Nutzung

Drehflügler in der Marine

Das Marinefliegerkommando stellt das Fähigkeitskommando einer der drei Großverbände der Marine dar und führt seit Oktober 2012 die Seeluftstreitkräfte der Marine vom Stützpunkt Nordholz aus. Dem Marinefliegerkommando sind die zwei fliegenden Geschwader, Marinefliegergeschwader 3 „Graf Zeppelin“ (MFG 3) und Marinefliegergeschwader 5 (MFG 5), unterstellt. Neben der Überwachung der großen Seeräume gehört auch die Über- und Unterwasserseekriegsführung zum Aufgabenspektrum der Marineflieger. Daher sind die Marinefliegergeschwader je nach Schwerpunkt mit verschiedenen Luftfahrzeugen (LFZ) ausgestattet, um ihrem Kernauftrag bestmöglich nachkommen zu können.

Die Hubschrauber vom Typ MK 41 SEA KING und NH90 NTH SEA LION fliegen das Flugdeck des niederländischen Landungsschiffs Rotterdam an während der militärischen Evakuierungsübung Schneller Adler 2022 in der Kieler Förde.
Foto: Bundeswehr/Nico Theska

Das MFG 3 besteht organisatorisch aus drei Gruppen. In der fliegenden Gruppe mit zwei Staffeln sind die Flächenflugzeuge P-3C ORION und die DO 228 beheimatet. Der Seefernaufklärer P-3C ORION verfügt über eine Vielzahl an Sensoren, um wichtige Informationen zu sammeln und diese zu übermitteln. Zur Unterwasserseekriegsführung können im Bedarfsfall Torpedos als Effektoren mitgeführt werden. Die DO 228 wird überwiegend zur Ölüberwachung in der Nord- und Ostsee durch das Havariekommando in Cuxhaven eingesetzt. So kam sie zum Beispiel zur Aufklärung der Beschädigung der Nord Stream 2-Gaspipelines im Herbst 2022 zum Einsatz.

Die Drehflügler der Marine gehören dem MFG 5 an, welches ähnlich wie das MFG 3 in eine technische und fliegende Gruppe gegliedert ist. Aufgrund der Einführung des neuen Luftfahrzeugmusters NH90 befindet sich das MFG 5 in der einzigartigen Situation, dass insgesamt fünf verschiedene Luftfahrzeugmuster gleichzeitig von einem Verband an einem Standort betrieben werden. Das sind der MK41 SEA KING, MK88A SEA LYNX, Ausbildungshubschrauber EC135 sowie der bereits erwähnte NH90 SEA LION. Einen deutlichen Fähigkeitszugewinn stellt auch die Einführung des SEA FALCON in die Marine dar. Eingeschifft auf den Korvetten erweitert diese unbemannte Hubschrauberdrohne die Aufklärungsfähigkeiten der kleineren mobilen Einheiten der fahrenden Flotte deutlich.

Das SAR-Einsatzgebiet der Marineflieger mit der weit in die deutsche Bucht reichenden „deutschen ausschließlichen Wirtschaftszone in der Nordsee“ (dem sogenannten Entenschnabel). Blau markiert sind die SAR-Außenstellen auf Borkum, Helgoland und in Warnemünde sowie der Flugplatz Nordholz.
Grafik: Bundeswehr

Team Flugmedizin

Das „Team Flugmedizin Nordholz“ besteht aus den rein organisatorisch getrennten Fliegerarztbereichen des MFG 3 und MFG 5, die gemeinsam mit dem Sanitätsversorgungszentrum Wurster Nordseeküste in einem Gebäude am Standort untergebracht sind. Im Unterschied zum Sanitätsversorgungszentrum wird durch den Fliegerarztbereich das fliegende und lizenzierte Personal der Marineflieger betreut. Dabei findet die Patientenversorgung geschwaderübergreifend therapeutisch, gutachterlich und präventiv statt. So werden insgesamt ca. 500 Probanden flugmedizinisch versorgt. Personell sind beide Geschwader im Fliegerarztbereich ähnlich aufgestellt. In der Personalstruktur des MFG 3 sind aktuell zwei Fliegerarztdienstposten, zwei flugmedizinische Assistenten und ein Mannschaftssoldat hinterlegt.

