Sogenannte Challenges (deutsch: Herausforderung) sprießen aktuell wie Pilze aus dem Boden. Sie kommen in der Regel von den großen Wehrtechnischen Firmen oder Government Primes und sollen Start-Ups, Universitäten oder KMUs in die Entwicklungen bahnbrechender Technologien im Rahmen großer Projekte einbinden. Sie sollen für frischen Wind und Ideen sorgen, die Innovationen treiben und ganz der Industrie neue Impulse geben. Und so auch das Tempo der Entwicklungen erhöhen. In diesem Artikel nur einige Beispiele:
FCAS
Das spanische Unternehmen INDRA hat Ende Oktober die FCAS Challenge gestartet. Die Ausschreibung läuft noch bis zum 22. Dezember 2023, und zielt darauf ab, kleine und mittlere Technologieunternehmen zu gewinnen und zu identifizieren, die innovative Vorschläge für das FCAS (Future Combat Air System) Projekt einbringen. Dabei geht es um die Themen: Sensortechnologie für Missionen (Radar, elektronische Kampfführung, Elektrooptik, digitale und softwaredefinierte Sensoren usw.), Signalintelligenz, Informationen in Wissen umwandeln, intelligente Kommunikationssysteme und verteilte und kollaborative Dienste für die Combat Cloud mit einem kollaborativen Ansatz.
Bei der Signalintelligenz geht es um die Signalaufklärung und deren Signalverarbeitung zur Umwandlung von Informationen in Wissen (HF-Signale, optische Signale, Bilder, Sensorfusion usw.). Hinzu kommen Themen wie Künstliche Intelligenz (KI), Datenmanagement in verteilten Clouds, Technologien für Sensoren mit geringer Sichtbarkeit, Simulation und Darstellung von Informationen, optische Technologien, Radiofrequenz (RF) und Mikrowellen sind nur einige der attraktivsten Technologien für die Initiative.
Cyber Challenge
Das Eidgenössische Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) startet Anfang des Jahres die Cyber Startup Challenge 2023. Auch hier hat der Cyber-Defence Campus von armasuisse Wissenschaft und Technologie eine Challenge lanciert, um relevante Startups und innovative Technologien im Bereich Cyber zu fördern. Bei der vierten Ausgabe der Cyber Startup Challenge konnte die US-Firma Ostorlab durch seinen Applikationen-Scanner, der Sicherheitsanalysen bei mobilen Applikationen durchführt, überzeugen. Im Jahr 2024 kann das Unternehmen seine Lösung, in einer für die Armee zugeschnittenen Machbarkeitsstudie, umsetzen und so in einer realen Umgebung dem VBS demonstrieren.
Der mobile Applikationen-Scanner ermöglicht es, Sicherheitslücken bei mobilen Anwendungen, sowohl bei Android- wie auch bei iOS-Anwendungen, effizient zu identifizieren, und das dank umfassender Analysemethoden.
Ostorlab setzt statische und dynamische Analysemethoden ein, um Schwachstellen zu identifizieren, die erhebliche Sicherheits- und Reputationsschäden für Unternehmen verursachen können. Diese reichen von Sicherheitsverletzungen, über Datenlecks bis hin zu kompromittierter Kommunikation. Weitere mögliche Schwachstellen sind unberechtigte Zugriffe, veraltete Softwarekomponenten, freiliegende sensible Informationen, schlechte Verschlüsselungspraktiken und unsichere Datenübertragungen.
Der Applikationen Scanner von Ostorlab Mobile unterstützt auch Software Bill of Materials (SBOM)-Dateien zur Erkennung veralteter und anfälliger Abhängigkeiten. Zudem verfügt der Scanner über automatisierte App-Interaktionen für umfassende Sicherheitstests und hat eine starke Erfolgsbilanz bei der Erkennung und Meldung kritischer Schwachstellen, was seine Effektivität unterstreicht. Weltweit vertrauen wichtige Unternehmen Ostorlab. Darunter befinden sich unter anderem Verschlüsselungsunternehmen und mehrere führende Banken.
Die Ausgabe 2024 wird durch das VBS bereits geplant.
Drohnen
Bei der Swarm Drone Challange 2024 (SDC 2024) geht es um kollaboratives Fliegen von Drohnen sowie die gemeinsame und automatisierte/autonome Lösung von Aufgaben. Und gelcihzeitig um die Abwehr von Drohnenschwärmen (Counter-UAV; C-UAC). Spätestens seit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine sind diese Themen ein Fokus.
Und gerade für die westlichen (NATO-)Ländern bedeutet Wehrhaftigkeit vor allem modernste Waffentechnologie. In der NATO herrscht der Gedanken vor: technologische Überlegenheit schafft überlegene Kampfkraft und diese wiederum soll die potenziellen Gegner von dem Start eines Konfliktes abschrecken. Ob dies wirklich so ist, darüber streiten sich gerade einige Analysen des Krieges.
