Interview mit Generalmajor Gerald Funke

Interview mit Generalmajor Gerald Funke, Kommandeur Logistikkommandos der Bundeswehr, aus der Sonderausgabe 10 Jahre Logistikkommando.
10 Jahre Logistikkommando der Bundeswehr – ein schöner Anlass, um mit dem Kommandeur über diesen wichtigen Fähigkeitsträger der Streitkräfte zu sprechen. Was bedeutet Bundeswehrlogistik eigentlich? Warum ist sie heute und in der Zukunft so wichtig? Und was benötigen wir, um die logistischen Prozesse unserer Streitkräfte auch in Zukunft gewährleisten zu können? Wir wünschen Ihnen viel Freude bei der Lektüre.
Generalmajor Gerald Funke gemeinsam mit dem Chefredakteur
Generalmajor Gerald Funke gemeinsam mit dem Chefredakteur des cpmFORUM Rainer Krug während des Interviewtermins im Logistikkommando der Bundeswehr in Erfurt.
Foto: Bundeswehr/Michael In der Au

Herr General, Sie feiern in diesem Jahr das 10-jährige Bestehen des Logistikkommandos der Bundeswehr (LogKdoBw). Was bedeutet dieses Ereignis für Sie persönlich?

Zunächst einmal möchte ich mich ganz herzlich bei dem cpm Verlag für die Möglichkeit bedanken, in einer derartig umfänglichen Darstellung das gesamte Portfolio des LogKdoBw darstellen zu können. Wir sprechen dabei über insgesamt ca. 17.000 Mitarbeiter, von denen ca. zwei Drittel Soldatinnen und Soldaten und ein Drittel zivile Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind. In Erfurt sind aktuell 750 Mitarbeitende stationiert, der weitaus überwiegende Anteil allerdings in der Fläche im gesamten Bundesgebiet an über 70 Standorten.

Zehn Jahre LogKdoBw heißt schlicht und einfach: 10 Jahre erfolgreiche logistische und spezialpioniertechnische Leistungserbringung für die Bundeswehr! Und zwar für alle Organisationsbereiche in jeder Situation, in der man uns brauchte. Ich stelle in aller Bescheidenheit fest, dass es bisher keine Situation gab, in der wir unseren Auftrag nicht erfüllen konnten. Exakt am 15. Januar 2013 erfolgte die Gründung des Logistikkommandos der Bundeswehr. Zu dieser Zeit waren die Aufgaben der Bundeswehr durch das Internationale Krisen- und Konfliktmanagement geprägt. Aber schon bald, nämlich im Februar 2014, erfolgte mit der völkerrechtswidrigen Annexion der Krim durch die Russische Föderation und der kriegerischen Aggression im Donbass eine Veränderung der sicherheitspolitischen Lage, die über die folgenden Jahre hinweg zu einer Refokussierung der Bundeswehr auf die Landes- und Bündnisverteidigung und in der Folge zu einem neuen Fähigkeitsprofil führte.

Was bedeutet dies für die Logistik? Wir haben uns nicht auf den zehn Jahren erfolgreicher Leistungserbringung ausgeruht, sondern die Frauen und Männer der Logistiktruppen haben ihre Professionalität an die geänderten Rahmenbedingungen angepasst. Dieser Prozess wird wohl nie ganz abzuschließen sein, da wir unsere Leistungserbringung immer wieder an den Bedarf der Kampftruppe als unseren Bedarfsträger und die dabei gegebenen operationellen Bedingungen werden ausrichten müssen. Dass wir die notwendige Flexibilität und Adaptionsfähigkeit besitzen, dies auch zu tun, haben wir in den vergangenen Jahren auch bei ganz anderen Herausforderungen unter Beweis gestellt. Lassen Sie mich hier nur die Unterstützung in der Flüchlingshilfe, bei der Bewältigung der Corona-Pandemie oder in der Flutkatastrophe im Ahrtal anführen. Das gilt aber genauso für die Rückführung des Materials aus Afghanistan oder der jüngsten Unterstützung bei der Verstärkung der NATO-Flanken nach dem erneuten Angriff der Russischen Föderation auf die Ukraine. Und seit dem 1. Januar dieses Jahres unterliegt ein durchaus nicht unerheblicher Anteil der mobilen Logistiktruppen einer erhöhten Einsatzbereitschaft im Rahmen der deutschen VJTF-Verpflichtungen. Dies lässt mich mit Stolz auf die Soldatinnen und Soldaten, aber genauso auch die zivilen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter meines Kommandobereiches blicken. Sie beeindrucken mich mit ihrem Leistungswillen und Leistungsvermögen immer wieder aufs Neue.