Im MFG 5 ist der Personalkörper mit zwei Fliegerärzten, zwei flugmedizinischen Assistenten, einem Medizingerätetechniker sowie einem Sanitätsunteroffizier/MFA und einem Mannschaftssoldaten etwas umfangreicher. Zudem werden zivile Mitarbeiter zu Medizinischen Fachangestellten ausgebildet. In der täglichen Arbeit kommt es vor allem auf ein vertrauensvolles Arzt-Patienten-Verhältnis an, da die flugmedizinische Expertise nicht nur bei medizinischen Problematiken, sondern auch bei operativen Überlegungen immer wieder gefragt ist. Dazu gehören Beratungen des Personals zu Auslandseinsätzen, Einschiffungen und Verlegungen sowie deren Begleitung mit einem flugmedizinischen Team.

Einmalig und besonders abwechslungsreich ist dabei die Vielzahl an Luftfahrzeugmustern des Standortes mit ihren verschiedenen Arbeitsplätzen, die wiederum ganz individuelle Anforderungen an das einzelne Besatzungsmitglied stellen. Diese müssen natürlich in der fliegerärztlichen Tätigkeit Berücksichtigung finden. Daher ist es für das flugmedizinische Personal wichtig, regelmäßig am Flugdienst teilzunehmen, um ein besseres Verständnis vom Arbeitsumfeld der fliegenden Besatzungen zu bekommen.

Eine weitere wichtige Säule des Tätigkeitsfeldes eines Fliegerarztes ist die medizinische Begutachtung. Jedes fliegende Besatzungsmitglied muss sich jährlich einer Fachbeurteilung auf Wehrfliegerverwendungsfähigkeit (WFV) unterziehen. Aber nicht nur fliegendes Personal, sondern auch Fluglotsen und andere nichtständige Luftfahrzeugbesatzungsangehörige müssen sich in regelmäßigen Abständen einer Verwendungsfähigkeitsbegutachtung unterziehen. Neben der Begutachtung auf WFV und den allgemeinen Tauglichkeitsüberprüfungen stellt die Überprüfung der Borddienstverwendungsfähigkeit einen weiteren zentralen Punkt des Gutachtenwesens eines Fliegerarztes der Marine dar. Gerade im MFG 5 operieren die Waffensysteme MK41 und MK88A auch eingeschifft auf den schwimmenden Marineeinheiten. Damit werden den besonderen physischen und psychischen Anforderungen an Seefahrten Genüge getan. Die Anforderungen sind dabei an zivile arbeitsmedizinische Begutachtungen angelehnt, haben aber strengere Maßstäbe, da in dem militärischen Setting Waffensysteme bewegt und mitunter auch eingesetzt werden müssen.

Darüber hinaus sind die notfallmedizinische Versorgung der betreuten Patienten sowie die ständige Flugunfallbereitschaft am Heimatplatz und auch während Manövern Teil des Auftrages. Dabei findet die Versorgung auch anhand von standardisierten, notfallmedizinischen marineinternen Algorithmen statt. Diese orientieren sich an zivilen rettungsmedizinischen Standards, berücksichtigen aber zusätzlich die Besonderheiten der maritimen Medizin.

Der Fliegerarztbereich ist zudem für die Sanitätsmaterialbewirtschaftung zuständig und stellt regelmäßig das benötigte Equipment, inklusive der Medizingeräte, je nach operationellen Erfordernissen, bereit. Eine tragende Rolle spielt dabei im MFG 5 die Bereitstellung aller notwendigen Ressourcen zur Erfüllung des SAR-Auftrages.

