Deutsch-Griechische Verteidigungs­zusammenarbeit

Zuletzt traf der griechische Verteidigungsminister Nikos Dendias anläßlich des NATO-Gipfels in Vilnius, Litauen, mit seinem deutschen Amtskollegen Boris Pistorius zusammen. Dabei sprachen sie über eine Ausdehnung der deutsch-griechischen Zusammenarbeit im Verteidigungsbereich. Schon seit Oktober 2022 liegt dem deutschen Verteidigungsministerium eine Kooperationsvereinbarung für den Landbereich. Dabei will Griechenland vor allem seine Kampfpanzer LEOPARD 2A4 verbessern und im Bereich Schützenpanzer (SPz) auch neu aufzustellen.
Beispiel für eine deutsch-griechische Kooperation. EODH aus Griechenland ist für den LEOPARD 2 der Partner von Krauss-Maffei Wegmann beim Thema Schutz. So liefert EODH Schlüsselkomponenten im Bereich Schutz für die 54 LEOPARD 2A7NOR sowie die Option auf weitere 18.
Foto: EODH

Als ersten Schritt und zur Stärkung der Zusammenarbeit wurden 40 gebrauchte und von Rheinmetall aufbereitete SPz MARDER aus Deutschland im Rahmen eines Ringtauschs beschafft. Dafür lieferte Griechenland im Austausch BMP-1 an die Ukraine wurden. Es sollen weitere, modernere Fahrzeuge folgen, dabei wird u.a. der SPz KF41 LYNX von Rheinmetall betrachtet. Die SPz MARDER stammen von Rheinmetall und sollten Deutschland und Bundeskanzler Olaf Scholz helfen (indirekte) Hilfe zu Beginn des russischen Angriffskrieges an die Ukraine zu liefern. Im Rahmen des Abkommens wurden auch über den Verkauf von KF41 LYNX-Schützenpanzern diskutierte sowie über weitere Industrieinvestitionen in Griechenland. Im Oktober 2022 wurde der Bundeskanzler zudem in Athen vorstellig, um zu prüfen, wie Griechenland Deutschland mit sauberer Energie versorgen könnte.

Seitens des griechischen Heeres wurden bereits zwei Projekte festgelegt – Upgrade LEOPARD 2A4 und SPz LYNX – da diese für die kommenden Jahre mit Budget hinterlegt wurden. Vorgabe ist jedoch ein Regierung-zu-Regierung-Geschäft (G2G). Im Rahmen dieser Projekte sollen jeweils ein paralleler Aufbau von Produktionskapazitäten durch die jeweiligen OEM in Griechenland stattfinden. Wobei ein Stand „in Service“ der Einrichtungen nach ca. 24 bis 30 Monaten zu erwarten ist. Die Programme sollen auch dem strategischen Interessen Deutschlands auf dem Westbalkan und in Südosteuropa dienen. Daher waren die Erwartungen an den Besuch des Kanzlers in Griechenland hoch, um die bestehenden strategischen Beziehungen im Energiesektor, aber auch in Verteidigung und Sicherheit zu festigen.

Doch die Ernüchterung auf griechischer Seite kam schnell. Die Enttäuschung der griechischen Partner, dass das G2G-Abkommen im Verteidigungssektor damals nicht angekündigt und unterzeichnet wurde, war groß. Und dies hatte direkte Auswirkungen: Griechenland begann Gespräche mit anderen Ländern (USA, Israel, Frankreich, Italien etc.). Diese unternehmen deutlich mehr Anstrengungen am Beschaffungsbudget Griechenlands zu partizipieren, und an das Deutschland „zugewiesene“ Budget zu gelangen, als derzeit Deutschland.

Zudem hat Griechenland eine strategische Position für die Versorgung der NATO-Ost/Südost Flanke. Dieser strategische Mehrwert scheint durch die USA und Frankreich erkannt und gewürdigt zu werden, aber nicht durch das deutsche Kanzleramt. So wird der Hafen von Aelxandropolis durch die französische Marine genutzt – dank eines entsprechenden Abkommens.

