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825 Mio. Euro für neue Uniform – Kritik an Prioritätensetzung

Verteidigungsminister Boris Pistorius sieht sich erneut mit Kritik konfrontiert. Trotz knapper Kassen und dringendem Finanzbedarf für die Modernisierung der Bundeswehr plant sein Ministerium, über 800 Millionen Euro in die Beschaffung neuer Dienstanzüge für Soldatinnen und Soldaten zu investieren. Diese Entscheidung über eine neue Uniform sorgt für Kopfschütteln in der politischen Landschaft und bei der Truppe.

Rekrutinnen und Rekruten der Teilstreitkräfte stehen in Uniform (Dienstanzug bzw. Ausgehuniform) angetreten beim Feierlichen Gelöbnis 2023 im BMVg in Berlin.
Rekrutinnen und Rekruten der Teilstreitkräfte stehen in Uniform angetreten beim Feierlichen Gelöbnis 2023 im BMVg in Berlin.
Foto: Bundeswehr / Jörg Carstensen

Die Forderungen des Ministers nach einer generellen Erhöhung des Verteidigungshaushalts sind in den letzten Monaten mehrfach gescheitert. Statt der gewünschten mindestens 6 Milliarden Euro mehr im Einzelplan 14 sieht der Haushaltsentwurf für 2025 nur ein leichtes Plus von rund 1,3 Milliarden vor. Während der Krieg in der Ukraine den dringenden Handlungsbedarf für eine kriegstüchtige Bundeswehr jeden Tag vor Augen führt, kommen die Ausgaben aus dem Sondervermögen nur langsam bei der Truppe an.

Neue Uniform: Unverständnis in der Truppe und Opposition

Dass jetzt auch noch Gelder für Material bereitgestellt werden sollen, welches nicht unmittelbar zur Kriegstüchtigkeit der Soldatinnen und Soldaten beiträgt, sorgt für Unverständnis bei der Truppe und in der Politik. Laut einer Vorlage des Verteidigungsministeriums über neue Dienstanzüge sollen die bisherigen Uniformen lediglich leicht überarbeitet werden, um Passform, Tragekomfort und die „repräsentative Wirkung“ zu verbessern.

„Bei mir melden sich Soldatinnen und Soldaten aus allen Bereichen der Truppe, die über diese Idee des Verteidigungsministeriums entsetzt sind“, berichtet Ingo Gädechens, Haushalts- und Verteidigungsexperte der CDU/CSU-Fraktion. „Unsere Soldatinnen und Soldaten haben einen Eid geschworen, unser Land tapfer zu verteidigen – dafür brauchen sie aber erst einmal Waffensysteme mit ausreichend Munition und keine neuen Ausgehuniformen.“

Auch Verteidigungspolitiker der Regierungsfraktionen äußerten Unverständnis bezüglich der Priorisierung von eher kosmetischen Beschaffungsprojekten. Der grüne Bundestagsabgeordnete Sebastian Schäfer erklärte gegenüber dem ZDF, dass die „Verbesserung der Einsatzbereitschaft und vor allem der bestmögliche Schutz für unsere Soldatinnen und Soldaten“ wesentlich wichtiger sei.

Ministerium verteidigt 825-Millionen-Euro-Vorhaben

Thomas Hitschler, Parlamentarischer Staatssekretär im Verteidigungsministerium, verteidigt das Vorhaben. In seiner Antwort auf die kleine Anfrage des Bundestagsabgeordneten Gädechens schreibt er: „Die Artikel der Dienst- und Ausgehbekleidung sind veraltet. Im Jahr 2018 wurde daher entschieden, sie zu modernisieren. […] Die Umsetzung des Projekts wurde infolge einer Priorisierung der Beschaffung von Artikeln der Kampfbekleidung und -ausrüstung jedoch zunächst zurückgestellt.“

Inhaltlich richtig, denn das Ministerium hat sich tatsächlich zunächst um die Modernisierung der Kampfbekleidung gekümmert: Im Februar dieses Jahres hatte ein entsprechender Beschluss des Haushaltsausschusses rund 2,2 Milliarden Euro Investitionen in die Beschaffung von Bekleidung und persönlicher Ausrüstung ermöglicht – also tatsächliche Kampfausstattung der Soldaten.

Dennoch werfen Kritiker wie Gädechens der Regierung vor, das Ministerium hätte selbst erkannt, dass neue Dienstanzüge nicht ganz oben bei der Prioritätensetzung stehen sollten. Unverständlich daher, dass man im Ministerium an der 25-Mio-Euro-Vorlage, die noch im Dezember im Haushaltsausschuss beraten werden soll, festhalten wolle.

Das Vorhaben sieht eine Beschaffung der neuen Ausgehuniformen bzw. Dienstanzüge bis 2032 vor. Wahr ist auch, dass 306 Millionen Euro des Vorhabens bereits vertraglich gebunden sind und die jetzt Kritik auslösende Haushaltsvorlage lediglich die noch ausstehende Restsumme von 519 Millionen Euro absichern soll.

Prioritätensetzung für Ausgehuniform – Gerechtfertigt?

Bei der auch Dienstanzug genannten Ausgehuniform handelt es sich im Übrigen nicht – wie von einigen Kritikern fälschlicherweise angenommen – um Bekleidung für „gesellschaftliche Anlässe“ – dafür gibt es bei der Bundeswehr zusätzlich den sogenannten Gesellschaftsanzug.

Die Ausgehuniform ist vielmehr jene Uniform für offizielle Anlässe, wie Gelöbnisse, Trauerfeiern oder Appelle. Für zahlreiche Soldaten im Innendienst wie etwa im Verteidigungsministerium oder anderen Dienststellen, ist der Dienstanzug die übliche Alltagsuniform.

Auch wenn die Kriegstüchtigkeit sicherlich nicht durch eine neue Uniform gestärkt wird, könnte man ebenso argumentieren, dass manche Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr deutlich mehr Kontakt zur „Ausgehuniform“ haben, als zum G36.

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