Nutzung

A400M im Einsatz für die Mission „Counter Daesh“

Der Einsatz der Bundeswehr in Jordanien seit 2015 für die Mission „Counter Daesh“, mit aktueller Mandatsverlängerung bis Oktober 2023, ist Bestandteil des internationalen Engagements gegen die Terrormiliz IS. Seit April 2020 ist „nur noch“ das Betankungsflugzeug A400M vor Ort. Tankflugzeuge jedoch sind bei allen Nationen sehr begehrt. Für den A400M bedeutet das internationale Kundschaft: Er bedient seit dem Abzug der TORNADO der Luftwaffe vor allem die französischen RAFALE und die amerikanischen F-18-Kampfflugzeuge.
Ausstoß von Täuschkörpern zur Abwehr hitzesuchender Raketen.
Foto: Luftwaffe

Die Flüge ins Einsatzgebiet zur Versorgung der dort stationierten Truppen sind Routine für den neuen Militärtransporter Airbus A400M. Anfang 2019 wurde jedoch entschieden, das deutsche Transportflugzeug permanent in den Einsatz nach Jordanien zu schicken. Allerdings in einer neuen Rolle als Luftbetankungsflugzeug.

Ablösung für den A310

Als die mittlerweile circa 30 Jahre alten Airbus A310 die letzten Flüge im Einsatz „Counter Daesh“ in Jordanien absolvierten, stand bereits der Nachfolger fest – der Airbus A400M. Die Luftbetankungsfähigkeit war bei dem neuen Transportflugzeug bereits in der Konzeption angedacht worden. Nachdem erste Erprobungsflüge in 2018 erfolgten und technische sowie fliegerische Grundlagen gelegt wurden, sollte die erforderliche Zertifizierung noch bis Mitte 2019 erreicht werden. Dafür wurden sämtliche notwendigen technischen und personellen Maßnahmen von der Luftwaffe intensiviert. Die Ausbildung der A400M-Crews sowie eine Zertifizierung für die Luftbetankung mit deutschen Kampfflugzeugen konnten mit Unterstützung des Inspekteurs der Luftwaffe und den deutschen Geschwadern deutlich beschleunigt werden. Innerhalb weniger Wochen war der Militärtransporter einsatzbereit.

Mit der erstmaligen Verlegung in das Einsatzgebiet mussten einige Prozesse und Strukturen an das neue Flugzeugmuster angepasst werden. Unter anderem ist der Bedarf an IT-Personal deutlich gestiegen. Im Vergleich zum bisherigen deutschen Tanker A310, war eine weiterführende Digitalisierung in der Flugvor- und -nachbereitung erforderlich. Neben elektronischen Flugunterlagen und Betriebsanweisungen mussten auch sämtliche bereitgestellte Daten für das Flugzeug aufbereitet werden. Das schließt verschlüsselten Funk, Missionsdaten sowie GPS-Anbindungen mit ein. Schließlich wird auch die komplette Wartung des Luftfahrzeugs in einem digitalen Bordbuch, der Maintenance Data Station (MDS), wie eine Art Lebenslauf festgehalten.

Der A400M im Einsatz

Der Einsatz der Bundeswehr in Jordanien ist Bestandteil des internationalen Engagements gegen die Terrormiliz IS. Anfangs mit Aufklärungs- und Betankungsflugzeugen der Luftwaffe durchgeführt, ist seit April 2020 nur noch das Betankungsflugzeug A400M vor Ort. Tankflugzeuge sind bei allen Nationen sehr begehrt. Sie erhöhen Reichweite und Einsatzzeit der Kampfflugzeuge und tragen somit entscheidend zur Flexibilität sämtlicher Luftoperationen bei.

In seiner Rolle als Tanker gibt der A400M durchschnittlich 17,5 Tonnen Kraftstoff an die Kampfflugzeuge ab. Modifikationen mit Zusatztanks, die kurz vor der Einführung stehen, erhöhen diese Abgabemenge wiederum um weitere 11 Tonnen. Mit bisher knapp 3.000 Flugstunden und fast 12.000 Tonnen abgegebenem Kraftstoff, hat der A400M seine Einsatzreife auch in der Tankerrolle bewiesen.

