Alle westlichen Länder prüfen gerade, wie sie die Abrüstungsfehler der Vergangenheit schnellstmöglich korrigieren können. Die Entscheidungsfreudigkeit der politischen Führung, verfügbares Budget und die Verfügbarkeit bzw. Leistungsfähigkeit der Verteidigungsindustrie sind dabei zum Teil limitierende Faktoren. Daher gibt es in Europa sehr unterschiedliche Ansätze, vom Kauf weniger, aber modernster Systeme, über den Kauf hoher Stückzahlen in Korea bis hin zu Upgrades existierender Waffensysteme. NATO-Partner Griechenland hat ein Konzept zur Kampfwertsteigerung seiner Leopard 1 Kampfpanzer bereits erarbeiten lassen (wir berichteten). Jetzt folgt ein Konzept zur Kampfwertsteigerung der vorhandenen und nach wie vor großen Flotte an M113 Kampffahrzeugen.
Eigentlich galt der geschützte Truppentransporter M113 als überholt. Er sollte bei allen Armeen durch moderne Systeme ersetzt werden. Zum Beispiel durch den ACSV G5 (Armoured Combat Support Vehicle) von FFG Flensburger Fahrzeugbau Gesellschaft mbH.
In Griechenland wurden jetzt Pläne präsentiert, die keinen Ersatz, sondern eine Leistungssteigerung vorsehen. Ein Ziel des Konzeptes, nicht nur eine deutliche Leistungssteigerung erreichen, sondern das Ganze auch möglichst kosteneffektiv. Dadurch sollen vorhandene und ähnliche Konzepte, zum Beispiel aus Israel, zumindest im Preis unterboten werden. Zudem soll auch die eigene Industrie profitieren.
Nach Möglichkeit zu 100 %. Eine lokale Produktion soll auch deshalb angestrebt werden, weil unklar ist, wann andere Anbieter – aus Deutschland oder gerade auch Israel – überhaupt wieder entsprechende Kapazitäten für solche Großprojekte anbieten können.
So hat das griechische Unternehme EODH mit seinen Partnern – der griechischen Armee, der belgisch-spanischen DUMA und der slowenischen VALHALLA – ein entsprechendes Komplettpaket zur schrittweisen Modernisierung durch das M-113 TOMP-Kit entwickelt. Das neue Fahrzeug M-113HEL-soll vor alle auf neuen und bereits getesteten Technologien basieren. Das Paket wird für die Modernisierung des M-113 der griechischen Armee angeboten, die mit rund 2.900 verbliebenen Einheiten verschiedener Typen und Versionen zu den größten Anwendern dieses Typs weltweit zählt.
In den NATO-Ländern gibt es nur noch wenige aktive M113-Nutzer. Griechenland nutzt noch den M-113A1/A2. Aber selbst die 1987 eingeführte neuere A3-Version wird derzeit nicht mehr durch die Industrie unterstützt. Vereinzelt gibt es Programme zur Modernisierung oder zum Ersatz der Fahrzeuge.
Der EODH-Ansatz umfasst eine schrittweise (modulare) Aufrüstung des Antriebs, des Schutzpaketes, der inneren Konfiguration inklusive Fahrerbereich und des hinteren Transport-/Kampfraumes. Auch soll die mögliche Integration verschiedener und ferngesteuerter Türme ermöglicht werden. Dadurch sollen unterschiedlichste Bewaffnungsoptionen und Varianten – schnell und einfach – ermöglicht werden.
Das bereits sehr fortgeschrittene Alter der M113-Plattform, das Baumaterial (Aluminiumlegierung), das naturgemäß Einschränkungen mit sich bringt, und die Notwendigkeit einer vollständigen Nutzfähigkeit für die nächsten 20 Jahre mussten bei der Konzepterstellung berücksichtigt werden. Und das alles unter dem Gesichtspunkt der Leistungsfähigkeit der lokalen Industrie und der möglichst niedrigen Gesamtkosten.
Der Generalunternehmen EODH hat seinen Ansatz so konzipiert, dass ein entsprechendes Modernisierungsprogramm vollständig in Griechenland und innerhalb einer Produktionsstätte umgesetzt werden konnte. Sollte der Auftraggeber dies wünschen.
