Die 10. Panzerdivision stellt überwiegend mit ihren Truppenteilen ab dem 1. Januar 2025 das Kräftedispositiv der zukünftigen „Division 2025“ und nimmt zugleich ihre im Zielbild für die Einsatzkräfte des Heeres vorgesehene Grundgliederung ein. Diese spiegelt den ihr zugewiesenen neuen Auftrag wider. Der folgende Artikel von Oberstleutnant Eric Bohnet, Abteilung G3/5, 10. Panzerdivision, beschreibt Ausgangslage, Auftrag, Einordnung, grundsätzliche Fähigkeitsforderungen, bereits Erreichtes sowie den geplanten Weg zur Steigerung der Einsatzbereitschaft und einen Ausblick auf weitere Schritte zur Zielerreichung.
Die Bundesrepublik Deutschland hat sich verpflichtet, der NATO bestimmte Fähigkeiten und einsatzbereite Truppenkörper zur Verfügung zu stellen. Die Refokussierung auf die Landes- und Bündnisverteidigung (LV/BV) unterstreicht den besonderen Stellenwert dieses Engagements. Mit der Umsetzung dieser Verpflichtungen wird Deutschland darüber hinaus dem Anspruch gerecht, Rahmen- und Anlehnungsnation für Partner und Verbündete zu sein.
Diese Ambition sieht für die Landstreitkräfte unter anderem vor, dass die 10. Panzerdivision in ihrer neuen Gliederung ab Januar 2025 als „Division 2025“ in unterschiedlichen Einsatzbereitschaftsgraden der NATO für die BV zur Verfügung steht. Übergeordnetes Ziel ist es, künftig alle Aufträge der LV/BV aus einer Grundaufstellung heraus, also ohne Personal- und Materialverschiebungen, wahrzunehmen. Im Ergebnis sollen personell und materiell voll ausgestattete Großverbände stehen, die in der Lage sind, kaltstartfähig im Rahmen der LV/BV eingesetzt zu werden.
Die dazu benötigten Großverbände sollen daher nicht nur modern ausgestattet, sondern auch zweckmäßig sowie fähigkeitsbezogen aus sich heraus für die LV/BV einsetzbar sein. Wichtig dabei: Als ein möglicher Gegner werden moderne Streitkräfte eines vergleichbaren Industriestaates angenommen – was einen Wechsel, beziehungsweise eine Schwerpunktverlagerung von der bislang zu Grunde gelegten asymmetrischen Bedrohung hin zur klassischen symmetrischen Bedrohung bedeutet. Erste organisatorische Maßnahmen innerhalb der 10. Panzerdivision werden hierzu bereits seit dem 1. April 2023 umgesetzt.
Dies war zwingend erforderlich, da mit der Einnahme der Struktur HEER2011 die Divisionsebene unter anderem wegen begrenzter personeller und materieller Ressourcen sowie der Ausrichtung auf die seinerzeit im Schwerpunkt zu stellenden Auslandseinsätze im Schwerpunkt keinen taktischen Führungsauftrag mehr wahrzunehmen hatten. Einsatzverbände mussten fortan je nach Bedarf aus unterschiedlichen Elementen und unter Einbeziehung der Fähigkeiten aller Teilstreitkräfte zusammengestellt werden.
Die Divisionen, die zuvor noch ausgestattet waren, um das Gefecht der verbundenen Waffen selbständig zu führen, verloren aufgrund dieser Ausrichtung auf Einsätze im Internationalen Konfliktmanagement (IKM) große Teile ihrer Divisionstruppen. Insbesondere die Kampf-, Einsatz- und Führungsunterstützungstruppen wurden stark reduziert – dies traf beispielsweise die Artillerie sowie die Aufklärungs- und Logistiktruppe. Zudem wurde die Heeresflugabwehr als Truppengattung gänzlich aufgelöst und ihre Aufgaben an die Luftwaffe übertragen.
Somit entfielen grundlegende Fähigkeiten der Divisionen. Die Ausgangslage auf Divisionsebene ist für eine Neuausrichtung auf LV/BV mit entsprechend großen Herausforderungen verbunden, insbesondere deshalb, weil die Unterstützungskräfte bis auf die Artillerie in die Brigaden integriert wurden, die im Gefecht der verbundenen Waffen für eine Schwerpunktbildung des Divisionskommandeurs unabdingbar sind.
