Neben der Technik und dem Rüstungsvorhaben zeigt der Artikel die Auswirkungen von D-LBO auf die Streitkräftebasis beginnend bei der Umrüstung bis zum Übergang in die Nutzung auf.
Zur „Digitalisierung Landbasierte Operationen“ (D-LBO) wurde bereits in den acht Jahren seit Vorhabenbestehens viel, vornehmlich zur Technik und der Systemkonzeption, berichtet. Häufig stand die Modernisierung der Führungsmittel im neuen Systemkonzept im Vordergrund und beschrieb den großen Erwartungshorizont der durch die Digitalisierung zu erzielenden Mehrwerte und Modernisierungssprünge.
Dieser Artikel fasst die bereits hierzu vorhandenen Informationen zusammen und fokussiert auf die aus der Realisierungsphase erwarteten Ergebnisse für die Streitkräftebasis (SKB). Insbesondere die bevorstehende Integration der Systeme sowie die Umrüstphase der Plattformen bedeuten aktuell umfangreiche Anstrengungen für alle Projektbeteiligten.
Die Führungsfähigkeit der Streitkräfte in Landoperationen, also neben dem Heer auch die der „Enabler“ bei den militärischen Organisationsbereichen SKB, Zentraler Sanitätsdienst der Bundeswehr (ZSanDstBw) und Cyber- und Informationsraum (CIR), aber auch bei Luftwaffe (Lw) und Marine (Mar), wird mit dem Programm D-LBO einer dringend erforderlichen Modernisierung unterzogen.
Hierzu stellt das Vorhaben D-LBO Führungsmittel und IT-Dienstleistungen bereit, die die Streitkräfte zur vernetzten Operationsführung (NetOpFü) im mobilen taktischen Bereich befähigen werden. Da alle Kräfte in Landoperationen nahtlos interoperabel zusammenwirken und kollaborieren müssen, werden die Führungsmittel von der untersten taktischen Ebene beim abgesetzten Soldaten über alle operationellen Akteure bis zur Ebene der verlegefähigen Gefechtsstände, die den Übergang zum IT-System der Bundeswehr (IT-SysBw) beinhalten, verbunden.
Digitalisierung Landbasierte Operationen bei der SKB
Eine besondere Herausforderung stellt hierbei neben der technischen und systemischen Komplexität der hohe quantitative Umfang des Vorhabens dar, denn alle eingebundenen Nutzer, vom Soldaten über (Kampf-)Fahrzeuge bis hin zu Operationszentralen müssen mit mindestens zwei Funksystemen, einem Netzwerkgerät und einer Verarbeitungseinheit ausgestattet werden.
Zum Nachweis der Funktionsfähigkeit des Gesamtsystems wird zunächst ein verstärkter Kampfverband in Bataillonsstärke unter Beteiligung der SKB als erstes Kräftedispositiv (KD1) mit sämtlichen Komponenten D-LBO, das die „Blaupause“ für zukünftig neu zulaufende Plattformen der Bundeswehr darstellt, ausgestattet und überprüft. In Zuge der Refokussierung der Bundeswehr auf Landes- und Bündnisverteidigung (LV/ BV) wird parallel die von der Bundesrepublik für die NATO Response Force (NRF) bereitzustellende Division mit einer Standardvariante „D-LBO basic“ unter dem Namen „Kräftedispositiv Division 2027“ ausgestattet.
Hierbei handelt es sich um eine fünfstellige Zahl an Plattformen, Akteuren und operationellen Elementen. In diesem Rahmen werden auch die jetzigen Kräfte der VJTF 2023 auf den neuen Standard aufgerüstet. Insgesamt stellen die Enabler einen Anteil von zirka einem Drittel der Gesamtkräfte, die initiativ durch die SKB in einer operationellen Architektur für die Division definiert und für die Enabler zahlenmäßig erfasst wurden. Für die Kräfte der SKB in der „Division 2025“ gelingt somit eine Ausstattung aller modernen Plattformen mit D-LBO und sichert die zukünftige Interoperabilität innerhalb der Verbände und mit allen anderen Kräften in Landoperationen.
Das Programm D-LBO entstand ursprünglich aus den zwei Forderungsdokumenten Mobile Taktische Kommunikation (MoTaKo) und Mobiler Taktischer Informationsverbund (MoTIV), der Kommunikation und der Informationsverarbeitung auf der taktischen, mobilen Ebene. Der Philosophie folgend, nach der die moderne Informationstechnik die beiden Felder Kommunikation und Verarbeitung nahtlos integriert, um den physikalischen sowie technischen Notwendigkeiten ohne Brüche als „Informations- und Kommunikationsverbund“ zu entsprechen, wurden beide Aktivitäten unter dem Namen D-LBO zusammengelegt.
