Mit dem von Tom Fiedler erdachten und gezeichneten Comic „Ben dient Deutschland“ wagt die Bundeswehr einen ungewöhnlichen Schritt: Die Geschichte eines jungen Rekruten soll auf anschauliche Weise die Herausforderungen des Soldatenberufs und die Werte der inneren Führung vermitteln, ohne in kitschige Verklärung abzugleiten. Der Comic ist ansprechend und zugänglich gestaltet – doch: Trifft er den richtigen Ton? Ein Blick auf Inhalt und Idee dieses besonderen Projekts.
„Ben dient Deutschland“ begleitet den 19-jährigen Ben Schneider von seiner Entscheidung, zur Bundeswehr zu gehen, bis hin zu den ersten großen Herausforderungen seiner Grundausbildung – und ein Stück darüber hinaus.
Am Beginn stehen jedoch wie bei vielen Rekruten Überlegungen zur eigenen Familiengeschichte. Bens Urgroßvater diente unter einem totalitären Regime, sein Vater leistete Zivildienst nach dem Mauerfall.
Der Weg eines jungen Rekruten
Heute muss sich Ben fragen, was „Dienen“ in einer modernen Demokratie bedeutet und welchen Platz die Bundeswehr in der Gesellschaft und in seinem Leben einnimmt. Im Comic steht jedoch nicht die Frage im Vordergrund, ob Ben zur Bundeswehr geht, sondern viel mehr die Frage, warum er es macht – auch in Abgrenzung zur Einstellung seiner Familie und Freunde und im Kontext aktueller geopolitischer Entwicklungen.
Von meinem Urgroßvater gibt es dieses Foto. Da ist er so alt wie ich heute. […] Und wenn ich den Stahlhelm mit der Hand abdecke, sieht er beinahe aus wie ich.
– Ben in „Ben dient Deutschland“
Im Verlauf der rund 120-seitigen Geschichte erlebt Ben prägende Momente der Ausbildung, darunter Erlebnisse, die Fragen nach Gehorsam, Kameradschaft und Selbstverantwortung aufwerfen. Ben muss hierauf Antworten finden. Moralische Konflikte bestimmen Bens Alltag als junger Soldat.
Da ist beispielsweise die Lehrstunde zu Befehl und Gehorsam, indem Rekrutin Dilara mit geschlossenen Augen zur Rettung eines verwundeten Kameraden geführt wird. „Sechzig Schritt vor, vierzig Schritt links, dann dreißig Schritt rechts. AUSFÜHRUNG!“ Blind befolgt sie jeden Befehl und kommt ans Ziel. Ihr ‚blinder Gehorsam‘ hätte sie jedoch auch vom Weg abkommen lassen können. Ben hingegen darf seine Augen offenlassen. Auch er kommt ans Ziel, benötigt allerdings mehr Zeit, um den ‚rechten Weg‘ zu finden und ihm zu folgen.
Bemerkenswert viele emotionale und ethische Fragen des Soldatenberufs werden im Comic „Ben dient Deutschland“ verarbeitet; Hürden, die Ben und seine Kameraden überwinden müssen: Was sagt das humanitäre Völkerrecht über den Einsatz bestimmter Munitionsarten, können auch westliche Demokratien Kriegsverbrechen begehen und wann ist ein Krieg gerecht?
Schließlich steht Ben vor der entscheidenden Frage, wie er sich als Mensch und Soldat in eine Gesellschaft einfügt, die sowohl Disziplin als auch die Verteidigung eigener Werte fordert.
Der von Korvettenkapitän der Reserve Tom Fiedler für das Zentrum Innere Führung in Koblenz gezeichnete Comic zeigt die täglichen Anforderungen des Soldatenberufs. Erzählt werden diese anhand eines Charakters, mit dem sich wohl viele Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr identifizieren können. Doch auch für junge Menschen, die noch über eine mögliche Karriere als Soldat oder Soldatin nachdenken, bietet der Comic einen Einstieg in das Thema des Soldatenberufs.
„Ben dient Deutschland“ – Comic als Kommunikationsmittel
Und das sogar künstlerisch gelungen. Mit „Ben dient Deutschland“ hat die Bundeswehr ein unkonventionelles Format gewählt, dass sich sehen lassen kann. Der Comic bietet eine lockere, zugängliche Erzählweise – und ist handwerklich gut gezeichnet.
Gleichzeitig birgt das Format jedoch auch Risiken. Der Beruf des Soldaten ist eben kein alltäglicher. Er ist mit ganz besonderen Gefahren verbunden, die ein Comic zu leichtfertig und auf ein schlichtes Abenteuer reduziert darstellen könnte.
Doch genau das ist bei Fiedlers Werk nicht der Fall. Der mit wenigen Ausnahmen in Grautönen gehaltene Comic wirkt trotz einiger humoriger Stellen nicht kitschig. Zwar gibt es klamaukige Stellen, wie den „kackenden Fuchs“ und Figuren, wie einen Roboter/Kampfanzug deren Bedeutung nicht ganz klar wird, doch wird überwiegend die Balance zwischen Ernsthaftigkeit und Humor gehalten. Und das Wichtigste: Der Comic ist absolut nicht langweilig.
Fehltritt oder gelungenes Format der Bundeswehr?
Die Bundeswehr verfolgt mit „Ben dient Deutschland“ auch das Ziel, sowohl ihren Nachwuchs als auch die Gesellschaft insgesamt für die Werte und Prinzipien der inneren Führung zu sensibilisieren als Anstoß für eine offene Diskussion. Es geht also nicht nur darum, junge Menschen über die Berufswelt eines Soldaten aufzuklären, sondern auch Fragen der Moral, des individuellen Gewissens und der Verantwortung innerhalb des Militärs zur Sprache zu bringen.
Aber ich kann doch nicht ins Gesetzbuch gucken, bevor ich schieße?
– Dilara in „Ben dient Deutschland“
In dieser Hinsicht scheint das Ziel erreicht: Der Comic bietet Einblicke in den Soldatenalltag und regt die Leser zum Nachdenken über den Dienst für die Gesellschaft an. Die Verknüpfung von Unterhaltung und Bildung gelingt Fiedler gut, denn der Comic bleibt nicht an der Oberfläche, sondern scheut sich nicht vor kontroversen Themen.
Insgesamt ist „Ben dient Deutschland“ ein gelungenes Werk, das authentische Einblicke in das Leben und die Werte moderner Soldaten gibt und damit zur Stärkung des Dialogs zwischen der Bundeswehr und der Gesellschaft beiträgt. Wer den Comic jetzt selbst lesen will, findet ihn hier.
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