Das neu geschaffene Unterstützungskommando: Aufbau und Ausrichtung

Der neue Unterstützungsbereich der Bundeswehr wird nach seiner Aufstellung über rund 55.000 Mitarbeitende verfügen und bildet somit nach dem Heer den zweitgrößten Organisationsbereich der Bundeswehr. Was genau darin gebündelt und wie er ausgerichtet wird, darüber sprach CPM Defence Network mit dem Befehlshaber des Unterstützungskommandos der Bundeswehr, Generalleutnant Gerald Funke. Das Interview führte Dorothee Frank.

Generalleutnant Gerald Funke, Befehlshaber Unterstützungskommando der Bundeswehr, wird ab dem 1. April den zweitgrößten Organisationsbereich der deutschen Streitkräfte leiten.
Generalleutnant Gerald Funke, Befehlshaber Unterstützungskommando der Bundeswehr, wird ab dem 1. April den zweitgrößten Organisationsbereich der deutschen Streitkräfte leiten.
Foto: Bundeswehr/Kraatz
Wann wird das Unterstützungskommando der Bundeswehr offiziell mit Appell aufgestellt?

Der offizielle Appell ist am 24. März dieses Jahres auf der Hardthöhe. Mit diesem Zeitpunkt werden die 55.000 Männer und Frauen, die aus dem Bereich der noch bestehenden Streitkräftebasis und des zentralen Sanitätsdienstes sowie weiteren Dienststellen kommen, dem Unterstützungskommando der Bundeswehr unterstellt. So werden dem Unterstützungskommando auch Elemente insbesondere aus dem Territorialen Führungskommando unterstellt, z.B. die Familienbetreuungsorganisation, die Sportfördergruppen und die Truppenübungsplätze. Aber auch das Planungsamt der Bundeswehr, das bisher dem BMVg direkt unterstellt war.

Mein Kommando wird also ab dem 1. April zwei wesentliche Funktionsbereiche für die gesamte Bundeswehr abdecken. Der eine ist die Lebens- und Funktionsfähigkeit der Streitkräfte. Hier sehe ich typischerweise die Aufgaben des Planungsamtes oder die vielfältigen Bereiche des Streitkräfteamtes. Auf der anderen Seite haben wir die Fähigkeiten der Fach- und Fähigkeitskommandos, die die Durchhalte- und Überlebensfähigkeit für die gesamten Streitkräfte gewährleisten.

Der Sanitätsdienst der Bundeswehr hatte allerdings eine gewisse Sonderstellung in der Bundeswehr und ein besonderes Mindset, wie wollen Sie dies mit den anderen Elementen in einen Guss bringen?

Ich glaube, es ist nicht nur der Sanitätsdienst, der ein eigenes Mindset hat. Dies haben alle großen Fähigkeits- und Fachkommandos, natürlich die Sanität, aber auch die Logistik, die ABC-Abwehr, die Feldjäger und nicht zu vergessen das Multinational CIMIC Command in Nienburg, das in Zukunft Kommando ZMZ (Zivil-militärische Zusammenarbeit) heißen wird. Da hat jeder sein eigenes Mindset, das sich aus den speziellen Aufgaben ergibt.

Insofern besteht die Herausforderung für mich schon darin, eine gewisse Kohäsion reinzubringen, bei gleichzeitiger Stärkung der jeweiligen Fachlichkeit. Denn das ist ein wesentlicher Teil der Reform, dass die Fähigkeiten – Logistik, Feldjäger, ABC-Abwehr, Sanität, ZMZ – mit ihrer Fachlichkeit gestärkt werden.

Andererseits sehe ich es als meine Aufgabe nun aus einer querschnittlichen Betrachtung, quasi von oben, zwischen den einzelnen Bereichen vorhandene Synergien zu erschließen. Mir kommt es darauf an, dass wir innerhalb des Unterstützungsbereiches ein gemeinsames Verständnis von Unterstützung und Enablement schaffen.

Was alle unterstellten Kommandos eint ist, dass wir – bezogen auf unsere Ambition im Bereich der Wirkung – weiterhin von allem, was Unterstützung angeht, zu wenig haben. Das gilt für die Logistik, das gilt für Sanität, das gilt für Feldjäger und das gilt für die ABC-Abwehr. Aber ich bin fest davon überzeugt, dass wir unter der Ägide des Unterstützungskommando jedes einzelne Kommando in seiner Eigenständigkeit und ihren erstklassigen Fähigkeiten weiterentwickeln können, besonders dadurch, dass wir sie gemeinsam betrachten. Nur in dieser gemeinsamen Betrachtung wird sich aus den vorhandenen Ressourcen die maximale Effektivität zum Nutzen aller Teile der Streitkräfte herausholen lassen. Wenn wir diese knappen, aber operationswichtigen Ressourcen aufspalten würden, wäre dies definitiv nicht erreichbar. Auch wäre es dann nicht denkbar Kräfte operationsabhängig priorisieren und temporäre Schwerpunkte setzen zu können.

