LBA Systems: Leonardo & Baykar gründen Joint Venture in Paris

Auf der heute gestarteten 55. Paris Air Show erfolgte die Gründung von LBA Systems – einem neuen Joint Venture des türkischen Drohnenherstellers Baykar und des italienischen Systemhauses Leonardo. Das Joint Venture soll insbesondere für den europäischen Markt eine neue Generation UAVs hervorbringen, die auf den türkischen Drohnen basieren und diese mit italienischen Nutzlasten kombinieren. Doch auch ein anderes Rüstungsprojekt für Italien könnte mit der Gründung möglich werden.

Leonardo-CEO Roberto Cingolani und Baykar-CTO Selçuk Bayraktar unterzeichneten heute auf der Paris Air Show den Vertrag zur Gründung des gemeinsamen Joint Ventures LBA Systems.
Leonardo-CEO Roberto Cingolani und Baykar-CTO Selçuk Bayraktar unterzeichneten heute auf der Paris Air Show den Vertrag zur Gründung des gemeinsamen Joint Ventures LBA Systems.
Foto: CPM / Navid Linnemann

Der Schritt war bereits in der vergangenen Woche durch Baykar-CTO Selçuk Bayraktar und Leonardo-CEO Roberto Cingolani angekündigt worden – das gemeinsame Joint Venture LBA Systems solle die Stärken beider Unternehmen bündeln. „Ich denke, dass es innerhalb der NATO – insbesondere in Europa – eine Kluft zum Rest der Welt gibt, was den Einsatz von Drohnen angeht“, erklärte Cingolani. Diese solle nun durch das Angebot von LBA Systems geschlossen werden.

Die heute erfolgte Gründung des Joint Ventures erfolgte in beinahe atemberaubender Geschwindigkeit. „Das war eine sehr schnelle Geschichte“, zeigte sich Cingolani stolz, „die auf einer beispiellosen Komplementarität zwischen den Technologieportfolios der beiden Unternehmen und ihrem gemeinsamen Geist beruhte.“ Erst im Oktober 2024 besuchte eine Delegation von Leonardo die Firmenzentrale von Baykar in Istanbul. Im März unterzeichneten die Unternehmen dann in Rom bereits das Memorandum of Understanding für das heute gegründete Joint Venture.

„Ich denke, ein Joint Venture ist eine viel bessere Lösung als zu konkurrieren“, erklärte Bayraktar. Gemeinsamen mit Leonardo könne man das in Marktanalysen erkannte Potenzial heben. „Außerdem könnte es auch zu einer weiteren Zusammenarbeit im Weltraum kommen“, deutete Bayraktar den weiteren Weg mit Leonardo auch jenseits von Drohnen an.

Die türkische HALE-Drohne Bayraktar Akıncı
Die türkische HALE-Drohne Bayraktar Akıncı.
Foto: CPM / Navid Linnemann

Mit der feierlichen Vertragsunterzeichnung auf der Paris Air Show für LBA Systems bündeln Leonardo und Baykar zunächst ihre Fähigkeiten – das Joint Venture kann aber auch als Möglichkeit für den türkischen Hersteller aufgefasst werden, endlich mehr Fuß in Europa zu fassen. Den internationalen Verkaufsschlager TB2 nutzen in Europa – neben der Ukraine – nur Albanien, Bosnien und Herzegowina, Rumänien, Polen und das Kosovo. Die HALE-Drohne Bayraktar Akıncı wird gar nicht von europäischen Staaten genutzt.

LBA Systems soll in Italien beheimatet sein

Das Joint Venture vereint zwei sich ergänzende Kompetenzen: Baykar wird seine kampferprobten unbemannten Systeme wie die Akıncı und die neueste Marinedrohne TB3 ein, während Leonardo seine langjährige Expertise in den Bereichen Sensorik, Avionik und Systemintegration liefert.

Erklärtes Ziel ist es, zukünftig komplette UAV-Lösungen aus einer Hand zu entwickeln – inklusive modernster Aufklärungstechnologie, elektronischer Kriegsführung und intelligenter Munition. Dabei spielt es nach Angaben der beiden Unternehmen keine Rolle, in welcher Richtung zusammengearbeitet wird – damit sind türkische Nutzlasten zukünftig auch auf italienischen Plattformen denkbar.

Die türkische HALE-Drohne Bayraktar Akıncı und mögliche Integrationen von Leonardo.
Die türkische HALE-Drohne Bayraktar Akıncı und mögliche Integrationen von Leonardo.
Foto: CPM / Navid Linnemann

Das Beispiel Polen zeigt, dass schon erste Schritte gewagt wurden. Dort wurde das Osprey 30 AESA-Radar von Leonardo bereits in eine Baykar TB2 integriert. Im aktuellen Industrieplan nennt Leonardo eine ganze Liste von Nutzlasten, die in Produkte von Baykar integriert werden könnten; darunter das Gabbiano-Bugradar, Skyward IRST, das LEOSS S/T EO/IR-System und das kompakte BriteStorm-EW-System.