Wir werden den Anlass des 10-jährigen Bestehens des LogKdoBw am 6. Mai 2023 auf dem Domplatz in Erfurt, der guten Stube der Stadt, mit einer Großveranstaltung feiern und uns mit unseren Fähigkeiten der Öffentlichkeit präsentieren. Hierauf freue ich mich. Ich darf Ihre Leserinnen und Leser ganz herzlich dazu einladen, an diesem Tag in Erfurt mit dabei zu sein und dies mit einem Wochenende in dieser wunderschönen Stadt zu verbinden.

 

Das LogKdoBw ist das größte Fähigkeitskommando der Bundeswehr. Es bündelt Aufgabe, Kompetenz und Verantwortung für die Logistik an einer Stelle.

Lassen Sie uns ein wenig auf die letzten Jahre zurückblicken. Was waren die Ziele bei der Gründung des LogKdoBw und konnte aus Ihrer Sicht das damals Geplante erreicht werden?

Lassen Sie mich zunächst eine generelle Feststellung machen: wer bei einem gegebenen, durchaus begrenzten, Ressourcenrahmen größtmögliche Effektivität bei höchstmöglicher Effizienz haben will, muss sich für das Konstrukt des „Fähigkeitskommandos“ entscheiden. Das war in 2013 richtig und ist es heute immer noch, denn am begrenzten Ressourcenrahmen hat sich nichts geändert. Auch heute wachsen die Bäume nicht in den Himmel.

Das LogKdoBw ist das größte Fähigkeitskommando der Bundeswehr. Es bündelt Aufgabe, Kompetenz und Verantwortung für die Logistik an einer Stelle. Das begrenzt Dysfunktionalitäten und Verantwortungsdiffusion.

Das LogKdoBw mit der Kombination aus dem Logistikzentrum, unseren ortsfesten logistischen Instandsetzungs- und Depoteinrichtungen, der Logistikschule und den mobilen Logistiktruppen der Streitkräftebasis wird diesem Ziel gerecht und stellt unverändert die bestmögliche Lösung dar.

Unter dem Prinzip „Logistik aus einer Hand“ sorgen wir dafür, dass Logistik in der gesamten Bundeswehr einheitlich und standardisiert mit klar definierten Schnittstellen abläuft. Wenn wir in die Geschichte der Bundeswehr schauen, war das nicht immer so. Das Logistische System der Bundeswehr wird zentral durch das LogKdoBw gestaltet und die logistische Leistungserbringung zentral, bezogen auf die konkrete Gegebenheit, ausgeplant und gesteuert. Die Leistungserbringung selbst erfolgt dezentral im Zusammenspiel der logistischen Kräfte auf den unterschiedlichen Ebenen. Das Gestaltungsprinzip des Logistischen Systems folgt der Devise: soviel Dezentralisierung wie möglich, nur soviel Zentralisierung wie unbedingt notwendig. Damit sind wir insgesamt gut aufgestellt. Die Benchmark für uns ist, dass wir das richtige Material in der richtigen Menge zur richtigen Zeit am richtigen Ort zur Verfügung stellen können.

Und dabei sehe ich uns gut aufgestellt und die seinerzeitigen Überlegungen, die zur Indienststellung des LogKdoBw geführt haben, nachhaltig bestätigt. Ich möchte aber auch betonen, dass wir mit unseren Anstrengungen nicht beim heute stehen bleiben. Wir müssen uns weiterentwickeln und tun es bereits als ständig begleitende, nie endende Aufgabe.

 

Für den hochintensiven Einsatz und die Rahmenbedingungen bei der Landes- und Bündnisverteidigung kommt es nun darauf an, das Logistische System der Bundeswehr insbesondere „reaktionsfähiger“ auszurichten.

Logistik in der Bundeswehr ist bekanntlich ein wesentlicher Enabler militärischer Operationen. Welche Kernbotschaften zur Logistik möchten Sie unseren Lesern mitteilen?

