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CITLogistik

Erhöhte Einsatzfähigkeit durch digitales Asset-Management

Die Einsatzfähigkeit der Truppe hängt in hohem Maße davon ab, wie gut Prozesse wie Beschaffung, Bereitstellung oder Wartung organisiert sind. Geht es also darum, das 100-Milliarden-Sondervermögen sinnvoll einzuplanen, sollte daher auch die Datennutzung im Flotten- und Asset-Management nicht unter den Tisch fallen. Ein Plädoyer für ein vorausschauendes, digitales Asset-Management auf Basis qualitativer Daten von Marcus Abel, Business Development Manager bei IBM im Bereich „Defence and Intelligence“.
Ein Asset-intensiver Bereich wie das Militär sollte heute nicht mehr auf ein vorausschauendes digitales Asset-Management auf qualitativer Datenbasis verzichten.
Foto: CPM/Wibke Pfeiffer (Symbolbild, GTK Boxer auf dem Übungsgelände in Pabradė, Litauen, 3. März 2023)

Es gibt wohl kaum einen Bereich, der bezüglich Ausrüstung und Material, von den Fahrzeugen und Geräten bis hin zu den Ersatzteilen komplexer wäre, als das Militär. Stocken die Abläufe, sind Probleme vorprogrammiert und die Soldaten nur bedingt einsatzbereit. Gerade im Umfeld der Waffenlieferungen an die Ukraine wurde darüber immer wieder berichtet.

Jetzt ist Daten-Aufrüstung geboten

Die Lösung für diese Herausforderung hat sicherlich viele Facetten und bedarf einer langfristigen Strategie. Eine davon liegt jedoch auf der Hand: Ein Asset-intensiver Bereich wie das Militär kann heute nicht mehr auf ein vorausschauendes digitales Asset-Management auf qualitativer Datenbasis verzichten.

Zu Beginn des Ukraine-Kriegs hat Bundeskanzler Olaf Scholz eine Zeitenwende angekündigt. Damit einhergehend soll die Bundeswehr besser ausgerüstet werden – unter anderem mithilfe des Sondervermögens von zusätzlichen 100 Milliarden Euro. Das Geld will sinnvoll eingesetzt sein. Höchste Zeit also, um hier ein wichtiges Thema auf den Tisch zu bringen, dessen Potenzial bislang noch kaum angetastet wurde: die Datennutzung im Flotten- bzw. Asset-Management.

Fehlende logistische Daten keine Seltenheit

Derzeit ist die Bundeswehr hier noch eher reaktiv – und das hat Folgen, zum Beispiel in der Beschaffung von Verteidigungssystemen. Wenn beispielsweise im Ukraine-Krieg die Haubitzen unerwartet schnell ihre Verfügbarkeit und Funktionalität verlieren, dann ist man bei der Lieferung von falschen Einsatzprofilen ausgegangen.

Oder es fehlen erforderliche logistische Daten, weil sie nicht Teil des Vertrags sind. Die Daten können unvollständig, nicht repräsentativ und nicht verwertbar geliefert werden. Und auch Nutzungsdaten werden kaum erzeugt, wie beispielsweise Informationen über Konfigurationsstände, Instandsetzungen, Ausfallraten, Betriebsstunden und vieles mehr.

Datenschieflage verursacht Mehraufwand

Diese Datenschieflage verursacht erheblichen Mehraufwand, da die Informationen bei der Ersatzteilbeschaffung oder bei Wartungsarbeiten neu erhoben werden müssen. Ein Marineschiff kann sich aus bis zu 150.000 Bauteilen zusammensetzen. Muss das Schiff in die Werft, dann vergehen unter Umständen Monate mit der Bestandsaufnahme dieses gigantischen Puzzles.

Bei jedem dieser Teile müssen die Wartungsarbeiter bestimmen, ob oder wann ein Austausch fällig ist, bevor sie mit der eigentlichen Erneuerung beginnen können. Wenn das Schiff mit einem vollständigen und korrekten Datensatz ins Trockendock einliefe, könnten sie damit sofort beginnen. Sowohl die Marine als auch der Hersteller würden von diesem wesentlich schlankeren Prozess profitieren.

