Treffen der SAR-Flieger in Nordholz

Mit großer Freude begrüßte Fregattenkapitän Carsten Holtgreve die teilnehmenden Gäste zum diesjährigen Search and Rescue (SAR) Meet, das nach seinen Worten bereits zur Tradition des Marinefliegergeschwader 5 gehört. „Nachdem das MFG 5 den fliegerischen Wettkampf 2021 in Koksijde (Belgien) gewonnen hat, sind wir glücklich, diese Tradition fortsetzen zu können“, so der Kommodore des MFG 5. Die Teilnehmer erwartete ein abwechslungsreiches mehrtägiges Programm, bestehend aus Fachsymposium, einer fordernden Flying Challenge mit einer Vielzahl zu lösender Aufgaben und einem Ausstellungstag, der sowohl Spottern, der Industrie als auch Angehörigen der in Nordholz stationierten Geschwader die Gelegenheit zum Informations- und Erfahrungsaustausch bot.

Starke Beteiligung aus dem In- und Ausland

Der Einladung nach Nordholz folgten nicht nur Delegationen aus Zypern und Portugal sowie Vertreter der EUSPA (European Union Agency for the Space Programme), der Europäischen Kommission, der Industrie und der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger. Zu den weiteren Gästen zählten auch zahlreiche Besatzungen mit ihren Hubschraubern aus Verbänden, die unter anderem auch mit der Durchführung des Such- und Rettungsdienstes beauftragt sind. Die Liste der teilnehmenden Einheiten liest sich wie folgt:

• Deutschland:
  • NH90-NTH Sea Lion (Marinefliegergeschwader 5 Nordholz)
  • Westland Sea King Mk41 (Marinefliegergeschwader 5 Nordholz)
  • Westland Sea Lynx Mk88A (Marinefliegergeschwader 5 Nordholz)
  • H145M LUH SAR (Transporthubschrauberregiment 30 Niederstetten)
  • NH90-TTH (Internationales Hubschrauberausbildungszentrum Bückeburg)
  • Kampfhubschrauber Tiger (Kampfhubschrauberregiment 36 Fritzlar)
• Tschechische Republik:
  • PZL W-3A Sokol (243. Hubschrauberstaffel, Luftwaffe, Prag-Kbely)
  • Mil Mi-17 (243. Hubschrauberstaffel, Luftwaffe, Prag-Kbely)
• Litauen:
  • Eurocopter AS365 N3+ Dauphin (Hubschrauberstaffel Luftwaffe, Šiauliai)
• Belgien:
  • NH90-NFH Caiman (40 Sqn, Belgian Air Force, Koksijde)

Fachsymposium mit breiter Themenvielfalt

Das Fachsymposium bot den rund 100 Teilnehmern ein breites Themenfeld. Neben Einblicken in die Organisation des SAR-Dienstes in Venezuela erhielten sie auch Informationen aus erster Hand über den SAR-Dienst in der Tschechischen Republik. Oberstleutnant Petr Šafařík, Kommandeur der 243. Hubschrauberstaffel und Hubschrauberpilot mit mehr als 2400 Flugstunden auf dem PZL W-3A Sokol der tschechischen Luftwaffe stellte die verwendeten Hubschraubertypen und die entsprechenden Einsatzmöglichkeiten vor. Weiteres Thema war die zunehmende Digitalisierung und damit verbundene Fortschritte bei Simulator unterstützter Ausbildung, Training und auch im täglichen SAR-Geschäft.

Evolution des SAR-Dienstes

Das Thema Evolution des SAR-Dienstes ist aus Sicht Holtgreves ein Novum beim SAR Meet. Moderne Hubschrauber, neue Verfahren, Digitalisierung oder verbesserte Unterstützung durch Satelliten werden den SAR-Dienst weiter verändern. So liefert das Satellitenprogramm Galileo der Europäischen Union nicht nur exakte Positions- und Uhrzeitdaten an rund vier Milliarden Nutzer, sondern auch speziell aufbereitete Daten an den Such- und Rettungsdienst. Galileo/SAR ist integrierter Bestandteil des internationalen Rettungsnetzwerkes Sarsat. Galileo/SAR kann als sogenannte Medium Earth Orbit Capacity sehr schnell Notsignale aufnehmen und äußerst genau deren Position bestimmen. Die erfassten Daten werden an eine Bodenstation übermittelt, die diese dann an die nächstgelegene Rettungsstation übermittelt. 2020 wurde die Funktion des Return Link eingeführt. Dabei übermittelt Galileo/SAR eine Empfangsbestätigung des Notsignals sowie Positionsangabe an den Absender. Diese Funktion ist Grundlage für die Entwicklung neuer verbesserter Dienste. Der Blick nach vorne richtet sich aber auch auf Möglichkeiten durch Einsatz von Unmanned Arial Vehicles (UAV) und anderen unbemannten Plattformen sowie zunehmender Nutzung von Artificial Intelligence (AI), die den Such- und Rettungsdienst in der Zukunft wesentlich ergänzen und unterstützen kann.