Zunächst eine ganz simple Kernbotschaft: Logistik gewinnt keine Kriege – aber ohne Logistik gehen Kriege definitiv verloren. Ein zweiter Kernsatz ist mir dabei genauso wichtig: „We serve all“ – dies heißt, alles das, was wir tun, muss lageabhängig alle Bedarfsträger aus allen militärischen Organisationsbereichen bedarfsgerecht unterstützen. Auftrag der Logistik zur Unterstützung von Einsätzen ist es, die materielle Einsatzbereitschaft der Einsatzkräfte zu gewährleisten sowie zur personellen Einsatzbereitschaft, Durchhaltefähigkeit, Mobilität und Unterbringung im Einsatz beizutragen.

Das logistische System der Bundeswehr als mehrstufiges und vielschichtiges System mit einem Mix aus Kräften aller Organisationsbereiche der Bundeswehr, unter Einbindung der gewerblichen Wirtschaft und multinationaler Partner, hat sich in den letzten Jahrzehnten als Hauptschlagader in den Auslandseinsätzen der Bundeswehr bewährt.

Für den hochintensiven Einsatz und die Rahmenbedingungen bei der Landes- und Bündnisverteidigung kommt es nun darauf an, das Logistische System der Bundeswehr insbesondere „reaktionsfähiger“ auszurichten.

Der gedankliche Prozess der „Zeitenwende“ zeigt uns hier Handlungsnotwendigkeiten auf, die wir aufgrund anderer politischer und sicherheitspolitischer Rahmenbedingungen in den letzten Jahrzehnten etwas vernachlässigen mussten bzw. konnten. Dabei werden wir „das Rad“ natürlich nicht neu erfinden müssen, sondern vielmehr auf Bewährtem aufbauen.

Auch sollten wir nicht vergessen, dass gerade in der derzeitigen Lage jede Weiterentwicklung des Systems „quasi“ am, mit erhöhtem Puls, schlagenden Herzen stattfindet. Es wird darum gehen, ein einfaches, flexibles und insbesondere robustes – d.h. an den Notwendigkeiten eines intensiven Gefechts als dem „worst case scenario“ orientierten – System zu denken und mit den uns zugestandenen Ressourcen auszugestalten. Und dies zunehmend auch über die rein nationale Denkweise hinaus vernetzt multinational zu denken – auch wenn die NATO unverändert die logistische Leistungserbringung für die assignierten Einsatzkräfte in nationaler Verantwortung sieht.

Generalmajor Gerald Funke während der Ausbildungs- und Lehrübung (ALÜ) 2021 vor einer PANZERHAUBITZE 2000.
Foto: Bundeswehr/Michael In der Au

Seit etwa einem Jahr sehen wir uns in Europa erneut mit einem Krieg konfrontiert. Wie wird sich die Bundeswehrlogistik unter diesen Eindrücken und Erkenntnissen anpassen und verändern? Was haben wir aus den Ereignissen für uns selbst lernen können?

Auch nach mehr als einem Jahr Krieg in der Ukraine ist das Lernen selbstverständlich noch nicht abgeschlossen: Ja, zu Beginn stand die Logistik stark in den Schlagzeilen! Was uns das klar gemacht hat, ist eigentlich eine längst bekannte Botschaft: Logistik muss immer und von Anfang an mit betrachtet werden. Das gilt für den Planungsprozess und das Rüstungsverfahren genauso wie für die Operationsplanung und -führung. Militärische Logistik muss resilient sein, sie muss robust und belastbar sein. Die Vorstellung von „just in time“-Logistik funktioniert dabei nicht. Logistikkräfte müssen kurzfristig reaktionsfähig und durchsetzungsstark aufgestellt sein.

Ich bin grundsätzlich von der Richtigkeit unseres logistischen Systems bestehend aus den Einsatzlogistiken der militärischen Organisationsbereiche und der Basislogistik der Streitkräftebasis, welche diese Einsatzlogistiken vorne versorgt bzw. im Bereich der Instandhaltung entlastet, überzeugt. Wir müssen aber Themen mit Nachdruck und vielleicht nochmals verstärkter Bedeutung hinterfragen, die wir so bereits auf der Agenda haben: welche Umfänge von welchen Ersatz- und Austauschteilen (ET/AT) und Vorräten müssen wir als Bundeswehr vorhalten? Müssen wir nicht viele Teile, die wir bislang dezentral und „just in time“ beschafft haben, wieder in der Zentrallogistik, d.h. in unseren Depots bevorraten? Welche Instandsetzungsleistungen erbringen wir im Falle der Bündnisverteidigung vorne, hinten oder in Deutschland? Welche Ersatz- und Austauschteile müssen also im Einsatz wo vorgehalten und bewirtschaftet werden? Welche Konsequenzen ergeben sich daraus für Transport- und Abschubkapazitäten? Transportkräfte sind das A und O für die Logistik. Hiervon kann es kaum genug geben.

