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Hubschraubereinsatz im Heer – Rolle und Aufgaben des Kommando Hubschrauber im Wandel

Das erst 2021 geschaffene Kommando Hubschrauber, geführt durch einen Brigadegeneral, mit Sitz im niedersächsischen Bückeburg mit Anteilen in Köln, vereint alle wesentlichen Fähigkeiten zu Führung, Ausbildung, Bereitstellung und Einsatz von bemannten und unbemannten Luftfahrzeugen des Heeres unter einem Dach. In unserem Gastbeitrag aus dem cpmFORUM 4/24 stellt Major i.G. Kai Christoph Meier M.A., Abteilungsleiter G3, Kommando Hubschrauber, dieses noch junge Kommando vor.

Kommando Hubschrauber: Spezialisierte Kräfte trainieren gemeinsam mit einer Spezialeinheit der zyprischen Nationalgarde den Lufttransport mit dem Transporthubschrauber NH90 auf Zypern. Foto: Bundeswehr / Mario Bähr
Spezialisierte Kräfte trainieren gemeinsam mit einer Spezialeinheit der zyprischen Nationalgarde den Lufttransport mit dem Transporthubschrauber NH90 auf Zypern.
Foto: Bundeswehr / Mario Bähr

Als Fähigkeitskommando aufgestellt, hat das Kommando Hubschrauber drei wesentliche Auftragsfelder, die sich unter den Oberbegriffen „Truppendienstliche Führung“, „General der Heeresfliegertruppe“ und „General Flugbetrieb Heer“ zusammenfassen lassen.

Truppendienstliche Führung der Heeresfliegertruppe

Truppendienstlich führt das Kommando Hubschrauber alle Heeresfliegerkräfte, das Transporthubschrauberregiment 10 in Faßberg, das Transporthubschrauberregiment 30 in Niederstetten, das Kampfhubschrauberregiment 36 in Fritzlar, das Internationale Hubschrauberausbildungszentrum in Bückeburg, Faßberg und Le Cannet des Maures (FRA) sowie das Systemzentrum Drehflügler Heer in Donauwörth mit insgesamt mehr als 4.400 Soldatinnen und Soldaten sowie zivilen Mitarbeitenden.

Hierbei schafft das Kommando Hubschrauber die Voraussetzungen für die Bereitstellung einsatzbereiter Kräfte der Heeresfliegertruppe für Übungen und Einsätze im gesamten Aufgabenspektrum militärischer Aktivitäten, von Einsätzen zur Nationalen Krisenvorsorge (NatKV) und im Internationalen Krisenmanagement (IKM) bis hin zur Landes- und Bündnisverteidigung (LV/BV) im gesamten Spektrum der Luftbeweglichkeit von Landstreitkräften mit den Hauptwaffensystemen Kampfhubschrauber TIGER (KHT) und Mittlerer Transporthubschrauber NH90 (auch: Taktischer Transporthubschrauber – TTH) bis hin zur subsidiären Unterstützung im Zuge der Hilfeleistung im Inland (HiLstg). Das Kommando Hubschrauber ist neben umfänglichen Abstellungen von Einzelpersonal derzeit als Leitverband Kosovo Force (KFOR) sowie in der Führung des Hub North der EU-Ausbildungsunterstützung Ukraine (EUMAM) gebunden.

General der Heeresfliegertruppe

In der Rolle „General der Heeresfliegertruppe“ (GenHFlgTr) nimmt das Kommando Hubschrauber eine Sonderrolle im Heer ein. Während die Ausbildungseinrichtungen sowie die Erarbeitung der Grundlagen der Ausbildung grundsätzlich im Ausbildungskommando verortet sind, wird die Verantwortung für die gesamte heeresflieger- und hubschrauberspezifische Ausbildung, von allgemeinmilitärischer, über technische bis hin zu fliegerischer Ausbildung, nationaler Trainingsteilnehmer aller Teilstreitkräfte sowie multinationaler Trainingsteilnehmer durch das Internationale Hubschrauberausbildungszentrum in Verantwortung des Dezernats Ausbildung der Gruppe Grundsatz/Grundlagen des Kommando Hubschrauber als fachlich zuständige Stelle wahrgenommen.

