MISSION 2044 – Start-ups, Geld und die Zukunft der Rüstung

In dieser Woche fand mit MISSION 2044 in Berlin eine hochkarätig besetzte Veranstaltung statt, die sich der Zukunft – besser gesagt: der Finanzierung mit Privatkapital – der europäischen Sicherheitsarchitektur widmete. Konkret ging es um die Diskussion zwischen und Vernetzung von Investoren und Start-ups aus dem Defence-Bereich. Doch auch Branchengrößen wie Rheinmetall und MBDA waren vertreten, um ihre Sicht der Dinge einzubringen. Im Kern trafen zwei Welten aufeinander, die sich erst seit sehr kurzer Zeit kennenlernen.

MISSION 2044 ist eine global durchgeführte, hochkarätig besetzte Veranstaltung, die sich der Finanzierung der Verteidigungsindustrie mit Privatkapital widmet.
MISSION 2044 ist eine global durchgeführte, hochkarätig besetzte Veranstaltung, die sich der Finanzierung der Verteidigungsindustrie mit Privatkapital widmet.
Foto: CPM / Navid Linnemann

Eine ausreichend große Bühne bot das Ritz-Carlton Hotel am Potsdamer Platz. Den ganzen Mittwoch lang hatten Investoren und Start-ups die Gelegenheit, sich auf der und neben dieser Bühne auszutauschen.

 

Dass sich die beiden Welten bisher eher fremd waren, zeigte nicht zuletzt der Fall des deutschen Start-ups Donaustahl, welches im vergangenen Jahr – trotz international gefragten Produkts – keine Investoren fand. Grund damals waren unter anderem interne Regularien von Banken, die Investitionen in die Verteidigungsindustrie ausschlossen. Die Mission 2044 wurde auch ins Leben gerufen, damit sich daran etwas ändert.

Auf Mission 2044 – Privates Kapital für die Verteidigungsindustrie

Bereits der Titel der Veranstaltung – Rearm Europe – spreche für sich, betonte Dr. Markus Federle, Gründer von Tholus Capital und Initiator der Veranstaltungsreihe MISSION 2044, in seiner Begrüßung: „Ich kann Ihnen sagen: Noch vor drei oder vier Monaten wäre es undenkbar gewesen, eine Konferenz mit einem derartigen Titel zu veranstalten.

Damals, so Dr. Federle, habe man eher Begriffe wie „Resilienz“ oder „strategische Autonomie“ benutzt – Formulierungen, die das Thema Investition in Verteidigungstechnologie mit einer gewissen sprachlichen Zurückhaltung transportieren sollten. Doch Rearm Europe ist weit mehr als nur ein bewusst gewählter Titel – er steht für eine globale Veranstaltungsreihe mit ambitionierter Zielsetzung.

„Unser Anspruch ist es, die verschiedenen Akteure des Ökosystems zusammenzubringen“, so Federle. „Im Zentrum steht dabei der Anspruch, unsere Demokratien mit überlegener Wehrtechnik auszustatten, die es erlaubt, uns gegen Aggressoren effektiv zu verteidigen. Eine derartige technologische Überlegenheit ist die beste Form der Abschreckung und folglich auch der Friedenssicherung.“

Dr. Markus Federle, Gründer von Tholus Capital und Initiator der Veranstaltungsreihe MISSION 2044 sprach die Begrüßung.
Dr. Markus Federle, Gründer von Tholus Capital und Initiator der Veranstaltungsreihe MISSION 2044 sprach die Begrüßung.
Foto: CPM / Navid Linnemann

Federle weiß aber auch: „Um mit dem rasanten technologischen Fortschritt in diesem Bereich mitzuhalten, sind wir unbedingt auf Innovation durch Start-ups angewiesen. Die großen Rüstungskonzerne sind aufgrund ihres Cost-Plus Geschäftsmodells nicht in der Lage, dies zu leisten. Venture Capital Investoren für das Thema Verteidigungstechnologie zu gewinnen, ist daher von entscheidender Bedeutung. Wir wollen mit unserer Konferenz einen Beitrag leisten, Investoren an das Thema heranzuführen.“

Der Auftakt zur MISSION 2044 Konferenzreihe erfolgte in 2024 – mit einer klaren Vision: „Wir haben damals gesagt, dass sich der gesamte Verteidigungssektor aufgrund der neuen Technologien in den kommenden 20 Jahren fundamental wandeln wird.“

Seitdem fanden Veranstaltungen unter dem Label MISSION 2044 in Berlin, New York, Abu Dhabi, München und Los Angeles statt – stets parallel zu großen Events der Venture Capital bzw. Private Equity Szene, so auch in dieser Woche im Rahmen der Berliner Ausgabe der SuperReturn International.

Doch Dr. Federle macht unmissverständlich deutlich: „Bis 2044 haben wir natürlich nicht Zeit. Die Veränderung muss jetzt und unmittelbar beginnen, um den aktuellen Bedrohungen zu begegnen.“

Zeitenwende 2.0 – Europa ohne die USA

Um genau dazu einen Beitrag zu leisten, bot die Mission 2044 in Berlin eine dicht gefüllte Agenda. Sechs Panels, drei Keynotes und ein Kamingespräch. 33 hochkarätige Speaker – darunter der Geschäftsführer von Donaustahl – kamen zu Wort. Es gab also viel Input für die rund 400 Teilnehmenden der Veranstaltung. Zu den zentralen Themen gehörten strategische Eigenständigkeit, Raumfahrtambitionen sowie die Rolle großer Konzerne in einem sich wandelnden Marktumfeld.

