Verbesserung der Führungsfähigkeit bei VJTF(L) 2023

Die Führungsfähigkeit landgebundener Verbände hat einen entscheidenden Einfluss auf den Erfolg bodengebundener Operationen. Übertragung und Verarbeitung von Aufklärungs- und Lagedaten ist dabei von besonderer Bedeutung. Mit der VJTF 2023 (L) sollte eine vollständige Ausstattung der Panzergrenadierbrigade 37 mit dem hierfür benötigten Material erfolgen. Weitere Maßnahmen aus dem Bereich der Digitalisierung ergänzten den Fähigkeitsaufbau auf allen Ebenen sowie die Interoperabilität im multinationalen Umfeld. Im vorliegenden Artikel werden entsprechende Maßnahmen und die zugehörigen Versuche und Nachweise erläutert – viel Freude bei der Lektüre.

Zwei Kampfpanzer Leopard 2A7V mit AGDUS-Ausstattung sichern sich gegenseitig während der Stand-up-Phase zur Zertifizierung der Schnellen Eingreiftruppe der NATO (Very High Readiness Joint Taskforce - VJTF) im Rahmen der Übung Wettiner Schwert im Gefechtsübungszentrum des Heeres in Gardelegen.
Foto: Bundeswehr/Bähr

Auftragslage

Aufgrund der Erfahrungen der Panzerlehrbrigade 9 aus der NATO Response Force Land 2018-20 (NRF(L) 18-20) und der daraus abgeleiteten dringenden Erkenntnis, ein durchgängiges Lagebild haben zu müssen, wurde im Sommer 2018 durch Staatssekretär Zimmer mit Blick auf die kommende Einsatzverpflichtung in der NRF(L) 22-24 entschieden, für den deutschen Anteil (DtA) ein „Battle Management System“ (BMS) einzuführen, um ein gemeinsames, durchgängiges digitales Lagebild insbesondere unter Abstützung auf Blue Force Tracking sicherzustellen. Bestandteil dieser Entscheidung war auch die auf der Fahrzeugebene querschnittlich vorhandenen SEM-Funkgeräte trotz ihrer begrenzten Datenübertragungskapazität weiter zu nutzen, um in erster Linie den Umrüstaufwand zu begrenzen und schnell eine Verbesserung zu erzielen. Für den Kernverbund der im Rahmen der NRF(L) 22-24 ein- gesetzten Very High Readiness Joint Task Force Land 2023 (VJTF(L) 2023) sollte eine vollständige Ausstattung der Pan- zergrenadierbrigade 37 (PzGrenBrig 37) mit allem benötigten Material erfolgen.

Weitere Absicht war, durch verschiedene Maßnahmen im Bereich der Digitalisierung sowohl die Führungsfähigkeit auf allen Ebenen als auch die Interoperabilität im multinationalen Umfeld zu verbessern. In Folge dieser Entscheidungen wurde der gesamte Informations- und Kommunikationsverbund der Panzergrenadierbrigade (PzGrenBrig) 37 mit Fokus auf die Sicherstellung der Führungsfähigkeit des DtA an der VJTF(L) 2023 überarbeitet. Im Weiteren werden die bis heute erfolgten Einführungsschritte näher betrachtet, ein vorläufiges Fazit gezogen sowie ein Ausblick auf die weitere Entwicklung gegeben.

Soldaten in einem Gefechtsstand während einer Übung.
Foto: Bundeswehr/Weinrich

Einführungsstand

Die Einführung des neuen BMS VJTF(L) 2023 bedingt die Ausrüstung von über 1.000 Fahrzeugen des DtA an VJTF(L) 2023 mit der benötigten IT-Hard- und Software. Als ein wesentlicher Baustein erfolgte dabei u.a. auch das Einrüsten von GPS-Empfängern, um anhand der Positionen eigener Kräfte eine echtzeitnahe eigene Lage generieren zu können. Weiterhin wurde als Voraussetzung für die Einführung von SitaWare Headquarters (HQ) und SitaWare Frontline (FL) als neuem Command &Control Information System (C2IS) eine Regeneration beim als technische Basis genutzten Servertrupp des Führungsinformationssystems des Heeres (FüInfoSysH) und bei den Führungsausstattungen der Führungs- und Waffeneinsatzsysteme (FüWES) durchgeführt. Hierbei wurden vorhandene FüInfoSysH-Trupps mit den für den Betrieb des neuen BMS/ C2IS (SitaWare) benötigten modernen Rechnern ausgestattet. Die neuen Rechner und Betriebssysteme erlauben die Öffnung des früher in sich abgeschlossenen FüInfoSysH für Schnittstellen mit dem restlichen ITSysBw und multinationalen Partnern.

