Bundeswehr-Infrastruktur: 40.000 Betten bis 2031 benötigt

„Wir wollen das German Armed Forces Contractor Augmentation Program in Deutschland nutzen – G-CAP-Inland“, sagte Bundesminister der Verteidigung, Boris Pistorius, diese Woche in Berlin. Nach der dritten Fachkonferenz Bundeswehr-Infrastruktur stellte der Minister ehrgeizige Pläne vor, um den dringend benötigten Ausbau der Unterkünfte voranzutreiben. Die aus G-CAP bekannte modulare Bauweise soll die Infrastruktur der Streitkräfte in Rekordzeit wachsen lassen – 270 neue Kompaniegebäude sind vorgesehen. Bei der Konferenz ging es aber auch um bereits bestehende, nicht mehr genutzte Liegenschaften.

Bundeswehr-Infrastruktur: Schnell neue Infrastruktur- Was im Einsatz mit G-CAP erfolgreich funktioniert, soll künftig auch im Inland möglich sein Bundeswehr:Marcus Rott
Schnell neue Infrastruktur- Was im Einsatz mit G-CAP erfolgreich funktioniert, soll künftig auch im Inland möglich sein.
Foto: Bundeswehr / Marcus Rott

„Allein für den neuen Wehrdienst brauchen wir in den kommenden Jahren rund 40.000 zusätzliche Betten für Rekrutinnen und Rekruten“, stellte Pistorius klar. „Nach unseren jetzigen Planungen bedeutet das zunächst rund 270 neue Gebäude. Und zwar nicht irgendwann, sondern bis 2031, also in den nächsten fünfeinhalb Jahren.“

Der Druck ist groß, die Bundeswehr steht vor einem der größten Infrastrukturprojekte ihrer Geschichte. Nach der Fachkonferenz mit den digital zugeschalteten Bauministern der Länder ist klar: Deutschland will den Kasernenbau revolutionieren – und ab Anfang 2027 soll es losgehen.

„Infrastruktur“; betonte der Minister, „das ist die Basis für den personellen und materiellen Aufwuchs. Keine Ausbildung von Wehrdienstleistenden, kein Aufwachsen der stehenden Truppe, keine neuen Panzer, keine Haubitzen, keine Munition ohne entsprechende Infrastruktur.“

„Kasernenbau vom Fließband“ – Modulares Bauen nach G-CAP

Zum Einsatz soll das bewährte G-CAP-Prinzip kommen, das seit 2017 in Auslandseinsätzen und auch in Litauen erfolgreich genutzt wird. Nun wird G-CAP erstmals im Inland angewendet. Das System basiert auf vorgegebenen Modulen, deren Größe und Nutzung – etwa für Schlafräume, Sanitäreinrichtungen oder Gemeinschaftsflächen – standardisiert ist.

Ein im Rahmen von G-CAP errichtetes Unterkunftsgebäude in Litauen. Im Inland sollen die Bauten einer deutlich längeren Nutzungszeit standhalten. Bundeswehr/Jana Neumann
Ein im Rahmen von G-CAP errichtetes Unterkunftsgebäude in Litauen. Im Inland sollen die Bauten einer deutlich längeren Nutzungszeit standhalten.
Foto: Bundeswehr / Jana Neumann

Diese Vereinheitlichung beschleunigt nicht nur die Planung und Genehmigung, sondern ermöglicht es auch, regionale Bau- und Produktionskapazitäten einzubinden. Derzeit bereitet das Ministerium das Vergabeverfahren für Rahmenverträge mit der Industrie vor, um die Projekte möglichst rasch auf den Weg zu bringen.

Nicht ausschließlich, aber hauptsächlich sollen diese modularen Gebäude für neue Rekruten und Rekrutinnen als Unterkunftsgebäude dienen. Schon in den kommenden Wochen soll beschlossen werden, welche Kasernen im Bundesgebiet für eine solche Verdichtung mit neuen Gebäuden infrage kommen.

Bundeswehr-Infrastruktur – Bürokratieabbau und schnellere Verfahren

Dabei hat der Bau längst begonnen. 2024 stieg das Bauvolumen der Streitkräfte laut Pistorius um 20 Prozent gegenüber 2023 an. 1,6 Milliarden Euro wurden ausgegeben. Zudem nennt die Bundeswehr aktuell 160 Unterkunftsgebäude, deren Bau 2024/25 fertiggestellt oder begonnen wurde 126 Bürogebäude und 14 Sportanlagen werden ebenfalls aufgeführt.

Parallel zur baulichen Planung der neuen Bundeswehr-Infrastruktur treibt das Ministerium die Entbürokratisierung der Bauprozesse voran. Durch das Gesetz zur beschleunigten Planung und Beschaffung für die Bundeswehr (BwPBBG) werden Genehmigungswege verkürzt, Wertgrenzen für Direktaufträge auf eine Million Euro angehoben und die bisher verpflichtende Losweise Vergabe aufgehoben.