Use-Case: Wartung autonomer Gefechtssysteme

Für die Vorteile von verfügbaren Daten lassen sich zahlreiche weitere Use-Cases finden. Man stelle sich beispielsweise die Wartung autonomer Gefechtssysteme vor. Ohne proaktives Datensystem muss ein defektes System aus dem Einsatz abgezogen werden, allein das kostet wertvolle Zeit. Dann erst erfolgt die aufwändige Analyse, welches Teil ausgetauscht werden muss, und die Reparatur. Danach kann es zurück in den Einsatz entsandt werden. „Wüsste“ das Gefechtssystem jedoch autonom, um welches Teil es sich handelt, könnte die Wartungseinheit damit direkt zu dem Gefechtssystem vordringen und den Austausch sofort vornehmen. Aufwand und Zeitverlust wären sehr viel geringer.

Militär und Hersteller können profitieren

Solche Szenarien für die Erhöhung der Einsatzbereitschaft sind in vielerlei Abstufungen vorstellbar. Auch können die Nutzungsdaten und deren Auswertung helfen, die Logistik zu optimieren. Besonders wichtig ist der vorausschauende Aspekt: Durch Vorhersage-Module kann aus den aktuellen Daten geschlossen werden, wann welche Ersatzteile zukünftig im Einsatz benötigt werden. So lassen sie sich rechtzeitig beschaffen und liefern.

Aber nicht nur das Militär kann von dieser Art Datennutzung profitieren, auch die Hersteller haben viel davon: Indem sie Daten zur tatsächlichen Nutzung im Einsatz erhalten, können sie ihre Produkte anpassen, optimieren und dementsprechend Entwicklungszyklen verkürzen. Auch können sie aus den Daten mögliche Fehler in der Produktion identifizieren und korrigieren.

Labor-Werte oder Schätzungen über Materialverschleiß lassen sich durch reale Daten verifizieren oder anpassen. Die Produktentwicklung würde massiv von der gesicherten Datenlage profitieren, sogar neue Geschäftsmodelle wie etwa „Performanced Based Logistics“ wären denkbar. Diese Vorteile könnten den Aufwand für die Datenbereitstellung kompensieren. Das Prinzip lautet Daten-für-Daten statt Daten-gegen-Geld – hier steckt das Potenzial für eine echte Win-Win-Situation für Hersteller und Bundeswehr.

Mögliches Zielbild als Diskussionsgrundlage für ein vorausschauendes Asset-Management bei der Bundeswehr zur Erhöhung der Einsatzfähigkeit der Streitkräfte.
Mögliches Zielbild als Diskussionsgrundlage für ein vorausschauendes Asset-Management bei der Bundeswehr zur Erhöhung der Einsatzfähigkeit der Streitkräfte.
Grafik: IBM

Zielbild für die Realisierung

Was aber müsste getan werden, damit die Bundeswehr auch datentechnisch voll auf die Höhe der Zeitenwende kommt? Zunächst bedarf es eines ambitionierten Zielbildes, das die datenermächtigte Zukunft der Bundeswehr anschaulich macht. Hier ist Unterstützung seitens fachlich erfahrener Partner notwendig, die beide Welten – Daten und Militär – kennen.

Dann muss ein entsprechendes digitales Ökosystem angelegt und gepflegt werden. Und schließlich muss eine hochsichere und skalierbare Datenplattform Hersteller, Bundeswehrbereiche und Lieferanten zuverlässig verbinden. Auf dieser Plattform müssen die Beteiligten die erzeugten Daten teilen, analysieren, bewerten und nutzen können. Zusätzlich müssen die Daten sicher, gespeichert und hoch-performant verarbeitet werden.

Technische Machbarkeit vs. Vertrauen in die Sicherheit

Technisch ist das alles machbar – die Technologien sind bewährt und verfügbar. Der Erfolg einer solchen Transformation hängt aber nicht allein von der technischen Realisierbarkeit ab. Ganz oben steht die Frage nach dem Vertrauen: Hier geht es um die Teilhabe an einem Ökosystem, in dem hochsensible Informationen geteilt werden. Informationen, deren Preisgabe katastrophale Folgen haben könnte. Wie angesichts einer unsicheren Weltlage hier eine verlässliche, sichere Basis geschaffen werden kann, muss noch diskutiert werden.

Daran schließen sich weitere Fragen an: Wem gehören die Daten? Wer trägt die Verantwortung? Wie kann die Qualität der Daten sichergestellt werden? Letztgültige Antworten darauf gibt es noch nicht. Sicher aber ist, dass sie Eingang finden müssen in das Gesamtkonzept.

Und sicher ist auch: Die Nutzung von Daten in den Prozessen der Bundeswehr wird in Zukunft unverzichtbar sein. Dieses Vorhaben jetzt anzupacken – auch das wäre ein wichtiger Beitrag zur Zeitenwende.

Autor: Marcus Abel, Manager Business Development bei IBM, Bereich Defense & Intelligence

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