EODH erklärt seine Bereitschaft, nun zunächst einen Prototypen in Griechenland herzustellen. Dabei handelt es sich dann um ein Basissystem als Grundlage für alle weiteren Varianten. Hier sollen die grundlegenden Probleme gelöst werden. Dieses Kit soll dann für alle Versionen M-113A1/A2, M-106, M-125, M-901 ITV, M-577 geeignet ein.
Das Upgrade-Kit beinhaltet dann: einen neuen Antriebsstrang und Kühlsystem, neues elektrisches System mit vollständiger digitaler Architektur, neuem Fahrerplatz mit verbesserter Fahrfähigkeit bei allen Sichtverhältnissen, neues und verbessertes Laufwerk mit neuem Getriebe, Federung und Torsionsstäben, externen Kraftstofftanks, neuer hinterer Kampfraum mit neuen Sitzen und C5I-Anbindung, Klimaanlage, Feuerlöschanlage, ABC-Schutzsystem und neuen Gummiketten. Wobei letztere zusammen mit dem C5I-System, der Klimaanlage, dem Feuerunterdrückungssystem und dem ABC-Schutzsystem optional sind.
Im Rahmen der kompletten Konfiguration und zur Erhöhung der Einsatzfähigkeit und der prognostizierten Kampfkraft kann dem Basispaket noch ein integriertes Paket zur Verbesserung des Schutzes und der Überlebensfähigkeit mit zusätzlicher Außenpanzerung der neuen Generation STANAG 4569 Level 4++ zusätzlich erhalten.
Auch ein Minenschutz nach STANAG 4569 Level 2a/2b ist inbegriffen und wird durch Nutzung von Splitterschutzfolien und neuen Sitzen umgesetzt. Als fernbedienbare Waffenstation (RWS) ist die MIDGARD 127 vorgesehen. Die Waffenstation kann das schwere Maschinengewehr M2 im Kaliber 12,7 mm (.50 BMG) oder alternativ ein 40 mm Granatmaschinenwaffe genutzt werden.
Auch eine RWS MIDGARD 200 ist möglich. Diese kann dann die RH-20 Maschinenkanone 20×139 mm von Rheinmetall aufnehmen. Hierbei wird die gleiche Munition wie für den MARDER 1A3 TOMA genutzt. Beide MIDGARD-Waffenstationen stammen von VALHALLA aus Slowenien. Sie zeichnen sich vor allem durch ihr geringes Gewicht (400 kg inkl. Waffe und Munition) und sehr niedrige Bauhöhe aus.
Die RH-202 soll Verwendung finden, da Griechenland hier noch große Stückzahlen eingelagert hat. Zudem spielt das Thema Doppelgurtzuführer (DGZ) hier auch eine entscheidende Rolle. So können gleichzeitig zwei Munitionsarten genutzt und verschossen werden. Auch hier wird wieder auf Kosteneffizienz geachtet. Aber auch die 20 mm M621 Kanone von Nexter kann integriert werden, zudem ein oder zwei Panzerabwehrraketen. Die MIDGARD wurde auf bereits auf der letzten Verteidigungsmesse in Griechenland vorgestellt, allerdings auf einem anderen Fahrzeug.
Ebenfalls möglich ist die Waffenstation GUARDIAN 250 von Escribano Mechanical and Engineering aus Spanien. Sie kann eine Maschinenkanone M242 Bushmaster 25×137 mm aufnehmen. EODH betont, dass alle zuvor genannten RWS-Stationen vor allem auch erschwinglich sind, und nur kleine Eingriffe in das Fahrzeug benötigen. Sie benötigen keinen Platz im Innenraum und belasten dank der geringen Rückstoßkräfte die Fahrzeughülle nicht. Diese Konfigurationen sin für alle M-113A1/A2/A3-Kampfversionen geeignet.
Die Idee den geschützten Mannschaftstransportwagen (MTW) mit einer Mittelkaliberwaffe auszustatten, bzw. ihm eine Feuerunterstützungsrolle zuzuweisen ist nicht neu. So haben die USA dies bereits in Vietnam mit einer 76 mm-Kanone, Israel mit 25 mm-Kanone, die Niederlande mit YPR-765 und einer 25 mm Oerlikon KBA-B02 Kanone, ebenso die Türkei mit einer 25 mm-Lösung oder die USA mit BGM-71 TOW-Panzerabwehrrakete umgesetzt. Hinzu kommen Lösungen für indirektes Feuer mit 81 mm oder 120 mm Mörsern. Der M113 wurde fast von allen Nutzerstaaten als Mörserfahrzeug genutzt.
