Ukraine zeigt moderne Kriegsmittel – Bundeswehr bleibt Steinzeit

Die technologische Rückständigkeit der Bundeswehr wird überdeutlich, wenn man sie mit dem normalen Alltag der Soldaten der Ukraine vergleicht. Deren Standard konnte man in dieser Woche beim von Brave1 veranstalteten Defense Tech Valley in Lwiw erfahren. Hier kamen über 5.000 Fachbesucher zusammen, der Großteil entweder aktive oder ehemalige Militärangehörige der Ukraine, um sich über die aktuellen Entwicklungen und Lösungen auszutauschen. Deutsche Industrie war ebenfalls vertreten – deutsche Beschaffer ließen sich hingegen nicht ausmachen.

Im Vordergrund eine Drohne zur Bekämpfung der Shahed. Im Hintergrund eine mit diesem Wirkmittel durch die Streitkräfte der Ukraine erfolgreich bekämpfte Shahed-Drohne.
Im Vordergrund eine Drohne zur Bekämpfung der Shahed. Im Hintergrund eine mit diesem Wirkmittel durch die Streitkräfte der Ukraine erfolgreich bekämpfte Shahed-Drohne.

Dabei hätte es durchaus etwas zu lernen gegeben darüber, wie eine Armee angesichts der heutigen Technologiezyklen mit dem Gegner Schritt halten kann. Wenn ein ukrainisches Unternehmen von einer langen Testphase spricht, dann sind das drei Monate. Und es wird fast entschuldigend hinzugefügt, dass es so lange dauere, weil auch die Testmöglichkeiten in der Ukraine nur begrenzt verfügbar seien. Und meistens geht es schneller.

„Wir haben etwas über einen Monat für die Entwicklung gebraucht, von dem ersten Entwurf unserer Lösungsidee bis zum fliegenden Produkt“, beschreibt ein Angehöriger der ukrainischen Streitkräfte. „dann noch einmal fünf Wochen Testphase, bevor wir es zum ersten Mal auf dem Gefechtsfeld eingesetzt haben.“

Auch dies ist eine Vorgehensweise, die der Bundeswehr ferner nicht liegen könnte. Die Entwicklung von Wehrtechnik durch Soldaten, anhand deren direkten Erfahrungen von der Front. In der Ukraine bekommen diese Soldaten hingegen Möglichkeiten zur Verfügung gestellt, vor allem 3D-Drucker, um ihre Ideen in die Tat umzusetzen. Und dann dauert es von der ersten konkreten Planung zu dieser Idee bis zum Einsatz auf dem Gefechtsfeld eben nur drei Monate.

Aber die Sicherheit, mag manch einer einwenden. Sie scheint gegeben, da Unfälle in den ukrainischen Streitkräften mit der eingesetzten Wehrtechnik auch nicht häufiger vorkommen als in Deutschland. Im schlimmsten Fall funktionieren die Drohnen nicht, doch damit wird gerechnet. Dies wird mit Masse kompensiert. Wenn 80 Prozent der Systeme so funktionieren wie gewünscht, dann ist das ausreichend. Dann erhalten die Technologien das bestandene Prüfsiegel.

Dieses Vorgehen ermöglicht nicht nur das schnelle Implementieren neuer Ideen und Möglichkeiten, sondern auch das Produzieren auf Masse, da einfachere Bausteine genutzt werden dürfen.

Massenproduktion der Drohnen

Ein System wie die Drohne SIRKO 2 von Skyassist hätte in Deutschland wohl kaum eine Zulassung erhalten, angefangen vom wahrscheinlich brennbaren Körper bis hin zu den Klettverschlüssen, welche den Sprengstoff an den Rumpf binden, nichts daran scheint zertifizierbar. Und doch leistet die SIRKO seit über drei Jahren Dienst an der Front. Erfolgreich.

Auch wenn sie nicht danach aussieht, kann die SIRKO 2 in Regen, Schnee, bei Frost und Hitze fliegen. Selbst Windstärken von bis zu 25 m/s hält sie aus, wie die Drohne seit mittlerweile drei Jahren im Krieg mit Russland beweist.
Auch wenn sie nicht danach aussieht, kann die SIRKO 2 in Regen, Schnee, bei Frost und Hitze fliegen. Selbst Windstärken von bis zu 25 m/s hält sie aus, wie die Drohne seit mittlerweile drei Jahren im Krieg mit Russland beweist.
Foto: Defence Network/Dorothee Frank

Um die 1.000 dieser Drohnen produziert das Unternehmen aktuell jeden Monat. Die Reichweite des nur 1,3 kg leichten Systems liegt bei etwa 45 km. Zwei Kameras ermöglichen es dem Piloten, den Flug des Systems zu steuern und die Kamikazedrohne schließlich ins Ziel zu lenken. Aufgrund des Aufbaus und der geringen Flughöhe ist die SIRKO 2 fast unsichtbar für das gegnerische Radar. Dank des geringen Gewichts benötigt man zudem keine Fahrzeuge, um sie dicht an den Gegner zu bringen. Dabei verfügt auch diese Drohne über einen hohen Grad an Autonomisierung, besonders während des Fluges, sodass der Pilot sich ganz auf die Mission konzentrieren kann.

Das intelligente Minenfeld

Doch nicht nur im Bereich der Drohnen ist die Ukraine den meisten westlichen Streitkräften deutlich überlegen, auch bei der Vernetzung. So wurde beim Defence Tech Valley unter anderem die „Smart Mine“ gezeigt. Eine Mine, die sogar den meisten aktuell genutzten deutschen Funkgeräten deutlich überlegen ist.

