFE hat halt eine große Lobby.
Die Zukunft werden sogenannte Nano-Membranen. Eine sehr spannende Technologie mit der hochatmungsaktive Membranen machbar sind. Allerdings weiß ich von verschiedenen Seiten, dass es hier noch Probleme mit der Langlebigkeit gibt. Sicherlich die Zukunft, aber hier werden wir lieber erstmal selbst in einen Langzeittest gehen.
Neben Kleidung zeigen Sie auf der Messe auch den Prototypen eines Pulk/Pulka. Was hat es mit diesem auf sich?
Wir haben im letzten Jahr viele tolle Ideen und Technologien bei Wild zusammengetragen. Da war es ein logischer Schritt, das Ganze auf Schlafsäcke und Equipment auszuweiten. So ist die Idee von Tackota entstanden. Wir wollten eine eigenständige Marke mit eigener Aussage dafür haben. Die Pulka Idee habe ich schon sehr lange und nun auch die Möglichkeit diese zu verwirklichen.
Unsere Pulka ist relativ klein und lässt sich bei Bedarf wie ein Rucksack auf dem Rücken tragen. Ob wir da vom Soldaten in engen finnischen Wäldern an der Grenze zu Russland reden, oder von mir, der sein Gepäck vom Flughafen zum Zug transportiert.
Es gibt einfach die Situation wo ein klassischer Pulk nervt. Gerade in den Frühlingsmonaten im Fjäll, wo der Schnee teilweise bereits geschmolzen ist, hat unser Konzept ganz klare Vorteile. Des Weiteren ist unser Pulk stapelbar wie ein Kaffeebecher. Somit kann man leicht 50 Stück auf eine Europalette packen, was die Logistik sehr vereinfacht.
Ich freue mich aber am meisten auf unsere Schlafsäcke. Besonders unser „Modularer Schlafsack“ wird den Markt verändern. Davon bin ich überzeugt. Klingt ja auch zu gut, statt im Winter zwei Schlafsäcke dabei zu haben, und die irgendwie ineinander zu friemeln, bieten wir ein anpassbares System, was dazu auch noch mehr Komfort bieten wird.
Eine Kombination aus Kunstfaser außen und einem TacDown Quilt (Decke) innen, ein neues hochatmungsaktives Material sowie ein paar clevere Design-Features machen den Modular Bag zum wohl innovativsten Schlafsack in der Branche. Seit Februar habe ich unseren Prototypen im Gebrauch und bin echt begeistert.
Aber die Kunden können sich auf der Milipol hier in Paris oder den kommenden Messen wie der Enforce Tac 2026 in Nürnberg selbst davon überzeugen. Kommt zu unserem Stand und überzeugt Euch.
Text: CPM / af
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