Der neue Antriebsstrang besteht aus einem 375-PS-Motor, der mit einem stufenlosen Getriebe (CVT) gekoppelt ist. Die Nutzung erfordert nur minimale Änderungen am Fahrzeug und keine Verschiebung der vorhandenen Trennwand. Dank des neuen Getriebes lässt sich das Fahrzeug dann wie ein PKW lenken. Motor und Getriebe verfügen über eine elektronische Steuereinheit (ECU), die über eine Datenverbindung mit dem Bordnetz und Fahrstand verbunden ist und so eine optionale Fernsteuerung/autonome Nutzung als UGV-Plattform (Unmanned Ground Vehicle) grundsätzlich ermöglicht.
Darüber hinaus verfügt das Aggregat über ein integriertes Hydrauliksystem (für Kühlgebläse und Heckrampe ist kein zusätzlicher Tank erforderlich) sowie weitere Subsysteme zur einfacheren Wartung, Demontage und Montage. Die Fahrerposition wurde optimiert, um die bestmögliche Ergonomie, Komfort und Überlebensfähigkeit zu bieten. Die Crew nutzen LCD-Touchscreens sowie Multifunktions- und kabelgebundene Bedienfelder. Das neue Batteriesystem verfügt über ein integriertes Ladegerät, das erweiterte Lade-/Entladezyklen gewährleistet, sowie über ein Ladungsausgleichssystem, das alle Batterien auf dem gleichen Ladezustand hält.
Sollte durch den Nutzer eine Hybrid-Plattform gewünscht werden, so ist das Fahrzeug mit der 350 kg schweren ferngesteuerten Waffenstation MIDGARD 200 ausgestattet. Neben der 20 mm Rheinmetall RH-20-Kanone, können auch optional Panzerabwehrraketen (EUROSPIKE oder AKERON) integriert werden. Auch die 650 kg schwere GUARDIAN 250 ist denkbar.
Bei allen Bewaffnungsoptionen ist die Position des Richtschützen gleich und verfügt über LCD-Touchscreens, Multifunktions- und kabelgebundene Bedienfelder. Die Zielkontrolle wird durch ein SEP (FCS) der 3. Generation gewährleistet, das über eine automatische Zielverfolgung verfügt und präzises Feuer während der Fahrt ermöglicht. Das System bietet eine vollständige Zwei-Achsen-Stabilisierung und verfügt über Tag- und Nacht-(Wärmebild-)Visiere sowie einen Laser-Entfernungsmesser. Ein optionales peripheres Rundumsichtsystem auf Basis von acht Kameras kann installiert werden und bietet der Besatzung ein umfassendes taktisches Situationsbewusstsein.
Über das C5I-System können taktische Informationen in Echtzeit gemeinsam genutzt und ausgetauscht werden, um kombinierte Operationen mit anderen Fahrzeugen oder abgesessenen Soldaten, bis hin zur Ebene der taktischen Kampfgruppe und Brigade durchzuführen.
Parallel zu den Überlegungen der Modernisierung der Leopard 1-Flotte und der M113 wird gerade intensiv Werbung für einen neuen Schützenpanzer gemacht. So sind überall Informationen und Werbung für den Rheinmetall LYNX zu sehen. Denn auch die bisher genutzten 62 M1A2 BRADLEY sind in einem sehr schlechten Zustand. Es soll ein Angebot zur Überholung dieser durch BAE Systems vorliegen.
Aber die Kosten für ein Upgrade eines der alten Fahrzeuge inklusive der Folgekosten sind verglichen mit der Neuanschaffung eines Neufahrzeuges wohl auf nahezu dem gleichen Niveau und somit nicht nachhaltig. So ist es zumindest aus Griechenland zu hören. Es steht ein Preis von rund € 6 Millionen pro Fahrzeug im Raum. Neben dem BRADLEY wird in Griechenland auch noch der MARDER-Schützenpanzer genutzt. EODH S.A. und VALHALLA werden beide Ihre Lösungen auf der Eurosatory in Paris ausstellen.
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