Vergleich der Klassen U212A und U212CD. Griechenland könnte beim U212CD Projekt einsteigen.
Vergleich der Klassen U212A und U212CD.
Grafik: tkMS

Marinebereich zieht nach

Jetzt zieht der Marinebereich beider Länder durch eine strategische Partnerschaft zwischen den Scaramanga Shipyards und der deutschen ThyssenKrupp Marine Systems (tkMS) nach. Diese eröffnet der griechischen Marine neue Perspektiven. So haben die Skaramanga Shipyards über NAFS, die Verwaltungsgesellschaft der Skaramanga Shipyards im Besitz des Reeders Georgios Prokopios, laut Vereinbarung mit tkMS folgenden Marineprojekte bzw. Zusammenarbeiten vereinbart:

  • Mid-Life-Upgrade und In-Service-Unterstützung von vier Fregatten der MEKO 200HN Hydra-Klasse;
  • Unterstützung im laufenden Betrieb, einschließlich Wartung und Reparatur von U-Booten der Marine;
  • Mid-Life-Upgrade von vier U-Booten der Klasse U214,
  • Entwurf und Bau neuer U-Boote für die Marine oder für andere Länder sowie
  • andere Bereiche von gemeinsamem Interesse und mögliche Zusammenarbeit in Bezug auf neue Meerestechnologien und Schiffbauaktivitäten in den Scaramgas-Anlagen.

Beim Bau und Entwurf neuer U-Boote könnte damit ein Einstieg in die deutsche Klasse U212 Common Design (CD) erfolgen. Hierbei handelt es sich noch um ein bi-nationales Beschaffungsprogramm mit Norwegen. Die U-Boote der Klasse 212 CD werden mit einer Länge von rund 73 m und einer Verdrängung von rund 2500 t wesentlich größer sein als die Boote der Klasse 212 A. Griechenland besitzt mit den S120, S121, S122 und S123 vier U-Boote er Klasse 214. Diese wurden zwischen 2010 und 2016 in die Nutzung übernommen. S120 wurde noch in Kiel gebaut, die folgenden drei Boote dann bei den Hellenic Shipyards in Skaramanga. Sie haben eine Länge von 65 Metern und eine Verdrängung von 1.858 Tonnen (getaucht). Als Bewaffnung sollen sie die McDonnell Douglas UGM-84C HARPOON Block IB Seezielflugkörper sowie die schweren Torpedos DM2A4 Seehecht von Atlas Elektronik mitführen.

Das Mid-Life-Upgrade für die 117 Meter lange MEKO 200HN Hydra-Klasse – diese wurde in den 1990er Jahren beschafft – wird bereits seit 2006 geplant. Griechenland besitzt vier dieser Fregatten. Die erste (F 452) wurde noch bei Blohm & Voss in Hamburg gebaut, die folgenden drei (F 453 – F 455) bei den Hellenic Shipyards in Skaramanga. Zu den geplanten Verbesserungen gehören neben Plattformverbesserungen auch Upgrades und der Austausch von Sensoren und Trackern. Als separates Programm wurden die Mk 48-Trägersysteme auf Mod 5 aktualisiert, um ESSM zu unterstützen. Insgesamt werden neue Miltech Hellas EO-Sensoren eingebaut.

Parallel hat die Skaramaga-Werften eine Vereinbarung mit der NAVAL GROUP über den Bau der GOWIND 2800 HN-Korvetten für Griechenland. Die Familie der GOWIND-Fregatten aus Frankreich umfassen Längen von 85 bis 105 Metern und eine Verdrängung von 1.000t bis 2.800 Tonnen.

Entwurf des U212CD von tkMS.
Grafik: tkMS

Irritationen: Blockiert die Regierung?

Zuletzt hatte es Irritationen bei der Kooperation zwischen Deutschland und Griechenland gegeben, da das Wirtschaftsministerium und scheinbar auch das Bundeskanzleramt die Beschaffungen im Landbereich immer wieder verzögert und behindert haben. Das Verteidigungsabkommen wurde durch das BMVg – da es sich um ein G2G-Abkommen handelt – im Bundeskanzleramt vorgelegt. Nach der vorgelegten „nationalen Sicherheitsstrategie“ liegt hier die Verantwortung. Aber wie beim Thema Unterstützung für die Ukraine, scheint auch hier das Kanzleramt eher zaudernd und abwartend als aktiv und voranschreitend.