Multifunctional Information Distribution System (MIDS)

Eine Besonderheit für den A400M beim Einsatz „Counter Daesh“ ist die erstmalige Nutzung einer gemeinsamen Softwareschnittstelle der verbündeten Nationen. Mit Hilfe des Multifunctional Information Distribution System (MIDS) stehen dem Piloten weitreichende Unterstützungsfunktionen während des Fluges zur Verfügung, die er vom gemeinsamen NATO-Netzwerk Link-16 abgreift. Insbesondere die Möglichkeit der bildlichen Darstellung der taktischen Luftlage sorgt für eine effizientere Missionsgestaltung, da neben der Position auch die aktuelle Kraftstoffmenge der Kampfflugzeuge angezeigt wird und eine effektive Planung der Betankungsvorgänge stattfinden kann. Komplementiert wird MIDS durch die Möglichkeit, Textnachrichten an alle Flugzeuge und Bodenstationen im Netzwerk zu verschicken. Gerade im Vergleich zum normalen Funk, der Verständigungsschwierigkeiten begünstigt, stellen Textnachrichten eine sichere Alternative der Kommunikation dar.

Allerdings nutzen einige NATO-Staaten, allen voran die USA, schon eine verbesserte Version des Systems. Hier droht Deutschland den Anschluss zu verlieren, da ein erlahmender Zulassungsprozess zwischen der Industrie und der Luftwaffe derzeit nur langsame Fortschritte bringt. Hier gilt es, schnell eine Lösung zu finden, um MIDS weiter nutzen zu können. Denn das Gesamtsystem MIDS bietet erhebliche Effizienz- und Planungsvorteile, vor allem in komplexen Luftoperationen im Rahmen der NATO.

Internationale Zusammenarbeit – französische RAFALE werden am deutschen A400M betankt.
Foto: Bundeswehr

Versorgung im Irak

Zur Unterstützung der im Nachbarland stationierten Truppenteile des Einsatzes „Capacity Building Iraq“ werden mithilfe des A400M regelmäßig mehrere Flughäfen im Irak zu Versorgungszwecken angeflogen. Dank der bereits für den Tankereinsatz vorhandenen Infrastruktur nutzt man dazu den Luftwaffenstützpunkt in Jordanien als Drehkreuz. Bei diesen taktisch logistischen Flügen, bei denen mit bestimmten Anflugverfahren das Bedrohungspotential verringert wird, konnte der A400M abermals seine Fähigkeiten unter Beweis stellen und aufzeigen, dass er den gestellten Anforderungen gewachsen ist. Im dortigen Einsatz ist hauptsächlich mit klein- und großkalibrigem Beschuss vom Boden zu rechnen. Die Wirkungs- reichweite ist zwar eingeschränkt, kann aber besonders beim Starten und Landen gefährlich werden. Hier ist das Flugzeug sehr tief und langsam unterwegs und bietet deshalb eine große Angriffsfläche. Durch sehr steile Anflug- oder Startverfahren kann eine etwaige Bedrohung vom Boden stark verringert werden. Hinzu kommen verschiedene Schutzmechanismen des Flugzeuges, wie zusätzlich verbaute Panzerplatten und verstärktes Glas (sog. Armoring Kit) oder der Einsatz von Täuschkörpern zum Ablenken etwaiger hitzesuchender Raketen.

Gefahren im Einsatz

Bei sämtlichen Einsatzflügen haben die Besatzungen nicht nur mit den Bedrohungen durch den „Islamischen Staat“ vom Boden zu rechnen, sondern müssen auch mit anderen Widrigkeiten ihre Missionen planen und durchführen. Angrenzend an das eigentliche Einsatzgebiet befindet sich der syrische Luftraum. Er wird in großen Teilen von russischen Kampfflugzeugen benutzt und stellt damit eine potentielle Gefahrenquelle für den A400M dar. Ein Einfliegen ist dementsprechend zu vermeiden. Außerdem bilden sich zu bestimmten Jahreszeiten starke Gewitterfronten in der Region, die schwere Turbulenzen und Vereisung mit sich bringen können. Diese gilt es unbedingt zu umfliegen, da insbesondere während des Tankvorgangs mehrere Flugzeuge auf engstem Raum manövrieren und heftige Turbulenzen sowie beschränkte Sicht ein großes Sicherheitsrisiko bedeuten.

