Chinesische Drohnen in den Streitkräften

Es sind die kleinen Drohnen, die nicht nur im Verteidigungskampf der Ukraine den Unterschied machen. Wer etwa die Vorführungen auf der Eurosatory in Paris besuchte, sah sie dort massenhaft im Einsatz. Die Rede ist von Quadcoptern, welche mit Sensoren oder Effektoren bestückt werden können. Doch stammen diese meistens aus China.

Für die französischen Streitkräfte gehört die Nutzung von Drohnen zum normalen militärischen Einsatz.
Für die französischen Streitkräfte gehört die Nutzung von Drohnen zum normalen militärischen Einsatz.
Foto: cpm / Dorothee Frank

Stolz hält einer der Drohnenpiloten der französischen Spezialkräfte seine DJI Mavic 2 Enterprise in die Höhe. „Durch die Drohnen erhalten wir ein umfassendes Bild der Lage. Wir haben durch sie Bilder, sehen die Gefahren, können die Situation einschätzen und die Entwicklung verfolgen. Alles ohne auch nur einen einzigen Menschen in Gefahr zu bringen“, beschreibt der Drohnenpilot die Vorteile. „Deshalb nutzen wir sie immer mehr.“

Dies zeigten die französischen Einheiten auch auf der Eurosatory. Immer stand irgendwo ein Quadcopter am Himmel und beobachtete das Geschehen, erkundete das Gelände, wies Ziele zu, verfolgte die eigenen Einheiten oder observierte gegnerische Bewegungen. Die von der Drohne ermittelten Daten, vom GPS-Standort bis zum Foto/Video, wären auch für Gegner interessant – nicht nur im Gefecht, sondern ebenfalls zur Analyse der üblichen militärischen Vorgehensweisen. Und die Augen am Himmel stammen aus China.

DJI wird Weltmarktführer für kleine Drohnen

„Mit dem Hauptsitz in Shenzhen, dem Silicon Valley Chinas, profitiert DJI vom direkten Zugriff auf Zulieferer, Rohmaterialien und jungen, kreativen Talenten für ein anhaltendes Erfolgsmodell“, berichtet der Drohnenhersteller DJI auf seiner deutschen Page. „Durch diese vorteilhaften Bedingungen waren wir in der Lage, von einem kleinen Büro in 2006, zu einem globalen Unternehmen mit mehr als 6.000 Mitarbeitern zu wachsen. DJI hat inzwischen Büros in den Vereinigten Staaten von Amerika, Deutschland, den Niederlanden, Japan, Beijing und Hong Kong.“

DJI Mavic 2 Enterprise der französischen Spezialkräfte.
DJI Mavic 2 Enterprise der französischen Spezialkräfte.

Ganz nach chinesischem Muster bietet DJI seine Drohnen zu Kampfpreisen an, bei denen europäische und amerikanische Unternehmen kaum mithalten können. Dadurch wurde bereits jetzt eine marktbeherrschende Stellung geschaffen, sowohl im zivilen Sektor als auch im militärischen. Doch die Daten sind keineswegs sicher.

„The New York Times“ berichtete in 2016 von einem Pressebriefing, bei dem Zhang Fanxi, ein Sprecher von DJI, sagte, DJI komme den Aufforderungen der chinesischen Regierung zur Herausgabe von Daten nach. Die Daten würden aber nicht automatisch geteilt, sondern nur auf Anfrage der Regierung herausgegeben. Auch würde DJI den chinesischen Behörden auf Anfrage direkten Zugang zu den Drohnen gewähren. „Wenn die Regierung sagt, dass sie diese Daten haben möchte, werden wir es dem Nutzer mitteilen“, zitiert die New York Times den Sprecher. „Wir kommunizieren das alles.“

Untersuchung der DJI-Drohnen durch die USA

Im Nachgang dieser offiziellen Aussagen stoppte die U.S. Army die Nutzung von DJI-Drohnen, offiziell aufgrund von „Cyber-Schwachstellen im Zusammenhang mit DJI-Produkten“. Bis dahin waren die Quadcopter von DJI die meistgenutzten Drohnen der U.S. Army. Die U.S. Air Force beschaffte hingegen weiterhin Systeme des chinesischen Herstellers, um die Sicherheit ihrer Flugplätze zu überwachen. Die Einschätzung in den US-Streitkräften war also zumindest am Anfang nicht einheitlich.

Klein, leicht, günstig, performant. Es gibt durchaus Gründe, die für die Nutzung der Drohnen von DJI sprechen. Hier der Koffer mit einer Mavic 2 Enterprise.
Klein, leicht, günstig, performant. Es gibt durchaus Gründe, die für die Nutzung der Drohnen von DJI sprechen. Hier der Koffer mit einer Mavic 2 Enterprise.
Foto: cpm / Dorothee Frank

Doch Anfang 2021 wies der damalige US-Präsident Donald Trump die Behörden an, wo möglich alle Drohnen von Herstellern aus China, Russland, dem Iran und Nordkorea aus der Regierungsnutzung zu entfernen und ihm eine Bewertung potentieller Sicherheitsrisiken durch in China produzierte Drohnen zu liefern.