Eindruck von den schon stattfindenden Bauarbeiten. Es braucht vor allem Unterkunfts- und Lagermöglichkeiten. Und dazu mehr Fläche. Denn bereits jetzt wird für die laufenden Maßnahmen fast alle verfügbaren Freiflächen bebaut. (Foto: KSK)
Eindruck von den schon stattfindenden Bauarbeiten. Es braucht vor allem Unterkunfts- und Lagermöglichkeiten. Und dazu mehr Fläche. Denn bereits jetzt wird für die laufenden Maßnahmen fast alle verfügbaren Freiflächen bebaut.
Foto: KSK

Dadurch können Bauprojekte künftig als Gesamteinheit vergeben werden – eine deutliche Entlastung für die Vergabestellen. Zusätzlich sorgt eine neue Informationsplattform dafür, dass länderübergreifend ihre Baukapazitäten abstimmen und dringliche Projekte priorisieren können.

Als zielführend für die Bundeswehr-Infrastruktur dürfte sich auch erweisen, dass Standards für Gebäudeelemente definiert wurden, die dort übertragen werden, wo es entsprechenden Bedarf gibt.

Strategische Liegenschaftsreserve schützt Bundeswehrstandorte

„Zusätzlich müssen wir aber auch Kasernen reaktivieren“, betonte Pistorius. Dafür baue man eine sogenannte strategische Liegenschaftsreserve auf. Pistorius versteht darunter einen Pool aus Kasernen, die erst dann reaktiviert werden, wenn klar ist, wofür die Truppe sie benötigt.

Wir können aber in diesen Zeiten nicht auf bestimmte Liegenschaften verzichten.
– Verteidigungsminister Boris Pistorius

Wichtig für die Bundeswehr-Infrastruktur sei jedoch, dass „keine Liegenschaft mehr aus unserem Besitz an die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) ohne nochmalige Einzelprüfung jeder einzelnen Liegenschaft“ gehe, so der Minister.

„Wir schauen uns aber auch alle Liegenschaften an, die schon abgegeben sind und die sich im Portfolio der BImA befinden“, so Pistorius weiter. Er könne verstehen, dass es für die Kommunen ärgerlich sei, wenn mit ehemaligen Kasernen bereits für den Wohnungsbau geplant wurde und diese Liegenschaften dann doch zurück an die Truppe gehen. „Aber das wird passieren; das wird passieren müssen“, stellte Pistorius klar.

Mindestens 300 solcher potenziell wieder nutzbaren Liegenschaften gibt es im Bundesgebiet, die derzeit geprüft würden, teilte eine Sprecherin des Verteidigungsministeriums auf Nachfrage von Defence Network mit. Sie alle wurden in den letzten Jahren als Bundeswehr-Infrastruktur aufgegeben, aber noch keiner neuen (zivilen) Verwendung zugeführt wurden.

Die Gebäude aus den 30er Jahren sind größtenteils gut erhalten – auch wenn zahlreiche Reparaturen im Inneren vor einer erneuten Nutzung durchgeführt werden müssten.
Die Gebäude aus den 30er Jahren sind größtenteils gut erhalten – auch wenn zahlreiche Reparaturen im Inneren vor einer erneuten Nutzung durchgeführt werden müssten.
Foto: CPM / Navid Linnemann

Ein gutes Beispiel für eine solche ehemalige Liegenschaft ist die Bergische Kaserne in Düsseldorf, über die das Defence Network in dieser Woche berichtete. Hier läuft das zivile Planungsverfahren weiter, obwohl eine erneute Nutzung durch die Bundeswehr möglich sein könnte.

Bundeswehr-Infrastruktur als Fundament der Zeitenwende

Die Bundeswehr steht am Beginn einer neuen Bau-Ära. Mit modularen Gebäuden, effizienteren Verfahren und einer groß angelegten Liegenschaftspolitik schafft das Verteidigungsministerium die Grundlage für den personellen Aufwuchs und die materielle Modernisierung der Streitkräfte.

Pistorius machte auf der Fachkonferenz deutlich, dass ohne eine leistungsfähige Bundeswehr-Infrastruktur weder neue Soldatinnen und Soldaten untergebracht noch moderne Ausrüstung effektiv genutzt werden könne. Die Weichen für den Infrastrukturausbau der kommenden Jahre sind gestellt – und sie zeigen klar in Richtung Beschleunigung und Zukunftsfähigkeit.

„Was wir uns in diesem Bereich vorgenommen haben, ist ehrgeizig, um nicht zu sagen: In dieser Größenordnung und dem Tempo, in dem wir es tun wollen, einmalig“, fasste der Minister die Anstrengungen von Bund und Ländern zusammen.

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