Der Anteil MoTaKo hatte zum Ziel, einen Kommunikationsverbund aus modernen Führungsmitteln so zusammenzustellen, dass über die redundant vernetzten Akteure ein einheitliches, transparentes und sicheres IP-Netzwerk zum Ausbringen von Applikationen und Diensten für alle operationellen Nutzer im Gefecht der verbundenen Kräfte aller Organisationsbereiche entsteht.
Die Initiative MoTIV, ursprünglich eine Idee der SKB, startete zeitlich später als MoTaKo und forderte für die verarbeitenden Applikationen und Dienste des Informationsverbundes ein modernes, gemeinsames Lebenszyklusmanagement mit stetiger Weiterentwicklung (Spiral Development) im Entwicklungsprinzip „Mobile First“.
Zusätzlich soll mit dem „Shared Information Space“ (SIS) im Vorgriff auf eine „Combat Cloud“ ein zukunftsweisender, IT-gestützter kollaborativer und verteilter gemeinsamer Informationsraum geschaffen werden, auf dessen Basis operationell adaptive und skalierbare Hauptfunktionen von der Kernführungsfähigkeit bis zum vollumfänglichen „Mission Enabling Service Bundeswehr“ (MESBw) sowie weitere Dienste wirken.
Diese wurden in einer umfassenden operationellen Architektur definiert, die nach dem D-LBO-Zusammenschluss in einem zweiten Schritt um die fehlenden Anteile von MoTaKo komplementiert wurden. Parallel entstand unter der Leitfunktion des Programms D-LBO eine Vielzahl von Projekten zur Realisierung der Führungsmittel integrierenden Komponenten wie der Zentralkomponente „Tactical Core“ (die „verbindende Netzwerklogik“) und sonstiger Dienste für Infrastruktur, Plattformen und Anwendungen.
Durch die einheitliche Leitfunktion des Programms bildete sich eine gemeinsame Systemkonzeption und Architektur, die die bei allen Plattformtypen und Projektelementen notwendigen einenden Festlegungen vorgibt. Als Beispiel ist der „Standardisierte Rüstsatzträger Bundeswehr“ (StaRSBw) zu nennen, der mit einer „Technischen Lieferbedingung“ (TL) für Plattformvergaben die modulare Integration von Führungsmitteln regelt. Solchermaßen erfolgt die Integration von D-LBO in Plattformen als einmalige und identische Serienaufgabe des Einbaurahmens und erlaubt eine nach Einsatzzweck angepasste Ausstattung.
Dies verspricht Einspareffekte bei gleichzeitigem Fähigkeitsmix sowie eine einfache Austauschbarkeit und Modernisierbarkeit der Führungsmittel über den gesamten Lebenszyklus ohne erneuten Umbau der Plattform. Konsequenterweise werden alle zukünftig zu beschaffenden Plattformen bereits mit dem StaRSBw-Einbaurahmen serienmäßig vorgerüstet.
Im Bereich der Anwendungen übernimmt D-LBO die als Sofortmaßnahme für die VJTF 2023 ausgewählte marktverfügbare Applikation „Battlefield Management System“ (BMS) und definiert diesen Teil innerhalb des MESBw. Obwohl hier vielfältige Er weiterungen und neue Funktionen in der Erarbeitung sind, fällt dieser Teil deutlich hinter der Forderungslage MoTIV ab.
Hier werden in den nächsten Entwicklungsschritten (Spirals) fundamentale, insbesondere den SIS und die Kollaboration betreffende Aufwüchse erwartet. Da sich diese Weiterentwicklung auf den Softwareanteil konzentriert und die dann bestehende D-LBO-Hardware der Plattform weiter nutzt, kann ohne großen Aufwand ein zeitgemäßes und fortschreibbares Gesamtsystem wachsen.
Parallel zur Finalisierung der Systemfunktionalität von MESBw erfolgt die Integration und Umrüstung der Plattformen, die nicht nur für die Truppe im Einsatz von besonderer Bedeutung ist, sondern auch den Projekterfolg des Gesamtsystems bedingen. Gerade für den mobilen Einsatz, im Gelände und unter Stress, sind unter dem Stichwort „Usability“ umfangreiche Anstrengungen zu bündeln, die nur durch die Mitwirkung des Nutzers erfolgreich abgeschlossen werden können.