Am 14. Juni 2024 verabschiedete schließlich das US-Repräsentantenhaus den Gesetzesentwurf „Countering CCP Drones Act“, der das Verbot von DJI-Drohnen in den USA vorsieht. Für diesen Entwurf der Republikaner stimmten auch Abgeordnete der Demokraten. Sobald dieser Entwurf zum Gesetz wird, wofür noch der US-Senat zustimmen müsste, ist die Nutzung von DJI-Drohnen in den USA de Facto verboten, egal ob durch die Regierung, die Streitkräfte oder Zivilisten.

Dieses neue Gesetz würde also für all jene Armeen interessant, die mit den USA verbündet sind, gleichzeitig aber DJI-Drohnen nutzen. Und zu letzteren zählt nicht nur Frankreich, sondern auch Deutschland.

Von der Kampfmittelabwehr bis zur Luftverteidigung

Die Bundeswehr nutzt ebenfalls die Drohnen aus China, darunter die eingangs erwähnte DJI Mavic 2. Die Systeme werden selbst in sensibelsten Einheiten eingesetzt. So berichtete die Bundeswehr im September 2022 von einer Erprobung durch die Kampfmittelabwehr. „Wir haben jetzt die DJI Matrice brandneu im Bestand“, sagte seinerzeit Major Gregor K., Leiter der Einsatzleitstelle Kampfmittelabwehr in Minden. „Diese Drohne brauchen wir auch, denn sie wird in Mali bereits eingesetzt und wir wollen hier am Heimatstandort unsere Soldaten auf diese Situation vorbereiten.“

Ein von der Bundeswehr genutzter Drohnensatz mit DJI-Drohne inklusive Kamera und Bodenkontrollstation.
Ein von der Bundeswehr genutzter Drohnensatz mit DJI-Drohne inklusive Kamera und Bodenkontrollstation.
Foto: Bundeswehr/Mario Kissel

Die genutzte Drohne war eine Leihgabe der Flugabwehrraketengruppe 61 aus Todendorf, dessen Auftrag der mobile Flugabwehrschutz von Landstreitkräften im Nahbereich ist. Hierfür besitzt die Einheit aktuell das leichte Flugabwehrsystem (leFlaSys), bald kommen noch fünf IRIS-T SLM hinzu.

White und Blue List der Bundeswehr für Drohnen

Durch die Task Force Drohnen wurde für die Bundeswehr eine White und eine Blue List für handelsübliche Drohnen erstellt. Drohnen von der White List dürfen demnach für Ausbildung und Übungen genutzt werden, Drohnen von der Blue List auch für sicherheitskritische Anwendungen.

Business Insider berichtete Anfang Juli, dass sich die Drohnen von DJI auf der White List des BMVg befinden. Sie dürfen also beschafft werden.

Chinas zunehmend aggressives Auftreten

Dabei tritt China immer militärisch-provokativer gegenüber den westlichen Demokratien auf. Zeitgleich zum NATO-Gipfel nahmen chinesische Soldaten an einer Übung in Belarus teil, nur 15 km von der polnischen Grenze entfernt. Ein deutliches Zeichen gegenüber dem Militärbündnis, dass China in der Lage und gewillt ist, in Europa auch militärisch zu agieren.

Zudem führte China gemeinsam mit Russland eine Marineübung im Südchinesischen Meer durch. Die „Joint-Sea 2024“ begann am 14. Juli und beinhaltet die gemeinsame U-Jagd, Luftverteidigung, Recovery sowie Übungen mit scharfen Waffen.

Am 13. Juli wiederum traf der Vorsitzende des Ständigen Ausschusses des Nationalen Volkskongresses Chinas, Zhao Leji, den russischen Präsidenten Wladimir Putin. Die beiden sprachen in St. Petersburg über die strategische Partnerschaft zwischen China und Russland und die Vorteile, die diese Partnerschaft beiden Ländern bringt, schreibt das Institute for the Study of War.

Erhalt der Schlüsseltechnologie

Es gibt also genügend Anhaltspunkte, um China nicht unbedingt als absolut verlässlichen Verbündeten Deutschlands zu betrachten. Im Gegensatz zu den USA, mit denen Deutschland militärisch eng verbunden ist. Bei der Wahl von handelsüblichen Systemen müsste sich dieser Unterschied eigentlich widerspiegeln, denn auch durch Übungen und die Ausbildung der Soldaten generierte Informationen können im Kriegsfall wichtig sein – und seien es nur die GPS-Koordinaten.

Doch dies würde bedeuten, gezielt die marktführende Position von DJI zu brechen. Ein Unterfangen, das die USA aktuell mit ihrem Gesetzentwurf versucht, sollte er durch den Senat gehen. Ein Unterfangen, das auch Europa versuchen könnte. Doch dafür fehlt augenscheinlich der Rückhalt, wenn die Drohnen von DJI sogar auf der White List der Bundeswehr stehen.

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