Der A400M als Tankerflugzeug mit seiner „Kundschaft“; zu erkennen sind hier die beiden Betankungsschläuche inklusive der Betankungskörbe, die vom A400M ausgefahren wurden.
Foto: Bundeswehr

Als Team erfolgreich

Die Air Task Unit, also die Teileinheit des A400M im deutschen Einsatzkontingent, besteht aus weniger als 20 Personen und bewerkstelligt dabei einen durchgängigen taktischen Flugbetrieb im 24-Stunden-Modell. Das schließt die Soldatinnen und Soldaten der Instandsetzung, der Flugplanung und Flugvorbereitung sowie der fliegenden Besatzungen mit ein. Das hochmotivierte Team kann sich außerdem zu jeder Zeit der Unterstützung des gesamten deutschen Einsatzkontingents in Jordanien sicher sein. Gegenseitiges Vertrauen und Teamfähigkeit sind hier besonders wichtig, um die Missionen erfolgreich durchzuführen. Zusätzlicher Rückhalt kommt hier aus dem Heimatland, denn benötigte Flugunterlagen und Daten werden im sogenannten Reachback-Verfahren zur Verfügung gestellt. Das bedeutet, dass der Heimatstandort des Lufttransportgeschwaders 62 in Wunstorf über sichere Datenverbindungen jederzeit in der Lage ist, bei der Flugvorbereitung mitzuwirken. Eine Teamleistung der Luftwaffe, die den Einsatz überhaupt erst möglich und vor allen Dingen erfolgreich macht.

Internationale Zusammenarbeit

Bei einem multinationalen Einsatz ist die Zusammenarbeit mit anderen Nationen von enormer Bedeutung. Ressourcenbündelung und die gegenseitige Ergänzung mit speziellen Fähigkeiten machen „Counter Daesh“ so wirkungsvoll. Sämtliche Luftoperationen und Luftfahrzeugeinsätze werden in einer gemeinsamen Operationszentrale aller NATO-Nationen geplant, von dort aus überwacht und nachbesprochen. Alle Beteiligten haben damit das gleiche gemeinsame Lagebild und können so effektiv zusammenarbeiten.

Für den A400M bedeutet das internationale „Kundschaft“. Er bedient seit dem Abzug der TORNADO der Luftwaffe vor allem die französischen RAFALE und die amerikanischen F-18-Kampfflugzeuge. In enger Kooperation werden die Missionen aneinander angepasst und gemeinsam durchgeführt. Die stete Einsatzbereitschaft des A400M wird bei den Verbündeten mit großer Wertschätzung wahrgenommen.

Der deutsche Beitrag am Einsatz Counter Daesh mag angesichts der Teilnahme mit nur einem deutschen Tankflugzeug und gemessen an der Gesamtoperation gering erscheinen, ist aber in seiner Summe dennoch nicht zu unterschätzen. Innerhalb weniger Monate konnte der A400M erstmalig als Tankflugzeug in den Einsatz verlegt werden und seine Einsatzreife demonstrieren. Ferner ist der deutsche Tanker im internationalen Umfeld aufgrund seiner Flexibilität und ständigen Einsatzbereitschaft äußerst geachtet und anerkannt. Nicht zuletzt durch die Einzelleistung eines jeden Soldaten sowie das Zusammenwirken der Luftwaffe im Team konnte der A400M im Einsatz bisher so erfolgreich sein.

Autor: Hauptmann Kevin Vogel, Lufttransportgeschwader 62, für cpmFORUM 3/2022

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