Einführung NH90 NTH

Im besonderen Interesse standen natürlich auch die erzielten Fortschritte aber auch Herausforderungen bei der Einführung des neuen Hubschraubers NH90 NTH Sea Lion, der im nächsten Jahr den bislang noch im Einsatz befindlichen Westland Sea King Mk41 nach rund 50 Jahren im operativen Einsatz in allen Aufgabenbereichen ablösen wird.

Mit Übergabe des letzten NH90 NTH Sea Lion zu Jahresbeginn verfügt das Marinefliegergeschwader 5 nun über alle 18 Maschinen dieses Typs. Seit Auslieferung des ersten drei Sea Lion an das MFG 5 im Mai 2020 und tatsächlicher Aufnahme des Flugbetriebs mit dem NH90 NTH am 9. Juni des gleichen Jahres betreibt das MFG 5 konsequent und zielstrebig die Einführung des neuen Hubschraubers. Ein wesentlicher Meilenstein konnte am 5.Juli mit der offiziellen Aufnahme des SAR-Dienstes über Nord- und Ostsee mit dem NH90 NTH erreicht werden. Nur wenige Tage nach der Auftragsübernahme führte der NH90 Sea Lion in SAR-Konfiguration am 17.Juli den ersten realen Rettungseinsatz durch. Die erfolgreiche Feuertaufe leitet endgültig den Generationswechsel vom Sea King zum Sea Lion ein.

Wettkampf der Besatzungen

SAR-Hubschrauber fliegen bei jedem Wetter, die Piloten sind keine Schönwetter-Flieger. Das bewiesen sie in der Flying Challenge, die unter sehr wechselhaften, teils widrigen Wetterbedingungen ausgetragen wurde. Die Besatzungen mit ihren Hubschraubern waren in vielfältiger Weise gefordert. Unterschiedliche Aufgaben galt es mit höchstmöglicher Präzision im Wettkampf zu absolvieren. Winschmanöver, bei denen Dummies geborgen oder an einem festgelegten Punkt platziert werden mussten sowie ein Streckenflug, bei dem es auf exakte Navigation ankam, zählten zu den Aufgaben. Die Siegertrophäe konnte am Ende die Besatzung des PZL W-3A Sokol der 243. Hubschrauberstaffel der tschechischen Luftwaffe in Empfang nehmen.

Sonderlackierung zum Jubiläum

Ein halbes Jahrhundert leistet der Westland Sea King Mk.41 nunmehr zuverlässig seinen Dienst in unterschiedlichsten Aufgaben bei den Marinefliegern. Hauptauftrag war und ist jedoch der Einsatz im SAR-Dienst als Rettungshubschrauber. Von 22 seinerzeit beschafften Maschinen stehen nun noch ganze fünf Sea Kings im operativen Einsatz, deren Tage jedoch bereits gezählt sind. Im nächsten Jahr endet die Ära des Sea King. Am 9.August wurde mit der 89+50 die vorerst letzte Maschine außer Dienst gestellt. Sie absolvierte in ihrer 50-jährigen Einsatzzeit rund 8435 Flugstunden, in denen sie in Rettungseinsätzen mehr als 190 Menschen das Leben rettete. Pünktlich zum SAR Meet präsentierte das MFG 5 daher auch einen mit einer Retro-Sonderlackierung versehenen Sea King. Dieser speziell lackierte Hubschrauber steht noch im Einsatz und erinnert somit noch für jeden am Himmel sichtbar an fünf Jahrzehnte zuverlässigen Einsatz im SAR-Dienst. Bleibt zu hoffen, dass diese schöne Maschine nach Außerdienststellung erhalten bleibt.

Autor: Carsten Vennemann, cpm GmbH