Sikorsky S-97 Raider Testpilot: „Es macht einen Riesenspaß, das Ding zu fliegen!“

Auf der Paris Air Show hatte CPM Defence Network die Gelegenheit, ausführlicher mit Bill Fell zu sprechen, der für das X-2-Programm von Sikorsky als Testpilot arbeitet. Der erfahrene Pilot zeigte die Besonderheiten des neuen Helikopters auf und sprach über mögliche Missionsprofile. Das Interview führte André Forkert.

Wir stehen vor dem Raider. Was ist das für ein Hubschraubersystem? Und worin unterscheidet er sich hauptsächlich von einem Hubschrauber wie dem Black Hawk?

Der Sikorsky Raider ist im Grunde der Sportwagen unter den Hubschraubern – und es macht wirklich Spaß, ihn zu fliegen. Er ist sehr schnell und nutzt ein koaxiales Rotorsystem. Anders als bei vielen anderen koaxialen Hubschraubern ist unser Rotorsystem extrem starr. Das erlaubt uns, auf jedem Rotorblatt einen unterschiedlichen Auftrieb zu erzeugen, was hohe Geschwindigkeiten ermöglicht – ohne dass wir uns über ausfahrende Rotorblätter Gedanken machen müssen.

Der Raider hat im Horizontalflug bereits 210 Knoten erreicht. Unsere anderen X2-Demonstratoren sind sogar auf etwa 250 Knoten gekommen – je nach Anforderungen des Kunden. Der Schubpropeller hinten sorgt nicht für die Stabilität wie ein herkömmlicher Heckrotor, sondern ist für Geschwindigkeit zuständig.

Sollte der Propeller im Einsatz beschädigt werden, kann er per Kupplung ausgekoppelt werden – der Pilot hat dafür einen Schalter im Cockpit. Selbst ohne Propeller ist der Raider schon mit 160 Knoten geflogen.

Der Sikorsky S-97 Raider sucht gegenwärtig nach einem Erstkunden.
Der Sikorsky S-97 Raider sucht gegenwärtig nach einem Erstkunden.
Foto: CPM / Navid Linnemann

Trotz seiner Geschwindigkeit behält der Raider alle klassischen Eigenschaften eines Helikopters: Er kann seitwärts, rückwärts, vertikal – und natürlich schnell – fliegen. Ein interessantes Detail: Die Rotorspitzen sind sehr nah an der Nase des Flugzeugs, was das Fliegen in engen Räumen erleichtert. Im Vergleich dazu befindet sich der Rotor bei anderen Hubschraubern oft mehrere Meter vor dem Piloten – was das Manövrieren in engen Arealen deutlich schwieriger macht.

Der Raider ist schnell. Für welche Missionstypen eignet er sich besonders?

Immer dann, wenn ein Hubschrauber schnell reagieren muss. Denken Sie etwa an einen Verkehrsunfall auf der Autobahn – medizinische Hilfe wird dringend gebraucht. Oder an eine militärische Einheit, die unter Beschuss steht und sofort Unterstützung benötigt. Der Raider eignet sich für all diese Missionen – nur eben schneller als andere Hubschrauber.

Sie erwähnten, dass der Raider auch bewaffnet werden kann. Wo genau kann die Bewaffnung montiert werden? Und welche Systeme wären möglich?

Das hängt ganz von den Anforderungen des Kunden ab. Prinzipiell gibt es viele Optionen: montierte Geschütztürme, Raketenwerfer oder interne Waffensysteme, die sich bei Bedarf ausklappen lassen. Die X2-Technologie hat in dieser Hinsicht keine Einschränkungen – alles, was an anderen modernen Hubschraubern möglich ist, kann auch hier integriert werden.

Testpilot "Bill" Fell vor dem Raider.
Testpilot "Bill" Fell vor dem Raider.
Foto: CPM / Navid Linnemann

Auch aktuelle Entwicklungen wie sogenannte „Air-Launched Effects“ – also von Bord gestartete Drohnen – sind denkbar. So kann man zum Beispiel eine Drohne losschicken, um hinter einem Bergrücken aufzuklären, ohne sich selbst in Gefahr zu bringen.

Derzeit ist der Raider nicht Teil eines offiziellen US-Programms. Wo sehen Sie seine Zukunft?

Wir setzen die Flugerprobung des Raider fort – aktuell in unserer Testeinrichtung in Südflorida. Dabei geht es nicht nur um das Testen, sondern auch um die Weiterentwicklung und Reifung der Technologie. Unser Ziel ist es, bald einen Kunden zu finden, der einen schnellen, modernen Hubschrauber sucht.

Aus Pilotensicht: Wie würde sich der Umstieg auf den Raider für jemanden anfühlen, der bisher einen Black Hawk oder H145M geflogen ist?

Die Umstellung ist erstaunlich einfach. Ein wesentliches Element ist der Kupplungsschalter für den Schubpropeller – bei einigen Modellen befindet er sich direkt am Schubhebel. Ist der Propeller ausgekuppelt, fliegt der Raider wie ein ganz normaler Hubschrauber.

Auf der Paris Air Show wurde der Raider mit seinen Eckdaten gezeigt.
Auf der Paris Air Show wurde der Raider mit seinen Eckdaten gezeigt.
Foto: CPM / Navid Linnemann

Sobald man den Propeller einkuppelt, nutzt man den Schubhebel intuitiv: nach vorne drücken für mehr Geschwindigkeit, zurückziehen zum Bremsen. Was mir besonders gefällt, ist das Verhalten bei Landungen. Wenn man etwa bei einem Noteinsatz an einer unübersichtlichen Straße landen muss, kann man mit dem Raider sehr schnell abbremsen – dank negativer Schubkraft durch den Propeller. Das bedeutet: bessere Sicht nach vorn und weniger Risiko, mit Hindernissen zu kollidieren.

Ein weiteres Highlight ist ein spezieller Knopf, mit dem sich der Schubpropeller in den Leerlauf schalten lässt. So lässt sich der Hubschrauber im Notfall besonders sicher kontrollieren. Insgesamt ist der Raider eine sehr durchdachte und pilotfreundliche Maschine.

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