Einordnung und Anforderungen innerhalb des NATO New Force Models (NATO NFM)
Die Division muss aus NATO-Sicht im Kern über Kampftruppenbrigaden sowie zusätzlich über Divisionstruppen als robuste Kampf-, Einsatz- und Führungsunterstützung in Bataillonsstärke verfügen, um als einsatzbereit („combat ready“, also
„kriegstüchtig“) zu gelten. Um das gesamte Einsatzspektrum der NATO abzubilden, sind weitere Fähigkeiten wie ABC-Abwehr, Feldjäger, Operative Kommunikation und Zivil-Militärische Zusammenarbeit unerlässlich und entsprechend einzu binden. Auch die sanitätsdienstliche Unterstützung wird im Grundbetrieb über feste Couleur-Truppenteile sichergestellt, die im Einsatzfall der „Division 2025“ unterstellt werden. Dies bedeutet für die 10. Panzerdivision konkret folgendes:
Je ein Fernmelde-, Aufklärungs-, Pionier- und Versorgungsbataillon sind als Divisionstruppenteile auszubringen, um in der „Division 2025“ diese Fähigkeiten abbilden zu können und dem für die NATO erforderlichen Standard an Fähigkeiten zu entsprechen. Ergänzt werden diese Truppenteile durch ein bereits bestehendes, für den neuen Auftrag umzugliederndes Artilleriebataillon.
Auch der Stab der Division muss strukturell an den durch Verschiebung der Prioritäten neuen Auftrag der taktischen und truppendienstlichen von bis zu fünf Brigaden angepasst werden. Die Aufnahme von zusätzlichen Divisionstruppenteilen, die Umgliederung des Stabes und der neue Führungsauftrag wurden mit Wirksamkeitsdatum 1. April 2024 umgesetzt.
Weitere Elemente und Fähigkeiten zur Unterstützung (z.B. Feldjäger, ABC-Kräfte, Sanitätskräfte, …) sollen auf Ebene Division und Brigade durch andere Teilstreitkräfte und Organisationsbereiche bereitgestellt werden.
Einordnung der grundsätzlichen Fähigkeitsforderung „Division 2025“ – auch aus logistischer Sicht
Die Aufstellung zusätzlicher Truppenteile, aber auch strukturelle Anpassungen bedeuten natürlich auch einen zusätzlichen Bedarf an Infrastruktur. Hier kommt es jetzt darauf an, zeitgerecht zumindest die notwendige Infrastruktur für eine Grundbefähigung bereitzustellen. Darüber hinaus wird in Verbindung mit der Infrastrukturorganisation der Bundeswehr der Ausbau von betroffenen Liegenschaften und die Modernisierung aller Kasernen weiter vorgetrieben.
Um neu beschafftes Gerät später auch schnell verlegen und alle Truppenteile der Division über längere Zeit und größere Entfernungen hinweg aus Deutschland versorgen zu können, bedarf es eines neuen, beziehungsweise angepassten „Logistischen Konzepts“. Zudem gilt es, die bereits eingeschlagenen Wege in der multinationalen logistischen Zusammenarbeit weiter zu gehen und effektive Möglichkeiten zur gegenseitigen Unterstützung zu schaffen.
10. Panzerdivision: Was bisher auf den Weg gebracht, bereits umgesetzt und erreicht wurde
Bereits zum 1. April 2023 wurde die 13. Leichte Brigade der Niederländischen Streitkräfte (13 Lichte Brigade), eine Brigade sogenannter „Mittlerer Kräfte“, mit einem feierlichen Appell in Veitshöchheim der 10. Panzerdivision unterstellt. Die Integration dieses niederländischen Großverbandes erfolgte sowohl auf der Führungsebene der Division als auch in den einzelnen Fachgebieten reibungslos. Trotzdem sind, vor allem in Bezug auf die geforderte Interoperabilität, noch viele Ziele zu erreichen.
Um dies und weitere Aspekte kontinuierlich zu verbessern, wurde der gegenseitige Austausch von jeweils rund einem halben Dutzend Offizieren und Unteroffizieren im Brigade- und Divisionsstab vereinbart und ausgeplant. Dieser wird bereits im 2. Halbjahr 2024 mit der konkreten wechselseitigen Besetzung von Dienstposten beginnen. Derzeit laufen zusätzlich Untersuchungen, ob und wie die niederländischen Streitkräfte mögliche weitere Divisionstruppen als Unterstützungskräfte bereitstellen könnten.
Um die geänderte Ausrichtung von IKM zu LV/BV entstehenden Kerndefizite der Struktur HEER2011, insbesondere das unausgewogene Verhältnis zwischen Kampftruppe und den Unterstützungskräften innerhalb der Großverbände, zu reduzieren, soll u.a. grundsätzlich jede schwere Brigade des Heeres zusätzlich zu den Kampfbataillonen über ein Aufklärungs-, ein Pionier-, ein Versorgungs- und ein Artilleriebataillon (mit Rohrartillerie) verfügen.
Zudem war die 10. Panzerdivision auf der Divisionsebene durch Unterstellung von zusätzlichen Divisionstruppenteilen, und zwar je ein Aufklärungs-, Pionier-, Artillerie- (Rohr, Rakete sowie technische Zielaufklärung) sowie ein Versorgungs- und ein Fernmeldebataillon, zu stärken. Damit wurde sie vollumfänglich dazu befähigt, den Kampf in der Tiefe zu führen und die Voraussetzungen für die unmittelbaren Operationen ihrer Brigaden zu schaffen.
