Zwischen Konzept & Realität – Europas Kampfjetprogramm sucht den Kurs

Beim Air Force Tech Summit wurde deutlich, wie komplex und politisch aufgeladen das europäische FCAS-Programm ist. Gestern präsentierte Oberst i.G. Jörg Rauber, IC I 1 FCAS im Bundesministerium der Verteidigung, einen aktuellen Sachstandsbericht. Zwischen technologischen Visionen, nationalen Interessen und dem Druck der Zeit bewegt sich ein Mammutprojekt, das Europas Lufthoheit im Jahr 2040 sichern soll(te).

Oberst i.G. Jörg Rauber, IC I 1 FCAS im Bundesministerium der Verteidigung präsentierte den Sachstand FCAS auf dem Air Force Tech Summit 2025 in Berlin.
Oberst i.G. Jörg Rauber, IC I 1 FCAS im Bundesministerium der Verteidigung präsentierte den Sachstand FCAS auf dem Air Force Tech Summit 2025 in Berlin.
Foto: CPM / Sascha Schuermann

Es tut sich viel und doch scheint manches zu stagnieren. Wer den Vortrag auf dem Air Force Tech Summit verfolgte, bekam ein ehrliches Bild des europäischen Future Combat Air Systems (FCAS): ambitioniert, vielschichtig und voller interner Reibungen. Oberst Rauber begann seinen Vortrag mit organisatorischen Änderungen. Er habe jetzt keinen General mehr; FCAS wird im Ministerium nur noch als ein Referat mit um die Hälfte reduzierter Mitarbeiterschaft behandelt.

Seit 2017 arbeitet man an der konzeptionellen Basis, die Europas nächste Generation von Kampfflugzeugen und unbemannten Begleitdrohnen definieren soll. Die Vision: ein vernetztes System aus bemannten und unbemannten Plattformen, das im Verbund agiert, Daten teilt, Bedrohungen schneller erkennt und flexibel auf sich verändernde Einsatzszenarien reagiert. Ein System, das den Sprung von der Gegenwart in die Ära der autonomen Luftkriegsführung wagt.

FCAS/NGWS Was ist das?

Mit FCAS und NGWS gibt es demnach gleich zwei ambitionierte Projekte, welche die Zukunft der europäischen Luftwaffe gestalten sollen. Mit FCAS verfolgen Spanien, Frankreich und Deutschland ein europäisches Zukunftsprojekt zur Entwicklung eines vernetzten Luftkampfsystems der nächsten Generation, das die heutigen Kampfflugzeuge wie Eurofighter und Rafale ablösen bzw. als einzelne Bausteine integrieren soll.

Herzstück des FCAS ist das NGWS (Next Generation Weapon System), das aus einem bemannten Next Generation Fighter (NGF) und mehreren unbemannten Begleitdrohnen – Remote Carrier, Loyal Wingman – besteht, die im Verbund agieren und über eine hochvernetzte Combat Cloud Daten austauschen. Während das NGWS den militärisch-operativen Kern des Programms bildet, umfasst FCAS als Gesamtsystem auch Satelliten-, Führungs-, Aufklärungs- und Kommunikationskomponenten, die zusammen eine vollständig vernetzte Luftkriegsführung ermöglichen sollen.

Artist Impression des FCAS-Kampfflugzeugs von Dassault.
Artist Impression des FCAS-Kampfflugzeugs von Dassault.
Bild: Dassault

Sieben Technologiebereiche, mit deren Entwicklung unterschiedliche Unternehmen beauftragt wurden, bilden die Basis von FCAS – vom Flugzeug über das Triebwerk bis hin zu Sensorik und unbemannten Systemen.

FCAS – Übergang in Phase 2

Bisher befand sich die Entwicklung in Phase 1B. Problem nur: FCAS kämpft noch mit Lücken aus der vorherigen Phase. So hätte jede Nation zunächst eigene Konzepte entwickelt, die dann miteinander verheiratet werden hätten sollen.

„Wir haben uns aber nicht geschafft“, bedauert Oberst Rauber, „das trinational abzustimmen und zu einer gemeinten Architektur herauskristallisieren.“ Gerade beim Demonstrator für ein neues Flugzeug lägen die Ideen der Partner auseinander. Dabei soll die Phase 2 des Projekts – deren Eintritt jetzt ansteht – bereits flugfähige Demonstratoren zum Ergebnis haben.

„Die Zeit drängt“, hieß es also auch gestern wieder in Berlin. 2040 soll FCAS operationell einsatzbereit sein. Ein Ziel, das ehrgeiziger kaum sein könnte. Während einzelne Technologien wie Triebwerk, Sensorik und Datenvernetzung parallel entwickelt werden, hakt es an zentralen Fragen: Wie sieht die endgültige Architektur aus? Wie weit reicht die nationale Autonomie, bevor sie das gemeinsame Ziel gefährdet?

Global Balance unter Druck

Gerade hier zeigen sich tiefe Gräben zwischen den Partnern Frankreich, Deutschland und Spanien. Unterschiedliche Prioritäten, industriepolitische Interessen und Vorstellungen über Einsatzprofile erschweren den Fortschritt. Besonders die Balance zwischen nationaler Beteiligung und gemeinsamer europäischer Linie bleibt eine der größten Herausforderungen.

Oberst i.G. Jörg Rauber, IC I 1 FCAS im Bundesministerium der Verteidigung diskutiert auf dem Air Force Tech Summit 2025.
Oberst i.G. Jörg Rauber, IC I 1 FCAS im Bundesministerium der Verteidigung diskutiert auf dem Air Force Tech Summit 2025.
Foto: CPM / Sascha Schuermann

Oberst Rauber zeigte hierzu eine Grafik, die nationale Komponenten an FCAS als Anteile an mehreren Balken darstellte – eine faire, balancierte Aufteilung. „Diese Global Balance, die wird jetzt gechallenged; durch Vorschläge, Einzelsysteme für Flugzeuge und unbemannte Systeme national stärker zu betrachten. Das bricht natürlich die Balance komplett auf. Das ist die zentrale Herausforderung aktuell im Programm beim Übergang in Phase 2“, erklärte Oberst Rauber.

Hier wurde zuletzt seitens eines französischen Herstellers wieder mehr Nationalität eingefordert. „Aus unserer Sicht – und das ist die nationale Position“, erklärte Oberst Rauber, „wollen wir in dem Set-up weitermachen.“ Rauber fügte jedoch hinzu: „Wenn das nicht funktioniert, müssen wir uns über Alternativen Gedanken machen.“

Der Oberst kommt zu der zentralen Antwort: Ja, es muss weiter gehen. Die Frage ist nur: Wie? Bis Ende des Jahres soll auf politischer Seite eine Entscheidung getroffen werden. Zu den konkreten Alternativen – sollte FCAS endgültig scheitern – wollte sich Oberst Rauber nicht äußern.

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