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Deutschland beschafft Kampfstoffspürpapier

Spürpapier – Jeder Rekrut bis in die 1990er Jahre kennt es: Bei Übungen wurden kleine gelbe Papierstreifen an Teilen der persönlichen Ausrüstung oder an der Kommandantenluke der Fahrzeuge angebracht. Änderten diese ihre Farbe, war klar, dass eine Situation erfasst worden war und sofort ein ABC-Schutz aufgebaut werden musste. Bei der Bundeswehr hießen die Papierstreifen offiziell „Papier-, Spür-, Chemische Agenzien“ und kamen lichtgeschützt in kleinen, auffälligen blauen Plastikverpackungen. Es gab auch das Wirkstoffnachweispapier für flüssige Wirkstoffe und eine Variante in Pulverform.
Kampfmittelspürpapier: Zwei Soldaten in ABC-Schutzkleidung prüfen die Umngebung mittels Spürpapier. Foto- ORITEST
Dank des Farbumschlag des CALID-Spürpapier bei Kontakt mit Kampfstoffen lässt sich schnell und einfach erkenne, um welchen Kampfstoff es sich handelt.
Foto: ORITEST

Spätestens jetzt wird klar, dass die Zeiten des Kalten Krieges zurück sind. Denn das Bundesministerium des Inneren hat die Beschaffung von Kampfstoffspürpapier beauftragt. Beschafft wird das Kampfstoffspürpapier Calid-3 von ORITEST Saxonia. Das Kampfstoffspürpapier wird bei der Bundespolizei in Nutzung gehen, ein weiterer Abnehmer ist das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophen­hilfe (BBK). Der Rahmenvertrag umfasst eine vierstellige Anzahl von Spürpapier-Blöcken, so dass über Abrufkontingente die zuverlässige Versorgung der Dienststellen sichergestellt ist. Das Kampfstoffspürpapier reagiert schon auf kleinste Mengen an Kampfstoffen, und zeigt durch Farbumschlag die Bedrohung an, noch bevor der menschliche Organismus die Gefahr wahrnehmen kann.

ORITEST SAXONIA mit Sitz in Markkleeberg, Sachsen ist die deutsche Tochter der ORITEST Group aus der Tschechischen Republik. ORITEST ist laut eigenen Angaben mit Calid-3 Weltmarktführer bei Kampfstoffspürpapieren und zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass es frei von Cancerogenen Stoffen ist.

Einsatz bei der Bundeswehr

Rückblickend wissen wir, dass vor und während des Zweiten Weltkriegs die Forschung an chemischen Kampfstoffen intensiviert wurde und Kampfstoffe hergestellt wurden. Diese wurden jedoch nicht auf dem europäischen Kriegsschauplatz eingesetzt.

Farbumschlag des CALID Spürpapier bei Kontakt mit Kampfstoffen. (Grafik- EinsatzleiterWiki)
Farbumschlag des CALID Spürpapier bei Kontakt mit Kampfstoffen.
Grafik: EinsatzleiterWiki

Mit zunehmendem Bewusstsein für die ABC-Bedrohung durch den Warschauer Pakt wurden ab Anfang der 1970er Jahre in den Einheiten kleine Heftchen mit Detektorpapier, dem so genannten ABC-Spürpapier, ausgegeben. Dieses ABC-Spürpapier ist so beschaffen, dass es auf Uniformen, Ausrüstungen oder Fahrzeuge geklebt werden kann, um den Benutzer einfach und schnell vor Kampfstoffen zu warnen. Das Leuchtspurpapier reagiert auf das Vorhandensein eines Kampfstoffes durch einen Farbwechsel, in der Regel lange vor der sensorischen Wahrnehmung des Soldaten. Dadurch wird der Soldat in die Lage versetzt, persönliche Schutzmaßnahmen einzuleiten und den ABC-Alarm auszulösen.

Mit dem Ende des Kalten Krieges geriet das Leuchtspurpapier in Vergessenheit. Die Verteilung an die Truppe wurde eingeschränkt und die Ausbildung mit dem „persönlichen chemischen Detektor“ wurde zurückgefahren.

Mit der Neuausrichtung auf die Landes- und Bündnisverteidigung hat das gesamte Spektrum der ABC-Abwehr für alle Truppen wieder seinen alten Stellenwert erhalten. Zwar gibt es heute hochmoderne autonome ABC-Detektionssensoren, aber diese stehen hauptsächlich auf der Ebene der ABC-Abwehrtruppe zur Verfügung und nicht in der Schlammzone für die Trupps, Gruppen, Züge und Kompanien der kämpfenden Einheiten. Deshalb braucht es einen einfachen und schnellen Schutz, um die Bedrohungen zu erkennen. Es bleibt abzuwarten, ob das Verteidigungsministerium dem Bundesministerium des Inneren folgt, und auch größere Kontingenten an Kampfstoffspürpapier beauftragt.

