Das Gefechtsübungszentrums Heer (GÜZ) wird aktuell durch die Firma Saab betrieben. Das Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) hat Saab am 29. November 2019 mit der Unterstützung des Betriebs des GÜZ beauftragt. Für den Betrieb des GÜZ im Zeitraum 2020 bis 2026 sind rund 120 Millionen Euro bereitgestellt. Das lässt erahnen, um wie viel Finanzmittel es bei einem Anschlussvertrag geht. Das Thema GÜZ bleibt Bestandteil aktueller politischer Debatten.
Die Leistungen umfassen die Verwaltung und Instandhaltung des gesamten Ausbildungsgeräts im Bereich Live-Simulation, der Kommunikationsinfrastruktur, Übungsleitungszentrale sowie logistische Dienstleistungen wie die Wartung von Fahrzeugen und Funkgeräten, die Lagerung und Handhabung von Waffen und Munition, die Beförderung von Militärangehörigen und die dauerhafte Unterstützung des GÜZ insgesamt. Unterstützt wird Saab dabei von der Flensburger Fahrzeugbau Gesellschaft mbH (FFG). Saab betreut übrigens ähnliche Einrichtungen in Schweden, der Schweiz, den Niederlanden, Norwegen, etc.
Der aktuelle Vertrag endet im August 2026 und benötigt daher dringend eine Anschlusslösung. Laut deutschen Medien will die SPD aber keinen neuen Betreiber, sondern eine Inhouse-Lösung. Die Bundeswehr soll es also selber machen. Das SPD-geführte Ministerium hat aber in einer Wirtschaftlichkeitsuntersuchung wohl festgestellt, dass dies deutlich teurer wird als ein entsprechender Vertrag mit einem Dienstleister.
Ein sehr interessanter Fakt, denn unter der SPD-Führung von Franz Müntefering wurden so viele Anteile der Bundeswehr wie möglich „outgesourct“. Viele davon machen auch heute noch keinen Sinn. Warum will die SPD gerade hier jetzt den Schritt in die andere Richtung machen?
In einer Pressemitteilung vom 18. September schreibt das Mitglied des Bundestages, Ingo Gädechens (CDU), dazu: Die merkwürdige Geschichte über den Weiterbetrieb des Gefechtsübungszentrums Heer (kurz GÜZ) geht in die nächste Runde: Das Verteidigungsministerium musste jetzt einräumen, dass es die bisherige Wirtschaftlichkeitsuntersuchung für den Weiterbetrieb des GÜZ überarbeiten lässt. Dabei soll die neue Option „Bedarfsdeckung durch die HIL GmbH“ untersucht werden.
Hintergrund ist, dass neben der wirtschaftlichsten Variante eines industriellen Betreibers bisher nur die Übernahme durch die Bundeswehr selbst bzw. eine neu zu gründende Inhouse-Gesellschaft betrachtet wurde. Nachdem der Verteidigungsminister aber an seiner eigenen SPD-Fraktion mit dem Vorhaben gescheitert ist, weiterhin einen industriellen Betreiber zu beauftragen, wurde kurzfristig ein neuer Plan entwickelt: Demnach soll die bundeseigene HIL GmbH das GÜZ betreiben, weil eine komplette Firmenneugründung durch den Bund zu viel Zeit kosten würde.
Die ganze Angelegenheit ist für Boris Pistorius höchst unangenehm. Nicht nur steht die grundsätzliche Frage im Raum, warum ein Bundesminister nicht – wie es üblicherweise normal wäre – in der Lage ist, sich mit seinem Anliegen auch gegen das Parlament durchzusetzen; zumal die Faktenlage selten so eindeutig ist wie beim Thema GÜZ. Noch schwerer aber wiegt die Problematik, dass sich der Minister hart an den Grenzen des Haushaltsrechts bewegt.
Wie der Bundesrechnungshof erst jüngst im Rahmen eines Berichts über den Reservistenverband festgestellt hat, ist das Ergebnis einer Wirtschaftlichkeitsuntersuchung bindend. Auch wenn das Verteidigungsministerium dem eigenen Minister wohl vorgeschlagen hat, haushaltsrechtswidrig die bisherige Wirtschaftlichkeitsuntersuchung zum GÜZ zu ignorieren und per Federstrich die HIL GmbH zu beauftragen, wollte Pistorius diesen Weg sowie den damit verbundenen möglichen Haushaltsrechtsverstoß nicht mitgehen und hat die „Aktualisierung der Wirtschaftlichkeitsuntersuchung“ beauftragt.
