Russisches Geld für ukrainische Waffen

Der ukrainische Präsident Selenskyj hat in einer eindringlichen Videoansprache an die Teilnehmer des EU-Gipfels in Brüssel eine rasche Nutzung eingefrorener russischer Vermögenswerte gefordert. Die mögliche Nutzung von rund 300 Milliarden eingefrorenen Euro aus Russland ist schon seit über einem Jahr Thema in der EU. Jetzt scheint Bewegung in die Sache zu kommen und russisches Geld könnte für ukrainische Munitionskäufe verwendet werden.
Erhält bald russisches Geld zur Finanzierung von Munition und Waffen: Soldat der ukrainischen Rubizh Brigade
Erhält bald aus Russland finanzierte Munition und Waffen: Soldat der ukrainischen Rubizh Brigade
Foto: Verteidigungsminsiterium Ukraine / Rubizh Brigade

Selenskyi betonte bei seiner Ansprache, dass das russische Geld noch in diesem Jahr zum Kauf von Waffen und für den Wiederaufbau der Ukraine verwendet werden müsse. Der ukrainische Präsident unterstrich die Notwendigkeit, dass Russland die wahren Kosten des Krieges spüren solle.

Die Idee ist nicht neu. Schon seit mehreren Monaten überlegt man in der EU und anderen westlichen Staaten, wie mit den rund 300 Mrd. Euro aus der russischen Staatskasse – die vor der Vollinvasion 2022 in der EU angelegt wurden – umgegangen werden solle. Vereinzelte Stimmen fordern für russisches Geld, das etwas weniger als ein Jahreshaushalt Russlands entspricht, die Konfiszierung.

„Ich denke, dass die moralischen Gründe dafürsprechen, dass dieses Geld zum Wohle des ukrainischen Volkes verwendet werden sollte“, sagte beispielsweise der britische Außenminister David Cameron im House of Lords. Er wies allerdings auch auf rechtliche Bedenken hin, für die Lösungen gefunden werden müssten. „Es gibt die Möglichkeit, so etwas wie ein Konsortialdarlehen oder eine Anleihe zu verwenden, bei der das eingefrorene russische Vermögen als Bürgschaft verwendet wird, um den Ukrainern das Geld zu geben. Wobei dann Russland es wieder zurückbekäme, wenn es Reparationen zahlt.“

Nicht das Geld, sondern die Zinsen nutzen

In der EU will man mit den hier rund 210 Mrd. eingefrorenen Euro aus Russland nun einen anderen Weg gehen, um sich nicht des Vorwurfs der Enteignung fremden Geldes und dem damit verbundenen Image-Schaden auszusetzen. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell legte einen Plan vor, um die Zinsen aus dem eingefrorenen Vermögen zu nutzen.

Ukrainischer Soldat der 82. Luftangriffsbrigade.
Ukrainischer Soldat der 82. Luftangriffsbrigade.
Foto: Verteidigungsministerium Ukraine / 82. Luftangriffsbrigade

Russisches Geld, welches zu großen Teilen durch den belgischen Finanzdienstleister Euroclear verwahrt wird, wirft jährlich Zinsen in einstelliger Milliardenhöhe ab. Diese Gewinne will die EU jetzt für die Ukraine nutzbar machen. Drei Prozent soll Euroclear als Bearbeitungskosten behalten dürfen, zehn Prozent sollen für Rechtsstreitigkeiten mit Russland aufgespart werden und 87 Prozent sollen für Waffen- und Munitionskäufe sowie den Wiederaufbau der Ukraine verwendet werden.

Die Entscheidungen des EU-Gipfels wurden von Ratspräsident Charles Michel als äußerst wichtig und entscheidend für die Unterstützung der Ukraine gewertet. Er kommentierte: „Wir haben […] es möglich gemacht, die Gewinne abzuschöpfen. Wir sind entschlossen, sehr schnell zu handeln, damit wir einen Teil dieses Geldes zur Unterstützung der Ukraine verwenden können – auch mit militärischer Ausrüstung.“

Wenn Mitgliedsstaaten zustimmen: Russisches Geld zahlt ukrainische Waffen

Während die Europäische Zentralbank (EZB) und nach Angaben von Reuters auch westliche Privatbanken aus Image-Gründen vor diesem Schritt warnen, wächst das Unverständnis in Politik und Gesellschaft. Warum soll nicht der den Schaden tragen, der ihn verursacht? Wurden zu Beginn der Vollinvasion noch Jachten von russischen Oligarchen medienwirksam enteignet, konnte sich der russische Staat seines Vermögens lange Zeit sicher sein.

Wenn die Mitgliedsstaaten dem gestrigen Vorschlag der EU-Kommission zustimmen, wäre zumindest ein erster Schritt auf dem Weg der Gerechtigkeit getan und Russland würde zumindest anteilig für die Waffen bezahlen, mit denen sein Angriff abgewehrt wird.

Christina Bornheim, Navid Linnemann

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