Auch die Innovationsgeschwindigkeit und Komplexität von Waffensystemen hat Auswirkungen auf die Planung der Logistik, die Handhabung von Dokumentation und die Fähigkeit zur Fehleranalyse in der Instandhaltung, bei Wartung und Inspektionen.

Wenn wir in alte Kriegsbilder zurückblicken, dann können wir feststellen, dass bei der Exposition vor gegnerischer Waffenwirkung die Unterscheidung von „Vorne“ und „Hinten“ immer mehr verwischt. Im Falle von Angriffen im Cyberraum kann es diese Unterscheidung ohnehin nicht geben. Auch Drohnenangriffe mit militärisch gerüsteten oder auch ganz einfachen modifizierten handelsüblichen Drohnen spielen eine immer größere Rolle. Die technische Entwicklung ist hier rasant. Dies hat Auswirkungen auf die Planung logistischer Einrichtungen auf dem Gefechtsfeld. Denn logistische Einrichtungen sind Hochwertziele, eine Beschädigung oder Vernichtung hätte weitreichende und fatale Auswirkungen. Mehrfachlagerung und die flexible und bewegliche Ausgestaltung logistischer Netzwerke können Antworten darauf sein. Vor allem aber müssen wir uns zukünftig mehr um die Bedrohung aus der Luft kümmern.

 

Logistische Einrichtungen sind Hochwertziele, eine Beschädigung oder Vernichtung hätte weitreichende und fatale Auswirkungen.

Im Rahmen der sogenannten Zeitenwende stellen wir uns aktuell auch für die eigene Landes- und Bündnisverteidigung neu auf. Wo liegen Ihre Schwerpunkte – was muss konkret getan werden, um die Durchhaltefähigkeit deutscher Streitkräfte in einer kriegerischen Auseinandersetzung noch besser zu machen?

Als Kommandeur des Logistikkommandos habe ich immer zwei Hüte auf. Truppendienstlich ist das LogKdoBw vergleichbar mit einem Divisionskommando mit unterstellten Verbänden, zum Beispiel dem Logistikzentrum der Bundeswehr (LogZBw), der Logistikschule der Bundeswehr (LogSBw), den mobilen Logistiktruppen der Streitkräftebasis (mobLogTr SKB) und dem Zentrum für Kraftfahrwesen der Bundeswehr (ZKfWBw). Dies beschreibt meine truppendienstliche Verantwortung. Daneben bin ich der General Bundeswehrlogistik und damit insgesamt und übergreifend verantwortlich für das logistische System der Bundeswehr.

Als Truppenführer ist es meine Aufgabe, unterstellte Kräfte so zu führen, dass sie mit kurzer Reaktionszeit einsatzfähig sind. Dies erfordert eine materielle Vollausstattung aller Kräfte. Um für das auf uns Zukommende bestmöglich vorbereitet zu sein, sind wir derzeit dabei, innerhalb des bisherigen Personalansatzes die Truppe so umzugliedern, dass wir zukünftig über sieben Logistikbataillone, ein RSOM-Bataillon, zwei Stäbe für Logistikregimenter (als Führungsebene) sowie ein Spezialpionierregiment für alle sich uns stellenden Aufgaben verfügen.

Die uns zugestandenen zusätzlichen 1.000 Dienstposten für die Logistik werden wir im Schwerpunkt für die Aufstellung eines zusätzlichen Logistikbataillons nutzen sowie das Fähigkeitsportfolio der bestehenden Verbände quantitativ und qualitativ verbessern.

Gleichzeitig verstärken wir die Kohäsion. Das heißt wir intensivieren bereits in Friedenszeiten die Zusammenarbeit mit den militärischen Organisationsbereichen (Dimensionen). Als General Bundeswehrlogistik bin ich verantwortlich für das Herstellen der Fähigkeit zur Landes- und Bündnisverteidigung; dies bedeutet insbesondere die Überprüfung der logistischen Prozesse und die stete Verbesserung des Zusammenwirkens im logistischen Verbund, national wie international, wie auch das stete Einfordern notwendiger Bevorratungshöhen.

