Heute Countdown in Andøya: Europas Hoffnung auf den Orbit

Wenn heute im norwegischen Andøya der Countdown für den Start der Spectrum-Rakete von Isar Aerospace beginnt, steht nicht weniger als ein europäischer Meilenstein bevor. Zum ersten Mal könnte eine privat entwickelte Trägerrakete aus Europa den Orbit erreichen – oder zumindest einen entscheidenden Schritt dahin machen. Der bevorstehende Start markiert den Beginn einer neuen Ära für die europäische Raumfahrt und könnte langfristig Auswirkungen auf sicherheits- und verteidigungspolitische Strukturen haben.

Mit dem heutigen Start in Andøya wird die Rakete Spectrum von Isar Aerospace ihre tatsächlichen Fähigkeiten beweisen. Beim Erfolg könnte die Technik aus Deutschland mit ein Meilenstein zum Weg zur europäischen Unabhängigkeit im Weltraum sein.
Mit dem heutigen Start in Andøya wird die Rakete Spectrum von Isar Aerospace ihre tatsächlichen Fähigkeiten beweisen. Beim Erfolg könnte die Technik aus Deutschland mit ein Meilenstein zum Weg zur europäischen Unabhängigkeit im Weltraum sein.
Foto: Isar Aerospace
Isar Aerospace: Vom Start-up zum Hoffnungsträger

Gegründet 2018 in Ottobrunn bei München, hat sich Isar Aerospace in wenigen Jahren zu einem der ambitioniertesten Raumfahrt-Start-ups Europas entwickelt. Mit einer Finanzierungssumme von inzwischen über 400 Millionen Euro gehört das Unternehmen zu den Schwergewichten der europäischen New-Space-Szene. Investoren wie der NATO-Investmentfonds, Porsche SE, Earlybird und der Airbus Venture Fonds zeigen, dass hinter dem Projekt nicht nur technologische, sondern auch geopolitische Hoffnungen stehen.

Das Unternehmen positioniert sich als europäische Antwort auf erfolgreiche internationale Akteure wie SpaceX oder Rocket Lab. Anders als die etablierten, oft staatlich geprägten Trägersysteme setzt Isar Aerospace auf Effizienz, Geschwindigkeit und Kostentransparenz – Eigenschaften, die im sich rasant entwickelnden Kleinsatellitenmarkt entscheidend sind.

Die Rakete „Spectrum“: Technik aus Bayern, Ziel: Erdumlaufbahn

Die Spectrum ist eine zweistufige Trägerrakete, 28 Meter lang, mit einem Durchmesser von zwei Metern. Angetrieben wird sie von zehn eigens entwickelten „Aquila“-Triebwerken, die mit einer Mischung aus Flüssigpropan und Flüssigsauerstoff betrieben werden. Ihre maximale Nutzlast liegt bei etwa 1.000 Kilogramm für sonnensynchrone Orbits.

Die Rakete Spectrum von Isar Aerospace.
Die Rakete Spectrum von Isar Aerospace.
Foto: Isar Aerospace.

Entwickelt wurde sie für den Transport von Kleinsatelliten, einem Sektor, dessen Nachfrage sowohl kommerziell als auch militärisch stetig steigt. Ob Erdbeobachtung, Kommunikationsnetzwerke oder militärische Aufklärung: Kleinsatelliten sind heute ein zentrales Element moderner Infrastruktur – und ihre flexible, unabhängige Platzierung im Orbit wird geopolitisch zunehmend relevant.

Start in Andøya: Test unter realen Bedingungen

Der geplante Start auf dem norwegischen Raumfahrtgelände Andøya markiert den ersten Flug der Spectrum. Ursprünglich für den 24. März angesetzt, wurde er wegen ungünstiger Windverhältnisse verschoben. Nun ist der 29. März als neues Startdatum vorgesehen – vorbehaltlich guter Wetterbedingungen und finaler Sicherheitsfreigaben.

