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Die Bedeutung digitaler Zwillinge in der elektronischen Kampfführung

Der Einsatz von digitalen Zwillingen in der Elektronischen Kampfführung stellt eine transformative Entwicklung für Test- und Evaluierungssysteme dar. Durch die Bereitstellung flexibler und modelbasierender Simulatoren haben digitale Zwillinge das Potenzial, die Zuverlässigkeit und Resilienz von EW-Systemen zu verbessern sowie das Komplexitätsrisiko in der Entwicklung und Anwendung zu reduzieren.

digitaler Zwillinge: Simulation von komplexen Szenarien für elektronische Aufklärung. Abbildung: ELT Group Deutschland
Simulation von komplexen Szenarien für elektronische Aufklärung.
Abbildung: ELT Group Deutschland

Die Elektronische Kampfführung (EW) ist eine entscheidende Disziplin für moderne Verteidigungsstrategien. Sie umfasst ein breites Spektrum an Technologien und Verfahren, die darauf abzielen, das elektromagnetische Spektrum zu beherrschen. Der rasche technologische Fortschritt, der zwingend für die Überlegenheit ist, erhöht zeitgleich das Risiko verhängnisvoller Komplexitätsfallen. Somit wird in der Entwicklung sowie in der Anwendung moderner EW-Systeme der effektiven Erprobung und Bewertung große Bedeutung beigemessen.

Ein digitaler Zwilling ist eine virtuelle Darstellung eines physischen Systems, Geräts oder einer Umgebung. Er umfasst den gesamten Lebenszyklus seiner Abbildung, indem er kontinuierlich Echtzeitdaten empfängt und aktualisiert wird. Ziel ist es, das reale Gegenstück digital widerzuspiegeln. Dieses Konzept, das in der Entwicklung komplexer Systeme der Luft- und Raumfahrt verwurzelt ist, gewinnt auch im Test und in der Evaluierung (T&E) von EW-Systemen zunehmend an Bedeutung.

Im Kontext von EW kann ein digitaler Zwilling einen hochsensiblen Sensor oder elektronisches Gerät für die Aufklärung, Informationsübertragung, Schutz oder Bedrohung im elektromagnetischen Spektrum darstellen, darunter Radarsysteme, elektronische Gegenmaßnahmen, Kommunikationsnetze und sogar ganze Gefechtsszenarien. Der digitale Zwilling stellt ein dynamisches und sich weiterentwickelndes Modell dar, das eine verbesserte Analyse, Simulation und Bewertung des Umfelds der Elektronischen Kampfführung ermöglicht.

Traditionell stützt sich die EW T&E stark auf reale Szenaren, die oft mit teuren und zeitaufwändigen Feldübungen verbunden sind. Diese Übungen liefern wertvolle Erkenntnisse, keine Frage, sind aber in Bezug auf Wiederholbarkeit, Skalierbarkeit und Flexibilität eingeschränkt. Die Einführung von Digital Twins hat unter diesen Gesichtspunkten das Potenzial, zusätzlich noch intensivere Validierungen und Funktionsprüfungen komplexer EW-Systeme durchzuführen, um die Zuverlässigkeit und Resilienz von beispielsweise lebensrettenden Selbstschutzsystemen zu erhöhen.

Die modellbasierte T&E in der Elektronischen Kampfführung birgt folgende Vorteile:

