Wie Defence Network aus mit dem Vorgang vertrauten militärischen Kreisen erfahren konnte, plant die Bundeswehr die Beschaffung von insgesamt 50 Einheiten des Luftverteidigungssystems IRIS-T SLM. Diese sollen nicht nur an die Luftwaffe gehen, sondern auch an die neue Heeresflugabwehrtruppe. Ein Novum, stellte das Luftverteidigungssystem mittlerer Reichweite doch bisher die Grenze zwischen den beiden Teilstreitkräften dar.
In einem Jahr soll das erste Bataillon der Heeresflugabwehrtruppe in Lüneburg aufgestellt sein. Als Hauptwaffensystem ist der Skyranger-Turm auf Boxer-Basis vorgesehen. Doch die Einheiten sollen auch IRIS-T SLM erhalten, wie Defence Network aus militärischen Kreisen erfahren konnte. Hierdurch wird der ursprüngliche Ansatz des Vorhabens Nah- und Nächstbereichsschutz (NNbS) durchbrochen, bei dem mit IRIS-T SLM der Luftwaffenanteil beginnt, während alle Systeme unterhalb zum Heer gehören.
In Zukunft sollen also sowohl Luftwaffe als auch Heer über das deutsche Luftverteidigungssystem mittlerer Reichweite verfügen, zugleich ist die Beschaffung einer deutlich größeren Anzahl an Systemen vorgesehen.
Die IRIS-T SLM der Bundeswehr
Bisher sind für Deutschland sechs IRIS-T SLM unter Vertrag, wovon sich eines seit mittlerweile weit über einem Jahr in der Prüfung durch das BAAINBw befindet, während die weiteren fünf im nächsten Jahr zulaufen sollen. Diese sechs Systeme gehen ausnahmslos an die Luftwaffe, genauer gesagt in die Flugabwehrraketengruppe 61 nach Todendorf. Absehbar sind allerdings 12 IRIS-T SLM im Flugabwehrraketengeschwader 1 der Luftwaffe vorgesehen, konnte Defence Network erfahren.
Doch diese 12 Systeme der Luftwaffe stellen nur den Anfang dar. Insgesamt 50 IRIS-T SLM sollen in naher Zukunft unter Vertrag gehen, um dann auch die Heeresflugabwehrtruppe hiermit auszustatten. Wie genau die Aufteilung der 50 Systeme zwischen Heer und Luftwaffe geschehen soll ist laut diesen Informationen zwar noch nicht endgültig beschlossen, aber sicher sei, dass heutige Bodentruppen über genügende Fähigkeiten im Bereich der Luftverteidigung verfügen müssen. Und dazu zählen auch Systeme, die eine größere Reichweite als der Skyranger besitzen.
Von der Luftwaffe zur Heeresflugabwehrtruppe
Selbst wenn die Heeresflugabwehrtruppe eigentlich ihren Sitz in Lüneburg findet, ist die Ausbildung der Heeressoldaten bezogen auf die Schießtechnik und Schießtaktik erstmal in Todendorf bei der Flugabwehrraketentruppe vorgesehen. Gleichzeitig gibt es Verhandlungen mit dem Hersteller Diehl Defence, Teile der Ausbildung an die Industrie auszulagern. Denn eines ist sicher, es wird zu einem Personalengpass kommen.
Die sechs georderten Systeme könne man sicher mit Personal bestücken, erfuhr Defence Network. Auch die nächste Ausbaustufe mit 12 Luftverteidigungseinheiten sei machbar. Aber wenn dann tatsächlich 50 IRIS-T SLM auf den Hof kämen, bräuchte es vorher einen deutlichen personellen Aufwuchs. Gleichzeitig gelte es zu ermitteln, wie viele Bediener es denn tatsächlich für ein System im Feld benötige. Alles Fragen, auf welche die Bundeswehr aktuell noch keine Antwort hat.
Munition für die Luftverteidigung
Trotz all dieser offenen Fragen muss jetzt bestellt werden, wenn die deutsche Luftverteidigung rechtzeitig stehen soll. Schließlich ist die Industrie bereits in vielen Bereichen in Vorleistung gegangen – Diehl Defence schafft eine komplett neue Produktion für Luftverteidigungssysteme – dennoch braucht sie Verträge zur Planungssicherheit, um diese Kapazitäten eventuell sogar noch einmal zu erweitern. Kapazitäten zur Produktion sowohl von Systemen als auch von Munition, denn zu jedem System IRIS-T SLM sollen tausende Lenkflugkörper beschafft werden, um die Luftverteidigung der Bundeswehr auf eine solide Basis zu stellen. Wobei dann wiederum gleichzeitig Lagerkapazitäten für diese Munition zu schaffen sind.
All dies zeigt, dass die Friedensdividende Deutschland am Ende mehr kosten wird als sie jemals an Einsparungen brachte. Denn das Lösen des Gordischen Knotens muss aktuell unter Zeitdruck geschehen, damit die Abschreckung wirksam ist, bevor Russlands Blick endgültig auf die NATO fällt. Und bis dahin müssen die IRIS-T SLM fest in der Bundeswehr, in ihren Taktiken und Logistik verankert sein. Inklusive Munition, inklusive Skyranger und Drohnenabwehr. Im Schulterschluss zwischen Luftwaffe und Heer. Und eventuell sogar inklusive der Marine, da auch diese großes Interesse an IRIS-T SLM hat. Doch das durch die Marine getestete System befindet sich mittlerweile ebenfalls beim BAAINBw zur Prüfung. Und wer weiß, wie lange diese noch dauert.
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