Dass es sich bei dieser Aktualisierung um eine politische Farce handelt, liegt auf der Hand: Offenkundig wurde schon festgelegt, dass die HIL GmbH mit dem Betrieb des GÜZ beauftragt werden soll. Damit aber der Verteidigungsminister nicht in Konflikt mit dem Haushaltsrecht kommt und womöglich mit seiner Unterschrift eine rechtswidrige Entscheidung trifft, müssen jetzt die Zahlen so gerechnet werden, dass am Ende auch auf dem Papier die Beauftragung der HIL GmbH die wirtschaftlichste Variante ist.
Eine ergebnisoffene Wirtschaftlichkeitsuntersuchung sieht anders aus. Insofern spricht auch die Antwort des Ministeriums auf die Frage zu einer möglichen Manipulation der Untersuchung Bände. Das Ministerium hätte unzweideutig antworten können: Eine unzulässige Verfälschung der Wirtschaftlichkeitsuntersuchung schließt das Ministerium aus. Stattdessen wird die Beantwortung abgelehnt, weil es sich um eine hypothetische Frage handeln würde. Das ist absurd, wird doch an der Wirtschaftlichkeitsuntersuchung aktuell gearbeitet. Insofern bezog sich die Frage auf einen konkreten und abgeschlossenen Sachverhalt. Erstaunlich, dass sich das Ministerium dazu nicht äußern will.
Dazu erklärt Ingo Gädechens, Berichterstatter der CDU/CSU-Fraktion für den Verteidigungshaushalt: „Offenbar hat Boris Pistorius jetzt die neue Devise ausgegeben: Rechnen, bis das Ergebnis stimmt! Der ganze Vorgang ist für die Ampel und den Verteidigungsminister nur noch peinlich. Die Wirtschaftlichkeitsuntersuchung hat ganz klar ergeben: Das Gefechtsübungszentrum sollte genauso weiterbetrieben werden, wie es seit Jahren erfolgreich funktioniert. Weil sich der Minister aber nicht gegen seine eigenen SPD-Parlamentarier durchsetzen kann, muss er jetzt – wider besseres Wissen – die Zahlen so lange schönrechnen lassen, bis das gewünschte Ergebnis steht.
Das ganze Vorgehen erinnert an Zeiten der Planwirtschaft: Wenn vorher schon feststeht, was hinten rauskommen soll, kann etwas nicht stimmen. Und es geht um viel: Nicht nur um Steuermittel, sondern es steht auch der Betrieb der wichtigsten Ausbildungsstätte des Deutschen Heeres auf dem Spiel. Wenn die ganze Posse so weitergeht, wie es gerade läuft, besteht ein reales Risiko, dass im GÜZ 2026 die Lichter ausgehen. Pistorius ist dann vermutlich nicht mehr im Amt – aber der immense Schaden dieser peinlichen und unverständlichen Posse wird dann erst richtig sichtbar.“
Nur zur redaktionellen Einordnung: Die HIL Heeresinstandsetzungslogistik GmbH mit Sitz in Bonn ist ein zu 100 Prozent im Besitz der Bundesrepublik Deutschland befindliches Unternehmen, welches im Bereich der Wartung und Instandhaltung von landgestütztem militärischem Großgerät (Rad- und Kettenfahrzeugen) tätig ist. Damit kann die Kompetenz der HIL sicherlich einen Anteil des GÜZ-Vertrags ersetzen, aber die HIL hat bisher keine Fähigkeiten im Bereich Ausbildungsplanung und -steuerung nachgewiesen. Auch die Instandsetzung von Handwaffen ist kein Teil des bisherigen Portfolios.
Aber ein Eigenbetrieb bzw. eine Inhouse-Lösung für das GÜZ lässt einen Betrieb nach Finanzlage zu, ein bindender Vertrag mit einem Wirtschaftsunternehmen nicht.
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