Ich hatte bereits erwähnt, dass „just in time“ unter den zu erwartenden Bedingungen nicht funktionieren kann. Dies bedeutet, dass die bevorrateten Bestände signifikant erhöht werden müssen, um eine Durchhaltefähigkeit auch aus logistischer Sicht zu verbessern. Es bleibt festzustellen: das, was wir logistische Reichweite nennen, nämlich die kriegstaugliche, quantitativ ausreichende Bevorratung von Material und Munition hat sicher über die vergangenen Jahrzehnte massiv gelitten, auch vor dem Hintergrund nicht ausreichend zugestandener Haushaltsmittel. Priorisierung knapper Haushaltsmittel bedeutet auch, auf etwas zu verzichten. Aufgrund massiver Ausrüstungslücken und Fähigkeitsdefizite lag hier der Schwerpunkt richtigerweise auf dem qualitativen, nicht so sehr dem quantitativen Aspekt. Das mag man heute verdammen, ist aber nur aus den Umständen des Handelns heraus zu verstehen. Unzweifelhaft besteht hier umfangreicher Nachholbedarf! Nichtsdestotrotz sind unsere Lager nicht leer, erst recht nicht so leer, wie manche Presseberichterstattung nahelegen würde.

Neben der Umgliederung und dem Aufwuchs der mobilen Logistiktruppen wird die logistische Basis Inland weiterentwickelt. Hierzu haben wir bereits im Jahr 2021 beginnend einige der im Zuge der organisatorischen Festlegungen 2011 geschlossenen Material- und Munitionslager wieder in Betrieb genommen. Wir werden diese Wiederinbetriebnahme fortsetzen, bis insgesamt acht der damals außer Dienst gestellten Lager wieder arbeitsbereit sind. Allerdings muss hier die Infrastruktur stark verbessert werden. Dabei müssen wir uns immer fragen, wo wir moderner werden können, z. B. technologisch durch Digitalisierung oder den Einsatz von Robotik, aber auch in den Prozessen.

Generalmajor Gerald Funke während einer Gefechtsstandsübung des Logistikregiments 1 in Lohheide.
Foto: Bundeswehr/Torsten Kraatz

Ohne Logistik wird es nie gehen!

Personal ist ein besonders wichtiger Faktor dabei. Was können und wollen Sie jungen Menschen mitgeben, um Sie für den Dienst in der Logistiktruppe zu begeistern?

Um es klar zu sagen: wer den „nine to five“-Job sucht und dies nur von zu Hause von Montag bis Freitagmittag leisten will, den können wir nicht gebrauchen. Wir wollen aber schon den- oder diejenige, die sich uns vorbehaltlos erst mal anschauen und sich von uns begeistern lassen möchte. Von unseren Menschen und dem, was wir tun. Ich bin sicher, dass wir hier viele überzeugen werden können, sich länger auf uns einzulassen.

Das LogKdoBw bietet mit seinen ca. 17.000 Dienstposten eine Vielzahl an anspruchsvollen sowie interessanten militärischen und zivilen Karrieremöglichkeiten. Die entsprechenden Berufsbilder beschränken sich dabei keinesfalls nur auf den klassischen Umschlag und Transport von Material. So gehören auch der Feldlagerbau und -betrieb, die Wasseraufbereitung inklusive Brunnenbohrungen, die Ausbildung an sich und die Instandsetzung von Rad- und Kettenfahrzeugen an allen in der Bundeswehr eingesetzten Systemen zu dem breitgefächerten Aufgabenportfolio des Kommandobereichs.

Wer also bereit ist, etwas einzubringen, Verantwortung übernehmen und neue Freunde fürs Leben und Arbeiten im Team finden will, dabei nicht nur seine Individualität ausleben und unserem Gemeinwesen etwas zurückgeben will, dem können wir etwas bieten. Und dies gilt auch finanziell, in Bezug auf Aufstiegschancen, aber auch im Anschluss: beste Aussichten in einem boomenden Zivilmarkt. Ohne Logistik wird es nie gehen! All diese Funktionen bieten fast unbegrenzte Möglichkeiten, sich in einem fortschrittlichen Bereich der Bundeswehr aus-, weiter- und fortzubilden und kreativ zu betätigen. Kurzum: Eine interessante Herausforderung für jeden, der für die Logistik „brennt“.