Das Start-up ZMIYAR hat das System Hydra entwickelt, mit dem sich das klassische Minenfeld in ein kontrollierbares Netzwerk aus Sensoren und Effektoren verwandelt. Hierfür bilden die Minen ein selbstheilendes MESH-Netzwerk – und allein das ist schon mehr als die üblicherweise genutzten Bundeswehr-Funkgeräte können. Bis zu 250 Minen lassen sich in diesem Netzwerk integrieren, die Technologien bestehen im Temperaturbereich von -40 bis +70 Grad Celsius und sind IP67 wasserresistent. Das GPS-Mapping besitzt real-time Updates und eine sichere Kryptierung.

Ukrainischer Roboter zum Verlegen von Minen.
Ukrainischer Roboter zum Verlegen von Minen.
Foto: Defence Network/Dorothee Frank

Ein Operateur kontrolliert das gesamte Minenfeld mittels eines Tablets oder Laptops. Hier wird der Status jeder einzelnen Mine angezeigt, inklusive des Batteriestatus. Über das System kann der Operateur zudem einzelne Minen oder das gesamte Minenfeld scharf- bzw. abschalten.

Der militärische Vorteil liegt auf der Hand. Eigene Truppen können das Minenfeld nach Bedarf durchqueren und direkt danach ist es wieder für gegnerische Kräfte unpassierbar. Mit einem Klick.

Die eingeschränkte See

Was an Land funktioniert ist natürlich auch für die See interessant. Hier zeigte das ukrainische Unternehmen TOLKA beim Defence Tech Valley seine neuste, größte Version einer unbemannten Unterwasserdrohne, die eine Payload von bis zu fünf Tonnen besitzt. Kleinere autonome U-Boote des Unternehmens mit ähnlichen Funktionen befinden sich bereits im Einsatz für die Ukraine, das neueste System soll bis Ende des Jahres die letzten Tests abgeschlossen haben.

Mock-up des unbemannten Unterwassersystems TLK-1000 beim von Brave1 veranstalteten Defence Tech Valley 2025 in Lwiw, Ukraine.
Mock-up des unbemannten Unterwassersystems TLK-1000 beim von Brave1 veranstalteten Defence Tech Valley 2025 in Lwiw, Ukraine.
Foto: Defence Network/Dorothee Frank

Das unbemannte U-Boot TLK-1000 wird eine Stehzeit von drei Monaten haben, erläutert ein Mitarbeiter des Unternehmens gegenüber Defence Network. Die kleinere Version, das TLK-400, besitzt bereits eine Stehzeit von rund 60 Tagen. In diesem Zeitraum erfüllen die Unterwassersysteme autonom ihre Aufgaben und bilden sogar Kommunikationsnetzwerke, um die Verbindung untereinander und zum Operateur zu erhalten.

Mehrere dieser Systeme können also ein ganzes Seegebiet gegenüber gegnerischen Einheiten abriegeln, über Monate und ohne dass sie wieder in einen Hafen laufen müssten.

Start-up Wettbewerb beim Defence Tech Valley

Im Rahmen des Defence Tech Valley 2025 fand auch der Battle Proven-Wettbewerb von Brave1 für Verteidigungs-Start-ups statt. Ukrainische Unternehmen stellten hierbei ihre Innovationen einer Jury aus Investoren, großen Rüstungsunternehmen und Vertretern des ukrainischen Militärs vor und konkurrierten um ein Preisgeld von 60.000 US-Dollar.

Die Sieger in den jeweiligen Kategorien zeigen dabei nicht nur was möglich ist, sondern auch, in welche Richtung die ukrainischen Streitkräfte aktuell blicken. Schließlich dient die Forschung und auch das Preisgeld keinem Selbstzweck, sondern der Verteidigung des eigenen Landes.

Die Sieger des diesjährigen Wettbewerbs waren:

  • Trail Blazers: Das Start-up Clarity mit seiner Entwicklung von KI-Technologien zur Identifizierung gegnerischer Ausrüstung.
  • Gamechangers: Dwarf Engineering mit seiner Entwicklung von KI für die Navigation und Steuerung von FPV-Drohnen.
  • Power Players: Das Start-up Farsight Vision, das sich auf die Verarbeitung von Luftbildern und Karten zur Verbesserung des Lagebewusstseins spezialisiert hat.

Ein Sonderpreis wurde außerdem an das Start-up Blue Bird verliehen, das Lösungen zur Drohnenerkennung und -störung entwickelt.

„Die Ukraine hat sich bereits zu einem globalen Zentrum für Verteidigungstechnologien entwickelt“, betonte Mykhailo Fedorov, erster stellvertretender Ministerpräsident der Ukraine und Minister für digitale Transformation, während des Events. „Die Tatsache, dass mehr als 1.500 internationale Gäste aus über 50 Ländern an der Defense Tech Valley 2025 teilgenommen haben, bestätigt dies. Es sind ukrainische Technologien, auf die die Welt blickt, um Antworten auf die modernen Bedrohungen ihrer Sicherheit zu finden – und um Investitionsmöglichkeiten in Lösungen zu suchen, die sich bereits auf dem Schlachtfeld bewährt haben.“

Es wäre tatsächlich an der Zeit, sich offen mit diesen neuen Fähigkeiten zu befassen. Denn Russland lernt, auch von der Ukraine. Und das kaum behinderte Fliegen russischer Drohnen im polnischen Luftraum hat mehr als deutlich die Defizite in den westlichen Streitkräften bewiesen. Defizite, die sich durch ukrainische Technologien schnell lösen ließen. Die sich aber auch durch deutsche Technologien lösen ließen, wenn man denn in Deutschland ähnliche Test- und Implementierungszyklen realisieren könnte. Denn anders wird die Bundeswehr kaum bestehen können, nicht gegen ein modern ausgerüstetes Russland.

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