Aus den Erfahrungen der Umrüstung der für die VJTF 2023 vorgesehenen Plattformen wurde für die anstehenden Umrüstungen bei KD1 und „D-LBO basic“ abgeleitet, auf Sonderverfahren zu verzichten und den Standardprozess „Änderung Wehrmaterial“ in SASPF anzuwenden. Insbesondere die Datenhaltung und -pflege der Plattformen in SASPF sowie die nahtlose Überführung in die Nutzung versprechen einen wesentlichen Zeitvorteil, weil hier auf die eingespielten, in der Truppe auch mit Rollenträgern versehenen, Prozesse zurückgegriffen wird. Hierzu werden für D-LBO Anpassungen und Datenfelder in das SASPF-Stammdatenmanagement integriert sowie die neuen Funktionen der Versionsverfolgung des 2022-Release genutzt.
Der Umrüstungsablauf stellt sich grob wie folgt dar: Vorbereitung Plattformen, Datenpflege Logistik (SASPF), parallel Musterintegration, Serienumrüstung in einer Umrüststraße, Abnahme und Datenabgleich sowie Funktionsprüfung. Am Ende wird die umgerüstete Plattform nach erfolgter mechanischer und elektrischer Verifikation im Rahmen der Funktionsprüfung in die Softwareverwaltung und den Betrieb von D-LBO aufgenommen.
Neben dem umgerüsteten Material sind weitere Schritte im Rahmen der Einführung zu stemmen. Hierzu zählen die Erstausbildung sowie die Etablierung der Folgeausbildung, Vorbereitung des Personals, Anpassung der Arbeitsabläufe, Aufbau der Betriebsorganisation für die IT-Systeme, Anpassungen an die Lager- und Betriebsinfrastruktur in den Standorten sowie eine Vielzahl weiterer Maßnahmen.
Gerade das Beispiel der für den Betrieb erforderlichen Infrastruktur an jedem D-LBO-Standort macht die Tragweite deutlich: Erforderliche regelmäßige Softwareupdates bedingen den Ausbau von IT-Infrastruktur, genannt „IT-Tankstelle“, in den technischen Bereichen in erheblichem Umfang. Damit soll der Administrator im Verband davon entlastet werden, mit einem Speichermedium von Plattform zu Plattform zu gehen und die Updates händisch aufspielen zu müssen. Nach Jahren der
„Turnschuhadministration“ werden die Plattformen rotierend über Nacht in der IT-Tankstelle an das Updatenetzwerk angeschlossen und automatisiert überholt. Dies ist nicht nur ein Modernisierungsschritt und Sicherheitsvorteil, der Personal und Zeit spart, sondern fördert die Attraktivität der Bundeswehr als modernen Arbeitgeber. Das Ziel bleibt immer noch die Konzentration des Soldaten auf seinen Auftrag und das Führen. Das D-LBO-System soll dabei unterstützen, den Nutzer entlasten und nicht Hauptaufgabe werden.
Das Programm D-LBO stellt nicht nur auf der konzeptionellen, technischen und programmatischen Seite eine anspruchsvolle Aufgabe dar. Die Einführung in die Organisationsbereiche betrifft die gesamte Bundeswehr und der große Umfang erzeugt besondere Herausforderungen. Dieser erste Schritt zur Digitalisierung ist unverzichtbar.
Die Einführung wird zunächst alle Truppenteile in starkem Maße beanspruchen, die modernen Führungsmittel versprechen aber nach erfolgter Einrüstung auch Entlastung und Leistungsvorteile. Die Größe der Aufgabe bedingt, dass anfangs nicht alle Schritte gleichzeitig abgeschlossen werden können. Abhilfe verspricht die Modernisierungsfähigkeit von D-LBO, mit der laufend Verbesserungen und Korrekturen in das System einfließen können.
Die bislang verfolgte Gewichtsverteilung zwischen Kommunikation und Informationsverarbeitung ist jedoch noch nicht vollständig ausgewogen. Auch hier ist zu hoffen, dass am Ende nicht nur eine gute Kommunikationsstruktur, sondern auch eine verteilte Informations- und Kollaborationsplattform mit allen erforderlichen Fachapplikationen entsteht, mit denen der Nutzer mehr als Lagekarte und „Friendly Forces Tracking“ bewerkstelligen kann.
Oberstleutnant Dr. Gerhard Schwarz,
Bevollmächtigter Vertreter des Inspekteurs Streitkräftebasis, Kommando Streitkräftebasis
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