Die EC 135 des MFG 5, die DO 228 und die P-3C des MFG 3, sowie die MK88A des MFG 5.
Foto: Bundeswehr

Kernauftrag SAR

Einer der Kernaufträge des MFG 5 besteht aus der Bereithaltung von Luftfahrzeugen und Soldaten für den Such- und Rettungsdienst (SAR) in deutschen Seegebieten. Die Grundlagen für diesen Auftrag bilden die Erklärungen der Internationalen Zivilluftfahrtorganisation (ICAO) und der internationalen Seeschifffahrtsorganisation (IMO). In diesen verpflichten sich die Mitgliedsstaaten, einen effektiven Rettungsdienst über Land bzw. die Küstenstaaten auch über Wasser bereitzustellen. Für Deutschland übernehmen die Bundeswehr und die Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) im Rahmen von Verwaltungsvereinbarungen diese Aufgabe. Über Land wird der SAR-Dienst durch die Heeresflieger sichergestellt. In den deutschen Seegebieten mit den angrenzenden Küstenländern übernehmen die Marineflieger und die DGzRS diese Aufgabe. Dazu unterhält die DGzRS an der deutschen Nord- und Ostseeküste verteilte Rettungsstationen mit Seenotrettungs­kreuzern und Rettungsbooten und dem entsprechenden Personal in ständiger Bereitschaft. Die Marine stellt analog dazu für die Luftrettung entsprechende Luftfahrzeuge und Besatzungen 24/7/365 bereit.

Koordiniert werden die Einsätze für die Seegebiete vom Maritime Rescue Coordination Centre (MRCC) in Bremen und für die Luftrettung vom Aeronautical Rescue Coordination Centre (ARCC) in Glücksburg, welches dem Marinekommando (MarKdo) in Rostock unterstellt ist. Um möglichst schnell im jeweiligen Verfügungsraum zu sein, sind normalerweise sowohl in Warnemünde (Einsatzgebiet Ostsee) als auch auf Helgoland (Einsatzgebiet Nordsee) Außenstellen mit einem SAR-Asset besetzt. Aufgrund von umfangreichen Umbaumaßnahmen auf den Außenstellen sowie mangelnder Luftfahrzeug- bzw. Personalverfügbarkeit im Zuge der Umstrukturierung auf NH90 kann seit längerer Zeit nur eine Außenstelle durchgängig mit einem SAR-Hubschrauber betrieben werden. Da die Modernisierung der Außenstellen zeitweise parallel verläuft, werden die Einsätze seit einiger Zeit auch vom Luftwaffenstützpunkt Hohn bei Rendsburg geflogen. Aufgrund der praktischen geographischen Lage dieser temporären Außenstelle in der Mitte von Schleswig-Holstein können so Ziele in der Nord- und Ostsee mit möglichst kurzen Flugzeiten erreicht werden.

Als SAR-Mittel ersten Grades gelten offiziell die P-3C ORION des MFG 3, die als Seefernaufklärer weiträumige Seeaufklärung betreiben und Aufgaben als „On Scene Coordinator“ (OSC) wahrnehmen kann, und der Mehrzweckhubschrauber MK41 SEA KING des MFG 5. Die ersten Exemplare des SEA KING wurden 1972 in den Dienst der Marine gestellt, so dass 2022 das 50-jährige Jubiläum gefeiert werden konnte. Zunächst wurden die Hubschrauber durch das MFG 5 in Kiel-Holtenau und seit der Zusammenlegung der Marineflieger im Jahr 2012 vom Standort Nordholz betrieben. Mit Einführung der Einsatzgruppenversorger (EGV) in die Marine Anfang der 2000er Jahre wurde das Aufgabenspektrum der Hubschrauber um die Rolle als Bordhubschrauber erweitert. Dieses konnte beispielsweise bei der Soforthilfe nach dem verheerenden Tsunami in Südostasien über Weihnachten 2004 zusammen mit dem EGV BERLIN und dem aktivierten Marineeinsatzrettungszentrum unter Beweis gestellt werden.