  • Kostenreduzierung: Die Erstellung und Wartung von physischen Testumgebungen kann teuer sein. Digitale Zwillinge ermöglichen kostengünstige Simulationen, die den Bedarf an teurer Hardware und Personal reduzieren.
  • Realistische Szenaren: Digitale Zwillinge ermöglichen die Erstellung äußerst realistischer Gefechtsszenaren der Elektronischen Kampfführung, die an die jeweiligen Bedürfnisse angepasst werden können. Diese Modelle können verschiedene Bedrohungen und Umgebungsbedingungen beinhalten und bieten so eine umfassendere Testumgebung.
  • Frühzeitige Erkennung und Schadensbegrenzung: Durch die kontinuierliche Überwachung und die Simulationsfunktionen können Digital Twins dazu beitragen, Schwachstellen aufzuspüren und Gegenmaßnahmen bereits in der Entwicklungsphase zu bewerten, wodurch das Risiko kostspieliger Ausfälle im Einsatz verringert wird.
  • Datengestützte Entscheidungsfindung: Die von Digital Twins generierten Daten können analysiert werden, um fundierte Entscheidungen über die Leistung und mögliche Verbesserungen von EW-Systemen zu treffen. Dieser datengesteuerte Ansatz erhöht die Qualität der T&E-Ergebnisse.
  • Schnelle Iteration: Digitale Zwillinge ermöglichen ein schnelles Prototyping und iterative Tests und beschleunigen so die Entwicklung und Verfeinerung von Technologien der Elektronischen Kampfführung.
  • Unterstützung bei der Ausbildung: Digitale Zwillinge ermöglichen es, die Bediener von EW-Systemen und Geräten optimal bei der Ausbildung zu unterstützen, da sie ein Maximum an Realität bieten und damit auch die Bedienung optimal schulen.

 

Digitale Zwillinge können für ein breites Spektrum an Anwendungen in der Elektronischen Kampfführung eingesetzt werden, beispielsweise:

  • Radarsysteme: Mit Digital Twins von Radarsystemen lassen sich verschiedene Betriebsmodi simulieren, Schwachstellen aufdecken und die Leistung in unterschiedlichen Umgebungen optimieren.
  • Elektronische Gegenmaßnahmen (EloGM): Die Simulation von EloGM-Systemen hilft dabei, ihre Wirksamkeit gegenüber potenziellen Bedrohungen zu verstehen. Sie ermöglicht die Entwicklung von EloGM-Strategien, die auf spezifische Szenarien zugeschnitten sind.
  • Elektronische Aufklärung (EloUM): Die Simulation von EloUM-Systemen ermöglicht es, die immer komplexer werdenden Verarbeitungen innerhalb des Sensors so zu optimieren, das in unterschiedlichsten Einsatzszenarien eine optimale Performance liefert.

Der Einsatz digitaler Zwillinge in die T&E der Elektronischen Kampfführung ist zwar vielversprechend, birgt aber auch einige Herausforderungen:

  • Realitätsnähe: Digitale Zwillinge müssen das reale Verhalten von Systemen der Elektronischen Kampfführung genau nachbilden. Das Erreichen einer hohen Realitätsnähe in Simulationen ist eine ständige Herausforderung. Dafür ist es notwendig, dass sich die Simulatoren an das gleiche Paradigma anpassen.
  • Cyberangriffe: DigitaleZ willinge können selbst zum Ziel von Cyberangriffen werden, was bei sensiblen militärischen Systemen ein großes Problem darstellt, da die Schwachstellen der Simulation auf Schwachstellen des Systems zeigen können.
  • Interoperabilität: Die Entwicklung branchenweiter Standards für digitale Zwillingsmodelle in der Elektronischen Kampfführung ist unerlässlich, um Interoperabilität und Konsistenz zu gewährleisten. Dies ermöglicht es, verschiedene Zwillingsmodelle mit den gleichen Datensätzen zu versorgen, um damit eine erste Vergleichbarkeit der Performance zu erreichen, ohne dass teure Prototypen gebaut werden müssen.
  • Bedienung: Der effektive Einsatz von digitalen Zwillingen erfordert die Schulung des Personals in neuen Technologien und Konzepten. Diese Änderung der Denkweise und der Fähigkeiten ist für eine erfolgreiche Umstellung erforderlich.

Die Zukunft der modellbasierten T&E in der Elektronischen Kampfführung ist sehr vielversprechend. Mit der Weiterentwicklung der Technologie wird sich der Einsatz von digitalen Zwillingen immer verbessern, um somit bessere Einblicke, realistischere Simulationen und robustere Systeme für die Elektronische Kampfführung zu ermöglichen.

Sascha Gräbenitz, 
Head of Engineering, ELT Group Deutschland

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