Fallschirmjäger demonstrieren das Abwinschen aus dem Mehrzweckhubschrauber NH90 beim Vorüben für den Tag der Bundeswehr in Bückeburg. Foto: Bundeswehr / Alexander Bozic
Fallschirmjäger demonstrieren das Abwinschen aus dem Mehrzweckhubschrauber NH90 beim Vorüben für den Tag der Bundeswehr in Bückeburg.
Foto: Bundeswehr / Alexander Bozic

General Flugbetrieb Heer

Die Funktion „General Flugbetrieb Heer“ (GenFlBtrbH) nimmt für den Inspekteur des Heeres die Verantwortung für Erarbeitung fachlicher Grundlagen, Regelungen und Vorschriften in allen Belangen des unbemannten und bemannten militärischen Flugbetriebs im Heer einschließlich der Verteilung der Hochwertressource Hubschrauber für die Bedarfsträger innerhalb und außerhalb der Bundeswehr wahr (u.a. im Rahmen subsidiärer Aufgaben (Amts- und Katastrophenhilfe)). Darüber hinaus vertritt GenFlBtrbH alle Belange und Forderungen des Heeres gegenüber anderen Organisationsbereichen sowie Regulierungsbehörden und trägt zur Erarbeitung bzw. Weiterentwicklung teilstreitkraftübergreifender konzeptioneller Grundlagen bei.

Die Betriebs- und Versorgungsverantwortung (BVV) für Luftfahrzeuge, Luftfahrtgeräte und Zusatzausstattung des Heeres während der Nutzung wird durch die Gruppe Technisch-logistisches Management Luftfahrzeuge, Luftfahrtgerät und Zusatzausstattung des Heeres (TLMLLZH) wahrgenommen. Dazu werden alle für die Luftfahrzeuglage relevanten Daten und Sachverhalte gesammelt, aus-/bewertet und in eine Gesamtplanung mit dem Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr, dem Logistikzentrum der Bundeswehr sowie dem Luftwaffentruppenkommando gemäß den Vorgaben des Inspekteur Heer eingebracht.

Mit dem Leitenden Fliegerarzt Heer stellt das Kommando Hubschrauber umfängliche Beratung des Heeres in allen Belangen der fliegerärztlichen Versorgung im In- und Ausland sowie Schnittstellen zur Luftwaffe und dem zentralen Sanitätsdienst der Bundeswehr sicher.

Auswirkungen des Ukrainekriegs – Vom Grundbetrieb zur Operattionellen Rolle

Seit der völkerrechtswidrigen Annexion der ukrainischen Krim durch Russland im Jahr 2014 hat die NATO den militärischen Schwerpunkt auf die Bündnisverteidigung zurückverlegt. Schon heute leistet die deutsche Heeresfliegertruppe ablauforganisatorisch mit der Aviation Task Force NATO Response Force (NRF) Land einen wesentlichen Beitrag zur Bündnisverteidigung. Bis 2025 sind die Hubschrauberkräfte des Heeres zu befähigen, ein NATO-Korps im hochintensiven Gefecht mit den Fähigkeiten Kampf und Transport als Teil des deutschen Beitrags im Rahmen NATO Force Model (NFM) kaltstartfähig und durchhaltefähig zu unterstützen, um so einen substantiellen Beitrag zur Abschreckung und Verteidigungsfähigkeit zu leisten.

Einsatzverpflichtungen werden bisher ablauforganisatorisch aus der Grundstruktur der Heeresfliegerregimenter „tailored to the mission“ bereitgestellt. Diese Grundstruktur wurde im „HEER2011“ auf die IKM-Einsätze, also auf den Einsatz aus fester Infrastruktur (Feldlager) gegen irreguläre Kräfte ohne komplexe Waffensysteme und mit durchgängiger eigener Luftherrschaft, optimiert.