Eine gute Ausbildung des Personals ist die Basis für eine erfolgreiche Aufgabendurchführung. Welche Mittel stehen Ihnen dazu zur Verfügung und wie integrieren Sie moderne Ausbildungsmittel und -techniken in die Schulung logistischer Prozesse?

Ausbildung hat aus meiner Sicht sehr stark mit Attraktivität zu tun. Kein anderer, auch ziviler Bereich bietet so viel Gründlichkeit und Tiefe wie unsere Ausbildung an der Logistikschule der Bundeswehr. Die LogSBw ist die größte Schule der Bundeswehr und steht ausstattungsmäßig an der Spitze des Fortschritts. Alle wesentlichen Ausbildungsabschnitte und Schritte sind IT-mäßig unterlegt. Die LogSBw ist damit für die fachliche Grundausbildung der Logistikerinnen und Logistiker zuständig.

Daneben gibt es die Truppenausbildung. Das logistische Fachgeschäft muss auch unter Gefechtsbedingungen beherrscht werden. Dies ist genau Aufgabe der Truppenausbildung. Von den Individuellen Grundfertigkeiten (IGF) bis hin zum Gefechtsdienst – alles ist untrennbar mit dem logistischen Fachgeschäft verknüpft. Virtual Reality gewinnt auch bei der logistischen Ausbildung mehr und mehr an Bedeutung. Wo immer möglich wird sie angewendet.

„Von den Individuellen Grund- fertigkeiten (IGF) bis hin zum Gefechtsdienst – alles ist untrennbar mit dem logistischen Fachgeschäft verknüpft.“ Generalmajor Gerald Funke.
Foto: Bundeswehr/Michael In der Au

Eine letzte Frage: Was wünschen Sie sich für die Bundeswehrlogistik mit Blick auf die nächsten zehn Jahre?

Keine Frage – unsere Aufgaben genauso erfolgreich weiterführen wie bisher. Aber lassen Sie mich drei Wünsche etwas konkreter benennen:

Erstens: Nachhaltigkeit der jetzigen Aufmerksamkeit für die Logistik; dies gilt auch für die Ressourcenzuordnung durch das Parlament zur Erhöhung der Bestände, aber auch zur Verbesserung unserer materiellen Ausstattung. Es geht hier um Ausrüstung, nicht Aufrüstung!

Zweitens: In Bezug auf Innovationen reaktionsschneller werden, um mit schneller werdenden Innovationszyklen Schritt halten zu können, relevante Innovationen schneller adaptieren und deren Potenzial erschließen zu können. Dies gilt für den Bereich der Künstlichen Intelligenz, aber auch der Robotik und autonomer Systeme ganz besonders. Gerade letztere haben das Potenzial, weniger Personal einer Gefährdung im Kampf auszusetzen und trotzdem logistisch mehr leisten zu können (trotz der einer Großorganisation inhärenten Behäbigkeit).

Drittens – und das ist ganz entscheidend, weil eine conditio sine qua non: Ein erfolgreiches Agieren im Kampf um die besten Köpfe. Ich hoffe und wünsche mir, dass es gelingt, der Jugend weiterhin zu vermitteln, welche interessanten und vielfältigen Bildungs- und Weiterbildungschancen und welches erfüllende, aber auch herausfordernde berufliche Entwicklungspotenzial wir bieten. Und dazu gehört frühzeitige Verantwortungsübernahme, berufliche Erfüllung, Teamgeist und Kameradschaft genauso wie eine gute und sichere Verdienstgrundlage, aber auch das Gefühl, etwas Gutes für unser Gemeinwesen als Staat zu tun.

Ich bedanke mich für dieses Interview und freue mich nun darauf, das Gesagte der interessierten Öffentlichkeit am 6. Mai 2023 auf dem Domplatz in Erfurt in konkreten „Bildern“ zu präsentieren und dabei Rede und Antwort zu stehen. Und dazu wünsche ich mir abschließend noch eine reiche Beteiligung der Bevölkerung. Dies wäre auch ein schönes Zeichen, den Dank an die Soldatinnen und Soldaten und zivile Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für deren Engagement für Sicherheit und Stabilität unseres Gemeinwesens auszudrücken.

Ich jedenfalls freue mich darauf …

… und auf die nächsten zehn Jahre Logistikkommando der Bundeswehr sowieso!

Herr Generalmajor Gerald Funke, wir danken für das Gespräch.

 

Das Interview führte Rainer Krug

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