Hinzu kommt ein nichtaktives Sicherungsbataillon, das in erster Linie zur Gefechtsstandsicherung eingesetzt wird, aber auch für zusätzliche Aufgaben herangezogen werden kann. Hierzu sind Umstrukturierungen notwendig, welche formal zum 1. April 2024 begonnen wurden. Teile des Verbandes werden dazu teilweise oder sogar in Gänze neu aufgestellt.
Um die Einsatzbereitschaft herzustellen oder zu erhöhen, sind auch stabsinterne Prozesse in der 10. Panzerdivision anzupassen. Dies wird durch die Fortschreibung der SOPs (Standing Operating Procedures) sowie durch aufeinander aufbauende Gefechtsstandausbildungen und Übungen erreicht werden.
Als Beispiel sei hier die Übungsserie „Schneller Degen“ in den Jahren 2022 und 2023 genannt, bei der die deutschen Brigaden beübt und auch die niederländische 13. Leichte Brigade sowie die litauische mechanisierte Infanteriebrigade „Eiserner Wolf“ integriert wurden. Doch auch die Übung „Grand Quadriga 24“, die Teil der deutschen Gesamtübung „Quadriga 24“ und damit in das NATO-Großmanöver „Steadfast Defender 24“ eingebettet ist, trägt zur Festigung und Erprobung der neuen Strukturen bei.
Diese Übung forderte die 10. Panzerdivision als deutsche Speerspitze für die Landes- und Bündnisverteidigung an der NATO-Ostflanke im gesamten ersten Halbjahr 2024 – von der Alarmierung über die einsatznahen Ausbildungstätigkeiten bis hin zur Strategischen Verlegung aus Deutschland heraus durch Polen bis an die Ostflanke der NATO ins Baltikum. Auch für das kommende Jahr 2025 besteht die Absicht, an der NATO-Übung „Griffin Defender 2025“ auf Korps-Ebene mit dem Multinationalen Korps Nordost (MNC NE) aus Stettin (Polen) sowie zusätzlich an der US-Übungsserie „Warfighter“ 2025 und 2026 teilzunehmen, um die Leistungsfähigkeit der gesamten „Division 2025“ zu erhöhen.
„Division 2025“ – Zusammenfassung und Ausblick
Die 10. Panzerdivision wird mit Nachdruck bis Ende 2024 und darüber hinaus das Ziel verfolgen, als die einsatzbereite mechanisierte Division der Bundeswehr und mit hoher Reaktionsfähigkeit der NATO zur Verfügung zu stehen. Damit ist sie ein deutscher Beitrag zur Landes- und Bündnisverteidigung und sichtbarer Ausdruck der sicherheitspolitischen Zeitenwende in Deutschland. Als „Division 2025“ wird sie die Speerspitze der NATO für den Ernstfall sein. Der fortlaufende Stand der Einsatzbereitschaft wird engmaschig und mit einem seit knapp zwei Jahren eingeführten und für diesen Zweck entwickelten Monitoring Tool in allen Domänen gesteuert und koordiniert.
Dazu bewerten alle Verbände sowie beteiligte Einheiten ihre Einsatzbereitschaft zum jeweiligen Stichtag und darüber hinaus perspektivisch zum 1. Januar 2025. Im Einzelnen werden hierbei die Kriterien Organisation, Personal, Material, Führungsfähigkeit und Ausbildung bewertet. Die daraus entstehenden Führungsmeldungen werden vierteljährlich erhoben und zu einem Gesamtbild zusammengefasst. Eine logische Fortsetzung der Erhöhung der Fähigkeiten wird derzeit vorbesprochen.
Die Zeitlinien zur Realisierung der beschriebenen Schritte bis Ende 2024 sind äußerst fordernd. Konsequente Material- und Personalzuläufe sowie Freiräume für Ausbildung sind bei diesem Wettlauf gegen die Zeit und unter der aktuellen Sicherheitslage in Europa zwingende Voraussetzungen. Eine mittelbis langfristig verlässliche und vor allem gesteigerte Finanzierung ist ebenso unabdingbar, da weitere Modernisierungen eingeplant und auch dringend erforderlich sind.
Vor der 10. Panzerdivision und dem Deutschen Heer liegen Monate voller Herausforderungen und Möglichkeiten, die es nun zu meistern und zu nutzen gilt. Mit einer gesicherten Finanzierung seitens der Politik, die der nationalen Ambition sowie der multinationalen Erwartungshaltung seitens der NATO angemessen ist, kann das gesetzte Zwischenziel bis Ende 2024 sowie die darüber hinaus gestellten Anforderungen an die Division bereits in großen Teilen erreicht werden.
Oberstleutnant Eric Bohnet,
Abteilung G3/5, 10. Panzerdivision
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