Auf der heutigen Bundeswehrtagung stellte Verteidigungsminister Boris Pistorius die personelle Entwicklung der Streitkräfte in den Mittelpunkt. Nach dem materiellen Aufwuchs müsse sich die Truppe dringend auch um den personellen Aufwuchs kümmern. Denn, so der Minister: „Geld allein – das haben wir mehrfach gehört – schafft noch keine Einsatzbereitschaft.“
Für den Aufwuchs hat Pistorius drei Gruppen im Blick. Ganz klassisch neu hinzukommenden Rekruten – Stichwort neuer Wehrdienst. Dann Menschen mit Vorerfahrung bei der Bundeswehr, die beispielsweise als Wiedereinsteller oder für die Reserve gewonnen werden können. Doch es gebe noch eine dritte Gruppe, die dem Minister seit dessen „Amtsantritt bei jedem Truppenbesuch begegnet und ihr Leid klagt“.
Die Rede ist von aktiven Soldaten, die sich beispielsweise für sechs Jahre verpflichtet hätten und im fünften Jahr einen Antrag auf Dienstzeitverlängerung stellen. Diesem Antrag würde jedoch mit Verweis auf fehlende Dienstposten oder Ähnlichem eine Absage erteilt. Ein herber Verlust von willigem und qualifiziertem Personal.
Potenziale nutzen, nicht vergraulen
Die Bundeswehr müsse in den kommenden Jahren nicht nur neue Kräfte gewinnen, sondern auch bestehende Potenziale besser nutzen. Ein zentrales Instrument dafür ist die Möglichkeit für Soldatinnen und Soldaten, ihre Dienstzeit über das ursprüngliche Ende ihrer Verpflichtung hinaus zu verlängern – in geeigneten Fällen sogar über die Altersgrenze hinaus.
„Fachlich hoch qualifizierte, leistungsstarke und erfahrene Soldaten sind für die Bundeswehr unverzichtbar“, erklärte Pistorius. Sie würden nicht nur im operativen Dienst, sondern auch in der Ausbildung der neuen Generation dringend benötigt.
Pistorius will Briefe an erfahrene Soldaten schreiben
Um dies gezielt zu fördern, kündigte der Minister einen ungewöhnlichen Schritt an, der jedoch nicht ganz unbekannt ist: In den kommenden Jahren werde er regelmäßig Briefe an alle betroffenen Soldatinnen und Soldaten schicken, um deren Interesse an einer Verlängerung abzufragen.
Ähnlich der jährlichen Briefe an alle 18-Jährigen für den neuen Wehrdienst sollen auch hier diejenigen gefunden werden, die wollen und gewollt werden. „Ich weiß“, erklärte der Minister, „das ist ein ungewöhnlicher Weg, aber wir leben in ungewöhnlichen Zeiten.“
Der personelle Aufwuchs bleibt für Pistorius eine der größten Herausforderungen und strategischen Prioritäten. „Wir konkurrieren um Köpfe, Talente und Fähigkeiten, mit der Wirtschaft, mit dem Staat und der Gesellschaft insgesamt“, stellte der Verteidigungsminister fest – nicht nur innerhalb Deutschlands, sondern auch im internationalen Vergleich.
Positiv sei, dass 2025 die Zahl der Bewerbungen und Einstellungen bereits deutlich über dem Vorjahr gelegen habe. Dieser Trend solle 2026 und darüber hinaus weiter ausgebaut werden.
Reserve – kein Anhängsel, keine Trachtengruppe
Die Bundeswehr ist jedoch mehr als ihre aktive Truppe. „Ohne einsatzfähige Reserve“, so Pistorius, „ist Deutschland nicht verteidigungsfähig.“ Das sei eine Binse. „Die Reserve ist kein Anhängsel der Bundeswehr – keine Trachtengruppe – sondern sie ist Teil der Streitkräfte und das muss wieder deutlicher werden in den kommenden Jahren.“
Neben dem bereits begonnenen Aufwuchs der aktiven Truppe müsse auch die Reserve personell gestärkt werden. Zuletzt kursierte die Zahl von 200.000 Reservistinnen und Reservisten bei einer Gesamttruppenstärke von 460.000 Männern und Frauen unter Waffen.
Dafür könne und werde man an verschiedenen Stellschrauben drehen. „Wir brauchen“, so der Verteidigungsminister, „ein klares Zielbild, regelmäßige Wehrübungen, digitale Prozesse, nahtlose Verzahnung von Wehrersatzwesen und Personalführung der Reserve mit klaren Verantwortlichkeiten und belastbaren Abrufmechanismen.“
Einsatzbereitschaft durch Menschen
Mit der gezielten Verlängerung der Dienstzeiten erfahrener Kräfte und der stärkeren Einbindung der Reserve will die Bundeswehr ihre Einsatzbereitschaft nachhaltig sichern.
Pistorius machte auf der Bundeswehrtagung klar: Menschen – nicht Geld allein – entscheiden über die Zukunft der Streitkräfte. Die Bundeswehr soll nun dafür sorgen, dass auch vorhandenes Potenzial durch erfahrene Soldaten und Soldatinnen bestmöglich genutzt wird.
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