6 Mehrzweckhubschrauber SEA KING sollen 2024 an die Ukraine geliefert werden.
Flugdeckoffizier bei der Einweisung eines SEA KING zur Landung auf der Fregatte BREMEN.
Foto: Bundeswehr/Björn Wilke

Das Besatzungskonzept besteht aus zwei Piloten, einem Luftfahrzeugoperationsoffizier (LOPO) und einem Hubschrauberbordmechaniker (HBM), der neben seinen eigentlichen Aufgaben auch Rettungssanitäter ist und somit die rettungsmedizinische Komponente im SAR-Dienst abbildet. Neben dem HBM bildet der LOPO eine andere wichtige Funktion im SAR-Dienst innerhalb der SEA KING-Besatzung ab, indem er als Taktiker die Suche im Einsatzgebiet organisiert und die Kommunikation mit externen Stellen sicherstellt. Dadurch werden die Piloten fliegerisch entlastet, und der MK41 SEA KING kann auch die Rolle als OSC übernehmen.

Durch seine Größe können sowohl umfangreiches Medizin- und Rettungsgerät als auch mehrere Patienten transportiert oder Schiffbrüchige gerettet werden. Aufgrund der Reichweite von circa 350 NM eignet sich der SEA KING auch für längere Sucheinsätze und hat sich in der SAR-Rolle seit langem bewährt. Da glücklicherweise die „echten SAR-Einsätze“ nicht alltäglich sind, wird im Rahmen freier Kapazitäten der zivile Rettungsdienst bei Sekundärtransporten subsidiär unterstützt, wenn geeignete zivile Rettungsmittel nicht zur Verfügung stehen. Als Schnittstelle zu den zivilen Rettungsleitstellen dient hierbei ebenfalls das ARCC. Dazu befinden sich in der Standardkonfiguration des SEA KING in der SAR-Rolle ein Patientenüberwachungsgerät Corpuls C3, ein Beatmungsgerät Medumat Transport, eine Absaugpumpe Accuvac Rescue sowie zwei Braun Perfusoren Compact und insgesamt zwölf Liter Sauerstoff an Bord, die rund um die Patiententransporteinheit angeordnet sind. Ergänzt wird die Ausrüstung durch mobiles Medizingerät wie z.B. ein Videolaryngoskop der Firma Storz sowie das mobile Ultraschallgerät Philips Lumify, welche auch abgesetzt genutzt werden können. Zusätzlich können bedarfsweise weiteres Medizingerät als auch Sanitätspersonal aufgenommen und so sogar Intensivtransporte durchgeführt werden. In diesen Fällen wird auf Ressourcen aus den zivilen Einrichtungen oder dem Rettungsdienst zurückgegriffen.

Als Patiententransportsystem dient standardmäßig die Krankentrage Stryker M1 Rugget, alternativ auch eine NATO-Trage oder die Patiententransporteinheit Bord (Transaco- Stretcher). Als schwimm- und winchfähiger Stretcher ist dieser das Standardrettungsmittel aller Marineeinheiten. Neben den sonst im SAR-Dienst üblichen Winchverfahren mit Rettungskorb und Rettungsschlinge wird der Transaco-Stretcher zur Aufnahme von liegenden Patienten z.B. vom Schiff in den Hubschrauber genutzt.