Die Konfiguration ist derzeit in zwei Varianten verfügbar: mit der Variante „Operational CIS“ können multinationale Partner direkt angeschlossen werden. Daneben können auch querschnittliche Anwendungen wie Telefonie oder Zugriff auf das Intranet Bw und SASPF ermöglicht werden. Die einfachere Variante „Tactical CIS“ fokussiert auf die Bereitstellung des BMS. Für den Kern der Operationsführung wurde auf Fahrzeugebene der IT-Service „Mission Enabling Service Bundeswehr (MESBw)-Mountable“ mit SitaWare FL und auf der Ge­fechtsstandebene ab Bataillon aufwärts „MESBw-Command Post“ mit SitaWare HQ integriert. Somit konnte eine durchgängige Bereitstellung des MESBw zwischen den verschiedenen taktischen und operationellen Ebenen bis hinunter auf die Fahrzeugebene realisiert werden. Dabei ist die enge Zusammenarbeit mit dem Kommandobereich Cyber- und Informationsraum (CIR) von wesentlicher Bedeutung, da hier die Bereitstellung von zentralen IT-Services des deutschen Beitrages zur NRF (L) 22-24 und die multinationale Einbindung nach Standard des Federated Mission Networking (FMN) erfolgt. Über Bereitstellungspunkte aus dem Organisationsbereich CIR werden die IT-Services mittels der SatKom-Anlagen RBM und BGAN auf die wesentlichen Führungseinrichtungen der NRF bis Bataillonsebene verteilt. Die Fähigkeit des Heeres zur eigenständigen breitbandigen Vermaschung der Gefechtsstände wird sich noch in 2023 mit dem Zulauf der SatKom-Systeme (Bodenstation SatKomKleinst) zeitnah deutlich verbessern.

In ausgewählten Teilbereichen wurde durch die Einführung und Beschaffung moderner Funkgeräte die Qualität der Informationsübertragung, insbesondere durch verbesserte Fähigkeiten zur Datenübertragung, sowie die Interoperabilität im multinationalen Umfeld deutlich gesteigert. Dabei ist insbesondere im VHF-/UHF- und TACSAT-Frequenzbereich der Zulauf der Funkgeräte PRC-117 in den Varianten F und G zu nennen. Die Führungsfähigkeit wird sich in Zukunft durch den Zulauf der neuen Soldatenfunkgeräte PNR-1000 des Herstellers Elbit Systems, welche insbesondere die nicht mehr zeitgemäßen SEM 52 (S) ablösen sollen, noch einmal deutlich gesteigert. Der zusätzliche Zulauf der Funkgeräte der HRM 7000-Serie ermöglicht eine zwar schmalbandige, aber weitreichende und satellitenunabhängige Bereitstellung eines separaten redundanten datenfähigen Schreibfunk-Führungskreises. Zur Steigerung der Interoperabilität im nationalen wie im multinationalen Umfeld hat wesentlich auch eine Sofortinitiative für den Einsatz aus dem Kommando Heer zur Beschaffung des multinational interoperablen Funkanschaltpunktes (miFAP) beigetragen. Dieser ermöglicht die Zusammenschaltung verschiedener Funkgeräte zu einem virtuellen Funkkreis, welche augrund unterschiedlicher Technik nicht interoperabel sind. Das wiederum ermöglicht es im Fall der VJTF(L) 2023 beispielsweise, mit den beteiligten Kontingenten der NATO- Partner Norwegen und Niederlande trotz der Nutzung unterschiedlicher Funkgeräte in einem gemeinsamen Funkkreis in geschützter Form miteinander zu sprechen.

Bodenkräfte der Joint Terminal Air Controller (JTAC) während einer Übung.
Foto: Bundeswehr/Bärwald

Fazit und Ausblick

Im Vergleich zum Ausgangspunkt bei VJTF(L) 2019 konnte unter anderem mit den hier aufgeführten Systemen die Führungsfähigkeit der VJTF(L) 2023 bereits deutlich gesteigert werden. Der zukünftige Zulauf weiterer Systeme, wie der bereits angesprochenen neuen Soldatenfunkgeräte oder der Bodenstation SatKomKleinst, wird insbesondere durch die damit einhergehende Verbesserung der Fähigkeiten in der Informationsübertragung die Leistungsfähigkeit in Zukunft weiter verbessern. Die im Zuge der „Zeitenwende“ bereits bis 2025 aufzustellende Heeresdivision mit Vollregeneration der Plattformen FüInfoSysH/FüWES, unter der Nutzung SitaWare HQ und FL als C2IS, einschließlich der Beschaffung zusätzlicher Führungsausstattungen im Rahmen des Programms „Digitalisierung Landbasierter Operationen“ (D-LBO), wird die Einführung des neuen BMS in das gesamte Heer weiter vorantreiben und somit die Digitalisierung des Heeres deutlich beschleunigen.

 

 

Oberleutnant Alexander Kuntz, Kommando Heer

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Verwendete Schlagwörter

BMSDigitalisierungInteroperabilitätKommunikationLagebildNATOSitaWare Headquarters
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