Und wenn dieses gemeinsame Verständnis besteht – und das sehe ich, vor allem auch bei der Sanität – dann glaube ich, dass ein Gemeinsinn entstehen kann, ohne dass wir alle gleich sind. Jeder hat schließlich seine Spezifika und kann zurecht stolz darauf sein.

Gibt es Planungen zur Schaffung einer gemeinsamen Identität oder eines verbindenden Elements, wie beispielsweise das blaue Barrett beim CIR?

Nein, so etwas plane ich nicht. Ich werde kein einheitliches Barrett oder eine einheitliche Uniform schaffen, weil ich glaube, dass gerade aus der Vielfalt der Aufgaben, der Fähigkeiten, aber auch der Sozialisierung die eigentliche Synergie entsteht. In der Gesamtheit treten die Stärken hervor, Schwächen werden ausgeglichen.

Wenn ich den Ansatz fahren würde, ein gemeinsames Barrett, eine gemeinsame Uniform oder ähnliches zu schaffen, würde ich eher eine Abwehrhaltung erzeugen. Dann würden meine neuen Mitarbeitenden denken, der will alles und alle gleich machen. Nein, das wäre genau der falsche Ansatz, weil die Spezifika und Spezialisierung jedes einzelnen unsere Stärke sind.

Die Vielfalt, die hinter den 55.000 Männern und Frauen des Unterstützungsbereiches steht, die Unterschiedlichkeit, ist größer als in allen anderen Organisationsbereichen. Das unterdrücken zu wollen, würde Abwehrkämpfe erzeugen und auch der Aufgabe nicht gerecht werden.

Ihre Kräfte werden dann allerdings durch das Operative Führungskommando den Teilstreitkräften zugeteilt. Wer befehligt also Ihre Kräfte, Sie oder das Operative Führungskommando?

Das kommt darauf an, von welchem Einsatz wir reden. Eine Befehlskette in einer Drehscheibe Deutschland sieht sicher anders aus als eine Befehlskette in einem Einsatzgebiet.

Nehmen wir eine Befehlskette im Einsatzgebiet, dort wird die NATO mit Sicherheit eine große Rolle spielen, sowohl bezogen auf den Einsatz der gesamten Kräfte als auch der deutschen Einheiten im Gesamtverband. Bei der Drehscheibe Deutschland mag das anders aussehen.

Aber eines ist sicher, ich werde im Einsatz weder Logistik, noch Feldjäger, noch ABC-Abwehr, noch Sanität befehlen, sondern sie werden in die Struktur, die für den Einsatz dann tatsächlich vorhanden ist, eingebunden.

Unsere Rolle ist es, die Kräfte einsatzbereit zur Verfügung zu stellen. Das Operative Führungskommando muss diese priorisieren und auch entscheiden, wenn es denn insgesamt zu wenig Kräfte gibt, wem für welche Aufgabe in welcher Phase welche Ressourcen zur Verfügung gestellt werden.

Sie tragen die Hauptlast des Host Nation Support der NATO, wie ist Deutschland da aufgestellt und wo haben Sie noch Wünsche an die Politik?

Ich glaube, man kann nicht sagen, dass das Unterstützungskommando die Hauptlast des Host Nation Support tragen wird. Wir sind gerade in der Definitionsphase des Host Nation Support und sicherlich werden wir ein Mitspieler sein, etwa mit der Logistik oder der Sanität. Aber Host Nation Support zeichnet sich gerade dadurch aus, dass eben nicht nur auf militärische Kräfte zugegriffen wird, sondern insbesondere auch auf zivile. Dies können zivilgewerbliche Leistungen sein, die Bundespolizei, das THW oder das Deutsche Rote Kreuz.

Wir definieren gerade, was aus dem zivilen Bereich notwendig ist als Host Nation Support. Der nächste Schritt wird dann die Bewertung betreffen, was zivil abgedeckt werden kann und was mit Kräften der Bundeswehr geleistet werden muss, weil es zivil eben nicht zur Verfügung steht.

Mein Wunsch wäre allerdings, dass im Host Nation Support und der Drehscheibe Deutschland möglichst alles zivilgewerblich oder durch andere zivile Leistungserbringer zur Verfügung gestellt wird, weil ich nämlich dann mit meinen Kräften den Einsatz maximal unterstützen kann.

Mir geht es um das scharfe Ende, dass ich die kämpfenden Soldatinnen und Soldaten mit meinem Organisationsbereich unterstütze. All das, was ich an militärischen Kräften in Host Nation Support investieren muss, steht vorne nicht zur Verfügung.

Vielen Dank für das Gespräch!
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