Die Heeresfliegerverbände sind daher teilbeweglich, Stab und Fachgruppen des Kommandos ortsfest ausgeplant. Die Fähigkeit zum hochbeweglichen und hochintensiven Gefecht sind in der Aufbauorganisation insbesondere im Bereich der Logistik und IT-Systeme derzeit eingeschränkt ausgeprägt. Das Kommando Hubschrauber verfügt als Fähigkeitskommando aufbauorganisatorisch derzeit nicht über organische Sicherungs-, Führungs- und Einsatzunterstützungskräfte.

Ein Kampfhubschrauber TIGER fliegt über das Gelände bei einer Fähigkeitsdarstellung des Heeres während des Antrittsbesuches des Verteidigungsminister in Hammelburg. Foto: Bundeswehr / Mario Bähr
Ein Kampfhubschrauber TIGER fliegt über das Gelände bei einer Fähigkeitsdarstellung des Heeres während des Antrittsbesuches des Verteidigungsminister in Hammelburg.
Foto: Bundeswehr / Mario Bähr

Die Erfahrungen des Ukrainekrieges haben die Bedeutung des Systems der verbundenen Waffen auf dem Gefechtsfeld erneut belegt. Fliegende Plattformen, bemannt wie unbemannt, leisten insbesondere in der Rolle „Kampf“ einen bedeutenden Beitrag zur Operationsführung. Jedoch zeigt sich auch, dass die aus den Anti-Access/Area-Denial (A2AD) Fähigkeiten des Gegners erwachsende Bedrohung für diese Hochwertassets eine deutliche Weiterentwicklung der Verfahren und Prozesse des Hubschraubereinsatzes angelehnt an die Verfahren des „Kalten Krieges“ zwingend erforderlich machen. Auch das Zusammenwirken mit Luftstreitkräften sowie die Durchführung taktischer Aktivitäten unter A2AD-Bedrohung, aber auch Fragen der Versorgung und Erhöhung der Überlebensfähigkeit sind ausschlaggebend für die zukünftige Entwicklung.

Als für den Grundbetrieb in Friedenszeiten aufgestelltes Fachkommando sind die aufbauorganisatorischen Fähigkeiten des Kommando Hubschrauber derzeit insbesondere im Bereich des Militärischen Nachrichtenwesens, der Planungs- und Führungsfähigkeit inklusive der Beratungsfähigkeit anderer Verbände sowie der Betrieb eines Gefechtsstandes mit modernen und interoperablen Führungsmitteln nur bedingt ausgeprägt. Im Umschwenken auf eine operationelle Rolle in der Landes- und Bündnisverteidigung ist eine zeitnahe Ertüchtigung notwendig, sodass Verbände der Heeresfliegertruppe für unterschiedlichste Bedarfsträger eingesetzt und geführt werden können und so ein essentieller deutscher Hubschrauberbeitrag für die Verteidigungsplanung des NATO-Bündnisses geleistet werden kann.

Neue Aufgabe: Korpstruppe für die NATO

Die Heeresfliegertruppe wird im NFM, ebenso wie die Division 25, einen entscheidenden Beitrag zur Durchsetzungsfähigkeit eines NATO-Korps im Rahmen der Kollektiven Verteidigungsplanung leisten. Dazu muss das Kommando Hubschrauber zu einem operationellen Kommando ertüchtigt werden. In einem ersten Iterationsschritt wird das Kommando Hubschrauber ablauforganisatorisch einen gemischten Hubschraubereinsatzverband mit bis zu vier Manöverelementen aus der Aufbauorganisation unter Einbindung der gesamten Heeresfliegerexpertise des Heeres sowie unterschiedlichster Fähigkeiten der anderen militärischen Organisationsbereiche ausbringen und in multinationalen Übungsserien neue Verfahren und Prozesse erproben.

Die hier gewonnenen Erkenntnisse liefern einen wesentlichen Beitrag zur aufbauorganisatorischen Rückbesinnung der Truppengattung zu LV/BV und darüber hinaus wichtige Impulse für die Weiterentwicklung fliegender Systeme in der Bundeswehr. Dieser Zwischenschritt stellt, strukturbedingt, ein „Allmannsmanöver“ dar.