Moderne ABC-Spürpapiere

Das Ende des Kalten Krieges ist nun mehr als 30 Jahre her. Im Gebiet des Warschauer Paktes hatte die damalige Tschechoslowakei die technologische Führung auf dem Gebiet der ABC-Abwehr übernommen. Viele dieser Fähigkeiten sind heute noch vorhanden, zumindest teilweise. Dies erklärt, warum das NATO-Exzellenzzentrum JCBRN (Joint Chemical Biological Radiological Nuclear) Defence seinen Sitz in der tschechischen Stadt Vyskov, etwa 40 km südöstlich von Brünn, hat. Das Joint Chemical, Biological, Radiological and Nuclear Defence Centre of Excellence besteht in diesem Jahr seit 15 Jahren. Es unterstützt die NATO, die teilnehmenden Staaten und die Partnerländer, indem es den Prozess der Fähigkeitsentwicklung, der Einsatzwirksamkeit, der Interoperabilität und der Umgestaltung der NATO durch die Bereitstellung umfassender und zeitnaher CBRN-Verteidigungskenntnisse und -erfahrungen vorantreibt. Insgesamt sind 14 sogenannte Sponsor-Nationen im CoE CBRN vertreten, darunter die USA, Kanada, Frankreich, Großbritannien und Deutschland.

Darüber hinaus sind tschechische Unternehmen auf dem weltweiten Markt für ABC-Abwehr stark vertreten. Das in Prag ansässige Unternehmen ORITEST kann als „Hidden Champion“ in diesem Sektor bezeichnet werden. 1992 von Wissenschaftlern aus den ehemaligen staatlichen Forschungsinstituten gegründet, hat sich ORITEST zu einem weltweit führenden Unternehmen im Marktsegment der ABC-Abwehr entwickelt, auch wenn es in der Öffentlichkeit kaum bekannt ist. Vor allem bei ABC-Spürhunden. Dieser Anspruch von ORITEST leitet sich zum einen aus den Leistungsmerkmalen der Suchpapiere ab, zum anderen aus der Anzahl der Nutzerstaaten. Mehr als 50 Staaten verwenden das CALID-3 Pauspapier. Nach Angaben des Herstellers ist es das einzige Transparentpapier, das sowohl die aktuellen Anforderungen der NATO als auch die ehemaligen Anforderungen des Warschauer Paktes erfüllen kann.

Das ORITEST-Suchpapier CALID-3 wurde für den einfachen, zuverlässigen und schnellen Nachweis von chemischen Kampfstoffen entwickelt, und zwar zur Unterscheidung der drei Hauptgruppen der chemischen Kampfstoffe G („Deutschland“ – Nervenkampfstoffe), V (Viscose2 – Nervenkampfstoffe) und H (Hautkampfstoffe). Der Nachweis funktioniert nur für die flüssige Form (Mikrotröpfchen) chemischer Kampfstoffe. Die Mikrotröpfchen erzeugen sofort einen Farbfleck auf dem Papier. Je nach Farbe ist es möglich, Gruppen von G-, V- und H-Stoffen in weniger als 30 Sekunden zu bestimmen.

Nach Angaben des Herstellers kann das Papier je nach Kundenwunsch flexibel im Layout/Design umgesetzt werden. Dies bezieht sich auf Form, Sprache, auch die Anzahl der Blätter und die Verpackung. Auch bei kleinen Bestellmengen. Standardmäßig wird es mit 12 Blatt Papier mit selbstklebender Rückseite und perforiert in einem Booklet geliefert. Simulanzien für alle Wirkstoffe (G, V, H) sind ebenfalls erhältlich.

Einfache Anwendung

Normalerweise wird das Transparentpapier auf die Schulter des Benutzers oder auf die Windschutzscheibe eines Fahrzeugs geklebt (die Farbpunkte sind vom Fahrzeuginneren aus durch das Papier hindurch deutlich sichtbar).

Die Methode des Transparentpapiers ist so einfach, dass ihre Anwendung keine Schulung erfordert. Darüber hinaus ist keine Stromversorgung erforderlich, sie reagiert schnell und ist kostengünstig. Nach Angaben des Herstellers liegen für das ORITEST-Positionspapier umfangreiche internationale Zertifizierungen und Prüfberichte vor, unter anderem von TNO, SÚJCHBO, VVÚ und ÚOPZHN. Es hat eine NATO-Lagernummer (NSN 6665-16-000-7966), die eine einfache Beschaffung ermöglicht.

André Forkert

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