Verzögerungen bei der Munition für die Bundeswehr

Insgesamt will Deutschland in diesem Jahr 3,5 Milliarden Euro in Munition investieren, doch sowohl die Unterzeichnung der Verträge als auch die anschließende Lieferung dauern. So sind bisher nur Aufträge für rund 2,2 Milliarden Euro vergeben und erst rund 1,1 Milliarden Euro tatsächlich für Munition ausgegeben worden. Viele der nun geschlossenen Verträge sind zudem langfristig – was aus Industriesicht unbedingt wünschenswert ist, der Bundeswehr bei ihrem Defizit aktuell allerdings wenig hilft.

Die Erfahrungen aus dem Ukraine-Krieg zeigen den immensen Bedarf an Artilleriemunition aufgrund des enormen Verbrauchs. Die Vorgabe der NATO lautet deshalb: Munition für 30 Tage.
Die Erfahrungen aus dem Ukraine-Krieg zeigen den immensen Bedarf an Artilleriemunition aufgrund des enormen Verbrauchs. Die Vorgabe der NATO lautet deshalb: Munition für 30 Tage.
Foto: Bundeswehr/Marco Dorow

Die NATO gibt ein klares Ziel vor: 30 Tage soll der Vorrat an Munition in den Mitgliedsländern reichen. Für Deutschland aktuell noch undenkbar, selbst eine Woche wäre schon Wunschdenken, wurde cpm Defence Network aus militärischen Kreisen berichtet. Deutschland steht zwar mir diesem Munitionsdefizit nicht alleine da, doch dies wäre bei einem russischen Angriff auf NATO-Territorium nur ein schwacher Trost.

Deutschland bestellt Munitionsteile, keine Schüsse

Zudem gibt die Ausführung der Beschaffung durchaus Rätsel auf, eines ergibt sich aus dem Unterschied zwischen Geschoss und Schuss. Ein Geschoss ist nur ein Bestandteil der Artilleriemunition. Schießen kann die Bundeswehr ausschließlich mit einem ganzen Schuss, der neben dem Geschoss auch aus Treibladungen, Treibladungszündern und Zündern besteht.

Wie aus dem Umfeld des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages nun zu erfahren ist, hat das Verteidigungsministerium beide Rahmenvereinbarungen zur Artilleriemunition so ausgestaltet, das ganze Schüsse bestellt werden könnten. Für die erwähnten 2,2 Milliarden Euro seien aber nicht ganze Schüsse geordert worden, sondern ausschließlich Geschosse. Für sehr viel Geld würde die Bundeswehr demnach nur Teile der Munition kaufen.

Auf Nachfrage hätten die Haushaltspolitiker erfahren, dass nur Munitionsteile, aber keine einsatzbereite Munition im Komplettpaket gekauft wird. Die Industrie weist wiederum darauf hin, dass der Bund natürlich auch ganze Schüsse kaufen könnte. Genau dieses fordern nun auch die Mitglieder des Haushaltsausschusses.

In einem Maßgabebeschluss zur entsprechenden „25 Mio Vorlage“ fordern die Parlamentarier: „Der Haushaltsausschuss begrüßt die Erweiterung der Rahmenvereinbarung und Bestellung von 200.000 Geschossen 155mm. Der Haushaltsausschuss fordert die Bundesregierung auf:

  1. Die Einsatzverfügbarkeit der bestellten 155mm Geschosse als sog. „ganzer Schuss“ sicherzustellen,
  2. Schriftlich den Berichterstattern des Einzelplans 14 zu berichten, wenn trotz Verzögerung auf Vertragsstrafen verzichtet wird,
  3. Über abgeschlossene Lieferungen nach Bestellung durch das Ukrainian Ministry of Defence spätestens 3 Monate danach den Berichterstattern des Einzelplans 14 schriftlich zu berichten.“
Keine Nachlieferung der Marine-Munition

Neben dem Heer betrifft der Munitionsmangel besonders auch die Marine, die schließlich in vielen Einsätzen weltweit gebunden ist, teilweise geht die Intensität bis in kriegsähnliche Situationen. Ein großes absehbares Problem ist beispielsweise der Mangel an SM-2 Flugkörpern auf den Fregatten, da diese in der von der Deutschen Marine verwendeten Konfiguration nicht mehr produziert werden (wir berichteten).

„Obwohl das Verteidigungsministerium offenbar seit langer Zeit weiß, dass wir für unsere Flugabwehrfregatten ohne weiteres keine neuen SM-2-Lenkflugkörper beschaffen können, passierte einfach nichts. Keinen einzigen Euro hat das Ministerium für die Nachbeschaffung von SM-2 in den Haushalt eingestellt“, erläutert MdB Ingo Gädechens, Berichterstatter der CDU/CSU-Fraktion für den Verteidigungshaushalt. „Dabei dachten wir, mit dem Haushalt für 2024 würde endlich etwas passieren: Nachdem 2022 und 2023 kaum in Munition investiert wurde, stehen in diesem Jahr deutlich mehr Mittel zur Verfügung.“

Doch diese Mittel würden zum Großteil in Vorauszahlungen fließen. MdB Gädechens berichtet: „Dann sieht es so aus, als ob das Geld für Munitionskäufe ausgegeben wurde – die Bundeswehrdepots sind aber immer noch leer, weil die Munition erst bis in die 30er-Jahre geliefert wird. Das ist übrigens weit nach dem Zieljahr 2029, in dem wir wieder kriegstüchtig sein sollen.“

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