Unter der Überschrift „Zeitenwende 2.0: Europas Erwachen nach dem amerikanischen Schutzschirm“ definierte gleich das erste Panel den Rahmen der folgenden Diskussionen. Nicht nur der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine – so die einhellige Meinung – sondern auch die Ungewissheit der US-amerikanischen Partnerschaft zwängen die Europäer zu entschiedenen Schritten.

erklärte Dr. Hans Christoph Atzpodien, Geschäftsführer im Bundesverband der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie (BDSV) betelligte sich gleich am ersten Panel der Veranstaltung.
erklärte Dr. Hans Christoph Atzpodien, Geschäftsführer im Bundesverband der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie (BDSV) beteiligte sich gleich am ersten Panel der Veranstaltung.
Foto: CPM / Navid Linnemann

In Deutschland zählen nach aktuellen Überlegungen zusätzliche Brigaden zu diesem Engagement. Diese gelte es vollständig auszustatten, erklärte Dr. Hans Christoph Atzpodien, Geschäftsführer im Bundesverband der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie (BDSV).

Es ginge aber auch um eine Liste von Dingen, die der Verteidigungsminister jüngst mitgeteilt habe. „Das ist etwas“, so Dr. Atzpodien, „was wir nur tun können, wenn zunächst einmal die finanziellen Mittel bereitgestellt werden, beispielsweise in Form eines Haushaltsplans, der auch tatsächlich umgesetzt werden kann.“ Das Aussetzen der Schuldenbremse sei hier ein guter erster Schritt, die klare Benennung von Bedarfen seitens des Verteidigungsministeriums stehe aber noch aus. Auf die Investitionsmöglichkeiten von Privatkapital geht Atzpodien bei der MISSION 2044 kaum ein.

Kurzfristig müsse jedenfalls viel in Rüstung investiert werden, so der BDSV-Geschäftsführer. Mit Blick auf die aktuelle Lage sollte man aber auch „dafür sorgen, dass wir Innovationen umsetzen, dass wir so viele Innovationen wie möglich in Europa umsetzen. Das ist meiner Meinung nach der mittel- und langfristige Weg. Damit wir wirklich auf den neuesten Stand der Technik kommen.“

„Sense of urgency“ fehlt

Ob kurz-, mittel- oder langfristig – alle Wege würden nicht viel bringen, da Europa noch längst nicht aufgewacht sei, war hingegen Oleksij Makejew, Botschafter der Ukraine in Deutschland, überzeugt: „Lassen Sie mich offen sprechen“, so Makejew, „auch wenn ich versuche, nicht deprimierend zu klingen: Nein, Europa ist nicht aufgewacht, denn solange Sie morgens mit Ihrem Wecker aufwachen und nicht durch Luftschutzsirenen oder Explosionen, befinden Sie sich in einer Tiefschlafphase.“

In der breiten Öffentlichkeit fehle der „Sence of urgency“ vollkommen, meinte der ukrainische Botschafter bei der MISSION 2044. „So viele Experten hier beschäftigen sich mit diesem Thema, so viele Verteidigungsunternehmen sind sehr aktiv und strukturieren ihre Geschäftsmodelle um, aber die breite Öffentlichkeit folgt Ihnen nicht. Sie folgt nicht den Politikern, da diese sich gegenüber der Bevölkerung nicht klar genug äußern, was wir derzeit erleben. Wir müssen also viel mehr in die Kommunikation mit der breiten Öffentlichkeit investieren.“

In einer Keynote wurde erläutert, wie Privatkapital in der Rüstungsindustrie wirken kann.
In einer Keynote wurde erläutert, wie Privatkapital in der Rüstungsindustrie wirken kann.
Foto: CPM / Navid Linnemann

Space Race und mehr

In einem anderen Panel der MISSION 2044 besprachen die Teilnehmenden die Notwendigkeit für Europa, im Wettlauf um das All aufzuholen. Gerade im Weltraum bestünden noch viel zu viele Abhängigkeiten von den USA – seien es Masse wie Starlinks Satelliteninternet oder Fähigkeiten wie die Trägerraketen von SpaceX. Ein weiteres Panel beschäftigte sich mit dem Spannungsfeld zwischen Start-ups und Branchenhäusern unter der aktuellen Herausforderung einer europäischen Aufrüstung.

Spannend auch die Perspektive des Privatkapitals auf der MISSION 2044. Unter dem Titel Freedom isn’t Free sprach der deutsche Risikokapitalgeber Dr. Klaus Hommels, Gründer des Venture-Capital-Fonds Lakestar, über seine Motivation und Erfahrung mit Investitionen in die Verteidigungsindustrie.

Der nächste Termin für eine Veranstaltung der Reihe Mission 2044 ist noch nicht bekannt. Thematisch könnte es dann auch stärker um China gehen. Das Land, welches angesichts des laufenden Krieges in der Ukraine zwar allgegenwärtig ist, aber nicht so bedrohlich eingeschätzt wird wie Russland.

Nur Dr. Atzpodien wies auf den Konkurrenten in Asien hin: „China setzt die besten Technologien und die besten Verfahren ein, um seine Macht in einem Ausmaß und einer Dimension zu vergrößern, das es wirklich bedrohlich ist. Wenn wir in Europa nicht als Team vorgehen und unsere Produktivität nicht steigern, werden wir den Wettlauf verlieren.“

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