L3Harris Technologies aus den USA hat diese Woche ein neues Remote Carrier Konzept vorgestellt. In Deutschland war dieses Thema bisher vor allem durch MBDA Deutschland mit Remote Carriern in verschiedenen Größenordnungen – Light, Medium und Multidomain Multirole (RCM²) – sowie zuletzt durch Diehl Defence mit FEANIX besetzt.
Die meisten Ansätze sehen vor allem einen Einsatz in Zusammenarbeit mit Kampf- oder Transportflugzeugen oder Hubschraubern vor. Manned-Unmanned Teaming (MUM-T) ist dabei die Voraussetzung. Die Remote Carrier Konzepte von MBDA Deutschland und L3Harris beinhalten aber explizit auch die Nutzung vom Boden aus vor: Aus Raketenwerfern oder in der Umsetzung einer containerisierten Lösung mit Hilfsantrieb. Damit stünde der STF (Streitkräftegemeinsamen Taktischen Feuerunterstützung) ein weiterer Baustein zur Verfügung.
Wie L3Harris Technologies in einer Presseerklärung mittteilt, sollen die absetz-/startfähigen Remote Carrier eine Antwort auf den dringenden Bedarf des US-Verteidigungsministeriums an fortschrittlichen, leistungsfähigen und erschwinglichen Munitionsarten sein. Diese sollen in allen Bereichen und Domänen eingesetzt werden können. Es wurden zwei Modelle vorgestellt, diese Familie kann aber zu einem späteren Zeitpunkt aufwachsen.
Remote Carrier Red Wolf und Green Wolf
Red Wolf und Green Wolf sind die ersten Produkte aus der aufwachsenden Familie der Mehrzweckeffektoren von L3Harris, die sich laut Hersteller leicht integrieren und von Luft-, Boden- oder Seeplattformen aus starten lassen. Red Wolf ist ein rein kinetische System für Präzisionsschläge über große Entfernungen hinweg, während Green Wolf eine Plattform für die elektronische Kriegsführung (EloKa) ist, die mit Funktionen für elektronische Angriffe sowie für die Erkennung, Identifizierung, Ortung und Meldung (DILR) ausgestattet ist. Beide fliegenden Systeme sind flexibel, modular aufgebaut und verfügen über fortschrittliche Software für die Kooperation während des Flugs und die Neuzielerfassung. Außerdem unterstützen die Remote Carrier die Schwarmfähigkeit autonomer Luftfahrzeuge.
„Unser ‚Wolfsrudel‘ an absetzfähigen Effektoren verschafft den US-Streitkräften – unabhängig von der Plattform – einen erheblichen Vorteil beim Schließen von Langstrecken-Kill-Chains, beim Bekämpfen feindlicher Bedrohungen in schwierigen Umgebungen und beim Schutz eigener Installationen“, sagte Ed Zoiss, Präsident von Space and Airborne Systems bei L3Harris. „Red Wolf und Green Wolf sind lethal, modular, erschwinglich und bereit für den Einsatz.“
L3Harris hat die Systeme in den letzten fünf Jahren entworfen, entwickelt und gebaut und bereits mehr als 40 Flüge mit ihnen absolviert. Testflüge und erste Demonstrationen wurden bereits weltweit durchgeführt, um die Remote Carrier unter allen Umweltbedingungen einzusetzen. Die Plattformen sind bei Bedarf wiederverwendbar und bieten Flexibilität bei der Entwicklung und Integration verschiedener Nutzlasten.
Der modulare Nutzlastraum bietet ein Volumen von bis zu 300 Kubikzoll für kinetische und nicht-kinetische Payloads. Die Remote Carrier bieten eine offene Architektur und modulare Interfaces, für eine schnelle und einfache Integration der Nutzlasten. Das Unternehmen wird bis Ende 2025 Dutzende von Systemen im Rahmen einer ersten Kleinserie herstellen, unterstützt durch Infrastrukturausbauten und Automatisierungsverbesserungen.
Erschwingliche Massenproduktion
Wie US-amerikanische Medien melden, ist dies vor allem eine Antwort auf die Bedrohung durch Chinas Ambitionen im Pazifik. Die Vorstellung der Flugkörper Red Wolf und Green Wolf erfolgt zu einem Zeitpunkt, an dem das Konzept der „erschwinglichen Massenproduktion” aufgrund der Konflikte in der Ukraine und in Israel an Bedeutung gewonnen hat, die die Notwendigkeit einer ausreichenden Versorgung mit kostengünstigen Waffen deutlich gemacht haben. Diese Strategie konzentriert sich darauf, schnell eine große Anzahl relativ kostengünstiger Effektoren einsatzbereit zu halten, um die militärische Einsatzbereitschaft und Anpassungsfähigkeit sicherzustellen. Ein Konzept, dass sich in Europa erst sehr langsam durchsetzt.
Diese Mehrzweckflugkörper mit einer Reichweite von mehr als 200 Seemeilen (>370 km) können bewegliche Ziele wie Schiffe treffen, beispielsweise im Pazifik, wo die Reichweite eine wichtige Rolle spielt. Die Reichweite und Durchhaltefähigkeit wurde in Flugtests unter Beweis gestellt, bei denen die Remote Carrier hohe Unterschallgeschwindigkeiten, eine Reichweite von über 200+ Seemeilen in niedrigen Höhen und einer Flugdauer von über 60 Minuten erzielten. Modellierungsdaten belegen laut Hersteller eine höhere Geschwindigkeit, Reichweite und Flugdauer.
Das Red Wolf-System ist laut L3Harris das einzige Effektorsystem, das erfolgreich vom Kampfhubschrauber Bell AH-1Z Viper des U.S. Marine Corps (USMC) aus gestartet wurde und die Ziele des USMC für Präzisionsangriffsmunition (PASM) übertrifft. Weitere angedachte und getestete Plattformen sind das General Atomics Aeronautical Systems UAS (GA-ASI) MQ-1C Grey Eagle, Sikorsky UH-60 Blackhawk, Sikorsky SH-50 Seahawk, Future Long-Range Assault Aircraft (FLRAA), bodengestützte Raketenwerfer (Rocket-Assisted Ground Launcher), Air Tractor/L3Harris ISR Strike Flugzeug Skywarden/SOCOM OA-1K Skyraider II oder Schiffe wie Fregatten.
Die einfachste Version der neuen Effektoren würde nach Angaben von L3-Mitarbeitern in einem Interview mit Reuters etwa 300.000 US-Dollar kosten, sobald die Produktion voll angelaufen ist. Derzeit wird in Ashburn, Virginia, eine erste Kleinstserie produziert, wobei Kunden wie das Pentagon den Kauf von etwa 1.000 Stück pro Jahr ins Auge fassen, so L3Harris.
Die Flugtests der Remote Carrier begannen 2020, und sind seitdem erfolgreich von bemannten und unbemannten Starrflüglern, Drehflüglern und bodengestützten Plattformen aus gestartet worden. Sie sind in der Lage, mit Raketenunterstützung von Boden- oder Seeplattformen aus gestartet zu werden. Ein Jet-Antrieb kann die Flugkörper auf bis zu 40.000 Fuß bringen.
Ein bewährtes optionales Fallschirm-Rückholsystem ermöglicht eine Wiedernutzung und eine schnelle Überholung vor Ort für aufeinanderfolgende Einsätze durch die Truppe direkt. Dies ermöglicht es den Soldaten mehrere Flüge durchzuführen, z.B. EloKa-Missionen, und die Kosten pro Mission zu senken, ohne die Wirkung des Fahrzeugs oder der Nutzlast zu beeinträchtigen.
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