Dabei ist Isar Aerospace realistisch: Der Flug gilt als umfassender Systemtest. Es geht weniger um das Erreichen des Orbits als um das Sammeln von Daten. „Jede Sekunde Flugzeit ist wertvoll“, erklärt das Unternehmen. Ein Fehlschlag wäre also kein Desaster, sondern Teil eines iterativen Entwicklungsprozesses, wie ihn auch SpaceX oder andere New-Space-Pioniere durchlaufen haben.

Live dabei: Der Flug im Livestream

Isar Aerospace hat angekündigt, den ersten Testflug öffentlich zu übertragen. Die Mission „Going full Spectrum“ wird live auf YouTube gestreamt. Der Livestream beginnt etwa 20 Minuten vor dem Start mit einem abschließenden „GO“-Poll:

T-20 Minuten

12:15 Uhr MEZ

11:15 Uhr UTC

Hier der direkte Link zum Livestream: https://www.youtube.com/live/IKLQxe2MvpQ

Weitere Updates und Statusmeldungen will das Unternehmen im Tagesverlauf über seine Social-Media-Kanäle bereitstellen.

Kritik vorab: „Die Rakete wird recht sicher explodieren“?

Ein Kommentar des BR titelte unlängst provokant: „Die Rakete wird recht sicher explodieren.“ Dahinter steckt weniger Zynismus als technisches Verständnis: Bei Erprobungsflügen neuer Systeme ist ein Fehlstart durchaus einkalkuliert. Entscheidend ist, ob die gewonnenen Erkenntnisse in Folgeflüge einfließen und das System verbessert wird.

Gleichzeitig zeigt diese skeptische Berichterstattung, wie hoch die Aufmerksamkeit für Isar Aerospace inzwischen ist. Was früher im Verborgenen von Raumfahrtagenturen getestet wurde, spielt sich heute unter den Augen der Öffentlichkeit ab. Das kann Druck erzeugen – oder Motivation sein.

Ein europäischer Meilenstein mit strategischer Dimension

Mit dem Start der Spectrum geht es nicht nur um Technik, sondern auch um strategische Autonomie. Europa ist bei Trägersystemen derzeit stark von außereuropäischen Anbietern abhängig. Der Ausfall der Ariane-5 und die Verzögerungen bei der Ariane-6 haben ein Vakuum hinterlassen. Chinesische oder US-Anbieter füllen es – bislang.

Isar Aerospace könnte helfen, diese Lücke zu schließen. Der Aufbau einer veritablen Startkapazität für europäische Nutzlasten wäre ein sicherheitspolitischer Gewinn: für Resilienz in Krisen, für souveräne Satellitenkommunikation, für Aufklärung und Lagebilder.

Ausblick: Erst der Anfang einer neuen Raumfahrtgeneration

Sollte der Start am Samstag erfolgreich verlaufen – selbst, wenn nur teilweise –, wäre das ein bedeutender Fortschritt. Isar Aerospace plant langfristig bis zu 40 Raketenstarts pro Jahr. Die industrielle Fertigung in Serie soll die Preise senken und die Wettbewerbsfähigkeit sichern.

Für Europa wäre dies ein Signal: Raumfahrt kann auch hier dynamisch, privatwirtschaftlich und innovativ funktionieren. Und sie kann sicherheits- wie wirtschaftspolitisch ein strategischer Hebel sein. Der Countdown läuft.

Update am 29. März 2025, 14.39 Uhr

Aufgrund der Wetterbedingungen im norwegischen Andøya konnte der Start heute doch nicht wie geplant stattfinden, sondern wurde auf den 30. März 2025 verschoben.

Update am 30. März 2025, 14.23 Uhr
Der Start verlief heute planmäßig. In der Flugphase zerbarst zwar die Rakete, doch allein schon die Fähigkeiten zum Starten sind als Erfolg zu werten. Die Auswertung aller Daten wird die europäischen Weltraumfähigkeiten enorm befeuern. Daniel Metzler, CEO von Isar Aerospace, schrieb dementsprechend auf LinkedIn: „Was für ein Flug! Bei unserem ersten Flug heute hatten wir einen sauberen Liftoff, sind 30 Sekunden geflogen und haben in der Zwischenzeit auch nicht die Startrampe gesprengt.“
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