Gerade in der militärischen Luftfahrt steht der Kampfjet nicht mehr allein im Rampenlicht. „Wir leben jetzt in einer Realität“, erklärte Tobias Ehlke, CPM-Verleger und Veranstalter des Air Force Tech Summit, in seiner Begrüßung, „in der Fähigkeiten nicht mehr allein durch Hardware definiert werden, sondern durch Algorithmen.“
Neben der aktuellen Entwicklung von Kampfflugzeugen und unbemannten Plattformen spielen daher insbesondere deren Vernetzung und autonomes Handeln durch KI eine wichtige Rolle heutiger Debatten. Rund 200 Teilnehmende informieren und diskutieren heute und morgen in Berlin über diese Zukunftsthemen.
Herausforderungen in der Luftfahrt-Industrie
Unter dem Leitmotiv „LUFTWAFFE 2030+ – Accelerate. Integrate. Dominate.“ dreht sich alles um die Frage, wie moderne Luftstreitkräfte auf neue Bedrohungen reagieren und technologische Chancen nutzen können. Dabei steht die Industrie an erster Stelle: Sie muss die Systeme liefern, mit denen die Luftwaffe in den Einsatz gehen kann.
Gerade hier zeigen sich immer größere Schwierigkeiten durch Abhängigkeit vom Ausland – sowohl was Lieferketten – Stichwort Seltene Erden – als auch Exportbeschränkungen und politische Unsicherheiten angeht. „Wenn wir über Air Power und Air Dominance sprechen“, so Ehlke, „dann sprechen wir auch immer wieder über Abhängigkeiten und allen voran über Abhängigkeiten von den USA. Ich sage nur: Schwerer Transporthubschrauber, P-8 Poseidon und F-35.“
Hier stehen die deutsche und europäische Industrie vor der Aufgabe, wieder mehr Souveränität zu erlangen – auch mit eigenen Entwicklungen. Ein Anfang: Zuletzt wurden 20 neue Eurofighter der Tranche 5 durch die Bundeswehr bestellt. „So wichtig diese Entscheidung industriepolitisch auch ist: Ein Gamechanger wird der Eurofighter für die Zukunft der Luftwaffe eher weniger sein“, stellte Ehlke jedoch ernüchternd fest.
Blick der Industrie auf die Gesamtlage
Die ebenfalls auf dem Air Force Tech Summit sprechende Bundesverbandes der Deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie, Marie-Christine von Hahn, äußerte keine Bedenken darüber, dass man die anstehenden Aufgaben bewältigen könne: „Für uns als Industrie, als Team heißt das: Wir werden als Industrie unsere Leistungsfähigkeit voll unter Beweis stellen. Wir werden liefern – schnell, effektiv, innovativ und technologisch führen.“
Der Schlüssel zum Erfolg liege allerdings in der Teamarbeit zwischen Industrie und Luftwaffe. „Streitkräfte und Industrie – das ist untrennbar“, erklärte von Hahn und stellte ihr Grußwort unter das Motto „One Team – One Mission“ Es gehe, so die Hauptgeschäftsführerin des BDLI, um nichts weniger als die Sicherheit und Souveränität von Deutschland, Europa und der NATO.
„Wir sehen Drohnen über Polen, wir sehen gezielte Luftraumverletzungen im Baltikum, wir sehen Cyber-Angriffe und Desinformationen“, beschrieb von Hahn die Gefahrenlage und gab dem Air Force Tech Summit als Industriesprecherin den notwendigen sicherheitspolitischen Rahmen. „Wir sind in einem permanenten Konflikt; gerade eben unterhalb der Stelle eines offenen Krieges.“
Luftfahrtindustrie: Was ist zu tun?
Beim Thema Luftraum gehen die Debatten häufig in eine defensive Richtung. Gerade beim Beispiel Ukraine bestimmt die Abwehr von Shahed-Drohnen und Hyperschallraketen mit Mitteln der bodengebundenen Luftverteidigung die Nachrichtenlage.
„Israel wiederum“, so von Hahn, „hat im Iran gezeigt, was mit technologischer Überlegenheit und Dominanz in der Luft möglich ist: nämlich ein präzises Zusammenspiel von Angriff und Verteidigung, von Schild und Schwert.“
Marie-Christine von Hahn spricht hier neben der Abwehr von Drohnen und Raketen auch den gezielten Angriff auf Produktionsstätten und Kommandostrukturen im Iran (und bei dessen Verbündeten) an. Die nötigen Systeme gäbe es auch bei uns. Sie müssten nur in ausreichender Stückzahl beschafft werden.
Wobei sich hier die Frage stellt, was unter „ausreichend“ zu verstehen ist. „Es ist sinnvoll, ein paar zusätzliche Flugzeuge und Hubschrauber im Hangar stehen zu haben und nicht nur das notwendigste Minimum“, meint von Hahn – auch angesichts der deutlich gestiegenen finanziellen Ressourcen.
Nationale Alleingänge – wenn möglich
Auf dem Air Force Tech Summit ist vielfach auch vom FCAS-Projekt die Rede – einer spanisch-französisch-deutschen Entwicklung für ein Verbundsystem aus neuem Kampfjet, unbemannten Systemen und einer verbindenden CombatCloud. Hier gab es zuletzt industrielle Befindlichkeiten, die das multinationale Projekt mehrfach an den Rand des Abgrunds führten. Eine politische Entscheidung zum Fortgang des Projekts wird für Ende des Jahres erwartet.
Die Hauptgeschäftsführerin des BDLI zieht daraus den Entschluss, zukünftig wieder verstärkt auf nationale Entwicklungen zu setzen. „Ich meine damit den Mut, ambitionierte Projekte national aufzusetzen“, erklärte von Hahn. „Ich meine damit den Willen, diese Projekte technologisch an der Spitze der Leistungskurve zu entwickeln. Das können wir, weil wir technologisch eben spitze sind. […] Alles, was wir selber machen können, müssen wir selber machen.“
Ohne Weltraum kein Einsatz
Auch wenn die Veranstaltung in Berlin die Luftfahrt in den Fokus nimmt, kann sie heute nicht mehr ohne die Raumfahrt gedacht werden. „Ohne Souveränität im Weltraum ist kein moderner Einsatz denkbar“, zitierte die Hauptgeschäftsführerin des BDLI daher den deutschen Verteidigungsminister Boris Pistorius.
Um auch im Weltall dringend benötigte Fähigkeiten aufzubauen, will die Bundesregierung bis 2030 rund 35 Milliarden Euro zur Verfügung stellen. „Das ist ein Quantensprung, eine Zeitenwende ganz neuer Art“, kommentierte von Hahn.
Am Ende zeigt der Air Force Tech Summit 2025 vor allem eines: Die Transformation der Luftstreitkräfte ist längst keine Frage einzelner Innovationssprünge mehr, sondern ein industrielles und militärisches Gesamtprojekt.
Zwischen geopolitischen Spannungen, technologischer Disruption und dem Anspruch auf europäische Souveränität wird deutlich, dass Deutschland und Europa jetzt Entscheidungen treffen müssen, die ihre Luftmacht der kommenden Jahrzehnte prägen. Der Schulterschluss von Industrie, Forschung und Luftwaffe, wie er heute und morgen in Berlin sichtbar wird, ist dafür der entscheidende Faktor – und zugleich der Maßstab, an dem sich alle Beteiligten künftig messen lassen müssen.
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