LBA Systems wird seinen Sitz in Italien haben und sich auf Entwicklung, Produktion, Integration und Wartung von unbemannten Luftfahrtsystemen spezialisieren. Neben der Entwicklung neuer Drohnen sollen auch existierende Plattformen weiterentwickelt und international vermarktet werden. Dabei spielt Leonardos Zugang zu europäischen Beschaffungsprogrammen ebenso eine Rolle wie Baykars erfolgreiches Exportmodell.

Erste Produkte bereits ausgestellt – LBA Systems

Noch bevor das Joint Venture vollständig operativ ist, zeigt LBA Systems Flagge: Auf der Paris Air Show werden durch Leonardo bereits erste Produkte des neuen Bündnisses präsentiert. Zu sehen sind unter anderem ein Mock-up der Bayraktar TB3 und die Baykar-Drohne Akıncı. Das sind die beiden Modelle, an denen die Teams beider Unternehmen bisher arbeiten.

Die türkische MALE-Drohne Bayraktar TB3 und mögliche Integrationen von Leonardo.
Die türkische MALE-Drohne Bayraktar TB3 und mögliche Integrationen von Leonardo.
Foto: CPM / Navid Linnemann

Nach Angaben der Unternehmen soll bereits im kommenden Jahr mit der Produktion begonnen werden – in der Türkei und Italien. Dann soll auch die notwendige Zertifizierung für Italien und die EU erfolgt sein. Bereits in den nächsten Monaten soll abschließend geklärt sein, welche Leonardo-Nutzlasten für die türkischen Drohnen infrage kommen.

Türkischer Kızılelma als Wingman von GCAP?

Im Industrieplan von Leonardo wird auch die sich noch in der Entwicklung befindliche Drohne Kizilelma aufgeführt. Dabei handelt es sich um ein unbemanntes Kampfflugzeug mit Turbinenstrahlantrieb, welches komplett in der Türkei entwickelt wurde. Mehrere Testflüge wurden bereits absolviert.

Leonardo und Baykar sind guter Dinge, dass Kızılelma oder eine Abwandlung der Kampfdrohne für das seit 2022 von Großbritannien, Italien und Japan betriebene Global Combat Air Programme (GCAP) dienen könnte. Ziel des Programms ist die Entwicklung eines Kampfflugzeuges der 6. Generation. Auf der heutigen Veranstaltung wurden dazu jedoch explizit keine Fragen beantwortet.

Die türkische MALE-Drohne Bayraktar TB3 mit möglicher Bewaffnung.
Die türkische MALE-Drohne Bayraktar TB3 mit möglicher Bewaffnung.
Foto: CPM / Navid Linnemann

Die Gründung von LBA Systems resultiert aus der weltweit steigenden Nachfrage nach leistungsfähigen UAV-Systemen. Baykars Drohnen haben sich in mehreren Konflikten bewährt, insbesondere in der Ukraine. Leonardo wiederum sucht nach Wegen, seine High-End-Sensorik in leistungsfähige Plattformen einzubinden. Gemeinsam will man künftig sowohl europäische als auch außereuropäische Märkte bedienen – mit modularen, interoperablen und skalierbaren Lösungen.

„State oft he Art“ – Reicht Baykar für Europa?

Leonardo-CEO Roberto Cingolani bezeichnete die Plattformen aus der Türkei als „State oft he Art“ – Auch ein Grund, auf Baykar für LBA Systems als Partner zu setzen. Zu Beginn der russischen Vollinvasion in die Ukraine konnten die türkischen Modelle gute Dienste leisten und wurden von den Ukrainern dafür gefeiert. Spricht man heute mit Ukrainern, sagen diese, dass die Baykar-Drohnen kaum noch eingesetzt würden.

„Zu Beginn war es noch mehr Surveillance und Targeting“; erklärte Baykar-CEO Haluk Bayraktar gegenüber CPM Defence Network. Das habe sich im Verlauf des Krieges geändert. Die Drohnen würden heute weniger fürs Targeting eingesetzt. „Aber sie nutzen sie noch immer“, bestätigte Haluk Bayraktar, „aber eben mehrheitlich für Überwachungsaufgaben.“

War heute nur Zaungast – Haluk Bayraktar, Baykar-CEO und großer Bruder von CTO Selçuk Bayraktar.
War heute nur Zaungast – Haluk Bayraktar, Baykar-CEO und großer Bruder von CTO Selçuk Bayraktar.
Foto: CPM / Navid Linnemann

Erklärtes Ziel von LBA Systems ist es, eine vollständig europäische UAV-Familie zu etablieren, die sich durch hohe Einsatzflexibilität, KI-basierte Missionsführung und modernste Sensorik auszeichnet. Damit wollen sich Leonardo und Baykar als Hersteller einer neuen Generation unbemannter Systeme mit europäischer Handschrift und globaler Perspektive etablieren.

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