Als SAR-Mittel 2. Grades sind alle weiteren LFZ der Marine und insbesondere der MK88A SEA LYNX zu verstehen. Primär wird dieser als Bordhubschrauber für die Fregatten der Marine genutzt. So werden durch die weitreichenden Sensoren und bei Bedarf mitgeführten Waffen der eingeschifften Bordhubschrauber die Fregatten zum kompletten Waffensystem. Die Besatzung des SEA LYNX besteht aus zwei Piloten und einen Hubschrauberortungsmeister. Im Verband kann er mittels geringer Umrüstmaßnahmen zum Transport von Personal und Material sowie als SAR-Mittel dienen. Aufgrund von Platzkapazitäten ist die Geräteausstattung im Vergleich zum MK41 SEA KING deutlich reduziert. Es werden keine Perfusoren, keine Absaugpumpe und nur ein reduzierter Sauerstoffvorrat mitgeführt. Des Weiteren kann der Patient nur liegend quer transportiert werden, in der Regel auf dem an Bord der Fregatten verfügbaren Transaco-Stretcher. Medizinische Maßnahmen im Flug können nur äußerst eingeschränkt durchgeführt und auch maximal eine weitere Begleitperson (z.B. Sanitätspersonal) mitgenommen werden.

(l.) In der derzeitigen Konfiguration ist der MK41 SEA KING mit den oben sichtbaren Medizingeräten ausgestattet. Alternativ zur NATO-Trage wird üblicherweise die im Rettungsdienst verbreitete Stryker-Trage mitgeführt.
(m.) Als SAR-Mittel zweiten Grades kann auch der MK88A im Bedarfsfall zum behelfsmäßigen Patiententransport (z.B. im Rahmen von Einschif- fungen bei notwendigen Patientenevakuierungen von Bord) umgerüstet und eingesetzt werden. Dabei wird aus Platzgründen nur das jeweils notwendige Equipment mitgeführt.
(r.) In der derzeit geplanten Konfiguration wird der NH90 SEA LION mit den oben sichtbaren Medizingeräten ausgestattet. Die im Bild sichtbaren Modultaschen (A, B, C2, MAT) werden höchstwahrscheinlich durch ein alternatives modulares Aufbewahrungssystem ersetzt. Im Bild nicht sichtbar sind zudem noch zwei fest eingebaute Regalsysteme an der Steuerbordseite zur Aufnahme von Zusatzmaterial wie beispielsweise dem Rettungsrucksack und Transaco-Stretcher.
Fotos: Bundeswehr

Ausblick

Als Ersatz für die in die Jahre gekommene MK41 SEA KING-Flotte der Marine wird seit 2019 der NH90 NTH (NATO Transport Helicopter) SEA LION eingeführt. Als Nachfolger der SEA KING dient er als mittelschwerer Mehrzweckhubschrauber und wird ab 2023 zunächst überlappend, ab 2024 vollständig den SAR-Auftrag sicherstellen. Danach sollen die übrigen Rollen des MK41 SEA KING übernommen werden.

Derzeit befinden sich zwölf von zukünftig 18 NH90 SEA LION am Standort Nordholz. Im Rahmen der Einsatzerprobung werden etablierte Verfahren auf den neuen Hubschrauber übertragen und weiterentwickelt. Zudem dienen sie bereits zur Umschulung der Besatzungen auf das neue Waffensystem und fliegerischen Ausbildung. Als Hubschrauber der neuesten Generation ist er mit „Fly-by-Wire“-Flugsteuerung, moderner Avionik und Sensorik ausgestattet. Damit stellt der NH90 einen Quantensprung in der Hubschrauberflotte der Marine dar. Im Vergleich zum älteren SEA KING kann er deutlich mehr Nutzlast befördern und schneller sein Ziel erreichen. Ausgerüstet mit einem speziellen Ent­eisungssystem können Einsätze auch unter Schlechtwetter­bedingungen durchgeführt werden. Damit erhöht sich die Einsatzfähigkeit im maritimen Umfeld und für den SAR-Auftrag vor allem in den Wintermonaten deutlich. Mit der Einführung des NH90 SEA LION eröffnen sich eine Vielzahl an neuen Möglichkeiten, aber es kommen auch neue Problemfelder hinzu. Beispielsweise stellt der NH90 aus ergonomischer Sicht aufgrund seiner Bauweise hohe Anforderungen an die Besatzung, die flugmedizinische Berücksichtigung finden müssen.

