Herr Tükenmez, stellen Sie uns doch Ihr Unternehmen einmal kurz vor: In welchen Bereichen ist die Aerodata tätig?
Die Aerodata ist ein Spin-off von der TU in Braunschweig, gegründet von Professor Schänzer und Professor Vörsmann – und dieses Jahr feiern wir unser 40-jähriges Firmenjubiläum. Über all die Jahre konnten wir uns auf zwei Standbeinen sehr gut entwickeln. Im Bereich Flugvermessung sind wir mittlerweile Weltmarktführer und decken 70 Prozent des weltweiten Bedarfes ab.
Unser zweites Standbein ist der Bereich Überwachungsflugzeuge, die u. a. bei den Themen ISR (Intelligence, Surveillance, Reconnaissance), Seefernaufklärung, Grenzschutz, Fischereikontrolle, Piraterie, Search and Rescue eingesetzt werden. In beiden Bereichen entwickeln und produzieren wir eigene Sensoren, eigene Missionssysteme, die Echtzeit-Lagebilder erstellen, in Flugzeuge eingebaut werden und schlüsselfertig an internationale Kunden ausgeliefert werden.
In dieser Woche stellt Aerodata in Dubai die AeroForce X vor. Um was handelt es sich bei dieser Drohne?
AeroForce X ist ein sogenanntes MALE-UAV – Medium Altitude Long Endurance – das bedeutet: für mittlere Höhen und für lange Stehzeit in der Luft. Unser Kundennetzwerk verlangt immer häufiger nicht nur bemannte, sondern auch unbemannte Flugzeuge, um eine Region lange aus der Ferne überwachen zu können.
Wir konnten bisher leider noch keine Partner finden, die eine passende Plattform für unsere Ansprüche zur Verfügung stellen können. Daher sind wir zu dem Schluss gekommen, dass wir als Aerodata – mit Partnern – eine eigene Plattform entwickeln. Durch die Ergänzung unseres Portfolios mit der AeroForce X können wir das gesamte Spektrum der Seefernaufklärung und der Landüberwachung mit bemannten und unbemannten Flugzeugen anbieten – alleine oder im Verbund.
Können Sie mehr zu den Partnern der Aerodata sagen?
Aufgrund von Verschwiegenheitserklärungen kann ich diese leider noch nicht nennen. Nur so viel: Es sind Partner aus Deutschland, die Experten auf ihrem Gebiet sind und schon ähnliche Projekte erfolgreich abgeschlossen haben.
Können Sie ein wenig konkretisieren, wie die AeroForce X in das Portfolio der Aerodata passt?
Für die Seefernaufklärung oder Landüberwachung aus der Luft benötigt man entweder bemannte oder unbemannte Flugzeuge. Als Aerodata sind wir mit unserer Sensorik und unseren Missionssystemen zunächst plattformunabhängig. In welche Plattform unsere Fähigkeit integriert werden soll, entscheiden in der Regel die Kunden – aufgrund unserer umfangreichen Expertise unterstützen wir die Kunden bei der Entscheidungsfindung.
Einige Kunden möchten ihre bestehenden bemannten Flugzeuge durch unbemannte Systeme ergänzen – dieser Trend nimmt erkennbar zu. Dafür möchten sie unsere bereits integrierten Missionssysteme auch im unbemannten Betrieb nutzen, um von der maximalen Interoperabilität zu profitieren.
Mit der AeroForce X sind wir auf einem sehr guten Weg, eine exakt passende Lösung in unser Portfolio aufzunehmen – und den Kunden alles aus einer Hand bereitzustellen.
Wesentlich sind dabei auch die möglichen Einsatzzeiten in der Luft. Mit bis zu 40 Stunden – abhängig von der Payload – bietet die AeroForce X eine außergewöhnlich hohe Ausdauer. Dadurch eignet sich das System optimal für Aufgaben in der maritimen Fernaufklärung, wie zum Beispiel bei der Überwachung kritischer Infrastruktur oder zur U-Boot-Detektion und -Jagd.
Mit bemannten Plattformen verfügen wir bereits über umfangreiche Erfahrung in entsprechenden Projekten. Die dafür eingesetzte Sensorik sowie die zugehörigen Systeme wären ebenfalls für die AeroForce X geeignet.
Bei bemannten Flugzeugen setzt Aerodata seit diesem Jahr auf eine Kooperation mit der Deutschen Aircraft. Warum ist das wichtig?
Wie bereits erwähnt, benötigen wir für unsere Sensoren und Systeme stets eine geeignete Plattform, die auf die spezifischen Anforderungen unserer Kunden abgestimmt ist. Besonders vorteilhaft ist in diesem Zusammenhang eine deutsche Lösung, da die Exportrestriktionen und verlängerten Lieferzeiten aus den USA für uns zunehmend ein kritisches Risiko darstellen.
Mit dem Fokus auf europäische Partner im Bereich der Flugzeughersteller hat sich Deutsche Aircraft als idealer Kandidat herauskristallisiert – zumal die Plattform D328 bereits etabliert ist und in seiner Klasse eine außergewöhnliche Performance bietet.
Die gleichen Gründe also, dass Sie die AeroForce X als deutsches Produkt und damit ITAR-frei entwickeln. Jetzt erinnert das gezeigte Modell an andere Drohnen in der Klasse, wie beispielsweise die israelische Heron TP, welche bereits bei der Bundeswehr eingeführt ist. Mit 1,3 Tonnen ist auch die Nutzlast der AeroForce X relativ hoch. Planen Sie nur im Bereich der Aufklärung zu bleiben oder sind auch andere Missionsziele denkbar?
Den Einsatzmöglichkeiten sind kaum Grenzen gesetzt. Aufgrund des modularen Aufbaus der AeroForce X Plattform können wir vielfältige Optionen anbieten – ganz nach den Anforderungen der Kunden. Die AeroForce X kann mit modernster Hightech-Sensorik ausgestattet werden, darunter Radaraufklärung, elektrooptische Kameras, ELINT/COMINT-Systeme oder weitere Sensorsuites.
Zudem ermöglicht die Plattform auch die Integration von Effektoren. Sie verfügt über Hardpoints an den Flügeln und kann entsprechende Außenlasten tragen. Aufgrund der Modularität kann die Plattform zu einer späteren Phase für andere Einsatzzwecke umgebaut werden – wie zum Beispiel als Cargo-UAV, MedEvac-UAV oder als Trägersystem für kleinere Abfangdrohnen.
In dieser Woche stellen Sie das System in Dubai vor. Welches sind dann die nächsten Schritte?
Wir planen im kommenden Jahr den Erstflug – bewusst mit einem risikominimierten Ansatz. Zunächst wird das Flugzeug bemannt fliegen, um die Flight Envelope nachzuweisen. Im Anschluss daran folgt der nächste Schritt: der Übergang in den unbemannten Flugbetrieb.
Herr Tükenmez, vielen Dank für das Gespräch.
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