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Verteidigungsminister stellt Konzept „Neuer Wehrdienst“ vor

Heute stellte Verteidigungsminister Boris Pistorius sein neues Wehrdienstmodell vor. Das dabei präsentierte Papier „Konzept Neuer Wehrdienst“ liegt cpm Defence Network vor. Demnach ist ein Grundwehrdienst von sechs Monaten mit einer Option für zusätzlichen freiwilligen Wehrdienst von bis zu zusätzlichen 17 Monaten vorgesehen – als Pflicht nur für Männer. Dieses Modell soll noch in dieser Legislaturperiode beschlossen werden.

Heute präsentierte Verteidigungsminister Boris Pistorius sein Konzept „Neuer Wehrdienst“.
Heute präsentierte Verteidigungsminister Boris Pistorius sein Konzept „Neuer Wehrdienst“.
Screenshot: cpm Defence Network

„Wir werden in dieser Legislaturperiode keine allgemeine Dienstpflicht und auch keine Wehrpflicht für Frauen einführen. Beides erforderte eine Grundgesetzänderung. Stattdessen wollen wir einem „Neuen Wehrdienst“ noch in dieser Legislatur eine gesetzliche Grundlage geben und die dafür erforderlichen Strukturen und Kapazitäten in der Bundeswehr schaffen“, ist in dem Konzeptpapier zu lesen.

Wie cpm Defence Network bereits vorher erfahren konnte, gehen die Planungen aktuell von einer Rekrutierung von nur einem geringen Prozentsatz der Männer eines jeweiligen Jahrgangs aus. Es sollen keine Massenheere entstehen, sondern gezielt Lücken im Personalbestand der Bundeswehr geschlossen werden. Hier wird von einem geschätzten Bedarf von rund 15.000 jungen Menschen pro Jahr gesprochen, bei dem auch alle freiwillig dienenden Frauen bzw. freiwillig Wehrdienstleistenden mit eingerechnet sind.

In dem Papier „Konzept Neuer Wehrdienst“ ist dementsprechend zu lesen: „Wir wollen ein neues Modell, das vor allem auf Freiwilligkeit setzt, im Bedarfsfall aber auch verpflichtende Elemente beinhaltet.“

Das BMVg hofft auf genügend freiwillige Meldungen. Um diese zu erhalten, werden nach dem neuen Konzept alle Frauen und Männer beim Erreichen des wehrdienstfähigen Alters angeschrieben. „Männer werden aufgefordert werden, einen Fragebogen auszufüllen. Sie sind verpflichtet, ihn zurückzusenden. Frauen können den Fragebogen ausfüllen und zurücksenden, sind dazu aber nicht verpflichtet“, betont das BMVg in seinem Konzeptpapier. „Auf der Grundlage des Fragebogens trifft die Bundeswehr die Entscheidung darüber, wer zur Musterung eingeladen wird. Anschließend wählt sie aus den Gemusterten die Geeignetsten und Motiviertesten. Es erfolgt also eine Auswahl nach Qualitätskriterien.“

Wehrdienst als Tor in die Sicherheitspolitik

Es wird im BMVg davon ausgegangen, dass sich viele junge Menschen allein schon durch die Beantwortung des Fragebogens zum ersten Mal wirklich mit Verteidigung und Streitkräften befassen und somit auch zum ersten Mal überhaupt die Vielfalt an Möglichkeiten in der Bundeswehr erfahren.

Den nach Motivation und Eignung ausgewählten jungen Menschen steht dann die Möglichkeit offen, einen sechsmonatigen Grundwehrdienst zu leisten oder sich für bis zu insgesamt 23 Monate zu verpflichten. „Denjenigen, die den Wehrdienst über sechs Monate hinaus leisten wollen, bietet die Bundeswehr zahlreiche Weiterentwicklungsmöglichkeiten“, beschreibt das Konzeptpapier.

„Zusätzlich zu den bisher rund 10.000 Freiwillig Wehrdienstleistenden wollen wir ab 2025 bis zu 5.000 weitere Wehrdienstleistende ausbilden“, ist in dem Konzeptpapier zudem zu lesen. „Das bisherige Modell des Freiwilligen Wehrdienstes wird in das Modell „Neuer Wehrdienst“ überführt. Die Kapazitäten und damit auch die Zahl der Wehrdienstleistenden werden wir in den Folgejahren schrittweise erhöhen.“

Russland wieder kriegsbereit

Als Grund für die Notwendigkeit zur Reaktivierung des Wehrdienstes nennen die Autoren des Konzeptpapiers vor allem die Bedrohung durch Russland. „Wir gehen davon aus, dass Russland trotz des Angriffes gegen die Ukraine und der dortigen Verluste bis 2029 in der Lage ist, NATO-Territorium anzugreifen“, lautet die im Papier wiederholte Analyse aus dem BMVg, die sich auch mit US- und NATO-Erkenntnissen deckt.

„Der deutsche Beitrag zur Bündnisverteidigung erfordert nach heutiger Bewertung langfristig insgesamt einen Verteidigungsumfang von rund 460.000 Soldatinnen und Soldaten (davon geplanter Umfang rund 200.000 aktive (stehende Streitkräfte), Rest Reserve). Ein großer Teil davon müsste schnell aus Reserven aufwachsen können“, lautet die Folgerung in dem Dokument. „Mit der Reaktivierung der Wehrerfassung und Wehrüberwachung sowie dem Einstieg in den Neuen Wehrdienst machen wir hierzu wichtige und notwendige Schritte.“

Diese Planung erfordere, dass zusätzlich zu den bisher rund 10.000 freiwillig Wehrdienstleistenden jedes Jahr etwa 5.000 junge Menschen über das neue Modell der Bundeswehr zugeführt werden.

Die Einführung des „Neuen Wehrdienstes“ (nur für Männer) stelle zudem keine juristische Herausforderung dar, da im Jahr 2011 nicht die „Wehrpflicht“, sondern nur die verpflichtende Ableistung des „Grundwehrdienstes“ ausgesetzt wurde. „Eine Wiedereinführung des Wehrdienstes in der beschriebenen Form bedarf einfachgesetzlicher Regelungen. Hierfür sind mindestens das Wehrpflichtgesetz und das Soldatengesetz anzupassen“, beschreibt das Konzeptpapier. Weshalb sich allerdings auch weiterhin nur Männer verpflichten lassen, bei Frauen bleibt die Freiwilligkeit bis zum Kriegsfall – und dann dürften sie nur für den Sanitätsdienst gezogen werden.

Eine allgemeine Dienstpflicht oder auch eine Wehrpflicht für Frauen lässt sich in der aktuellen Legislatur nicht erreichen, weil es die Zustimmung der CDU/CSU-Fraktion erfordern würde. Beides stellt das Konzeptpapier zwar für die nächste Legislaturperiode in Aussicht, doch ob eine Regierung dann die mögliche Zwei-Drittel-Mehrheit hinter sich und ihr Konzept bringen kann, darf bezweifelt werden.

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