Eine weitere Herausforderung stellt das Besatzungskonzept des NH90 dar. Im Gegensatz zur zivilen Luftrettung wurde die notfallmedizinische Komponente im SAR-Dienst bis dato nur mittels Rettungssanitäter abgebildet. Der SEA LION kann, gerade im maritimen Umfeld, wetterunabhängiger und mit größerer Reichweite als zivile Muster agieren. Um den hierdurch steigenden medizinischen Anforderungen an das Personal und gleichzeitig den geänderten zivilen Standards im Rettungsdienst Rechnung zu tragen, soll zukünftig das Besatzungskonzept um einen Notfallsanitäter ergänzt werden. Da der Hubschrauber im Vergleich zum MK41 SEA KING weniger Platzkapazität in der Kabine bietet, ist noch nicht ganz klar, welche Auswirkungen dies auf das restliche Besatzungskonzept haben wird. So läuft es wahrscheinlich (wie auch beim NH90 SEA TIGER) auf eine modulare Besatzungszusammenstellung für unterschiedliche Einsatzrollen („tailored to the mission“) hinaus.

Neben der laufenden Einführung des NH90 SEA LION stehen die Marineflieger in den nächsten Jahren vor weiteren Erneuerungen der Luftfahrzeugflotte. Der ebenfalls zur NH90-Familie gehörende NH90 MRFH (Multi Role Frigate Helicopter) SEA TIGER wird ab 2025 mit einer Gesamtstückzahl von 30 Maschinen die MK88A SEA LYNX als Bordhubschrauber der Fregatten ablösen. Damit bekommt die Marine nach Außerdienststellung der letzten Fregatte Klasse 122 in diesem Jahr für die neueren und zukünftigen Schiffstypen einen zeitgemäßen Bordhubschrauber mit deutlichem Fähigkeitszugewinn. Aber auch im MFG 3 stehen die Zeichen auf Veränderung. Der Seefernaufklärer P-3C ORION wird ab 2024 schrittweise durch die komplett neue P-8A POSEIDON des US- amerikanischen Herstellers Boeing ersetzt. Mit diesem Hochwertasset setzt sich für die Marineflieger erstmals seit Ausmusterung der letzten Marine-Jagdbomber vom Typ PA200 TORNADO des MFG 2 im Jahr 2005 das Jetzeitalter fort. Neben der reinen Umstrukturierung der Luftfahrzeugflotte stehen eine Vielzahl an weiteren Veränderungen bevor. Die Infrastruktur muss umfangreich den neuen Erfordernissen angepasst, die Besatzungen auf die neuen Muster umgeschult und wegen des Aufwuchses an LFZ mit dem damit verbundenen Fähigkeitszuwachs vermehrt neues Personal gewonnen werden. Damit befinden sich die Marineflieger aktuell in einer spannenden Phase der Neuorganisation, die die Marine von morgen prägen wird.

Bordhubschrauber SEA LYNX MK88A nimmt eine Person von Bord der Fregatte AUGSBURG auf im Rahmen der Mission Counter Daesh II im Mittelmeer.
Foto: Bundeswehr/Torsten Kraatz

Zusammenfassung

Wie dargestellt, ist die Tätigkeit als Fliegerarzt der Marine durch die Verknüpfung der unterschiedlichen Dimensionen Medizin mit See und Luft besonders vielfältig. Gerade zur aktuellen Zeit bietet sich ein buntes Portfolio an Aufgabenfeldern mit unterschiedlichen Facetten, die die Arbeit besonders abwechslungsreich und spannend gestaltet. Dies macht den Beruf im Sanitätsdienst der Bundeswehr auf seine Art einzigartig.

 

Flottillenarzt Sebastian Löhberg und Stabsarzt Eric Struck, Fliegerärzte, Marinefliegergeschwader 5

Beitrag teilen

Das könnte Sie auch interessieren

Anzeige

Verwendete Schlagwörter

MarineNordholzOstseeP-3C OrionSAR
Index