Und dass, obwohl der damalige griechische Verteidigungsminister am 7. Februar 2023 offiziell im Parlament bestätigte: Im zwischen dem Ministerium für Verteidigung Deutschlands und das Ministerium für Nationale Verteidigung unseres Landes unterzeichnete Memorandum of Understanding (MoU), das am 16 Im September 2022 unterzeichnet wurde, ist die kostenlose Zuteilung von vierzig SPz MARDER von Deutschland nach Griechenland vorgesehen, um die Gegenstücke BMP-1 zu ersetzen, die Griechenland der Ukraine gewähren soll. […] Was die Übernahme von SPz LYNX und das Upgrade von LEOPARD betrifft, zu diesem Zeitpunkt hat der Rat der Chefs des Generalstabs mit dem Chef des Generalstabs der griechischen Nationalverteidigung eine Stellungnahme über die Aktivierung folgender Programme abgegeben:

  • Upgrade des Kampfpanzers LEOPARD 2A4, inkl Erst- und Folgeunterstützung für die Modernisierung von 123 Panzern.
  • Lieferung eines neuen Crawlers, inkl Erst- und Folgeunterstützung für die Lieferung von 205 TOM LYNX.

Diese Unstimmigkeiten sollten bei einem geplanten Treffen zwischen Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis und Bundeskanzler Olaf Scholz am Mittwoch am 12. Juli im Rahmen des NATO-Gipfeltreffens bereinigt werden. Dieses fiel letztendlich aus zeitlichen Gründen aus. Frankreichs Präsident Macron nutzte den Gipfel für ein tieferes Gespräch über die Festigung der bilateralen Beziehungen. Zuletzt hatte auch Business Insider gefragte: Blockiert die Bundesregierung einen Rüstungsdeal mit Griechenland? Und stellte fest, wenn Deutschland nicht liefert, gehen den beiden Herstellern Rheinmetall und Krauss-Maffei Wegmann Milliardenaufträge verloren. Die USA bieten sich an, die Vorhaben mit eigenen Fahrzeugen auszustatten. Die deutsche Wirtschaft hätte erneut das Nachsehen.

Hier das EODH-Schutzsystem an einem griechischen LEOPARD 2A4.
Foto: EODH

Da hilft auch nicht, dass der BDSV mit SEKPY, der Hellenic Manufacturers of Defense Materiel Association, im Frühjahr ein Memorandum of Understanding (MoU) unterzeichnet hat. Dies soll ein wichtiger Schritt in der Zusammenarbeit zwischen beiden Ländern sein und dazu beitragen, die gemeinsame Sicherheit und Zusammenarbeit zu stärken.

Dabei könnte ein solches Verteidigungsabkommen echte Vorteile auch für Deutschland haben. Erstens die Absicherung und Erweiterung der bestehenden und vorbereiteten Abkommen zwischen der griechischen und deutschen Rüstungsindustrie. Dies bedeutet Absatz, Arbeitsplätze, gemeinsame Entwicklungen, Effekte im Bereich Preis und Lieferzeit durch erhöhte Kapazitäten, Reservoir für qualifiziertes Fachpersonal in Griechenland sowie eine Stärkung Europas. Zweitens nimmt die Bedeutung der geopolitischen Lage Griechenlands in Richtung Balkan, Türkei, etc. zu. Auch für Deutschland ein wichtiger Aspekt. Drittens ist ein G2G-Abkommen nichts ungewöhnliches, Griechenland sichert sich so immer ab, Beispiel sind die Verträge mit Frankreich für Rafale und die Belharra Fregatten. Auch Deutschland beschafft seine F35 über FMS (Foreign Military Sales. Viertens könnten mit Blick auf die Ukraine die griechischen Reserven auf in Zukunft eine gewichtige Rolle einnehmen. So verfügt das Land über eine hohe Anzahl LEOPARD 1.

 

André Forkert, cpm GmbH

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