Beim Thema unbemannter Systeme zeigt ebenfalls die Ukraine welche Möglichkeiten es benötigt und einen schnellen Anpassungsbedarf. Es ist wie ein Katz- und Mausrennen, wer kann schneller Innovationen entwickeln und einführen. Innovationen werden in der Regel durch Herausforderungen und dem Ideenreichtum der Teams vorangetrieben, die diese angehen. Auch der Wettbewerb – im Markt oder im Krieg – können wie ein Katalysator Innovationstreiber sein.
Der Auftakt zur SDC 2024 fand bereits am 3. August in München die statt. Ausrichter ist das Defense-Tech Unternehmen MBDA Deutschland zusammen mit dem der Startup Inkubator brigkAIR sowie weiteren Partner aus der Forschung. Mit der Swarm Drone Challenge 2024 wird ein hoch dotierter Wettbewerb im Bereich Drohnen-Technologie ausgeschrieben. Die Veranstalter erwarten Teilnehmer aus der ganzen Welt. Immerhin winkt ein Preisgeld von bis zu Euro 50.000.
Die Swarm Drone Challenge 2024 ist eine Weiterentwicklung der Deep Drone Challenge 2021 und soll die Grenzen der Drohnentechnologie erweitert. Dazu sollen internationale Teams ihre kreativen und innovativen Algorithmen präsentieren. Der Fokus auf Schwärme eröffnet neue Horizonte für die Bereiche der künstlichen Intelligenz und des maschinellen Lernens. Aus Sicht von MBDA Deutschland geht es dabei auch um das Thema Drohnenabwehr (englisch: Counter-UAV; C-UAV). Und hier besonders um die Erfassung, Verfolgung, Klassifizierung und Abwehr von Drohnen-Schwärmen. Wie wichtig das Thema Drohnen und deren Abwehr ist, zeigen die Einsatzgebiete der Bundeswehr oder auch der Krieg um Bergkarabach 2020 bzw. der russische Angriffskrieg auf die Ukraine. In den Einsatzgebieten der Bundeswehr werden die Liegenschaften der deutschen Soldaten oder der NATO-Verbündeten fast täglich mehrfach mit handelsüblichen Drohnen überflogen und ggf. ausgespäht. Aktuell nur mit einzelne, in Zukunft mit Schwärmen und bewaffnet? Auch in der Ukraine spielen handelsübliche, und angepasste Drohnen einen großen Faktor, zur Aufklärung oder Verbringung von kleinen Effektoren, wie z.B. Hand- oder Mörsergranaten.
Bisher ist der Wettbewerb noch ein offener Call. Das Regelwerk soll zusammen mit den teilnehmenden Teams entwickelt werden. Bislang ist angedacht: Ein Wettbewerb im Prinzip „Capture the Flag“. Die Herausforderungen sind praktisch auf einem Sport- oder Fußballfeld ausgetragen. Dabei gibt es zwei Teams mit mehreren Drohnen. Angedacht sind vier bis fünf Drohnen je Team. Aber auch das muss noch genau festgelegt werden. Jedes Team muss durch „offensive“ Aktionen Aufgaben in der gegnerischen Hälfte lösen, um sich Punkte zu verdienen. Neben diesem „offensiven“ Vorgehen, bedarf es aber auch „defensiven“ Aktionen, um es dem Gegner in der eigenen Hälfte möglichst schwer zu machen. Daher sollten alle Teams gleichzeitig die Arten Angriff und Verteidigung durchführen. Bei der Verteidigung ist sogar ein „kinetisches Ausschalten“ des Gegners eine Option. Immer unter der Gefahr, dabei auch das eigene Luftfahrzeug zu verlieren.
Neben dem reinen „Punktesammeln“ soll die übergeordnete Absicht oder die Spielidee des einzelnen Teams für ihren Schwarm erkennbar sein. Hinzukommen: wie kommunizieren die Drohnen bzw. das Team untereinander? Klassisch über Links, gehärtet oder über ganz neue Ansätze? Wie werden die Problemlösungen angegangen? Die Punkte, Absicht, Vorgehen, robuste Kommunikation, Künstliche Intelligenz (KI), und das Schwarmverhalten, dies alles fließt am Ende in die Gesamtbewertung mit ein. Aber aktuell ist alles noch anpassbar, die Teams sollen das Regelwerk mitbestimmen.
Im Herbst folgt jetzt das Kickoff-Event, und im März 2024 dann ein Qualifikations-Wochenende. Dieses soll praktische Testmöglichkeit für die Drohnentechnologien bieten und ebenfalls der Industrie neue Impulse geben. Mit dem Finale im Mai 2024.