Bis zu Beginn der 2030er Jahre sollen so durchsetzungsfähige, an aktuellen technologischen Entwicklungen (u. a. Manned-Unmanned-Teaming) und die Fähigkeiten eines „Peer-Competitor“ ausgerichtete Heeresfliegertruppe entstehen, die auf dem Gefechtsfeld der Zukunft einen wesentlichen Beitrag für die Kollektive Verteidigung des NATO-Bündnisgebietes in einer multinationalen Einsatzumgebung leistet. Die damit verbundenen umfänglichen Untersuchungen sind bereits eingeleitet, eine Initialbefähigung der zukünftigen „Aviation Brigade“, anfänglich ablauforganisatorisch als gemischter Hubschraubereinsatzverband ausgebracht, wird zum Jahreswechsel 2024/25 erwartet.

Piloten trainieren mit dem Schulungshubschrauber EC 135 den Tiefflug im Rahmen der Ausbildung zum Hubschrauberfluglehrer.
Piloten trainieren mit dem Schulungshubschrauber EC 135 den Tiefflug im Rahmen der Ausbildung zum Hubschrauberfluglehrer.
Foto: Bundeswehr

Das Gefechtsfeld der Zukunft wird die Heeresfliegertruppe vor zunehmend komplexe Herausforderungen stellen. Dem Gefecht der verbundenen Waffen in einer vernetzten Operationsführung wird eine entscheidende Rolle beim Gewinnen der militärischen Überlegenheit gegen einen ebenbürtigen Kontrahenten zukommen. Analog zu den Erfahrungen mit dem General Defence Plan des Kalten Krieges wird auch hier eine stetige Evaluation und Anpassung der Verteidigungsplanungen notwendig sein, um auf neue Bedrohungslagen reagieren zu können.

Dieser Realauftrag wird zukünftig Anleihe auf alle Ressourcen der Streitkräfte nehmen müssen, um eine glaubhafte Abschreckung, im ungünstigsten Fall aber auch ein Bestehen auf dem Gefechtsfeld, sicherstellen zu können. Die Heeresfliegertruppe, wie die Streitkräfte in Gänze, müssen robuster, kriegstauglicher – kaltstartfähiger – werden. Eine Abkehr vom „Kontingentdenken“ im Feldlager hin zu einer persönlichen militärischen Betroffenheit im hochmobilen Einsatz und bei regelmäßiger Übungstätigkeit im Einsatzraum ist zwingend geboten. Eine generelle ständige Einsatzbereitschaft muss wieder der Normalzustand werden.

Die Weiterentwicklung der Hubschrauberkräfte des Heeres muss dazu einen entscheidenden Beitrag leisten. Um den Anschluss an unsere Verbündeten und Partner sowie an aktuelle und zukünftige Bedrohungslagen halten zu können, ist die Befähigung des Kommando Hubschrauber zu einem operationellen Kommando insbesondere unter den Gesichtspunkten der Interoperabilität sowie die Integration des Leichten Kampfhubschraubers (LKH) in den Wirkungsverbund der Landstreitkräfte kontinuierlich weiterzuverfolgen. Dabei sind Integrationsmöglichkeiten multinationaler Partner wo immer möglich und nötig zu identifizieren und nachhaltig zu verfolgen.

Mittendrin statt nur dabei

Die Zeitenwende ist in der Heeresfliegertruppe angekommen und erste erforderliche Schlussfolgerungen wurden gezogen. Vor der Truppengattung stehen große Veränderungen, die alle Angehörigen eines Heeresfliegerverbandes über kurz oder lang betreffen werden. Die Zukunft der Truppengattung hängt wesentlich von der Bereitstellung eines Heeresfliegerverbandes als Korpstruppe ab Januar 2025, der Einführung des LKH ab 2026 sowie der Weiterentwicklung des Kommando Hubschrauber zu einer Heeresfliegerbrigade ab.

Unverändert stehen die Heeresflieger jederzeit bereit, ihren stets verlässlichen Beitrag zur Luftbeweglichkeit – im gesamten Leistungsspektrum zwischen nationaler Krisenvorsorge und „LV/BV“ – weltweit für das Heer, die Bundeswehr sowie das Bündnis bereitzustellen.

 

Major i.G. Kai Christoph Meier M.A.,
Abteilungsleiter G3, Kommando Hubschrauber

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