Raketenabwehr kommt nach Schönewalde/Holzdorf

Der Luftwaffenstützpunkt Schönewalde/Holzdorf wird der erste Bundeswehrstandort des neuen Raketenabwehrsystems Arrow. Jetzt hat das Land Brandenburg eine Task Force gegründet, um die Region auf die zusätzlichen Anforderungen vorzubereiten.

Start eines Interceptors des neuen Systems zur Raketenabwehr Arrow 3.
Start eines Arrow-Interceptors. Deutschland unterzeichnete am 23. November 2023 den Vertrag zur Beschaffung des israelischen Raketenabwehrsystems Arrow-3.
Bild: NatanFlayer/Wikimedia Commons

Umgeben von Naturparks, von Vogelschutzgebieten und kilometerweiter malerischer Landschaft, liegt im Dreieck zwischen Berlin, Leipzig und Cottbus der Luftwaffenstützpunkt Schönewalde/Holzdorf. Ursprünglich einer der modernsten Flughäfen der NVA beherbergte Holzdorf das mit Mig-Kampfflugzeugen bestückte Jagdfliegergeschwader 1 der DDR-Luftstreitkräfte. Aktuell befinden sich am Standort das Hubschraubergeschwader 64 mit seinen 60 CH-53-Transporthubschraubern und 15 H145M LUH SOF (Special Operations Forces). Der Großteil des Stützpunkts liegt auf dem Gebiet der 3.000 Einwohner-Stadt Schönewalde, wo bei der letzten Kommunalwahl die Wählergruppe Seniorenverein Dubro fast doppelt so viele Stimmen bekam wie Bündnis 90/Die Grünen. FDP und SPD existieren gar nicht erst in dem Ort. Es ist also eine jener Gegenden Deutschlands, die – positiv betrachtet – sehr viel Natur enthält.

Doch die Bundeswehr soll als Gebietsenhancer die strukturschwache ostdeutsche Region beleben. Der Luftwaffenstützpunkt Schönewalde/Holzdorf soll ausgebaut werden und einige der neuen Systeme der Bundeswehr beherbergen. Während die Schweren Transporthubschrauber CH-47F Chinook die aktuell vorhandenen CH-53 ersetzen, kommt als Fähigkeit neu das israelische Raketenabwehrsystem Arrow nach Schönewalde/Holzdorf. Das – und weitere kleinere Elemente – soll mindestens 700 zusätzliche militärische und zivile Beschäftigte an den Standort bringen. Arrow soll 2025 am Luftwaffenstützpunkt stationiert werden, die Chinook ab 2027 zulaufen.

Da es sich bei Arrow um eine neue Fähigkeit handelt, bisher verließ sich Deutschland bei der ballistischen Raketenabwehr im Upper Tier Bereich auf die USA, ist ein entsprechender Aufwuchs notwendig. „Um das System unterzubringen und einsatzbereit zu machen, muss zuvor Infrastruktur geschaffen oder ertüchtigt werden – insbesondere für die leistungsstarken Radargeräte zur Entdeckung und Verfolgung anfliegender Raketen und die Feuerstellung, aus der heraus feindliche Flugkörper bekämpft werden“, berichtet das BMVg und führt weiter aus: „Schönewalde ist der erste von drei Arrow-Standorten im Bundesgebiet.“ Wo die anderen beiden Standorte des Raketenabwehrsystems sein werden, befindet sich laut einem Sprecher des BMVg aktuell noch in der Prüfung.

Die Hoffnung der Politik vor Ort beinhaltet, dass nicht nur Raketenabwehr und Transporthubschrauber, sondern vor allem Soldatinnen und Soldaten mit ihren Familien in die Region ziehen. Am 1. Dezember konstituierte sich die Task Force zum Ausbau des Luftwaffenstützpunktes Schönewalde/Holzdorf des Landes Brandenburg, welche die finanzielle Unterstützung der Landesregierung für die Kommunen steuert. Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke beschreibt: „Von den Investitionen der Bundeswehr wird die gesamte Region profitieren.  Sie wird einen Schub bekommen. Das werden wir mit attraktiven Rahmenbedingungen auch bei der sozialen Infrastruktur unterstützen. Deshalb stellen wir 100 Millionen Euro aus Strukturstärkungsmitteln bereit, zum Beispiel für Kitas, Horte und Schulen.“ Weiter betont Woidke: „Für Brandenburg und Sachsen-Anhalt ist diese Standortentscheidung eine sehr gute Nachricht. Sie bedeutet, dass viele neue Arbeitsplätze entstehen. Wenn wir Menschen motivieren wollen, mitsamt ihren Familien in die Lausitz zu ziehen, brauchen wir auch Investitionen in die soziale Infrastruktur. Es geht hier also nicht nur um eine militärische Entscheidung, sondern auch um eine Wachstumsentscheidung für die Region. Dazu will Brandenburg im Rahmen des etablierten Werkstattprozesses der Wirtschaftsregion Lausitz 100 Millionen Euro aus den Finanzhilfen des Strukturstärkungsgesetzes zur Verfügung stellen. Über das Lausitzer Strukturstärkungsgesetz machen wir große Fortschritte – nicht nur in Cottbus, Guben oder Schwarzheide, sondern auch in Holzdorf und dem ganzen südlichen Brandenburg.“

Nun ergibt sich daraus allerdings ein Dilemma für die Bundeswehr, schließlich muss sie im Wettbewerb mit anderen Arbeitgebern um die fähigsten Menschen Deutschlands buhlen. Der zukünftige Arbeitsort spielt für die Berufsanfänger dabei durchaus eine Rolle, ebenso wie die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Hier muss sich die Bundeswehr der heutigen Zeit stellen, in der die Ehepartner der Soldatinnen und Soldaten ebenfalls berufstätig sind. Geht die Bundeswehr nun weiterhin in strukturschwache Gebiete, finden die Ehepartner keine Arbeitsstellen und ziehen dementsprechend nicht mit um. Die Aussicht auf ein Leben als Pendler zwischen Standort und Familie erhöht wiederum kaum die Attraktivität des Berufsbilds Soldat. Ob sich also die Hoffnung der Politik erfüllt, dass viele Familien mit den zusätzlichen Soldatinnen und Soldaten nach Schönewalde/Holzdorf kommen, bleibt abzuwarten. Vielleicht machen die 100-Millionen-Euro-Investitionen in die zivile Infrastruktur tatsächlich einen entscheidenden Unterschied.

Dorothee Frank

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